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Nipah-Virus – leicht übertragbar und zumeist tödlich

Viele von uns haben Corona noch gar nicht richtig verdaut, da kommt bereits das nächste Damokles-Schwert: Der Nipah-Virus! Im indischen Bundesstaat Kerala brach er bereits zum vierten Mal innerhalb von nur fünf Jahren aus. Grösste Sorge herrscht deshalb im bevölkerungs-reichsten Land der Erde – neun Gemeinden im Süden des indischen Sub-kontinents wurden abgesondert, rund 980 Personen (viele davon aus dem Gesundheitswesen) wurden unter Qarantäne gesetzt, wo sie auch innerhalb der nächsten drei Wochen bleiben müssen. Reisende aus den benachbarten Bundesstaaten mussten sich bei ihrer Rückkehr testen lassen. Schon wieder wurde von „Lockdowns“ gesprochen. Inzwischen sind die Sperrzonen wieder aufgelassen worden, seit sechs Tagen gab es keine Neuinfektion.

Nipah-Ausbrüche sind eigentlich selten. Dennoch sollten sie niemals auf die leichte Schulter genommen werden, da der Virus wesentlich gefähr-licher ist als sein CoVID-19-Kollege: Die Letalrate liegt bei 40-75 %. Forscher vergleichen ihn deshalb nicht zu Unrecht mit dem Ebola-, dem Zika- oder eben auch dem CoVID-19-Virus – es ist ein möglicher Pan-demie-Virus!

Der Nipah-Virus befällt eigentlich Flughunde der Gattung Pteropus, aber auch Fledermäuse, Schweine, Hunde und Katzen. Die Flughunde, die hauptsächlich in dem Streifen von Südostasien bis Nord- und Ost-Aus-tralien, aber auch auf einigen Inseln des Westpazifiks und auf Madagaskar vorkommen, zeigen nur sehr selten Symptome. Vor allem über die Schweine kann er auf den Menschen übertragen werden (Zoonose). Zudem infiziert er mögliche menschliche Wirte auch durch den Genuss kontaminierter Pflanzen, Obst und Baumfruchtsäfte (etwa Palmen- und Dattelsäfte), Lebensmittel oder durch die Atemwege von Mensch zu Mensch. Deshalb schrillen bei der Weltgesundheits-organisation WHO die Alarmglocken.

Oftmals verläuft die Infektion symptomlos, kann aber auch zu akuten Atemwegserkrankungen oder Entzündungen des KIeinhirns (Enzephalitis) †führen. Die Inkubationszeit beläuft sich auf vier bis 14 Tage, in Extrem-fällen gar auf sechs Wochen. Manche Infizierte zeigen gar keinen Krank-heitsverlauf, erkranken wesentlich später jedoch an der Enzephalitis. Erste Symptome sind Muskelzucken, Zittern, weiters hohes Fieber und Erbrechen. Innerhalb von zwei Tagen kann es zum Koma kommen. Wirk-same Arzneimittel oder Impfungen gibt es derzeit noch nicht. Soll heissen, dass die Krankheitsursache nicht direkt bekämpft werden kann – allerdings die Symptome bzw. Folgeerkrankungen. So konnten etwa durch den antiviralen Wirkstoff Ribavirin Erfolge gegen die Sterblich-keitsrate bemerkt werden.

1999 wurde der Virus erstmals bei einem Krankheitsausbruch entdeckt. In Nipah/Malaysia hatte er Schweine und Züchter infiziert – daher auch sein Name. Damals starben 100 Menschen – 1 Million Schweine wurden gekeult. In Singapur infizierten sich Schlachthof-Mitarbeiter durch das Fleisch der von Malaysia importierten Schweine – einer davon starb. Alsdann ging es weiter in Bangladesch und Indien – dort überlebte nahezu jeder Zweite die Infektion nicht. In Bangladesch 100, in Indien 50 Menschen. Auf dem Subkontinent brachte man den Ausbruch durch restriktive Massnahmen unter Kontrolle.

Der Nipah-Virus zählt zur Familie der Paramyxoviridae und der Gattung der Henipaviren, zu der auch der Hendravirus gehört. Auch er zeigt ähnliche Krankheitsverläufe. Hendraviren wurden bereits 1994 in Queensland und New South Wales (Australien) bei schweren Pferde-erkrankungen nachgewiesen. Mehr als 80 Pferde verstarben oder mussten getötet werden. Dort wurden auch die bislang bekannten sieben Fälle der Übertragung auf den Menschen festgestellt (Trainer und Tierärzte), wovon vier verstarben. Der Hendravirus ist bei Pferden zumeist tödlich. Seit 2012 allerdings gibt es für sie einen Impfstoff gegen den Eindringling. Entwickelt wurde dieser an der Uniformed Services Uni-versity of the Health Sciences in Bethesda/Maryland durch Katharine Bossart, da das US-Militär eine potentielle Gefahr der Viren als möglicher Biokampfstoff sah. Die geimpften Pferde überlebten allesamt eine Infektion. Das Serum wurde auch neun Grünen Meerkatzen (eine Affenart aus Afrika) gespritzt, die sechs Wochen später mit dem Nipah-Virus infiziert wurden. Auch sie überlebten die Krankheit. Dennoch ist das Serum für die Humanmedizin noch nicht freigegeben.

Eine Infektion mit dem Nipah-, aber auch mit dem Hendra-Virus beim Menschen ist in Deutschland nach dem Infektionsschutzgesetz melde-pflichtig, in der Schweiz und Österreich noch nicht, obgleich der Virus auf der Blueprintliste der priorisierten und besonders gefährlichen Krank-heitserreger der WHO enthalten ist.

Derartige Zoonosen nehmen seit rund zwei bis drei Jahrzehnten konstant zu, da der natürliche Lebensraum der tierischen Wirte (zumeist der Urwald) zerstört und an dieser Stelle industrielle Landwirtschaft (Palmöl, Soja, Rinder, …) betrieben wird. Virologen veröffentlichten im Jahr 2018 eine Studie, wonach zwischen 540-850.000 bislang unbekannte Viren ohne weiteres von Säugetieren und Vögeln auf den Menschen übertragen werden können! Aufgrund der globalen Reisetätigkeit des Menschen brechen die Krankheiten auch in Regionen aus, in welchen die eigent-lichen Wirte gar nicht beheimatet sind. Sie können sich vielleicht noch an den ersten Corona-Fall in Deutschland erinnern – eine chinesische Geschäftsreisende, die einen Mitarbeiter des bayerischen Autozulieferers Webasto ansteckte. 16 Menschen wurden infiziert, die weiteren 241 Kontaktpersonen mussten in Quarantäne. Alles weitere ist Teil der näheren Geschichte. Auch sog. „Neozonen“ (invasive Tierarten), wie bei-spielsweise die Tigermücke, können exotische bzw. tropische Krank-heiten nach Mitteleuropa bringen.

Sollten Sie in die angesprochenen Regionen reisen, so vermeiden sie den Genuss von Obst und kochen Ihre Speisen mehrere Minuten mit min-destens 70 Grad Celsius ab!

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