Wenn die wahre Realität verloren geht

„Jeder meint, dass seine Wirklichkeit die richtige Wirklichkeit ist.“
(Hilde Domin, dt. Schriftstellerin)

Die aktuelle Corona-Krise hat es wohl in aller Härte wie bislang noch nie aufgezeigt: Das Internet kann verrückt machen! Die Hamsterkäufe von Toilettenpapier, Mehl, Hefe etc. waren allesamt das Produkt von Panik-mache über die Social Medias mit dem Effekt, dass die Produkte nun teurer werden. . Durch die Ausgangsbeschränkungen waren noch weitaus mehr Menschen noch weitaus länger im World Wide Web als in normalen Zeiten. Da schaukelt man sich gegenseitig emotional hoch – ein wahr-haftiges Paradies für Fake News-Maker. Ein nicht zu unterschätzendes Risiko, schliesslich droht hier der Realitätsverlust!
Wer sich trotz all dieser Negativmeldungen zum Einkauf in den Super-markt traut, wird feststellen können, dass von allem noch (oder wieder) genug da ist. Er wird jedoch auch feststellen können, wenn er zum Beispiel im Discounter einkaufen sollte, dass gewisse Gesellschafts-schichten anfälliger sind als andere. Wissenschaftler warnen schon seit Jahren vor dem exzessiven Gebrauch von beispielsweise PCGames, aber auch dem Internet. In beiden Fällen droht der Verlust des Realitätssinns – die Sucht wird deshalb seit Juni 2018 durch die WHO als „substanzun-gebundene Sucht“, also als psychische Krankheit im Rahmen der ICD-11-Erkrankungen eingestuft – tritt mit dem 1. Januar 2022 in Kraft. Besonders problematisch in dieser Hinsicht ist die sog. „Gaming Disorder“, also die Computerspielesucht. Auf diese möchte ich heute aber nicht im Speziellen eingehen, sondern das Problem allgemeiner halten. Wenn Sie die nun folgende Frage mit „Ja!“ beantworten können, sollten Sie auf jeden Fall diesen Blog bis zum Ende durchlesen:

„Sind Sie öfter als 30 Stunden die Woche im Internet?“

Facebook, Twitter, Instagram oder vor allem WhatsApp – in den Social Medias ist jegliches Zeitgefühl zumeist sehr schnell verloren! Dennoch lässt es sich nicht genau bestimmen, ab wann der Zeitvertreib zur Sucht wird. Deshalb gehen die meisten Experten inzwischen von einem anderen Erscheinungsmuster aus: Tritt ein Kontrollverlust mit erheblichen Aus-wirkungen auf das soziale Leben und die Arbeitsfähigkeit ein, so ist die Schwelle zur Sucht überschritten! Das kann beim Mann in den Midlife-Crises sein, der stets neue Sexfotos oder -filme sucht, bei den Kaffee-tanten, die sich via SoMes jede Neuigkeit sofort zusenden müssen oder auch beim Teen, der nahe am Kollaps steht, wenn das Handy verlegt wurde und somit nicht gechattet werden kann. Es ist dieser nicht zu unterbindende innerliche Drang, stets einen Computer (in welcher Grösse oder Erscheinungsform auch immer) in greifbarer Nähe haben und ihn bedienen zu müssen. Betroffene Menschen reagieren oftmals stark gereizt und nervös. Das stärkste Zeichen einer Sucht jedoch ist es, wenn jemandem diese Sucht bewusst ist, man ihr aber hilflos gegenüber steht, dies also nicht in den Griff bekommen kann. Ob Drogen, Alkohol, Nikotin oder Computer – diese Abhängigkeit bleibt immer gleich.
Doch – was steckt wirklich dahinter? Ähnlich wie bei den Drogen oder dem Alkohol ist es vornehmlich die Flucht vor der Realität. In eine Welt, die vermeintlich besser ist, in welcher man Gleichgesinnte findet oder wo man sich als jener ausgeben kann, der man immer schon sein wollte. In die Risikogruppe fallen vornehmlich Menschen mit Problemen im privaten Bereich, der Arbeit oder Schule und jene, die unter einem mehr oder weniger starken Minderwertigkeitskomplex leiden. Auch Personen ohne soziale Kompetenz, mit nur eingeschränktem Freundeskreis sind gefährdet! Millionen User alleine im deutschsprachigen Raum sind hiervon betroffen. Alleine in Deutschland sind über 100.000 Menschen bereits als virtuell-süchtig gemeldet.
Sie flüchten in eine Scheinwelt, aus der viele nurmehr schwer heraus-finden. Vor allem nicht ohne Unterstützung. Übrigens steht dieser Realitätsverlust auch am Beginn der Schizophrenie und der organischen Psychose.
Wie bei jeder exzessiven Sucht hinterlässt auch die Computersucht tiefe Spuren in der Psyche eines Menschen. So mancher Experte weiss zu berichten, dass die Online-Sucht schwieriger und gar gefährlicher als die Alkohol- und Nikotinsucht ist. Wenn ein klärendes Gespräch keine oder nur wenig Wirkung zeigt, sollten Experten zu Rate gezogen werden. Auch Suchthilfeorganisationen können hierbei weiterhelfen. So betont die Spielsuchtberatung der Stadt Klagenfurt (auch zuständig für Internet-sucht), dass es teilweise bis zu zehn Jahre dauere, bis sich ein Spiele-Süchtiger die Sucht eingesteht. Inzwischen haben sich Schulden ange-häuft, ist das Aggressionspotenzial gestiegen und die reale Welt durch die Spielewelt ersetzt worden, betont die Psychologin Petra Hinteregger von der Suchtberatung. Keinesfalls sollten die Symptome auf die leichte Schulter genommen werden. Vor allem Kindern und Jugendlichen droht oftmals gar der Realitätsverlust, betont der Neurobiologe und Autor Gerald Hüther! So fehle dem wachsenden Kind oder Jugendlichen mit jeder Stunde vor dem Computer auch eine Stunde, sich im wirklichen Leben weiterzuentwickeln, so Hüther. Irgendwann überwiegt die Schein-welt gegenüber der Realwelt – die Grenze ist überschritten. Nach den Untersuchungen der JIM-Studie 2019 (Jugend, Information, Medien) besitzen 95 % der deutschen Jugendlichen zwischen 12-19 Jahren ein Handy bzw. Smartphone. 96 % der Mädchen und 95 % der Jungen sind zumindest täglich im Internet – 91 % der Mädchen und 90 % der Jungen nutzen dafür das Smartphone. Insgesamt erklärten die befragten Jugendlichen, täglich bis zu 205 Minuten im Internet zu sein (2018 waren es noch 214 Minuten). Hinzu kommen aber noch die anderen Bildschirm-zeiten vor dem Fernseher oder dem PC! Alles in allem beläuft sich die Bildschirmzeit auf dieselbe Dauer wie die tägliche Schulzeit!
Diese Menschen finden sich zumeist in der wirklichen Gesellschaft nicht mehr zurecht – sie greifen nurmehr auf ihre digitale Friends zurück. Hüther bezeichnet dies als „Verinnerlichung virtueller Vorstellungs-welten“. Hirnforscher machten die Entdeckung, dass jene Hirnregion, die die Bewegungen der Daumen steuert, aufgrund des exzessiven Handy-gebrauchs seit geraumer Zeit wächst. Das Gehirn strukturiert sich nach neuen Erfordernissen um. Gleiches stellten Wissenschaftler in bereits älteren Tests mit Gaming, Alkohol und Cannabis fest. In allen drei Bereichen führen die positiven Belohnungen zur Ausschüttung des Glückshormons Dopamin (klassische Konditionierung). Somit versucht der Betroffene immer mehr des Dopamins zu erheischen (siehe hierzu auch mein Blog zum Thema „Glück“). Süchtige können recht leicht erkannt werden: Sie sind aggressiver als ihre Altersgenossen. Zudem lassen Leistungen in Schule und Arbeit nach.
Na cool!, höre ich nun viele Eltern sagen. Der hat ja keine Ahnung. Stimmt möglicherweise, doch besitzen viele der Antworten von ausge-wiesenen Experten denselben Inhalt. So betont beispielsweise der Stressmediziner und Endokrinologe am Medizinischen Zentrum Ulm, Alfred Wolf: Hunderte Dinge können nebenbei nicht erledigt werden. Ich kann nicht wirklich frühstücken und ständig in’s Smartphone oder das Pad schauen. Wenn jemand joggen will, soll er mal für eine halbe Stunde nicht erreichbar sein. Jeder soll sich auf eine Aufgabe konzentrieren, dann wird diese auch besser erledigt und die Welt wird entschleunigt! Das können Sie auch Ihren Kindern mit auf den harten Weg des Lebens geben!

Lesetipps:

.) Computersüchtig – Kinder im Sog der modernen Medien, Wolfgang Bergmann / Gerald Hüther; Walter Verlag 2013
.) Digitale Hysterie – Warum Computer unsere Kinder weder dumm noch krank machen; Georg Milner; Beltz Verlag 2016

Links:

– www.psychiatrie.med.uni-goettingen.de
– www.uke.de
– www.klagenfurt.at/leben-in-klagenfurt/gesundheit/suchtberatung.html
– www.onlinesucht.de/
– www.suchtvorbeugung.net
– suchthilfekompass.oebig.at
– www.medicinicum.at

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Extremisten in Uniform

„Jeder, der in irgendeiner Art und Weise radikal bei der Bundeswehr auffällt, hat in dieser Bundeswehr keinen Platz.“
(Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesverteidigungsministerin)

Sein Name ist David Maaß. Seine Berufung die Polizei! Seit Ende Februar, nach den Anschlägen von Hanau, ist der Polizeigewerkschafter aus dem Saarland zumindest deutschlandweit bekannt. In einem Post auf Face-book meinte er:

„Die AfD ist eine der geistigen Brandstifterinnen des Rechts-extremismus. Sie ist keine Alternative, sondern eine Schande für Deutschland! Kein Fußbreit den Faschisten!“

Hätte er das alles im zivilen Outfit kundgetan, hätte wohl kein Hahn danach gekräht – die Social Medias sind voll mit derartigen Videos. Maaß jedoch trug dabei seine Uniform. Und das brachte die AfD auf den Plan. So forderte etwa der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Saarland, Rudolf Müller, ein Disziplinarverfahren gegen Maaß, da sich dieser politisch geäussert hat – in Uniform. Der Polizist musste auch direkt zum sog. „Sensibilisierungsgespräch“ beim Landespolizeidirektor antreten. Maaß verteidigte sich in einem Interview für den TV-Sender RTL mit den Worten:

„Die Polizei hat ihren Eid auf die Verfassung abgelegt. Sie verteidigt die Demokratie.“

