Elizabeth II. – Die grösste Monarchin aller Zeiten
Freitag, September 16th, 2022Am 6. September des Jahres ernannte sie noch die neue britische Premierministerin, lächelte in die Kameras der Journalisten, zwei Tage später schockierte die Meldung über ihren Tod die Welt: Queen Elizabeth II. verstarb im 96. Lebensjahr auf ihrer geliebten Sommerresidenz, Balmoral Castle in Schottland. Sie soll nach Angaben der Familie der Royals im Kreise ihrer engsten Familie friedlich eingeschlafen sein.
Ich wurde geboren – die Frau war da, ich zitterte bei der Matura (dem Abitur) – die Frau war da, ich stotterte mich durch meine erste Radio-sendung – die Frau war da. Für die meisten unter uns, war die Queen stets da – für viele gar länger als der eigene Ehepartner. Klar – 96 Jahre sind ein hohes Alter, zudem zehrte der Verlust ihres Mannes sehr an ihr. Ihr Tod musste somit durchaus erwartet werden – dennoch kam es sehr überraschend. Queen Elizabeth II. war die am längsten regierende Königin der Geschichte (70 Jahre und 214 Tage) – nur Ludwig XIV. („Der Sonnenkönig“ aus Frankreich) und Sobhuza II. (Oberhaupt von Swasiland) regierten länger, wobei beide als kleine Kinder bereits auf den Thron kamen und die Mütter vorerst die Staatsgeschäfte führten. Die Queen ernannte während ihrer 70-jährigen Amtszeit drei Frauen und 12 Männer zu Premierministern. Ihr ganzes Lebens stellte sie in den Dienst an ihren Untertanen, ihres Landes und des Commonwealth, wie sie es anlässlich ihres 21. Geburtstages in einer Rundfunkansprache versprochen hatte. Eine grossartige Frau, die jeden Respekt und Ehrerbietung verdient hat. Ihr möchte ich deshalb diesen Blog widmen.
Elizabeth II. wurde am 21. April 1926 als Elizabeth Alexandra Mary in Mayfair/London geboren. Zu diesem Zeitpunkt stand sie auf Platz drei der Thronfolge, nach ihrem amtierenden Onkel Eduard VIII. und ihrem Vater dem Herzog von York, Prinz Albert später König Georg VI. Im Jahr 1936 dankte Eduard vorzeitig ab – Grund dafür waren, nach zahlreichen Affären mit zumeist verheirateten Frauen, die Hochzeitspläne mit der zweifach geschiedenen US-Amerikanerin Wallis Simpson, die er als Oberhaupt der anglikanischen Kirche von Gesetzes wegen nicht ehelichen durfte. Er war übrigens Zeit seines Lebens nicht gekrönt. Sein Bruder Albert bestieg 1936 als Georg VI. den Thron. Kronprinzessin Elizabeth musste ihn jedoch ab 1949 immer öfter bei öffentlichen Anlässen vertreten, da Georg an Lungenkrebs und Arteriosklerose litt. Er verstarb in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar 1952 an einer arteriellen Throm-bose. Prinzessin Elizabeth folgte auf den Thron, die Krönungs-Zeremonie fand am 2. Juni 1953 in Westminster Abbey statt. Erstmals wurde die Krönung eines Staatsoberhauptes im Fernsehen übertragen – 300 Mio Menschen sollen dies weltweit mitverfolgt haben.
