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Was kostet uns Corona???

„Die Entwicklung in diesem Jahr stellt eine krasse Ausnahme-situation dar. Die Produktionseinbußen sind der Reflex auf einen massiven exogenen Schock, für den es in der jüngeren Wirtschafts-geschichte keine Vergleichsmuster gibt!“
(IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths)

CoVid-19 hat die Welt derzeit voll im Griff. Unglaublich, was möglicherweise nur ein Koch/eine Köchin in Wuhan/China ausgelöst haben könnte, indem höchstwahrscheinlich Fledermausfleisch nicht gut gekocht angeboten wurde. Mein Mitgefühl gilt all jenen, die einen geliebten Mitmenschen in den letzten Wochen verloren haben oder selbst erkrankt sind. Diese Gefühle jedoch zu Papier zu bringen, das wird wohl niemandem auch in Zukunft gelingen. Deshalb möchte ich mich heute einem Thema zuwenden, das uns ebenfalls die nächsten Wochen – ja vielleicht gar die kommenden Jahre beschäftigen wird: Was geschieht wirtschaftlich und finanziell während und nach Corona?! Und das wird nun ebenfalls heftig!

Beginnen wir vielleicht mit Österreich als kleinstem Wirtschaftsland im deutschsprachigen Raum. Der emeritierte Universitätsprofessor Dr. Dr.h.c.mult Friedrich Schneider vom Institut für Volkswirtschaftslehre an der Johannes Kepler-Universität in Linz (Abt. für Wirtschaftspolitik/ Forschungsinstitut für Bankenwesen) hat erste Berechnungen angestellt. Innerhalb von nur zwei Wochen wird die österreichische Volkswirtschaft nicht weniger als 2,5 Milliarden Euro verlieren. Er gliedert dies wie folgt auf:
.) Tertiärer Bereich (Dienstleistungssektor wie Handel, Gastronomie, Tourismus)
Hier entsteht ein Wertschöpfungsverlust von rund 3,2 Milliarden Euro – sofern nur ein Drittel heruntergefahren wird. Berücksichtigt sind die exorbitanten Zuwachsraten durch Hamsterkäufer im Handel. Schneider betont, dass nach der Krise sehr rasch wieder eine Milliarde gutgemacht werden kann.
.) Sekundärer Sektor (produzierendes Gewerbe)
Fährt die Industrie und produzierende Wirtschaft auf ein Fünftel runter, so rechnet Schneider mit rund 800 Mio € für zwei Wochen. Anschliessend könnten wieder etwa 300 Mio € gut gemacht werden. Danach jedoch wird’s happig: Jede weitere Woche wird Verluste von 1,25 Mrd. verursachen. Deshalb ist es wichtig, für kurze Zeit nahezu komplett dicht zu machen um danach wieder durchstarten zu können. Dies hat beispielsweise auch der Vorarlberger Möbelbeschläge-Weltmarktführer Blum eingesehen und seine Fabrikstore geschlossen.

https://www.blum.com/at/de/

.) Primärer Sektor („Urproduktion“ wie Land- und Forstwirtschaft bzw. Rohstoffgewinnung)
Gehen die Rohstoffe aus, so stehen auch die beiden anderen Sektoren. Hier können jedoch keine Zahlen angeführt werden, da die meisten Land- und Forstwirte selbständig sind und somit aus eigenen Interessen weiterarbeiten werden. Dennoch spitzt sich auch hier die Lage insofern zu, dass keine ausländischen Billigarbeitskräfte als Erntehelfer eingesetzt werden können. Dies betrifft als erstes die Spargel-, danach auch die Obst-, Salat- und Gemüseernte.
Hinzu kommen allerdings noch die zusätzlichen Kosten für das Gesund-heitssystem wie für Spitäler und Krankenhäuser. Bei einer Steigerung von 10 % sind dies rund 370, bei 20 % bis zu 740 Millionen € an Mehr-belastungen pro Woche. Nicht nur um Akutbetten frei zu halten, sondern auch um diese Mehrbelastungen möglichst gering zu halten, wurden verschiebbare medizinische Behandlungen auf einen späteren Zeitpunkt verlegt.
Während in anderen Staaten wie Italien oder den USA bereits Verstaatlichungen angedacht werden (siehe später im Text), ist dies für den Alpenstaat vorerst noch kein Thema. Die Bundesregierung hat gemeinsam mit den Sozialpartnern einen „Krisenbewältigungsfonds“ in der Höhe von vier Milliarden € eingerichtet. Hieraus sollen rasch und unbürokratisch Hilfsmassnahmen gesetzt werden, wie etwa Kredit-garantien, Überbrückungskredite, Exportförderung, Kinderbetreuung oder Kurzarbeitsmodelle.