Deshalb sei es auch seine Pflicht, sich gesellschaftspolitisch zu äussern. Sein Post wurde einige zigtausende Male geliked, allerdings auch mit Hassmeldungen überhäuft, einige davon liegen jetzt zur Prüfung beim Staatsschutz. Maaß selbst ist nun bekannt als „Der Antifaschist in Uniform“!
In diesen heutigen Zeilen möchte ich mich allerdings nicht dem Recht auf freie Meinungsäusserung widmen, da so manches Gericht in seiner Strafsprechung auch unterschiedlicher Auffassung zur Trennung dieser von der üblen Nachrede, der Beleidigung oder gar der Drohung ist. Des-halb beschäftige ich mich mit der wesentlich interessanteren Thematik des Rechts- und Linksextremismuses bei der Polizei und der Bundeswehr.
Schon die damalige Verteidigungsministerin Deutschlands und heutige EU-Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, musste sich im Mai 2017 mit dem Thema des Rechtsextremismuses bzw. Rechtsidealismuses in deutschen Bundeswehrkasernen beschäftigen, nachdem im Rahmen von Terrorermittlungen gegen den Oberleutnant Franko A. vom Jäger-bataillon 291 in Illkirch-Graffenstaden Nazi- und Wehrmacht-Devotionalien in mehreren Bundeswehrkasernen aufgetaucht sind und an’s Licht der Öffentlichkeit gelangte, dass dort Gedenkveranstaltungen für Wehrmachtsangehörige abgehalten wurden. So dürfen sich etwa seit dem Jahr 1981 Anhänger des Jagdpiloten Werner Mölders auf dem Gelände des Bundeswehrflugplatzes Neuburg an der Donau (Wilhelm-Frankl-Kaserne) treffen, wo zu dessen Ehren auch ein Gedenkstein aufgestellt wurde. Oberst Mölders beteiligte sich ab 1938 als Mitglied der „Legion Condor“ am spanischen Bürgerkrieg und kämpfte auch bei den Angriffen Hitlerdeutschlands auf England und die Sowjetunion. 1941 verstarb er bei einem Absturz. Soweit so gut, versah er doch (mit Aus-nahme in Spanien) seine soldatischen Pflichten. Die NS-Propaganda-maschine erkürte ihn jedoch zum Vorzeigehelden. Das Gutachten eines Bundeswehr-Historikers aus dem Jahre 2004 kam schliesslich zum Urteil, dass Mölders das „Muster eines NS-konformen Soldaten“ erfüllte. Daraufhin musste das bis dahin bekannte „Jagdgeschwader Mölders“ eine Namensänderung durchführen. Die Mitglieder der sog. „Mölders-Vereinigung“ jedoch durften die Kaserne auch weiterhin für ihre Veranstaltungen nutzen. Der Gedenkstein zählt inzwischen zur militär-historischen Sammlung der Bundeswehr. Ähnliche Treffen übrigens gibt es auch in vielen anderen Kasernen – wie etwa bei der Kreta-Feier der Gebirgsjäger in Bad Reichenhall. Die Wehrmacht verübte dort nach der Einnahme der Insel im Jahr 1941 ein Massaker an der Zivilbevölkerung. Derartige Feiern müssen allerdings klar von den Gefallenen-Gedenkfeiern (wie beispielsweise der Brendtenfeier in Mittenwald) abgegrenzt werden. Dort beispielsweise wird den Gefallenen beider Weltkriege gedacht – ohne politischen Hintergrund. Ursula von der Leyen sprach 2017 von einer „Säuberung der Bundeswehr“. Sie schickte einen neuen Traditionserlass auf den Weg, der eine mögliche Vorbildfunktion der Nationalen Volks-armee und der Wehrmacht in den Reihen der Bundeswehr untersagte.
Nun hat auch ihre Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer mit NS-Nachlassenschaften zu tun. So wurde im vergangenen Herbst ein Unter-offizier der Eliteeinheit „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) nach monate-langer Ermittlung des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) vom Dienst suspendiert. Dem Feldwebel werden rechtsextremistische Umtriebe vorgeworfen. Der Soldat war mehrere Male im Afghanistan-Einsatz. Die Ermittlungen hatten begonnen, nachdem ein Bundeswehrmitarbeiter in einem Post auf Instagram eine Wehrmachtsuniform als „Modetrend“ bezeichnete. Auf einer Feier sollen zudem zwei Stabsoffiziere der Einheit den Hitlergruss gezeigt haben. Der MAD spricht inzwischen von rund 20 Fällen – alleine beim KSK. Durch die Corona-Berichterstattung gelangte dieser neuerliche Skandal in’s Hintertreffen. Gegen den Unteroffizier läuft zudem nun ein Verfahren wegen Geheimnisverrates.
Bereits seit zwei Jahren berichten immer wieder unterschiedlichste Medien über rechtsextreme Netzwerke bei der Bundeswehr. Dort sollen nach Angaben des MADs gar Pläne für den Tag X angelegt worden sein. Etwa durch das PREPPER-Netzwerk „Nordkreuz“ („be prepared“ – PREPPER-Szene). In diesem Zusammenhang fiel auch immer mal wieder eine Vereinigung mit Namen „UNITER“ („In eins verbunden“). Der Verein war bis Anfang 2020 in Stuttgart ansässig, verlegte jedoch dann seinen Sitz nach Rotkreuz im schweizerischen Kanton Zug. In den Statuten des offiziell eingetragenen Vereins heisst es:

„Der gemeinnützige Verein UNITER ist ein Netzwerk, das dem Grundgesetz, den Menschenrechten und dem Frieden verpflichtet ist.“

In Stellungnahmen wird betont, dass man Abstand von jeglicher Parteipolitik nehme und sich von jeder Art von Extremismus distanziere. Der Verein zählt rund 18.000 Mitglieder, darunter aktive und ehemalige Soldaten, Polizisten und andere Behördenvertreter. Inzwischen wird er vom Verfassungsschutz beobachtet – die Gemeinnützigkeit wurde ihm entzogen.
Fakt ist, dass nach Ermittlungen und Disziplinarverfahren bereits im Jahr 2017 18 offenbar rechtsextremistische Soldaten aus der Bundeswehr entlassen wurden. Der MAD sprach im April 2018 von mehr als 400 Ermittlungen (inzwischen sind es 550) – ein hochrangiger Bundeswehr-Offizier meint hierzu: „Nur die Spitze des Eisbergs!“ Etwa ein Viertel der insgesamt 1.500 MAD-Mitarbeitern geht der Verfolgung von Extremisten in den eigenen Reihen nach. Der Chef des MAD, Christof Gramm, betont jedoch, dass es zu keiner Zunahme von extremistischen Kräften in der Bundeswehr und auch zu keiner Vernetzung von „Verfassungsfeinden“ gekommen sei.

„Dennoch für Extremisten gibt es keinen Platz, weder für rechts wie für links als auch nicht für islamistisch. Jeder einzelne Fall wird dann auch rausgefiltert.“
(Henning Otte, Verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag)

In einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ betonte Gramm, dass derzeit 184.000 Soldaten und Soldatinnen sowie rund 80.000 Zivil-personen ihrem Dienst in der Bundeswehr nachgehen. Im Jahr 2019 kam es 743 Ermittlungen, davon stammen jedoch 383 Verdachtsfälle noch aus dem Jahr 2018. Diese Zahlen werden mit einem grösseren Budget des MAD und mehr Personal begründet. 80 % der Verdachtsfälle sind dem rechtsextremen Lager zuzuordnen (ohne Reichsbürger). Von den 49 im Jahr 2019 entlassenen Personen wurden 46 aufgrund ihrer rechts-extremen und 3 aufgrund islamistischer Einstellung entlassen. Derzeit ist alsdann von einem linksextremen Problem zumindest in der Bundeswehr nichts bekannt – nur einer der 743 Verdachtsfälle zielt auf eine links-extremistische Weltanschauung. Bundeswehr und auch Polizei entsprechen nicht den Vorstellungen der linksextremen Szene, da sie ein Teil des von ihr gehassten polizeistaatlichen Systems sind. Ein entlassener ehemaliger Oberleutnant und Bekannter von Franko A. ist heute Mitarbeiter eines AfD-Bundestagsabgeordneten. 2019 gab es nach Angaben des Wehrbeauftragten des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), 200 Meldungen rechtsextremer Umtriebe durch Soldat(en)-innen. So etwa auch jener 147-Seiten-starke Bericht des inzwischen unehren-haft-entlassenen Unteroffiziers Patrick J., der eigens im Verteidigungs-ausschuss des Bundestages thematisiert wurde. In vergleichbaren 788 rechtsextremistischen Verdachtsfällen bei Reservist(en)-innen arbeiten zwischenzeitlich MAD und Verfassungsschutz in der „AG Reservisten“ zusammen. Der Militärhistoriker Wolfram Wette schrieb dazu im Januar 2020 in der Süddeutschen Zeitung:

„In der Summe bedeutet das: Es gibt in der Bundeswehr eine Grauzone mangelnder Aufklärungswilligkeit. Sie stellt womöglich das eigentliche Problem dar. Werden rechtsradikale Vorkommnisse öffentlich bekannt, wiegelt die militärische Führung meist reflexartig ab.“

Brenton T., der Attentäter von Christchurch/Neuseeland, hatte in seinem Facebook-Profil Artikel über rechtsradikale Soldaten bei der Bundeswehr geteilt. Immer wieder verschwinden zudem Dienstwaffen spurlos – v.a. halbautomatische Pistolen P8, Schnellfeuergewehre G3 sowie Sturm-gewehre G36. Daran ausgebildete Extremisten jeglicher Art stellen ein sehr hohes Bedrohungspotential dar.
Doch nicht nur bei der Bundeswehr. Der Gründer des vorhin bereits erwähnten PREPPER-Netzwerkes „Nordkreuz“ ist der ehemalige Bundes-wehrscharfschütze und späterhin langjährige SEK-Polizist beim LKA Mecklenburg-Vorpommern, Marko G. Bereits 2017 ermittelte die Bundes-staatsanwaltschaft gegen Mitglieder dieser Vereinigung wegen Verdachts auf eine schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89 a StGB – Terror (möglicherweise Geiselnahme und Ermordung bekennender links-gerichteter Politiker). Einer der beiden war ebenso Polizist. Marko G. galt damals noch als „nicht tatbeteiligter Dritter“. Bei Razzien der GSG-9 in sechs Haushalten wurden neben Zivilschutz-Vorräten auch Waffen und Munition konfisziert. Allerdings waren alle Waffen angemeldet, da die Betroffenen entweder bei den Sportschützen oder als Jäger gemeldet waren. Damals betonte der Verfassungsschutz, dass es bedenklich ist, wenn sich Mitglieder der Polizei lieber auf ein Untergangsszenario vorbereiten als den Rechtsstaat vor einem solchen zu schützen. Interessanter jedoch verlief eine Razzia im September 2019 im Hause von Marko G. Dort stiessen die Fahnder auf Leichensäcke und über 40.000 Schuss Munition, sowie eine Maschinenpistole (Uzi) und zwei Pistolen (Glock 17 und Ruger 512). Das genügte der Staatsanwaltschaft Schwerin für eine Anklage (die Uzi ist eine Kriegswaffe) – Marko G. gilt inzwischen als Gefährder des Staatssystems. So soll er in einem Naheverhältnis mit der NSU gestanden und auch für andere Mitglieder Waffen und Munition aus den Beständen der Bundeswehr, der LKAs und anderer Polizei-dienststellen besorgt haben. G. wurde wegen des Verstosses gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt. PREPPER streiten übrigens stets die gegen sie erhobenen Beschuldigungen ab. Es gehe nie um Umsturzpläne, sondern vielmehr um die Vorbereitung auf den Tag X, wenn die Staatsordnung aus einem anderen Grunde zusammenbricht.
Bereits im Jahr 2002 gründete ein V-Mann des Verfassungsschutzes in einem Ort bei Schwäbisch-Hall eine Gruppierung des Ku-Klux-Klans. Nach seiner Aussage gab es eine Unzahl an Interessenten aus dem Bereich der Polizei. Auch zwei Kollegen der am 25. April 2007 in Heilbronn im Rahmen der NSU-Fahndung ermordeten Michele Kiesewetter sollen dieser Vereinigung angehört haben. Der NSU-Untersuchungsausschuss beleuchtete zudem in Hessen ein mögliches Naheverhältnis zweier Polizisten zu einer weiteren rechtsextremen Gruppierung.
Am Ende dieser Ausführungen wieder zurück zum Anfang:
Polizeigewerkschafter Maaß meint:

„Ich möchte keinen AfD-Wähler oder Sympathisanten vorverurteilen…!“

Trotzdem spielten einige Politiker gezielt mit Ängsten zum Ziel der Stimmungsmache. Deshalb sei es umso wichtiger, mit ALLEN Teilen der Gesellschaft im Gespräch zu bleiben, damit eine Spaltung dieser verhindert werden könne.
In einem Bericht der Bildzeitung vom Januar 2019 heisst es, dass von den damals 35.000 AfD-Mitgliedern nicht weniger als 2.100 Berufssoldaten sind, von den 91 AfD-Bundestagsabgeordneten 11 frühere Berufs- oder Zeitsoldaten. Unter ihnen etwa: Andreas Kalbitz (Ex-Fallschirmjäger mit MAD-Vermerk in der Akte); Joachim Wundrak (Ex-Oberbürgermeister-kandidat der AfD für Hannover und Luftwaffen-Generalleutnant a.D.), Uwe Junge (Fraktionschef der AfD im Landtag von Rheinland-Pfalz und Oberstleutnant a.D. im Zentrum für Operative Kommunikation), Rüdiger Lucassen (Vorsitzender der AfD NRW, MdB und Obmann des Verteidigungsausschusses des Bundestags sowie Oberst a.D. im General-stab bei der NATO und im Verteidigungsministerium), Gerold Joachim Otten (MdB und Mitglied des Verteidigungsausschusses sowie Major a.D. als Ausbildungslehrer am Kampfbomber Tornado) u.v.a.m.
Um eine Überlänge des heutigen Blogs zu vermeiden, habe ich absichtlich die Szene in der Schweiz und Österreich (noch) nicht beleuchtet. Doch – was nicht ist, kann ja noch werden.
Dennoch ist es nicht Zweck dieser Zeilen, eine Pauschalverurteilung abzugeben oder vielleicht gar eine Panik zu erzeugen. Die offiziellen Fallzahlen bewegen sich angesichts der Beschäftigtenzahlen bei Bundes-wehr und Polizei im einstelligen Prozentbereich bzw. gar darunter. Schlussendlich sollten sie aber nicht unterschätzt werden. Auch die RAF und ihre Sympathisanten mit linksextremistischen Anschauungen lagen in den 1970/80er Jahren in etwa bei dieser Grösse. Dass hingegen Extremismus und Terrorismus niemals kleingeredet werden darf, zeigte damals das schreckliche Ausmaß ihrer Anschläge. Ähnlicher Attentate wie jenes auf den Regierungspräsidenten von Kassel, auf die Synagoge in Halle, auf die Shisha Bars in Hanau oder die Mordserie der NSU.

PS:
Bei den Recherchen zu diesem Blog stiess ich auf Kampfpamphlete von Rechts- und Linksextremisten! Auch wenn sich die Wortwahl manches Mal unterschied, so konnte ich als sinnergreifender Leser kaum einen Unterschied feststellen! Nicht nur der Nazi glaubt an eine bessere Welt zwischen der damaligen Machtergreifung und dem anschliessenden Untergang – auch der Trotzkist tut dies! Extremismus ist und bleibt Extremismus – er hat in einer demokratischen Weltordnung nichts verloren!

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Was kostet uns Corona???

„Die Entwicklung in diesem Jahr stellt eine krasse Ausnahme-situation dar. Die Produktionseinbußen sind der Reflex auf einen massiven exogenen Schock, für den es in der jüngeren Wirtschafts-geschichte keine Vergleichsmuster gibt!“
(IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths)

CoVid-19 hat die Welt derzeit voll im Griff. Unglaublich, was möglicherweise nur ein Koch/eine Köchin in Wuhan/China ausgelöst haben könnte, indem höchstwahrscheinlich Fledermausfleisch nicht gut gekocht angeboten wurde. Mein Mitgefühl gilt all jenen, die einen geliebten Mitmenschen in den letzten Wochen verloren haben oder selbst erkrankt sind. Diese Gefühle jedoch zu Papier zu bringen, das wird wohl niemandem auch in Zukunft gelingen. Deshalb möchte ich mich heute einem Thema zuwenden, das uns ebenfalls die nächsten Wochen – ja vielleicht gar die kommenden Jahre beschäftigen wird: Was geschieht wirtschaftlich und finanziell während und nach Corona?! Und das wird nun ebenfalls heftig!

Beginnen wir vielleicht mit Österreich als kleinstem Wirtschaftsland im deutschsprachigen Raum. Der emeritierte Universitätsprofessor Dr. Dr.h.c.mult Friedrich Schneider vom Institut für Volkswirtschaftslehre an der Johannes Kepler-Universität in Linz (Abt. für Wirtschaftspolitik/ Forschungsinstitut für Bankenwesen) hat erste Berechnungen angestellt. Innerhalb von nur zwei Wochen wird die österreichische Volkswirtschaft nicht weniger als 2,5 Milliarden Euro verlieren. Er gliedert dies wie folgt auf:
.) Tertiärer Bereich (Dienstleistungssektor wie Handel, Gastronomie, Tourismus)
Hier entsteht ein Wertschöpfungsverlust von rund 3,2 Milliarden Euro – sofern nur ein Drittel heruntergefahren wird. Berücksichtigt sind die exorbitanten Zuwachsraten durch Hamsterkäufer im Handel. Schneider betont, dass nach der Krise sehr rasch wieder eine Milliarde gutgemacht werden kann.
.) Sekundärer Sektor (produzierendes Gewerbe)
Fährt die Industrie und produzierende Wirtschaft auf ein Fünftel runter, so rechnet Schneider mit rund 800 Mio € für zwei Wochen. Anschliessend könnten wieder etwa 300 Mio € gut gemacht werden. Danach jedoch wird’s happig: Jede weitere Woche wird Verluste von 1,25 Mrd. verursachen. Deshalb ist es wichtig, für kurze Zeit nahezu komplett dicht zu machen um danach wieder durchstarten zu können. Dies hat beispielsweise auch der Vorarlberger Möbelbeschläge-Weltmarktführer Blum eingesehen und seine Fabrikstore geschlossen.

https://www.blum.com/at/de/

.) Primärer Sektor („Urproduktion“ wie Land- und Forstwirtschaft bzw. Rohstoffgewinnung)
Gehen die Rohstoffe aus, so stehen auch die beiden anderen Sektoren. Hier können jedoch keine Zahlen angeführt werden, da die meisten Land- und Forstwirte selbständig sind und somit aus eigenen Interessen weiterarbeiten werden. Dennoch spitzt sich auch hier die Lage insofern zu, dass keine ausländischen Billigarbeitskräfte als Erntehelfer eingesetzt werden können. Dies betrifft als erstes die Spargel-, danach auch die Obst-, Salat- und Gemüseernte.
Hinzu kommen allerdings noch die zusätzlichen Kosten für das Gesund-heitssystem wie für Spitäler und Krankenhäuser. Bei einer Steigerung von 10 % sind dies rund 370, bei 20 % bis zu 740 Millionen € an Mehr-belastungen pro Woche. Nicht nur um Akutbetten frei zu halten, sondern auch um diese Mehrbelastungen möglichst gering zu halten, wurden verschiebbare medizinische Behandlungen auf einen späteren Zeitpunkt verlegt.
Während in anderen Staaten wie Italien oder den USA bereits Verstaatlichungen angedacht werden (siehe später im Text), ist dies für den Alpenstaat vorerst noch kein Thema. Die Bundesregierung hat gemeinsam mit den Sozialpartnern einen „Krisenbewältigungsfonds“ in der Höhe von vier Milliarden € eingerichtet. Hieraus sollen rasch und unbürokratisch Hilfsmassnahmen gesetzt werden, wie etwa Kredit-garantien, Überbrückungskredite, Exportförderung, Kinderbetreuung oder Kurzarbeitsmodelle.

Als sehr düster erweisen sich die Prognosen des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel für die deutsche Wirtschaft: Hier rechnet man mit einem Konjunktureinbruch von bis zu neun Prozent. Während der Krisen-situation, die sich hoffentlich ab Mai langsam entspannen sollte, werde das Brutto-Inlandsprodukt um 4,5 % fallen, bei einer Entspannung erst im August gar um 8,7 %. Das wäre der grösste Einbruch seit der Welt-wirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre (“Grosse Depression“). Die Wertschöpfung im ersteren Fall würde um 150 Milliarden einbrechen.
Ökonomen unterscheiden nun drei Szenarien:
– V-Szenario – die dämpfenden Massnahmen nehmen ab Mai ab – innerhalb der nächsten sechs Monate klingen die Produktionsausfälle ab
– U-Szenario – der Lockdown dauert bis August, die Erholung nochmals länger
– L-Szenario – es geht bis Ende des Jahres steil bergab – die Produktionsausfälle bleiben für längere Zeit auf niedrigem Niveau stehen, die Nachfrage ebenso
Mit grossflächigen Aufholeffekten im V- und U-Szenario ist erst im Jahr 2021 zu rechnen: Dann sollte eine Steigerung von 7,2 bis 10,9 % erfolgen.
Die Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Deutschland fallen alsdann ebenso mehr als triste aus: 2,356 Mio Menschen (90.000 mehr als im Vorjahr) werden als Folge der Corona-Krise arbeitslos werden. Sollte sich der Zustand erst bis zum Jahresende normalisieren, so könnten dies gar bis zu 3 Mio werden. Die Zahl der Kurzarbeiter könnte im Jahresschnitt bei 635.000 liegen, bei einem kurzzeitigen Ausfall von bis zu 50 %. Insgesamt rechnet das IAB mit einem Wirtschaftsrückgang von 2 % für das Jahr 2020 – kurzzeitig gar von 6 %.
Auch der Daimler-Konzern hat den Ernst der Lage richtig erkannt und grosse Teile seiner Produktion und Verwaltung geschlossen.

https://www.daimler.com/konzern/news/weitere-massnahmen-covid-19-pandemie.html

Neben der Lufthansa haben bereits Automobil-Hersteller nach Staats-hilfen gerufen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat inzwischen unbe-grenzte Kreditprogramme (Barkredite der KfW bis auf 50 Milliarden, Garantien bis zu 600 Milliarden), Steuererleichterungen, Flexibilisierung des Kurzarbeitergeldes sowie ein Investitionspaket in Höhe von 12,5 Milliarden zugesagt. Zudem wurde ein Notfallfonds für Freiberufler und Ein-Personen-Unternehmen (EPU) eingerichtet. Daneben stehen auch Soforthilfemassnahmen der Bundesländer zur Verfügung.

Für die komplette Schweiz wurde am 17. März der Notstand ausgerufen. Auch hier sagte der Bundesrat bereits einen Fonds zur Unterstützung der Wirtschaft in der Höhe von 40 Milliarden Franken zu. Damit sollen Lohnfortzahlungen, Kurzarbeitsgeld getätigt und finanzielle Engpässe bei KMUs bewältigt werden. Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Finanz-minister Ueli Maurer betonten aber, dass es bei Bedarf kein Limit geben werde, wenn beispielsweise die Arbeitslosenversicherung ALV in Finanz-nöten kommen sollte. Zudem stehen aus Bern Kreditgarantien bis zu 20 Milliarden Franken zur Verfügung. Eines der grössten eidgenössischen Unternehmen, Glencore (Rohstoffhandel), hat ebenfalls bereits reagiert, aber noch nicht geschlossen:

https://www.glencore.com/media-and-insights/news/update-on-COVID-19

Im vergangenen Jahr lag die Lohnsumme der eidgenössischen Wirtschaft bei rund 400 Milliarden Franken – 30-35 Milliarden pro Monat. Sollte die Wirtschaft um 20 % zurückgefahren werden, so bedeutet dies einen Einbruch von rund 6 bis 7 Milliarden Franken pro Monat. Übernimmt der Bund zwei Drittel dieser Rückgänge, so würde die Bundeskasse mit 4 – 4,5 Milliarden zu Rate gezogen werden. Ein erstes Opfer gibt es bereits: Die Restaurantkette Vapiano ist zahlungsunfähig – betroffen davon sind 10.000 Mitarbeiter.