Queen Victoria (gestorben im Jahre 1901) entstammte dem Hause Hannover. Mit ihr endete auch dieses Stammhaus, da der letzte Herzog Ernst II. 1893 ohne leibliche Erben verstarb. Damit erlosch aber auch die deutsche Linie des Hauses. Mit Victorias jüngstem Sohn, Eduard VII. ging das Königshaus an die Linie Saxe-Coburg and Gotha (Sachsen-Coburg und Gotha). Während des Ersten Weltkriegs wurde das Haus am 17. Juli 1917 in „Windsor“ umbenannt. Windsor ist eine kleine Gemeinde in der Grafschaft Berkshire, in dem Windsor Castle steht. Das Schloss diente seit Wilhelm dem Eroberer als Residenz der königlichen Familie. Auch heute noch stehen deutsche Nachkommen der Häuser Hannover und Sachsen-Coburg zwar in der Thronfolge, jedoch praktisch ohne Chancen auf den Thron. So trägt etwa Ernst August von Hannover (jener Hochadeliger, der sich an einem Pavillon der Weltausstellung erleichterte) die offizielle Bezeichnung: Ernst August Prinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg Königlicher Prinz von Großbritannien und Irland. Elizabeth wollte mit der Thronbesteigung eigentlich den Namen ihres Mannes „Mountbatten“ übernehmen (somit wäre auch das Königshaus umbenannt worden), doch wussten ihre Grossmutter (Königin Mary) und Premier-minister Winston Churchill dies zu verhindern. Prinz Philip meinte einst, dass er der einzige Mann im UK wäre, der seinen Kindern nicht seinen Namen mitgeben könne. Nach dem Ableben Elizabeths steht nun King Charles III. dem Hause Windsor vor.
Am 20. November 1947 heiratete die damalige Thronfolgerin Prinz Philip von Griechenland und Dänemark. Angeblich war die 13-jährige Elizabeth bereits in den fünf Jahre älteren Cousin dritten Grades verliebt, nachdem sie sich im Royal Naval College in Dartmouth getroffen hatten. Queen Victoria war ihre gemeinsame Ururgrossmutter. Am 14. November 1948 kam deren erstes Kind Charles Philip Arthur George zur Welt, ihm folgten später Anne, Andrew und Edward. Philip war zu Beginn sehr umstritten. Er hatte im Boulevard den Titel „Prinz ohne Heimat und Königreich“, Elizabeths Mutter soll ihn gar als „Hunnen“ bezeichnet haben, ein Schimpfwort für Deutsche, das auf der „Hunnenrede“ Kaiser Wilhelms II. bei der Verabschiedung des ostasiatischen Expeditionskorps anno 1900 beruhte. Vor der Hochzeit konvertierte er vom griechisch-orthodoxen Glauben zum Anglikanismus und verzichtete auf seine Ansprüche in Griechenland und Dänemark. Zudem nahm er den anglisierten Namen seiner Mutter an (aus „Battenberg“ wurde „Mountbatten“) und kurz vor der Hochzeit wurde er zum Duke of Edinburgh. Damit stand einer Aufnahme in die königlichen Familie nichts mehr im Wege, er musste offiziell als „His Royal Highness“ angesprochen werden. Philip wurde mit der Zeit zu einem der beliebtesten Royals, nicht zuletzt aufgrund seines Humors, den auch Elizabeth teilte. Er verstarb am 9. April 2021 – ein grosser Schicksalsschlag für die Queen. Das Bild der Trauerfeierlichkeiten rührte Millionen von Menschen auf der ganzen Welt zu Tränen: Aufgrund der CoVID-19-Bestimmungen sassen die Mitglieder des Königshauses getrennt voneinander – die Queen komplett abgeschottet gänzlichst alleine.
Vom Tode ihres Vaters erfuhr Elizabeth während einer Reise im Jahre 1952, die in Kenia begann und weiter nach Australien und Neuseeland führen sollte. Doch bereits nach der ersten Nacht in Kenia erhielt sie die Todesnachricht. Nachdem sich Georgs Gesundheitszustand seit 1951 kontinuierlich verschlechtert hatte, trug Martin Charteris, Elizabeths Privatsekretär, stets den Entwurf der Thronbesteigungserklärung bei sich. Die Reise wurde abgebrochen, Elizabeth kehrte mit ihrem Gemahl sofort nach London zurück.
Die Queen hatte eine sehr enge Beziehung zu Schottland. Das war vornehmlich familiär bedingt. Ihre Mutter „Queen-Mum“ war die jüngste Tochter des schottischen Grafen Claude Bowes-Lyon, 14. Earl of Strathmore and Kinghorne. Deshalb hätte sie wohl eine Loslösung Schottlands aus dem United Kingdom schwer getroffen. Zudem hatte sie auch mit Marion Crawford eine schottische Gouvernante. Balmoral Castle gehört jedoch nicht zum königlichen Besitz, sondern vielmehr zum Privatbesitz Elizabeths. Das ehemalige Jagdschloss Roberts II. wurde durch James Duff, dem 2. Earl Fife an Königin Victoria vermietet und später von Albert käuflich erworben. Wie ihre Ururgrossmutter war auch Elizabeth von der schottischen Landschaft stark beeindruckt.
