Ingwer – die verkannte Wunderknolle
Freitag, März 3rd, 2023„Superfood“ ist ein Wort, das seit einigen Jahren nicht mehr aus der Ernährung wegzudenken ist. Viele dieser Früchte- und Gemüsesorten habe ich in einem eigenen Blog bereits abgearbeitet. Sie kommen zumeist aus tropischen Gefilden und sind dementsprechend nicht wirklich nach-haltig, da sie tausende Kilometer an Transportwegen hinter sich haben. Zudem bieten heimische Pflanzen denselben gewünschten Effekt, fristen jedoch meist ein Schattendasein. Ingwer kommt ebenfalls aus den Tropen und Subtropen, kann aber auch hierzulande erfolgreich angebaut werden. Alsdann ist seine positive Wirkung auf unsere Gesundheit bereits oftmals untersucht und nachgewiesen worden. Weshalb also nach den Sternen greifen, wenn es einfacher und umweltbewusster ebenfalls geht.
Ingwer (Zingiber officinale) zählt – ebenso wie Kurkuma oder Kardamon – zur Familie der Ingwergewächsen. Über dem Boden gleicht die Pflanze etwas einem Schilfgewächs: Lange Pflanzenstengel und Blätter mit einer wunderschönen purpur-farbenen Blüte. Im Boden bildet sie allerdings einen recht dicken Erdspross (Rhizom), eine Wurzelknolle, die aufge-schnitten gelblich gefärbt ist und einen sehr aromatischen Duft ver-breitet. Im Mund beeindruckt sie durch Schärfe und zitronenähnlichen Geschmack.
In der Küche wird der Ingwer deshalb gerne als Gewürz oder Speisen-veredler verwendet. Doch entdeckten bereits die alten Inder seine gesundheitsfördernde Wirkung und setzten ihn in der traditionellen indischen Medizin ein. In der ayurvedischen Medizin ist er auch heute noch präsent und erfrreut sich immer grösser werdender Beliebtheit. Das Geheimnis liegt im Gingerol (Chemische Formel: C17H26O4)! Jenem Stoff also, der für die Schärfe der Knolle verantwortlich zeichnet. Im Pulver nurmehr wenig enthalten, entfaltet er in einer frischen Knolle seine volle Wirkung. Deshalb sollten etwa Tees oder Wasser stets mit ganzen Ingwerstücken und nicht mit Pulver zubereitet werden. Der Geschmack selbst kommt vornehmlich von den beiden anderen Inhaltsstoffen Zingiberen und Zingiberol. Auch er ist in ganzen Stücken am meisten ausgeprägt. Insgesamt konnten in der Knolle nicht weniger als 400 Inhaltsstoffe chemisch nachgewiesen werden.
Ingwer wird auf dem indischen Subkontinent schon seit Jahrhunderten gegen Blähungen und Übelkeit (also zur Förderung der Verdauung), aber auch gegen Menstruationsbeschwerden eingesetzt. Im Ayurveda spricht man deshalb vom „Entfachen des Verdauungsfeuers und des Gallen-flusses“.
In anderer Hinsicht sind die Gingerole, v.a. aber deren Abbauprodukte Shogaole, ebenfalls sehr empfehlenswert: Sie wirken antioxidativ und antibakteriell, also hemmend bei Entzündungen (anti-inflammatorisch). Deshalb wird Ingwer in der traditionellen Medizin auch bei Rheuma oder Arthrosen verwendet. Eine dänische Übersichtsstudie aus dem Jahr 2015 hat dies in einer Studie nachgewiesen, an der sich 600 Arthrose-Patienten beteiligten.
Daneben beeinflussen die Shogaole die Bildung des Enzyms Stickstoff-monoxid-Synthase (NO-Synthase). Dieses Enzym katalysiert Stickstoff-monoxid aus der Aminosäure L-Arginin, das der Körper für die unter-schiedlichsten Funktionen benötigt. NO aber hat eine Halbwertszeit von gerade mal fünf Sekunden und muss deshalb stets auf’s Neue produziert werden. Dadurch wird beispielsweise die glatte Muskulatur der Arterien beeinflusst, sodass etwa bei Muskelverletzungen mehr Blut fliessen kann, das nicht nur Abwehrstoffe zu-, sondern auch Abfallstoffe abführt.
Ferner wird – wie bei allen scharfen Ingredienzien – der Kreislauf und das vegetative Nervensystem angeregt. Zudem wird die Blutzucker-konzentration im Blut geregelt – besonders wichtig als Vorbeugung gegen Diabetes.
Und schliesslich aktiviert das Gingerol das Immunsystem. So wurde in einer Pilotstudie aufgezeigt, dass schon eine halbe bis eine Stunde nach dem Genuss von Ingwer (Tee) die Konzentration von 6-Gingerol im Blut stark ansteigt. Wie dieser Stoff nun auf das Immunsystem wirkt, bewies eine weitere Studie des Leibnitz-Instituts für Lebensmittel-System-biologie der TU München. Einfach formuliert: Es dockt an die Rezeptoren der neutrophilen Granulozyten (eine bestimmte Art der weissen Blut-körperchen) an und stimuliert diese. Dadurch fährt der Körper die Produktion derselben hinauf. Die weissen Blutkörperchen bekämpfen v.a. Bakterien. Allerdings mussten die Probanden in dieser Studie innerhalb von 20 Minuten einen ganzen Liter des recht starken Ingwertees zu sich nehmen um diesen gewünschten Effekt zu erzielen.