Insgesamt sprechen alle Experten unisono von schlimmeren Aus-wirkungen als bei der Finanzkrise 2008/2009. Deshalb wird allerorts eine Rezession vorausgesagt, wobei jedoch das Produktionstal im Vergleich zur Finanzkrise wesentlich rascher überwunden sein sollte. Analysten der Berenberg-Bank rechnen bis Ende 2020 mit einem Einbruch des BIP um 3,5 % in der Eurozone – im Bad-Case um 5,0 %. Spätestens ab 2021 wird’s jedoch wieder bergauf gehen – Staatshilfen, Zinssenkungen sowie Anleiheankäufen durch die Zentralbanken werden dies ermöglichen. Die EZB (Europäische Zentralbank) etwa hat bereits ein 750 Milliarden schweres Anleihenkauf-Paket in Aussicht gestellt. Die Europäische Kommission hat alsdann eine „Corona Response Initiative“ in der Höhe von 25 Milliarden Euro angekündigt. Das BiP wird nach dem Virus um zwei bis vier Prozent steigen. Dies gilt jedoch nur für die Eurozone – die Weltwirtschaft wird weitaus weniger sinken und rascher und stärker wieder ansteigen. Auch die Aktienkurse haben sich weltweit bereits leicht, bis Ende des Jahres komplett erholt. Dies meinen zumindest die Analysten der schweizerischen UBS. Im Vergleich zur Finanzkrise des ersten Jahrzehnts des 3. Jahrtausends habe die Politik zumeist schnell und richtig reagiert („Lockdown“). Je länger dieser Lockdown jedoch andauert, desto mehr Insolvenzen werde es schliesslich geben.
DIE Sorgenkinder in der Eurozone sind aber Italien und Spanien. In Italien ist die Produktion von nicht-lebensnotwendigen Gütern faktisch auf Null zurückgefahren worden. Die explosiv ansteigenden Todesopferzahlen machten dies notwendig. Ökonomen der deutschen Commerzbank schocken mit der Aussicht, dass der 500 Milliarden schwere ESM, der Schutzschirm für EU-Mitglieder, die von der Euro-Krise betroffen waren (Griechenland etwa) Italien gerade mal für ein Jahr helfen würde. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte reagiert mit Verstaatlichungen. So wurden alleine in die Fluglinie AllItalia seit 2008 neun Milliarden € gesteckt – jetzt sind erneut hunderte Millionen nur für die Flugbranche notwendig. Für die Airline wird schon seit einiger Zeit ein Käufer gesucht. Als erste Massnahme reagierte die Europäische Kommission mit 50 Mio € für die Anschaffung medizinischer Geräte, Schutzausrüstungen und Masken. Auch in Spanien spitzt sich die Lage derzeit zu.
Im Vergleich dazu die Vereinigten Staaten. Hier wurde noch zu Beginn des Jahres mit einem Wachstum von zwei oder mehr Prozent gerechnet. Nun stehen die USA für die ersten beiden Quartale vor einer Rezession. Für das Jahr 2020 wird insgesamt eine Stagnation vorausgesagt. Allerdings breitet sich das Virus derzeit ähnlich rasch wie in Europa aus. Präsident Trump spricht von einem Notpaket in der Höhe von 850 Milliarden Dollar – alleine 50 Milliarden seien für Fluglinien, Hersteller (wie Boeing) und Flughäfen vorgesehen.

Wie sich die Wirtschaft jedoch tatsächlich entwickeln wird, hängt einzig und allein vom Konsumenten ab! Niemals zuvor war es dermaßen wichtig, regional einzukaufen um damit Unternehmen und Arbeitsplätze retten zu können! Helfen auch Sie mit, das Leben nach Corona wieder zu ermöglichen: Kaufen Sie regional!!!

Hotlines des Deutschen Bundeswirtschaftsministeriums:
.) Für Unternehmen 030-18 615 1515
.) Für Bürger 030-18 615 6187.

Hotline der österreichischen Wirtschaftskammer für Unternehmen:
05 90900-4352

Schweizerisches Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)-Infoline für Unternehmen:
058 462 00 66

Links:

– www.ifw-kiel.de/de/
– www.wko.at
– www.iab.de
– www.iwkoeln.de
– www.seco.admin.ch
– www.kfw.de

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Non-24 – Selten aber nervraubend

Sie kennen sicherlich den Erschöpfungszustand, wenn Sie in der Nacht zuvor mit Schlafstörungen zu kämpfen hatten. Jeder Mensch verbringt rund ein Drittel seines Lebens schlafend. Stellen Sie sich den Schlafentzug als Dauerzustand vor! Der Experte spricht bei einer besonderen Form vom „Hypernykthemeralen Syndrom“ – besser bekannt als „24-Stunden-Schlaf-Wach-Syndrom“ oder „Non-24“. Diese Krankheit ist zwar selten (rund 0,03 % der Bevölkerung leiden darunter), kann aber einen Menschen in seiner ganzen Existenz fertig machen. Dabei handelt es sich um eine Störung des zirkadianen Rhythmus („Rings um den Tag“). Der Betroffene hat mit einer Verzögerung der Einschlaf- und Aufwachzeit zu kämpfen. Beide beginnen Minuten oder Stunden später. Am darauf-folgenden Tag erneut später – die Zeiten des Nichteinschlafens addieren sich immer mehr. Dies wirft vornehmlich dann Probleme auf, wenn die Betroffenen zu einer bestimmten Uhrzeit zur Arbeit bzw. zur Schule müssen.
Es scheint, daß vor allem blinde Personen davon betroffen sind, da hier die Steuerung der Schlaf- und Wachphasen durch das Sonnenlicht fehlt. Doch folgt bei diesen auch der Blutdruck, die Herzfrequenz und die Körpertemperatur einzig der inneren Uhr. Der Wach-Schlaf-Rhythmus, der durch diese innere Uhr geregelt wird, gibt jedoch stets eine etwas grössere Tageslänge voraus. Sehende Menschen orientieren sich deshalb an der äusseren Uhr durch die Hell-Dunkel-Wahrnehmung, die alle anderen Vorgänge im Körper stets synchronisiert. Eine derartige Mög-lichkeit jedoch fehlt blinden Menschen. Deshalb leiden rund 70 % von Ihnen an Non-24. Dabei driftet dieser sog. „Endogene Rhythmus“ um eine fixe Zeitspanne immer weiter auseinander, bis er den normalen 24-Stunden-Tag wieder erreicht hat. Allerdings laufen beide nur ganz kurz synchron. Danach beginnt das Spiel von neuem.
Dieses Prozedere ist v.a. für berufstätige Menschen sehr belastend, da sie tagsüber zumeist übermüdet sind und nachts nicht schlafen können („intermittierend ausgeprägte Schlafstörung“). Dadurch kommt der Hormonhaushalt ordentlich durcheinander und die Tagesleistung nimmt ab. Daneben kann der Schlafentzug zu einer Depression, ADHS, Fibromyalgie, Diabetes, Krebs und selbstverständlich einer allgemeinen Erschöpfung führen. Alsdann leidet das Immunsystem unter dem ständigen Schlafentzug – die Menschen werden krankheitsanfälliger.
In zwei Forschungsprojekten in den spanischen Kliniken Hospital Universitario Fundación Jiménez Díaz sowie L’Hospitalet de Llobregat versuchen Wissenschaftler nähere Details über die Krankheit heraus-zubekommen.
Eine Non-24-Diagnose ist sehr schwierig, da auch eine Schlafapnoe oder ein Periodic Limb Movement Disorder (PLMD) zu Schlafstörungen führen können. Patienten müssen ein Schlaftagebuch führen. Zudem wird eine Schlafanamnese geführt und mittels eines Fragebogens weitere Eigenheiten ausfindig gemacht. Auch kann eine Aktigraphie eine Diagnose erleichtern. Hierbei werden über ein Armbanduhr-grosses Messgerät Daten über Bewegung, Helligkeit und Temperatur gesammelt. Zugleich wird eine Melatoninbestimmung durchgeführt, damit andere Hintergründe für die Schlafstörung ausgeschlossen werden können. Konnte schliesslich Non-24 diagnostiziert werden, so empfehlen Ärzte eine Behandlung mit Melatonin sowie eine Lichttherapie. Das Hormon Melatonin wird vornehmlich in der Zirbeldrüse nach den Vorgaben der inneren Uhr gebildet. Der Körper reagiert hierauf mit einer Absenkung des Blutdrucks und des Stoffwechsels. Tagsüber ist die Ausschüttung gering – es überwiegt das „Wachhormon“ Cortisol – in der Nacht hingegen sehr groß. Das Licht des Tages unterdrückt dessen Produktion. Da eine Synchronisation mit Melatonin in Deutschland nicht genehmigt ist, verschreiben die meisten Mediziner Hypnotika, Antidepressiva und Sedativa für die Nacht sowie Stimulanzien für den Tag. Dies birgt aber eine Unzahl an Nebenwirkungen. Erfolgsversprechend jedoch scheint der Melatoninrezeptor Tasimelteon. In den beiden Studien SET und RESET konnten 59 % der Probanden innerhalb von sieben Monaten synchronisiert werden, bei 57 % nahm der Nachtschlaf zu. Als Nebenwirkungen werden jedoch Kopfschmerzen, erhöhte Leberenzyme und anomale Träume und Albträume angeführt (näheres siehe Arznei-verordnungsreport 2017). Der Schlafmediziner an der Berliner Charité, Prof. Dr. Ingo Fietze weist jedoch auch auf eine andere Möglichkeit hin: In Tierversuchen konnten nachtaktive Versuchstiere wie etwa Ratten oder Mäuse auf tagaktiv umgepolt werden, wenn sie nur tagsüber etwas zu fressen bekamen. Die Nahrungsaufnahme wäre somit die erste Therapie-möglichkeit, die man für die Synchronisation verwenden könnte.
In schweren Fällen hilft nur die Rückkehr zum natürlichen Rhythmus des Körpers, das jedoch die meisten Arbeitgeber und Partner nicht verstehen werden. In den USA sind Schulen und Arbeitgeber nach dem „Americans with Disabilities Act“ verpflichtet, Möglichkeiten wie Teilzeit, Homeoffice oder angepasste Arbeitszeiten zu setzen.
Weshalb auch sehende Menschen an Non-24 erkranken, ist bislang nicht geklärt.
Den Non-24-Service erreichen Sie in Deutschland unter der Telefonnummer 0800 24 321 06! Obgleich auch in Österreich und der Schweiz die Zahl der Schlafstörungen ganz allgemein eklatant zugenommen hat, konnte ich bei meinen Recherchen jedoch keine vergleichbare Hotline ausfindig machen. Dafür aber stieß ich auf einen Facebook-Post der Barmer-Krankenkasse. Da stand im Jahr 2019 zu lesen:

„Wenn du mal wieder nicht schlafen kannst, dann leg einfach mal selbst Hand an oder hol dir ein Spielzeug dazu, dann kommt der Schlaf ganz von alleine!“

Die Anfragen, ob denn diese Sex-Spielzeuge auch von der Kasse übernommen werden, wurde jedoch verneint!