Als sehr düster erweisen sich die Prognosen des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel für die deutsche Wirtschaft: Hier rechnet man mit einem Konjunktureinbruch von bis zu neun Prozent. Während der Krisen-situation, die sich hoffentlich ab Mai langsam entspannen sollte, werde das Brutto-Inlandsprodukt um 4,5 % fallen, bei einer Entspannung erst im August gar um 8,7 %. Das wäre der grösste Einbruch seit der Welt-wirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre (“Grosse Depression“). Die Wertschöpfung im ersteren Fall würde um 150 Milliarden einbrechen.
Ökonomen unterscheiden nun drei Szenarien:
– V-Szenario – die dämpfenden Massnahmen nehmen ab Mai ab – innerhalb der nächsten sechs Monate klingen die Produktionsausfälle ab
– U-Szenario – der Lockdown dauert bis August, die Erholung nochmals länger
– L-Szenario – es geht bis Ende des Jahres steil bergab – die Produktionsausfälle bleiben für längere Zeit auf niedrigem Niveau stehen, die Nachfrage ebenso
Mit grossflächigen Aufholeffekten im V- und U-Szenario ist erst im Jahr 2021 zu rechnen: Dann sollte eine Steigerung von 7,2 bis 10,9 % erfolgen.
Die Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Deutschland fallen alsdann ebenso mehr als triste aus: 2,356 Mio Menschen (90.000 mehr als im Vorjahr) werden als Folge der Corona-Krise arbeitslos werden. Sollte sich der Zustand erst bis zum Jahresende normalisieren, so könnten dies gar bis zu 3 Mio werden. Die Zahl der Kurzarbeiter könnte im Jahresschnitt bei 635.000 liegen, bei einem kurzzeitigen Ausfall von bis zu 50 %. Insgesamt rechnet das IAB mit einem Wirtschaftsrückgang von 2 % für das Jahr 2020 – kurzzeitig gar von 6 %.
Auch der Daimler-Konzern hat den Ernst der Lage richtig erkannt und grosse Teile seiner Produktion und Verwaltung geschlossen.

https://www.daimler.com/konzern/news/weitere-massnahmen-covid-19-pandemie.html

Neben der Lufthansa haben bereits Automobil-Hersteller nach Staats-hilfen gerufen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat inzwischen unbe-grenzte Kreditprogramme (Barkredite der KfW bis auf 50 Milliarden, Garantien bis zu 600 Milliarden), Steuererleichterungen, Flexibilisierung des Kurzarbeitergeldes sowie ein Investitionspaket in Höhe von 12,5 Milliarden zugesagt. Zudem wurde ein Notfallfonds für Freiberufler und Ein-Personen-Unternehmen (EPU) eingerichtet. Daneben stehen auch Soforthilfemassnahmen der Bundesländer zur Verfügung.

Für die komplette Schweiz wurde am 17. März der Notstand ausgerufen. Auch hier sagte der Bundesrat bereits einen Fonds zur Unterstützung der Wirtschaft in der Höhe von 40 Milliarden Franken zu. Damit sollen Lohnfortzahlungen, Kurzarbeitsgeld getätigt und finanzielle Engpässe bei KMUs bewältigt werden. Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Finanz-minister Ueli Maurer betonten aber, dass es bei Bedarf kein Limit geben werde, wenn beispielsweise die Arbeitslosenversicherung ALV in Finanz-nöten kommen sollte. Zudem stehen aus Bern Kreditgarantien bis zu 20 Milliarden Franken zur Verfügung. Eines der grössten eidgenössischen Unternehmen, Glencore (Rohstoffhandel), hat ebenfalls bereits reagiert, aber noch nicht geschlossen:

https://www.glencore.com/media-and-insights/news/update-on-COVID-19

Im vergangenen Jahr lag die Lohnsumme der eidgenössischen Wirtschaft bei rund 400 Milliarden Franken – 30-35 Milliarden pro Monat. Sollte die Wirtschaft um 20 % zurückgefahren werden, so bedeutet dies einen Einbruch von rund 6 bis 7 Milliarden Franken pro Monat. Übernimmt der Bund zwei Drittel dieser Rückgänge, so würde die Bundeskasse mit 4 – 4,5 Milliarden zu Rate gezogen werden. Ein erstes Opfer gibt es bereits: Die Restaurantkette Vapiano ist zahlungsunfähig – betroffen davon sind 10.000 Mitarbeiter.