Wie bereits vorher erwähnt, versprach Queen Elizabeth II., ihr Leben in den Dienst ihres Landes und ihrer Untertanen zu stellen. Dieses wichtige Kapitel möchte ich deshalb keineswegs in diesen heutigen Ausführungen aussparen.
Im Zweiten Weltkrieg wollte Lord-Kanzler Hailsham die Königsgemahlin und ihre Kinder nach Kanada in Sicherheit bringen. Dies jedoch lehnte diese ab: Sie verlasse niemals ohne ihren Mann das Land und die Kinder nicht ohne sie. 1942 absolvierte die Thronfolgerin mit ihrem Besuch bei den Grenadier Guards ihren ersten öffentlichen Auftritt. Im Frühjahr 1945 trat sie in den Auxiliary Territorial Service (ATS) ein, wo sie eine Ausbildung zur Lastwagenfahrerin und Mechanikerin erhielt. Ein Jahr nach ihrer Thronbesteigung besuchte sie im Rahmen einer Weltreise mit ihrem Gatten alle Länder des Commonwealth. Erstmals als Oberhaupt auch Australien und Neuseeland. Später kamen jede Menge hinzu. Insgesamt absolvierte sie 100 Staatsbesuche und 180 Reisen in die Länder des Commonwealth – sie ist somit das weitestgereiste Staats-oberhaupt der Welt. Trotz veröffentlichten Attentatsplänen (etwa 1961 in Ghana oder 1964 in Quebec) hielt die Queen an ihren Reiseplänen fest. Ja – sie setzte gar noch eins drauf: So führte sie die sog. „Royal Walkabouts“ ein – Spaziergänge und Händeschütteln beim normalen Volk.
In ihrer Amtszeit fehlte sie nur dreimal bei der Eröffnung der Sitzungs-periode des britischen Parlaments: 1959 und 1963 war sie schwanger (Andrew und Edward), 2022 liess es ihr Gesundheitszustand nicht mehr zu. Obgleich es ist nicht die Aufgabe der Queen bzw. Kings ist, sich in einer konstitutionellen, parlamentarischen Monarchie in das politische Tagesgeschäft einzumischen, nahm sie 2012 als erste Monarchin seit Georg III. im Jahre 1781 an einer Kabinettssitzung in Friedenszeiten teil. Nach Angaben der Zeitung „The Guardian“ liess die Queen während ihrer Amtszeit nicht weniger als 1062 Gesetze überprüfen („Queens Consent“). Zu ihrer politischen Einstellung hingegen äusserte sie sich niemals in der Öffentlichkeit. Margaret Thatcher meinte einst, sie würde wohl die Labour Party wählen. Bei der Einmischung Grossbritanniens in der Suezkrise, dem Falklandkrieg gegen Argentinien, dem Brexit hielt sie sich zurück – obwohl es ihr enorm schwer fiel. Als es im damaligen Rhodesien Probleme mit der Proklamation der Unabhängigkeit gab, entliess sie den dortigen Gouverneur Ian Smith, der ihr kurz zuvor noch seine Loyalität und Ergebenheit zum Ausdruck brachte, sich jedoch gegen die Unab-hängigkeitspläne stemmte. Auch bei dem vorzeitigen Ende der süd-afrikanischen Apartheidspolitik soll Elizabeth im Hintergrund vermittelt haben. Die Staatsbesuche des rumänischen Diktators Nicolae Ceausescue 1978 und des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump 2019 absolvierte sie nur widerwillig. Ansonsten zeigten sich alle Staatsober-häupter stets von der Queen beeindruckt. Übrigens auch Michael Fagan, der sich am 09. Juli 1982 in das königliche Schlafzimmer eingeschlichen hatte. Die Queen verwickelte ihn für mehrere Minuten in ein Gespräch, bis die Polizei ihn festnehmen konnte. 1992 klagte die Königin das Boulevard-Blatt The Sun auf Verletzung der Urheberrechte, da diese die königliche Weihnachtsansprache zumindest teilweise im Vorhinein abdruckte. Die Zeitung musste die Anwaltskosten der Königin über-nehmen und 200.000 Pfund an wohltätige Zwecke und Einrichtungen überweisen.