Links:

– non-24.de
– www.dbsv.org
– schlafmedizin.charite.de
– www.circadiansleepdisorders.org
– www.je-dors-trop.fr
– www.narkolepsie.at
– www.fjd.es

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RKI – Im Kampf für die Gesundheit

Aufmerksame Leser dieser meiner Gedanken haben bei Gesundheits-themen immer mal wieder den Hinweis und Link auf das Robert-Koch-Institut gefunden. Zurecht, gelten doch die Damen und Herren des „Bundesinstituts für Infektionskrankheiten und nicht übertragbare Krankheiten“ (so die richtige Bezeichnung) als international hochange-sehene Koryphäen in der Infektionsforschung. Gerade in Zeiten von SARS, Vogelgrippe und Corona stellt sich das Expertenwissen des RKI stets als verlässliche Basis für die weitere Arbeit der entsprechenden Verwaltung und Politik dar. Nun hat gar der deutsche Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine derartige Einrichtung für den kompletten EU-Raum gefordert, da die Europäische Seuchenbehörde wohl zu klein ist um immer grösser werdende Epidemien und v.a. Pandemien abarbeiten zu können.
Robert Koch selbst war es, der das Institut am 01. Juli 1891 als „Königlich-Preußisches Institut für Infektionskrankheiten“ gründete und bis 1904 leitete. Der Namen „Robert-Koch-Institut“ stammt jedoch aus dem Jahr 1942. Zu Zeiten des Nationalsozialismus beteiligten sich auch Mitarbeiter des RKI an Menschenversuchen in Konzentrationslagern. 1952 kam das Institut in den Kompetenzbereich des Bundesgesundheitsamtes und wurde schliesslich 1994 als selbständige Einrichtung dem Bundesgesundheitsministerium unterstellt. Die heutige Aufgabe besteht u.a. in der Algorithmenentwicklung, der Clusterdetektion sowie der Systemevaluation von nosokomialen Pathogenen. Soll heissen, dass Infektionskrankheiten, die auf Bakterien, Viren und auch Pilzen beruhen, gefunden und erforscht werden, um dadurch die notwendigen Strukturen und Methoden für die Organisation der weiteren Bekämpfung dieser Krankheiten zu schaffen. Deshalb wurde beispielsweise aufgrund der Corona-Krise Südtirol durch das RKI zum Risikogebiet erklärt. Obgleich zu diesem Zeitpunkt dort nur zwei Infizierte gemeldet wurden, kamen mehr als 36 Urlauber mit dem Virus im Gepäck nach Deutschland zurück. Dies hat durchaus weitreichende Folgen: So rät das Auswärtige Amt von nicht dringend erforderlichen Reisen in vom RKI als Risikogebiete bezeichnete Regionen ab. Zudem müssen Betroffene, die aus derartigen Risikogebieten kommen, für zumindest 14 Tage (Inkubationszeit des CoVID-19) in Quarantäne. Nahezu ganz Italien, das Elsass, Gebiete in China, dem Iran und vielen anderen Staaten wurden zu solchen Risiko-gebieten eingestuft.
Im Robert-Koch-Institut laufen also alle Drähte zusammen: Influenza, Masern, Mumps, Poliomyelitis, Röteln, Salmonellen, Staphylokokken und jetzt auch CoVID-19 (Corona). Hierher müssen die Ärzte positive Infektionsergebnisse melden, hier werden aufgrund dessen Berech-nungen angestellt, wie sich eine Krankheit weiter entwickeln wird, und hier werden Empfehlungen für weitere Massnahmen ausgesprochen. Hier kann sich auch die Fachöffentlichkeit stets auf dem Laufenden halten: Gesundheitspersonal, Mediziner – ja auch Veranstalter von Tagungen und Events.
Obgleich der Leiter des Institutes, Lothar Heinz Wieler diplomierter Veterinärmediziner und Mikrobiologe ist, konzentriert sich das RKI bei seinen Forschungen auf Humanpathogenen, also den Menschen betreffenden Erregern. Für Veterinärpathogenen zeichnet das Friedrich-Löffler-Institut in Greifswald verantwortlich. Friedrich Löffler war übrigens einer der ersten Mitarbeiter Robert Kochs und von 1913 bis 1915 selbst Leiter des RKI. Die rund 1.100 Mitarbeiter (darunter 450 wissenschaft-liche) arbeiten in unterschiedlichen Abteilungen:
.) Abteilung für Infektionskrankheiten
.) Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung
.) Abteilung für Infektionsepidemiologie
.) Zentrum für biologische Sicherheit
.) Zulassungsstelle für Anträge nach dem Stammzellengesetz
Sowie verschiedenen Projekt- und Nachwuchsgruppen. Daneben werden auch die unterschiedlichsten Kommissionen personell bestückt, wie zum Beispiel der „Kommission für Gesundheitsberichterstattung und Gesund-heitsmonitoring“ (GBEMON).
Zudem sollen am RKI mit Hauptsitz im Ost-Berliner Wedding auch neue Gefahren für die Gesundheit erkannt werden. CoVID-19 etwa ist ein Zoonose-Virus, ein Erreger, der von Tier auf Mensch und offenbar umgekehrt übertragen werden kann. Auch dem Bioterrorismus gilt in dieser Hinsicht erhöhte Aufmerksamkeit (etwa Milzbrand).
In regelmässigen Abständen führt das RKI zudem die Befragung „Gesundheit in Deutschland aktuell“ durch, das fixer Bestandteil des Gesundheitsmonitorings des Bundesgesundheitsministeriums ist.
Dem Institut gehört ein Museum und ein Mausoleum an, in dem u.a. die kupferne Urne mit der Asche Robert Kochs aufgebahrt ist. Zudem wurde am 03. Februar 2015 ein Hochsicherheitslabor der Stufe 4 eingerichtet (die anderen drei befinden sich in Hamburg, Marburg und auf der Insel Reims). Hier werden etwa hochansteckende Krankheiten wie Ebola untersucht. Neben den Berliner Standorten Nordufer (Zentrale), Seestrasse (Laborgebäude) und General-Pape-Strasse (Abt. Für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring) gehört auch die Forschungs-stätte in Wernigerode im Harz zum RKI. Hier fand in Zeiten der DDR die bakteriologische Forschung statt – daran hat sich, neben anderen Fachbereichen wie Antibiotika-Resistenzen, bis heute nichts geändert.
Das Robert Koch-Institut ist somit eine sehr sinnvolle Einrichtung. Leider wird in dieser Hinsicht immer mehr Geld durch die Politik eingespart, damit mehr davon für PR- und Marketing-Kampagnen oder goldenen Pensionen übrig bleibt Gerade in der derzeitigen Situation des Corona-Paniks sollte sich wohl jeder die Frage stellen, was die von ihm gewählten Volksvertreter tatsächlich für das Volk unternehmen – allen hehren Worten aus berufenem Munde zum Trotz!

Lesetipps:

.) Robert Koch – Vom Landarzt zum Pionier der modernen Medizin; Barbara Rusch; Bucher Verlag 2010
.) Das Robert Koch-Institut im Nationalsozialismus; Annette Hinz-Wessels; Kadmos 2008
.) Infektion und Institution: zur Wissenschaftsgeschichte des Robert Koch-Instituts im Nationalsozialismus; Hrsg.: Marion Hulverscheidt/Anja Laukötter; Wallstein-Verlag 2009

Links:

– www.rki.de
– www.ressortforschung.de
– www.jhu.edu

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Glück – ein seltenes Gut

„Die Absicht, dass der Mensch glücklich sei, ist im Plan der Schöpfung nicht enthalten.“
(Siegmund Freud)

Nach einigen Blogs mit politischem, technologischem und naturwissen-schaftlichem Hintergrund, möchte ich heute mal ein Thema philoso-phisch/neurologisch angehen: Was ist Glück?!
Ist es Glück, beim Lotto zu gewinnen? Ist es Glück, im Urlaub einen freien Liegestuhl am Pool zu ergattern? Oder ist es gar Glück, vor dem herannahenden Auto noch rasch wegspringen zu können?! Gibt es überhaupt Glück und Glücksmomente?
Für viele hat das Wort „Glück“ eine andere Bedeutung. Für die meisten Jugendlichen ist Glück möglichst viele Follower zu haben, für Erwachsene die Rechnungen zahlen zu können, für Senioren gesund zu sein! Glück neurologisch erklärt ist relativ einfach, meint zumindest der klinische Neurologe Christof Kessler in seinem neuen Buch „Glücksgefühle“. Im „Belohnungs- und Motivationssystem“ des Gehirns entsteht der Eindruck „Gut gemacht!“. Nun erfolgt die Ausschüttung des Glückshormons Dopamin, das uns all die vorhergegangenen Anstrengungen vergessen lässt! So können viele Marathonläufer nach dem Überqueren der Ziellinie noch weiterlaufen – die meisten sind überglücklich, dass sie das Ziel erreicht haben und merken in diesem Augenblick nicht, dass der Körper dieses Mal mehr ramponiert wurde, als im letzten Lauf. Diese Mischung aus Stolz und glücklich sein motiviert unheimlich, damit dieses Gefühl erneut erreicht werden kann. Auch Alkohol und Drogen können ein solches Glücksgefühl vorspielen, doch ist in den meisten Fällen danach, das Loch, das sich im Kater auftut, umso tiefer. Dadurch dauert auch die Erinnerung an diesen Glücksmoment wesentlich kürzer an als bei einer natürlichen Glückssituation, ohne Starthilfe.
Solche Augenblicke des Glücks sind in unserer schnelllebigen Welt sehr selten geworden. Deshalb boomen die Glücksratgeber und Glücks-seminare. Da jedoch jeder etwas anderes unter Glück versteht, ist es nicht wirklich ganz einfach, eine stets geltende Formel ausfindig zu machen. Eines jedoch sollte sich jeder zu Herzen nehmen: Teile Deine Projekte in kleinere Module. Dadurch ist es einfacher, Glück zu verspüren, das dann die Motivation für das nächste Modul bringt. Die Produktion von Dopamin nimmt übrigens mit zunehmendem Alter ab.
Viele Menschen sprechen von Glück, wenn sie ausgeglichen und zufrieden durch’s Leben gehen. Kann nicht geleugnet werden, obgleich es neurologisch etwas anderes ist. Schliesslich steckt mit dem Serotonin ein anderes Hormon dahinter. Es regt zudem eine etwas andere Hirnregion an, nämlich jene, die für das Gleichgewicht der Gefühle und somit die emotionale Regulation verantwortlich zeichnet. Zufriedenheits-glück ist alsdann etwas anderes als das Glück. Oftmals spielt dabei die Lebensweise eine ganz entscheidende Rolle. Glücksforscher haben entdeckt, dass eine gesunde Ernährung und viel Sport für ein grösseres Zufriedenheitsglück sorgen als Fastfood und Couching. Bevölkerungs-studien zur Depression haben aufgewiesen, dass vornehmlich die mediterrane Ernährung mit viel Obst, Fisch und Gemüse sowie wenig Fleisch vielen Depressionen vorbeugen kann. Auch dieses andere Glück lässt sich allerdings manipulieren. So ist die Vorstufe des Serotonins, das Tryptophan, in vielen Nahrungsmitteln enthalten: Hühnereier, Nüsse, Sojabohnen und schliesslich der Schokolade. So manch Eine(r) verhilft sich mit v.a. der Schokolade über einen depressiven Moment hinweg. Im zunehmenden Alter kann jeder die Grundzufriedenheit verbessern: Durch die Anzahl der kleinen Erfolgserlebnisse. Deshalb bezeichnet es die Hirnforschung als extrem wichtig, sich auch im Alter geistig zu fördern, weiter zu lernen.
Zu vieles Denken macht unglücklich! Eine wissenschaftlich untermauerte Feststellung. Allerdings kann unser Gehirn nicht so ohne weiteres „abgeschaltet“ werden. Auch während des Schlafens denkt jeder Mensch weiter – einerseits zur Verarbeitung des Erlebten, andererseits werden Planungen für die Zukunft durchgeführt („Stimulus-unabhängiges Netzwerk“). Untersuchungen ergaben, dass spezielle Meditations-techniken tatsächlich das Denken stoppen können. Andere entspannen aber auch bei Musik oder einem guten Buch.