Ingwer ist aber beispielsweise auch bei Kuren ein gern gesehener Gast. Wird jeden Morgen ein Glas Ingwerwasser getrunken, so zügelt dies den Appetit und lindert das Verlangen nach Koffein zum Wachwerden. Ingwerwasser lässt sich ganz einfach herstellen: Ein 3-5 cm langes Stück Ingwerwurzel raspeln oder in feine Scheiben schneiden, mit einem Viertel Liter heissem Wasser übergiessen und zumindest 10 Minuten abgedeckt ziehen lassen. Dies öfters getrunken hilft auch bei Erkältungen und Halsschmerzen.
Ingwer kann sehr einfach im eigenen Garten angebaut werden. Es bietet vor allem drei Vorteile: Man hat stets frischen Ingwer zur Hand, wenn man ihn braucht, die Geldersparnis im Vergleich zum Kauf ist wesentlich, v.a. da eine Ingwer-Kultur sehr ergiebig ist und die wunderschöne Pflanze sorgt für den Hingucker im Garten. Als „Mutterknolle“ reicht bereits ein frisches, etwa fünf Zentimeter langes Stück einer Knolle mit jedoch nur einer Schnittstelle. Allerdings sollte dieses wirklich frisch sein. Der Ingwer liebt ein warmes und sonniges Plätzchen. Das kann im Garten, Gewächshaus oder auch im Haus sein. Winter mag er nicht. Bei einer Outdoor-Pflanzung empfiehlt sich alsdann ein Pflanzentopf, der in einem rund 10 Grad warmen Raum überwintern kann. Bis zum neuerlichen Austreiben im Frühjahr braucht die Knolle nur wenig Wasser und keinen Dünger. Beim Anbau in einem Beet wird sich die Pflanze nach acht Monaten zudem binnen kurzer Zeit wie Unkraut ausbreiten. Als Pflanzzeit sollte man den Januar oder Februar ins Auge fassen, damit im Herbst erstmals geerntet werden kann. Die Pflanze bevorzugt humus- und nährstoffhaltigen sowie lockeren Boden. Damit sich keine Staunässe bildet, sollte am Topf-Boden eine „Drainage“ aus Scherben, Kiesel- oder Bimssteinen sowie Blähton eingebracht werden. Den Rest mit Humuserde auffüllen. Das Ingwerstück flach mit der Schnittseite nach unten auf die Erde legen, mit etwas Erde abdecken, leicht anfeuchten und den Topf mit Klarsichtfolie abdecken – die jedoch täglich zur Lüftung geöffnet werden muss. Das Gefäss nun an einem hellen, nicht der prallen Sonne aus-gesetzten Platz mit durchgehend 20 Grad stellen. Beim täglichen Lüftungsöffnen immer etwas Wasser hinzugeben, damit die Erde leicht feucht bleibt. Werden die ersten Triebe sichtbar, hat die Knolle gewurzelt, die Klarsichtfolie kann nun entfernt und der Topf an einen sonnigen Platz gestellt werden. Die Erde sollte stets leicht feucht, nicht jedoch nass sein. Die Pflanze kann auch regelmässig zusätzlich besprüht und mit etwas Dünger versehen werden. Der Pflanzenstengel wird durchaus einen bis eineinhalb Meter hoch wachsen, ist also nicht für jede Fensterbank geeignet. Übrigens – erfolgt die Anpflanzung zu spät, wird es nicht zur Blütenbildung kommen, da das Wachstum der Knolle für die Pflanze Priorität hat. Der Duft der Blüte ist sehr angenehm und lockt viele Schmetterlinge an. Ist sie verblüht, bilden sich Kapselfrüchte mit schwarzen Samen, die für eine Aussaat verwendet werden können.
Sollte die Ernte tatsächlich erheblich ausgefallen sein, so kann Ingwer als Ganzes oder in kleinen Stücken eingefroren werden. Das sollte aber so frisch als möglich erfolgen.
Ingwer kann somit nicht nur geschmacklich ihre Küche, Ihr Wohlbefinden verbessern, sondern auch optisch einen Akzent in Ihrem Garten oder der Wohnung setzen.
Links:
- www.bzfe.de
- www.gesundheit.gv.at
- www.rheuma-liga.de/
- www.rheumaliga.ch
- www.uniklinik-freiburg.de
Lesetipps:
.) Ingwer: Natürlich gesund mit der asiatischen Heilwurzel; Dr. Jörg Zittau; Lüchow Verlag 2020
.) Ingwer: Gesundheit und Genuss; Heinz Schilcher/Ralf Hiener; Hädecke Verlag 2017
.) Alleskönner Ingwer: Die natürliche Kraft der Superwurzel; Susan Branson; Kindle Ausgabe
.) Magischer Ingwer; Die Top 77 Ingwer Tipps zur Entzündungshemmung, Schmerzlinderung, Fettverbrennung und einem erfüllteren Liebesleben; Marco Bach; Eigenpublikation 2019
.) Ingwer: Eine vielseitige Wurzel; Ute Scheffler; Buchverlag für die Frau 2011
.) Gesund mit Ingwer: Das vielseitige Heimittel für körperliche und geistige Fitness; Ellen Heidböhmer; Herbig Verlag 2019
.) Ayurveda – Der Weg des gesunden Lebens; V. Verma; Wilhelm Heyne Verlag 1996
.) Ayurveda für jeden Tag. Die sanfte Heilweise für vollkommene Gesundheit und Wohlbefinden; E. Schrott; Goldmann Verlag 1998