Insgesamt sprechen alle Experten unisono von schlimmeren Aus-wirkungen als bei der Finanzkrise 2008/2009. Deshalb wird allerorts eine Rezession vorausgesagt, wobei jedoch das Produktionstal im Vergleich zur Finanzkrise wesentlich rascher überwunden sein sollte. Analysten der Berenberg-Bank rechnen bis Ende 2020 mit einem Einbruch des BIP um 3,5 % in der Eurozone – im Bad-Case um 5,0 %. Spätestens ab 2021 wird’s jedoch wieder bergauf gehen – Staatshilfen, Zinssenkungen sowie Anleiheankäufen durch die Zentralbanken werden dies ermöglichen. Die EZB (Europäische Zentralbank) etwa hat bereits ein 750 Milliarden schweres Anleihenkauf-Paket in Aussicht gestellt. Die Europäische Kommission hat alsdann eine „Corona Response Initiative“ in der Höhe von 25 Milliarden Euro angekündigt. Das BiP wird nach dem Virus um zwei bis vier Prozent steigen. Dies gilt jedoch nur für die Eurozone – die Weltwirtschaft wird weitaus weniger sinken und rascher und stärker wieder ansteigen. Auch die Aktienkurse haben sich weltweit bereits leicht, bis Ende des Jahres komplett erholt. Dies meinen zumindest die Analysten der schweizerischen UBS. Im Vergleich zur Finanzkrise des ersten Jahrzehnts des 3. Jahrtausends habe die Politik zumeist schnell und richtig reagiert („Lockdown“). Je länger dieser Lockdown jedoch andauert, desto mehr Insolvenzen werde es schliesslich geben.
DIE Sorgenkinder in der Eurozone sind aber Italien und Spanien. In Italien ist die Produktion von nicht-lebensnotwendigen Gütern faktisch auf Null zurückgefahren worden. Die explosiv ansteigenden Todesopferzahlen machten dies notwendig. Ökonomen der deutschen Commerzbank schocken mit der Aussicht, dass der 500 Milliarden schwere ESM, der Schutzschirm für EU-Mitglieder, die von der Euro-Krise betroffen waren (Griechenland etwa) Italien gerade mal für ein Jahr helfen würde. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte reagiert mit Verstaatlichungen. So wurden alleine in die Fluglinie AllItalia seit 2008 neun Milliarden € gesteckt – jetzt sind erneut hunderte Millionen nur für die Flugbranche notwendig. Für die Airline wird schon seit einiger Zeit ein Käufer gesucht. Als erste Massnahme reagierte die Europäische Kommission mit 50 Mio € für die Anschaffung medizinischer Geräte, Schutzausrüstungen und Masken. Auch in Spanien spitzt sich die Lage derzeit zu.
Im Vergleich dazu die Vereinigten Staaten. Hier wurde noch zu Beginn des Jahres mit einem Wachstum von zwei oder mehr Prozent gerechnet. Nun stehen die USA für die ersten beiden Quartale vor einer Rezession. Für das Jahr 2020 wird insgesamt eine Stagnation vorausgesagt. Allerdings breitet sich das Virus derzeit ähnlich rasch wie in Europa aus. Präsident Trump spricht von einem Notpaket in der Höhe von 850 Milliarden Dollar – alleine 50 Milliarden seien für Fluglinien, Hersteller (wie Boeing) und Flughäfen vorgesehen.

Wie sich die Wirtschaft jedoch tatsächlich entwickeln wird, hängt einzig und allein vom Konsumenten ab! Niemals zuvor war es dermaßen wichtig, regional einzukaufen um damit Unternehmen und Arbeitsplätze retten zu können! Helfen auch Sie mit, das Leben nach Corona wieder zu ermöglichen: Kaufen Sie regional!!!

Hotlines des Deutschen Bundeswirtschaftsministeriums:
.) Für Unternehmen 030-18 615 1515
.) Für Bürger 030-18 615 6187.

Hotline der österreichischen Wirtschaftskammer für Unternehmen:
05 90900-4352

Schweizerisches Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)-Infoline für Unternehmen:
058 462 00 66

Links:

– www.ifw-kiel.de/de/
– www.wko.at
– www.iab.de
– www.iwkoeln.de
– www.seco.admin.ch
– www.kfw.de

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