„Das Sozialprodukt ist wichtig, doch es kann niemals erfassen, wie glücklich ein einzelner Mensch ist!“
(Bruno Frey)

Was also macht uns wirklich glücklich? Sorgen Sie für die täglichen Glücksmomente. Kleinere Aufgaben, die nach Abschluss mit Dopamin belohnt werden. Ist die Aufgabe zu gross, beginnt wieder das Denken nach einer Gesamtlösung. Der Glücksforscher Bruno Frey schaffte sich nicht wirklich viele Freunde, als er meinte, dass Kinder nicht unbedingt ausschlaggebend für das Glück sind. Auch das Geld ist nicht entscheidend. Beides kann zu einem Teil dazu beitragen. Bei Befragungen geben die Skandinavier und die Schweizer immer wieder an, die glücklichsten zu sein. Die Deutschen folgen auf der Skala mit 7-8 Punkten von 10 weiter hinten. Am Ende finden sich die Franzosen, Amerikaner und Italiener. Frey erstellte hierauf aufbauend eine Liste von Glücksfaktoren:

.) Soziale Vernetzung
Der ständige Austausch mit wirklich guten Freunden, Bekannten und der eigenen Familie ist für Frey der wohl wichtigste Glücksfaktor. Ausserdem hilft ein gutes vertrauliches Gespräch unter Freunden die Seele wieder freizuschaufeln
.) Gesundheit
Kranke Menschen sind zumeist nicht glücklich. Die körperliche und geistige Gesundheit ist eine wichtige Glücksvoraussetzung.
.) Materielle Sicherheit
Arme Menschen müssen zu viel bei allem an die Kosten und das Geld denken. Am glücklichsten sind jene, die von ihrem Einkommen gut und sorgenfrei leben können. Zuviel Geld jedoch ist ein Glückskiller.
.) Gesellschaftliche Faktoren
Am glücklichsten sind kinderlose Menschen, die in einer dezentralen Demokratie leben und einer selbständigen Arbeit nachgehen. Hinzu kommt die Eigenschaft, geben zu können und möglicherweise noch im Ehrenamt tätig zu sein. Menschen mit Kindern müssen sich weitaus mehr Gedanken über ihre finanzielle Situation, andere Wohnverhältnisse, ein grösseres Auto und schlaflose Nächte machen.
Viele Glücks-Trainer und Mental-Coaches bemühen sich, Menschen das offenbar verlernte Glücklichsein zurückzubringen. Gute Nachricht: Es ist machbar! Der ausschlaggebende Faktor ist die positive Einstellung. Nicht jedem ist es vergönnt, in seinem Traumberuf tagtäglich Glücksgefühle zu erleben. Dafür gibt es leider zu wenige Hotels an Traumstränden, die man managen könnte. Dennoch ist die Zufriedenheit im Beruf und die Glücksmomente während der Arbeit immens wichtig, da sie auch in’s Privatleben einspielen. Es besteht also eine immens wichtige Wechsel-wirkung. 20.000 Arbeitnehmer haben Jan-Emmanuel De Neve und George Ward von der London School of Economics europaweit im Rahmen der Studie „Happiness at Work“ befragt. Das Ergebnis: Mitarbeiter sind zufriedener und glücklicher, wenn sie selbst mitentscheiden und unter-schiedlichen Tätigkeiten nachgehen können. Chefs, welche die Stärken ihrer Mitarbeiter nicht einzusetzen wissen, sind keine guten Chefs! Kommt noch ein gutes Betriebsklima und das Gefühl hinzu, einen sicheren Job zu haben, so sind die Grundbausteine für zufriedene Arbeitnehmer gelegt. Sie nehmen in weiterer Folge quasi das Zufriedenheitsglück aus der Arbeit auch in ihr Privatleben mit, das für eine ausgezeichnete Work-Life-Balance sorgt. Dem verleihen sehr viele Glücksforscher einen sehr hohen Stellenwert. Andere wie De Neve/Ward sehen die Work-Life-Balance darin, wenn nach der Arbeit noch möglichst viel Elan für private Unternehmungen übrig bleibt. Welcher Typ sind Sie? Geschafft nach dem Job und ab auf die Couch? Freuen Sie sich darauf, nach der Arbeit noch mit den Kindern gemeinsam Fussball zu spielen? Lassen Sie nach der Arbeit die Sause so richtig abgehen? Oder gehen Sie auch gerne auf ein Feierabend-Bierchen mit Kollegen oder Freunden?
Glück zeigt sich für jeden anders! Doch in einem sind sich Glücksforscher einig: Ein zentraler Faktor ist die Charakterstärke! Das lasse ich nun einfach so im Raume stehen!

Gestatten Sie mir abschliessend zwei Fragen:
1. Wann waren Sie das letzte Mal wirklich glücklich (Dopamin)?
2. Sind Sie mit ihrem Leben generell zufrieden (auf einer Skala von 1 für nein bis 10 für ja) (Serotonin)!
Gibt es Nachholbedarf? Auf was warten Sie – es ist Ihr Glück! In Bhutan ist Glück wertvoller als alles Geld!

Lesetipps:

.) Ins Glück stolpern. Suche dein Glück nicht, dann findet es dich von selbst; Daniel Gilbert; Goldmann Verlag 2006
.) Lebenskunst und Moral. Oder macht Tugend glücklich?; Otfried Höffe; Beck 2007
.) Glück. Was ist das?; Günther Bien; Knecht 1999
.) Wo geht’s denn hier zum Glück. Meine Reise durch die 13 glücklichsten Länder der Welt und was wir von ihnen lernen können; Maike van den Boom; Fischer Krüger 2015
.) Psychologie des Glücks. Ein Handbuch; Anton Bucher; Beltz 2009
.) Glücksvorstellungen. Ein Rückgriff in die Geschichte der Soziologie; Alfred Bellebaum; Westdeutscher Verlag 1997

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Technologie der Zukunft – Wieso nicht schon heute damit beginnen?

„Das ist Unsinn!“
(Herbert Diess, VW-Vorstandschef)