Immer wieder allerdings scheute sie nicht davor zurück, als Mahnerin zu agieren. Die Queen genoss während ihrer gesamten Amtszeit sehr hohe Beliebtheitswerte in der Bevölkerung – auch unter Gegnern der Monarchie als solche. Einzig die Abschottung des Königshauses nach dem Tod von Lady Di bis einen Tag vor ihrer Beerdigung sorgte für Unmut in den Strassen. Die öffentlichen Thronjubiläen, aber auch das alljährliche Geburtstagsspektakel „Trooping the coulor“ machten bis zuletzt die meisten Briten stolz auf ihr Königshaus. Auch völlig unerwartet der Humor der Queen: Wie beim Kurzfilm mit Daniel Craig alias James Bond anlässlich der olympischen Sommerspiele in London 2012 („unvergess-lichstes Bond-Girl aller Zeiten“) oder zuletzt das Video mit dem sehr beliebten TV-Teddy Paddington zu ihrem 70. Thronjubiläum. Elizabeth stand als Schirmherrin über 600 wohltätigen und ehrenamtlichen Organisationen vor. Als Oberhaupt der anglikanischen Kirche traf sie sich mit drei Päpsten und unterstützte den interreligiösen Dialog.
„Mehr als 50 Jahre hat Elizabeth Windsor ihre Würde, ihr Pflichtgefühl und ihre Frisur behalten. Ich bewundere sie für Ihren Mut, und ihr Durch-haltevermögen. Ohne sie würde ich jetzt nicht hier stehen!“
(Helen Mirren, Oscar beste weibliche Hauptrolle 2007 in „Die Queen“)
Auf Charles III. lastet nun grosse Verantwortung. Schliesslich wusste seine Mutter wie keine andere, mit Streitschlichtung umzugehen. Sie schickte Charles und Diana nach Australien, das sich vom Commonwealth abzuspalten drohte. Dank Di’s Zutun geschah dies nicht. Beim ersten Besuch einer britischen Monarchin in der Republik Irland trat Elizabeth im Mai 2011 in einem grünen Kostüm auf (Nationalfarbe Irlands) und begann ihre Ansprache auf Gälisch. Beides vergassen ihr die Verant-wortlichen nie, obwohl die Briten dort nach wie vor als Kolonialverbrecher gelten. Auch ging das Königshaus auf nordirische Politiker mit IRA-Wurzeln zu obgleich Lord Mountbatten, ein enger Vertrauter der Queen, durch die IRA umgebracht wurde.
Bei der Fahrt über rund 300 km von Balmoral nach Edinburgh gaben zehntausende Menschen der Queen die letzte Ehre. Viele mit Tränen in den Augen, manche applaudierten, andere salutierten. Von Schottlands Hauptstadt ging es mit dem Flugzeug weiter nach London. Das Staats-begräbnis findet am 19. September im Beisein vieler internationaler, hochrangiger Würdenträger aus Politik und Königshäusern sowie mehreren hunderttausend Menschen in London statt!
Filmtipps:
.) Tod einer Jahrhundertzeugin: Queen Elizabeth II. – ARTE-Doku
.) Elizabeth II., ganz privat – ARTE-Doku
.) Die Queen; Regie: Stephen Frears 2006)
Lesetipps:
.) Die Queen. Elizabeth II – Porträt einer Königin; Paola Calvetti; Piper Verlag 2021
.) Elizabeth II.; Thomas Kielinger, C.H. Beck 2022
.) Queen Elizabeth II. und die königlicher Familie, Susan Kennedy; DK 2021
.) Her majesty; Christopher Warwick; Raschen 2021
.) The Queen: Elizabeth II and the Monarchy; Ben Pimlott; HarperPress 2012
.) Queen Elizabeth II: Her Life in Our Times, Sarah Bradford; Penguin 2012
.) The Servant Queen and the King She Serves, William Shawcross; Bible Society 2016
Links:
– www.royal.uk
– www.stasi-unterlagen-archiv.de