Als ich dieser Tage hinter dem Tankzug eines grossen Gase-Produzenten herfuhr, dachte ich mir so nebenbei: „Was wäre wohl, hätte ich zuhause und im Auto jeweils eine Brennstoffzelle? Wäre das vor mir mein Jahresbedarf?“ Dann kehrte ich jedoch zu meiner früheren Ansicht zurück und verwarf den Gedanken sofort wieder. Im Chemie-Unterricht der Oberstufe demonstrierte der Lehrer damals die Gefahr von Knallgas (Oxyhydrogen). Dieses hochexplosive Gas entsteht, sobald sich Wasser-stoff (H2) und Sauerstoff (O2) vermischen. Es reicht nun bereits ein kleiner Funken, um das Ganze mit einem lauten Knall detonieren zu lassen! Somit wäre mir dieser Energielieferant also auf jeden Fall zu gefährlich, da jede Autofahrt einem Ritt auf einem Fass Dynamit gleich käme. Das ist wohl auch die Meinung vieler Anderer, weshalb die Möglichkeit einer Brennstoffzelle von vornherein ausgeschlossen wird.
Was aber viele nicht wissen: Liegen die Volumensanteile des Wasserstoffs in der Luft bei unter 18 oder über 76 % (bei atmosphärischem Druck), so ist diese Verbindung nicht mehr explosiv! Da jedoch der obere Grenzwert rasch sinken kann, wäre dies wohl erneut ein zu grosses Risiko! Also kommt für die Nutzung von Wasserstoff nur die erste Variante in Frage. Luft-Wasserstoffgemische mit einem Wasserstoffanteil von 4-18 % sind brennbar, aber nicht detonationsfähig! Erfolgt die Verbrennung kontrolliert über eine Mischdüse, so kann eine dauerhafte Knallgas-Flamme (keine Explosion) entstehen. Während das Knallgas bereits im Jahr 1620 durch Théodore Turquet de Mayerne entdeckt wurde, ist die Entdeckung der Knallgasflamme etwas jüngeren Datums. Aufgrund der hohen Temperatur von bis zu 3.000 Grad Celsius eignet sich diese Flamme für Schweiss- oder Schneidarbeiten bzw. findet Anwendung in einer Goldschmiede oder bei der Herstellung oder der Schmelze von Glas.
Der deutsche Chemiker Christian Friedrich Schönbein führte 1838 erstmals in Basel einen Versuch mit zwei in Salzsäure eingelegten Platindrähten durch, die er mit Wasser- und Sauerstoff umspülte. Dabei entstand elektrische Energie und Wärme. Sir William Grove präsentierte 1839 die sog. „Galvanische Gasbatterie“ und damit den Vorgänger der Brennstoffzelle. In dieser galvanischen Zelle erfolgt die sog. „Kalte Verbrennung“. Dabei werden Wasser- und Sauerstoff zusammengefügt – es entsteht elektrische Energie und Wärme, die auf unterschiedlichste Weise genutzt werden können. Das Abfallprodukt ist Wasserdampf. Eine solche Brennstoffzelle besteht aus zwei Teilen, die durch einen Elektrolyt voneinander getrennt sind, der Ionen-durchlässig und somit für den Ionen-Transport zuständig ist. In Teil 1 wird über die Kathode Sauerstoff eingeleitet, in Teil 2 umströmt Wasserstoff die Anode. Zwischen Kathode (Minuspol) und Anode (Pluspol) baut sich aufgrund der ablaufenden chemischen Prozesse (auf die ich im Detail nicht eingehen möchte) eine geringe elektrische Spannung auf. Werden nun mehrere solcher Brenn-stoffzellen in Serie aneinandergebaut, so erhöht sich dadurch die Spannung.
Derzeit sind vor allem zwei Brennstoffzellen im Einsatz, die sich einzig durch den Elektrolyten unterscheiden: In der Polymerelektrolyt-Brenn-stoffzelle (PEMFC), besteht dieser Elektrolyt aus der Polymer-Membran, einer dünnen, aber festen Kunststoffhaut. In der Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) aus der Hightech-Keramik Zirkondioxid, die hitze- und korrosionsbeständiger ist.
Der grosse Vorteil dieser Brennstoffzellen liegt im Wirkungsgrad: Er bewegt sich um die 60 %! Soll heissen, dass 60 % der verwendeten Energie in Strom umgewandelt werden kann. Bei einer Gasturbine etwa liegt dieser nur bei rund 40 %. Wird nun der Wasserstoff mit Hilfe von Photovoltaik-Strom produziert, so ist die Brennstoffzelle die umweltfreundlichste Art, Energie zu produzieren. In der Raumfahrt kam die Brennstoffzelle bereits in den 1960er-Jahren zum Einsatz.
Bleibt das Problem, wie ich den Wasserstoff in den Tank bekomme, da es eines unheimlichen Mehraufwandes bedarf, den Wasserstoff pur zu tanken. In gasförmiger Form wird ein Druckbehälter von 700 bar benötigt – hier bleibt das Problem mit der geringen Reichweite. Möglich ist also nur das Tanken von flüssigem Wasserstoff. Dieser aber muss in einem Tiefsttemperaturtank auf -253 Grad Celsius gekühlt werden. So wiegt ein Liter Wasserstoff gerade mal 70 Gramm. Beides nicht wirklich wirt-schaftliche Lösungen.
Es muss also eine Verbindung gefunden werden, die sich rasch und leicht tanken lässt, die nicht explosiv oder brennbar ist und die sich rasch wieder trennen lässt. Dibenzyltoluol lautet eine mögliche Lösung: Eine substituierte, aromatische Kohlenwasserstoffverbindung. Diese Flüssig-keit lässt sich mit Wasserstoff „aufladen“ (LOHC). An der Tankstelle lässt es sich wie Benzin oder Diesel tanken. Im Auto wird der Wasserstoff von seinem Trägermedium abgespaltet (endotherme Dehydrierungsreaktion), das beim Tankvorgang abgepumpt und beispielsweise in sonnigen Gebieten mit Photovoltaiktechnologie durch eine exotherme Hydrierungsreaktion wieder „aufgeladen“ wird. Da Dibenzyltoluol jedoch wasser- und gesundheitsgefährdend ist (Wassergefährdungsklasse 2), wird derzeit vornehmlich auf eine andere Art der Wasserstoffgewinnung zurückgegriffen: Aus Erdgas durch einen sog. „Reformer“. Damit sind wir aber erneut bei den fossilen Brennstoffen angelangt, da der Reformer mit Erdgas beheizt werden muss. Allerdings kann hierfür auch CO2-neutrales Bio-Erdgas verwendet werden. Dennoch finden sich mehr Erdgas-Zapfanlagen als Wasserstofftankstellen (in Deutschland 75/in Österreich 5). Auf 100 km wird rund 1 kg H2 benötigt.
Die Vorteile der Brennstoffzellen liegen also ganz klar auf der Hand:
– hoher Wirkungsgrad
– praktisch schadstofffrei
– wartungsarm
Allerdings gibt es auch Nachteile:
– hohe Kosten
– hohe technische Anforderungen
– begrenzte Brennstoffzellen-Lebensdauer
Die Lebensdauer einer Brennstoffzelle liegt bei knapp über 10.000 Stunden – das kommt einer Reichweite von 400-450.000 Kilometern gleich. Als Heizung im Haus kann eine Brennstoffzelle für rund zehn Jahre verwendet werden – sie wird zumeist mit einer Gasheizung kombiniert. In Japan finden solche Heizsysteme aufgrund einer hohen staatlichen Subventionierung reissenden Absatz – seit 2010 ist das System auch für Einfamilienhäuser erhältlich. Hierzulande gilt das „Langweid-Village“ als federführend. In Langweid bei Augsburg werden 62 Wohneinheiten in 30 Doppel- und Reihenhäuser durch Brennstoffzellen beheizt und mit Strom ausgestattet. In Deutschland wird die Brennstoffzellenheizung mit bis zu 16.500,- € gefördert.
Folgende Autohersteller haben das Brennstoffzellen-Auto bereits zur Serienreife gebracht:
– Honda (Clarity Fuel Cell ca. 57.000 US-Dollar)
– Hyundai (Nexo ca. € 78.000)
– Toyota (Mirai ca. € 78.000)
– Renault (Fever – kein Preis entdeckt)
– Mercedes-Benz (GLC Fuel Cell nur zur Miete ab 799 € im Monat)
BMW führte als erster eine Weltumrundung mit einem solchen Prototypen (BMW i Hydrogen Next) durch – das Modell soll 2022 auf den Markt kommen..
Brennstoffzellenautos werden in Österreich mit 1.500,- € vom Staat gefördert (Bundesländerförderungen sind unterschiedlich – in Oberöster-reich beispielsweise 3.500,- €)) sowie mit einem E-Mobilitätsbonusanteil des Fahrzeughändlers in der Höhe von 1.500,- €.
Im Vergleich zu Elektrofahrzeugen entstehen alsdann bei der Produktion weniger umweltschädliche Abfallstoffe, da der Strom für den Elektro-motor nicht aus Batterien stammt, sondern direkt erzeugt wird. Zudem kann durch das Abfallprodukt Wasser auch der Boden gekühlt und das Klima verbessert werden – es wird zu mehr Regenfällen kommen.
Brennstoffzellen-Fahrzeuge werden künftig vor allem im Personen- und Gütertransport eine gewichtige Rolle spielen. Auch sind bei der Deutschen Bahn (seit 2016 zwischen Cuxhaven, Bremerhaven, Bremervörde und Buxtehude) und der ÖBB bereits Züge im Testeinsatz – sehr zufriedenstellend übrigens. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelte im Jahre 2016 einen Flugzeugprototyp mit PEMFC-Brennstoffzellen („HY 4“) – derzeit wird an einer Passagier-maschine für bis zu 20 Fluggästen gearbeitet.
Während die Heizung mit Brennstoffzellen immer interessanter wird, besteht nach Brennstoffzellenautos kaum Nachfrage – wie auch auf der IAA 2019 in Frankfurt zu sehen. Der Hauptgrund hierfür sind vornehmlich die hohen Anschaffungs- und Betriebsmittelkosten.

Lesetipps:

.) Wasserstoff & Brennstoffzellen – Die Technik von morgen; Sven Geitmann; Hydrogeit Verlag 2004
.) Brennstoffzellentechnik; Peter Kurzweil; Vieweg 2003
.) Brennstoffzellen in der Kraft-Wärme-Kopplung – Ökobilanzen, Szenarien, Marktpotenziale; Krewitt, Pehnt, Fischedick, Temming; Erich Schmidt Verlag 2004
.) Fuel Cells; Noriko Hikosaka Behling; Elsevier B. V. 2013

Links:

– diebrennstoffzelle.de
– www.energieagentur.nrw
– www.energiesparverband.at
– www.hydrogeit.de
– h2.live
– www.mobilitaet-von-morgen.de
– www.co2online.de
– www.fz-juelich.de
– www.wbzu.de
– tugraz.at
– www.viessmann.de/de/architekten/projekte/langweid-village.html
– www.new-energy-power.de
– www.calepa.ca.gov

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Wenn das Sozialsystem versagt!

Mal ganz ehrlich: Wann ging es Deutschland dermaßen gut wie heute? In den 60er? Den 70er? Oder einem anderen Jahrzehnt? Gemessen an den weggeworfenen Nahrungsmitteln dürften wir (auch in Österreich) die Spitze erreicht haben. Jährlich landen alleine in Deutschland zwischen 15 bis 18 Millionen Tonnen davon im Müll (weltweit 1,3 Mrd – nach Angaben der FAO/in Österreich 760.000 Tonnen nach Angaben des Ökologie-Institutes)! Ein unglaublicher Berg, mit dem sicherlich dem Welthunger der Kampf angesagt werden könnte. Die meisten dieser Produkte wären gar noch zum Verzehr geeignet. Es handelt sich in vielen der Fälle um das Mindesthaltbarkeitsdatum, zu grosse Einkäufe oder auch Aufräum-aktionen in den Kühl- und Vorratsschränken. Doch beginnt die Wegwerf-kultur nicht etwa erst in den heimischen vier Wänden! Auch der Handel und Grosshandel entsorgt in grossen Mengen: Falsch etikettiert, Laden-hüter oder ebenfalls das MHD!
Viele Menschen würden sich glücklich schätzen, solche Nahrungsmittel oder Verbrauchsgüter bekommen zu können. Es liesse sich wohl ausge-zeichnet davon leben. Doch ist das alles nicht wirklich ganz so einfach. Containern bzw. Mülltauchen ist in den meisten Fällen verboten, da das wegwerfende Unternehmen auch dort haftet, sollte etwas geschehen. Deshalb versehen sehr viele Supermärkte ihre Müllcontainer inzwischen mit Ketten und Schlössern.
Wirklich bedürftige Menschen können dennoch von dieser Wegwerf-Gesellschaft profitieren: Über die Tafeln. Die Tafeln sind gemeinnützige Hilfsorganisationen, die bedürftige Menschen mit Waren versorgen, die vom Handel ansonsten entsorgt werden würden, da sie im Wirtschafts-kreislauf keine Verwendung mehr haben. Die erste Tafel öffnete im Jahr 1993 in Berlin ihre Pforten – initiiert durch Sabine Werth (in Österreich mit der Wiener Tafel 1999/in der Schweiz 2001 in Kerzers). Inzwischen sind es 947 in Deutschland (bei insgesamt 3.000 Ausgabestellen – auch in sozialen Einrichtungen). Die meisten der 60.000 Mitarbeiter versehen diesen Dienst am Menschen ehrenamtlich, also ohne Gehalt.

Jährlich werden rund 265.000 Tonnen Lebensmittel gesammelt. 1,65 Mio Menschen erhalten dadurch ein lebenswerteres Dasein. Gegen Nachweis der Bedürftigkeit (Hartz IV oder Sozialhilfe) können diese dort Nahrungs-mittel wesentlich günstiger einkaufen oder erhalten sie gar kostenlos. Viele der Tafeln sind Vereine, andere werden von Organisationen wie der Caritas oder der Diakonie betrieben. In Österreich gibt es 41 Ausgabe-stellen mit 2.205 ehrenamtlichen Mitarbeitern. 2018 wurden im Alpenland rund 3 Tonnen Lebensmittel gerettet um 42.620 von der Armut betroffenen Menschen damit zu helfen (Zahlen Jahresbericht 2018).
Dieser Tage nun richtete sich Jochen Brühl, der Vorstand des deutschen Dachverbandes, eindringlich an die Medien. Im Jahr 2007 waren zwischen Flensburg und Berchtesgaden gerade mal 700.000 Menschen auf die Hilfe der Tafeln angewiesen. Innerhalb von nur 12 Jahren hat sich die Zahl somit mehr als verdoppelt. Besonders tragisch ist der Anstieg bei den Senioren und den Kindern.
Es ist eine Schande, dass sich jene Menschen, die für den Aufbau Deutschlands und dessen heutigen Wohlstand verantwortlich zeichnen, auf Almosen verlassen müssen. Innerhalb kürzester Zeit explodierte förmlich die Zahl der bedürftigen älteren Tafelbesucher um 20 %! Inzwischen ist jeder Vierte ein Rentner. Zu geringe Renten, zu hohe Mieten oder gar die niedrige Grundsicherung lassen die so manche unserer Eltern und Grosseltern am Hungertuch nagen. Über die Altersarmut habe ich an dieser Stelle bereits berichtet. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung warnt lautstark davor: Werden nicht sofort Massnahmen dagegen gesetzt, wird die Altersarmut ein riesiges Problem der Gesellschaft werden. Schliesslich erreichen immer mehr jener Menschen das Pensionsalter, die in Teilzeit oder gar nur neben dem Haushalt in Geringfügigkeit beschäftigt waren. Sie wechseln dann mit der Mindestrente oder der Grundsicherung in den „wohlverdienten Ruhe-stand“. Nach Angaben des Sozialverbandes VdK ist die Zahl jener, die Anspruch auf Unterstützung hätten, sogar noch weitaus höher. Doch trauen sich 40-50 % nicht, diese zu beantragen, weil es entweder ihr Stolz nicht zulässt oder sie den staatlichen Zugriff auf das Vermögen ihrer Töchter und Söhne befürchten.

https://www.youtube.com/watch?v=3EcAqRM086U

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen hat ebenfalls zugenommen: Innerhalb nur eines Jahres sind es 50.000 (10 %) mehr geworden – derzeit insgesamt 500.000. Jochen Brühl warnt auch hier: Viele können oder wollen sich einen Schulabschluss oder eine Ausbildung nicht leisten. Sie schlagen sich als Hilfsarbeiter oder noch schlimmer mit Gelegenheitsjobs durch’s Leben. Dadurch wird die Altersarmut von morgen heran-gezüchtet. Diese Kinder und Jugendliche haben fast keine Chance, dem Teufelskreis zu entkommen.
Aber auch viele Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose, körperlich Eingeschränkte und auch Migranten sind auf die Hilfeleistungen der Tafeln angewiesen. Viele frieren zuhause, um sich Heizkosten einsparen zu können. Auch der Strom für den Kühlschrank oder die Gefriertruhe ist teuer. Damit können sie bei Schnäppchen in den Supermärkten oder Diskontern nicht reagieren.
Über Armut wird nicht gerne geredet – doch ist sie überall und steigt ständig an. Viele Organisationen fordern deshalb, die Armutspolitik ganz oben auf die Agenda zu setzen. Wer über seinen Verhältnissen lebt, ist selbst schuld. Dennoch gibt es viele, die unverschuldet in die Armutsfalle tappen: Trennung vom Lebenspartner, Verlust der Arbeitsstelle, Krankheit oder Unfall. Beim untersten Rand der Gesellschaft versagt zumeist das staatliche Sozialsystem. Nicht nur direkt, bei den Betroffenen. So berichtete die ehemalige Vorsitzende der Linkspartei, Sahra Wagen-knecht, in einem Round-Table-Gespräch in der ARD, dass einem Arbeitslosen, der sich über die Höhe des Arbeitslosengeldes erstaunt zeigte und meinte, wie er davon leben solle, vom Jobcenter-Mitarbeiter gesagt bekam, er könne ja zu den Tafeln gehen! ALG I berechtigt jedoch nicht zum Warenbezug bei den Tafeln.
Nein auch bei solchen Hilfsorganisationen wie den Tafeln versagt der Staat. Was in anderen Mitgliedsländern der EU selbstverständlich ist, nämlich solche Organisationen auch mit öffentlichen Geldern zu unterstützen, stösst in Deutschland auf taube Ohren. Die Tafeln Deutschland haben 2018 laut Jahresbericht gerade mal eben 130.781,- € (2017 waren es noch 282.829,- €) erhalten – 36.581,- € mussten allerdings an Steuern bezahlt werden – damit verringerten sich die Netto-Zuschüsse der öffentlichen Hand auf knapp 94.000,- €! Nur einmal gab es einen höheren Betrag für das Sammeln regionaler Waren. In Österreich konnte ich bei meiner Suche nach staatlichen Subventionen gar nichts finden!
Die Tafeln Deutschland arbeiten schon seit geraumer Zeit an ihren personellen Grenzen. Aber auch der Lager- und Kühlraum sowie die Beförderungsmittel bereiten inzwischen große Sorgen. So hätten im vergangenen Jahr noch wesentlich mehr Lebensmittel gerettet werden können – einzig: Es fehlte an Transportern und Lagermöglichkeit.

Obgleich der Anteil an Migranten im vergangenen Jahr um 6 % zurück ging, sorgte v.a. die Essener Tafel für bundesweite Schlagzeilen. Der dortige Leiter, Jörg Sartor, entschloss sich, die Abgabe der Waren für einen gewissen Zeitraum nurmehr an deutsche Bedürftige durchzuführen. Als Grund gab er den Anteil von ausländischen Kunden mit 75 % an. Darunter waren offenbar auch viele Russlanddeutsche und Syrer, die sich offenbar nicht wie alle anderen auch anstellen wollten, drängelten und schubsten, sodass viele vor allem ältere Menschen nicht mehr kamen. Für die Politik jedoch war es offenbar nur eine Tagesschlagzeile, heisst es aus den Tafeln. Geändert habe sich seither nicht wirklich etwas. Der Soziologe Stefan Selke formulierte es in der Zeitung „Tagesspiegel“ drastisch aber durchaus korrekt:

„Sie (die Tafeln, Anmerkung des Schreiberlings) sind der Pannendienst einer sozial erschöpften Gesellschaft, die immer mehr ihrer Mitglieder als Überflüssige abspeist!“

Lesetipps:

.) Fast ganz unten – Wie man in Deutschland durch die Hilfe von Lebensmitteltafeln satt wird; Stefan Selke; Westfälisches Dampfboot 2009
.) Tafeln im flexiblen Überfluss. Ambivalenzen sozialen und ökologischen Engagements; Stephan Lorenz; transcript Verlag 2012
.) TafelGesellschaft. Zum neuen Umgang mit Überfluss und Ausgrenzung; Hrsg.: Stephan Lorenz; transcript Verlag 2010

Links:

– www.tafel.de
– dietafeln.at
– www.schweizertafel.ch/de/
– www.tischlein-deckdich.at
– www.tischlein.ch
– regionalbuero-zuerich.heilsarmee.ch

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Wahlen in Österreich – schlechte Inszenierung

Es wird wahrhaft ein heisser Herbst werden im Alpenstaat. Am 29. September wählt Österreich seinen neuen Nationalrat, am 13. Oktober Vorarlberg und am 24. November die Steiermark ihre Landtage. Während die beiden Bundesländer-Wahlen im Zeitplan liegen, sind die Nationalratswahlen vorgezogene Neuwahlen, nachdem aufgrund des „Ibiza-Videos“ die Koalition zwischen bürgerlicher ÖVP und rechts-populistischer FPÖ zerbrach. Beide Parteien beschimpften sich bis auf’s Blut, einer hingegen soll von alledem nichts gewusst haben! Doch nun fahren die beiden Spitzenkandidaten Sebastian Kurz (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) wieder auf Kuschelkurs: Die Regierungsarbeit habe ja ohnedies bestens funktioniert! Damit ist also vor der Wahl, nach der Wahl! Oder nach der Wahl, vor der Wahl? Kennt sich ja niemand mehr aus!
Da die Alpenrepublik eine „semipräsidentielle-repräsentative Republik“ ist, sind alle fünf Jahre Herr Worlitschek und Frau Navratil aufgefordert, ihre Volksvertreter in’s Hohe Haus zu wählen. Das macht – sofern mir meine Mathematiklehrer etwas Sinnvolles mit auf den Weg gegeben haben, innerhalb von 74 Jahren 14 Regierungen, ordnungsgemäss würde 2020 erneut gewählt werden. Tatsächlich sind es jedoch schon 22 Gesetzgebungsperioden (Legislaturperioden) seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Man muss nicht auf ein Studium zurückgreifen um zu behaupten, dass da etwas nicht stimmt! Nur die Zahl der Abgeordneten ist seit der ersten Nationalratswahl in der Ersten Republik im Jahr 1920 (mit kurzer Unterbrechung) gleich geblieben: 183!
Da haben dann wohl einige die Definition des Wortes „Politik“ etwas zu wörtlich genommen. Im Duden steht:

„Auf die Durchsetzung bestimmter Ziele besonders im staatlichen Bereich und auf die Gestaltung des öffentlichen Lebens gerichtetes Handeln von Regierungen, Parlamenten, Parteien, Organisationen o. Ä..“

Klingt zugegebenermaßen gut, ist es aber schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Ich würde da besser eine andere Definition bevorzugen:

„Methode, Art und Weise, bestimmte eigene Vorstellungen gegen andere Interessen durchzusetzen.“

Denn öffentliches Leben heisst unser aller Leben. Und da muss man Kompromisse eingehen, sagt uns schon die „Konstruktive Konflikt-lösung“. Der Philosoph Immanuel Kant bezeichnete es so:

„Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.“

Das jedoch gehört offenbar nicht mehr zur politischen Ausbildung. Bestes Beispiel hierfür war das Gewürge bei der versuchten Bildung der Jamaika-Koalition nach den deutschen Bundestagswahlen. Einzig das Bündnis 90/Die Grünen zeigte sich dermassen kompromissbereit, sodass es beinahe sogar auf einige seiner Parteigrundsätze verzichtet hätte.
In Österreich erklärten im November 2017 die damaligen beiden Spitzenkandidaten von ÖVP und FPÖ, Sebastian Kurz und H.C. Strache, was vielen vor den Wahlen schon bekannt war: Die Verbrüderung des etwas nach rechts verirrten bürgerlichen Lagers mit den Rechts-populisten. Friede, Freude, Eierkuchen!!! In Österreich wurde ab sofort gearbeitet und alles erneuert! Damit strafte jedoch Kurz auch seine Vorgänger aus den Reihen der Schwarzen Lügen, da die ÖVP ja in den Jahren zuvor bereits Regierungsbeteiligung hatte und durchaus hätte einiges bewegen können. Auch Kurz selbst sass als Minister bzw. zuvor als Staatssekretär in zwei dieser Regierungen. War also alles zuvor umgesetzte schlecht, alle Entscheidungen falsch? Gemeinsam winkte die schwarz-blaue Regierung Gesetze durch, die oftmals die Frage aufwarfen, ob die Volksvertreter denn tatsächlich für ihr Volk oder aus eigenen Interessen heraus regierten: Interessensvertretungen wurden nicht eingebunden, Begutachtungen gab es nicht, in vielen Fällen mussten die bereits beschlossenen Gesetze im Nachhinein auf ihre Verfassungskonformität hin überprüft werden. Nicht weniger als drei Volksbegehren wurden abgesägt, obwohl die direkte Demokratie zum Wahlprogramm der FPÖ gehörte und sie selbst schon ein Volksbegehren gegen die ORF-Zwangsgebühren durchgeführt hatte. Das Frauenvolks-begehren schaffte es auf beinahe 482.000 Unterschriften, das Anti-Raucher-Volksbegehren gar auf nahezu 882.000 Unterschriften – beide Inhalte lagen vor Kurz auch im Interesse der ÖVP.
Und dann wird ein Video veröffentlicht, das drei Personen (möglicher-weise auch mehr) zeigt, die in Alkohollaune (möglicherweise auch etwas anderem) über Korruption und Amtsmissbrauch (möglicherweise auch etwas anderes) reden. Plötzlich sind sich beide Parteien spinnefeind, die sich ansonsten zu den Ministerratssitzungen mit Freundschaftsbusserl begrüssten. Als dann die umstrittenste Figur der Regierung, Innen-minister Herbert Kickl (FPÖ), auf Antrag des Bundeskanzlers durch den Herrn Bundespräsidenten seines Amtes enthoben wird, explodiert das Pulverfass.
Es war übrigens nicht das erste Mal in der näheren Vergangenheit: 1995 liess Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die Koalition mit der SPÖ platzen, 2002 löste derselbe die Koalition mit der FPÖ, 2008 machte Wilhelm Molterer mit den bekannten Worten „Es reicht mir mit der SPÖ!“ eine Regierungskrise aus und schliesslich 2017 Sebastian Kurz. Stellt sich einem Normaldenkenden die Frage: Ist diese ÖVP denn überhaupt koalitionstauglich? Schliesslich vertritt sie durch ihre Bünde durchaus auch gegenteilige Wählerinteressen, weshalb etwa Reinhold Mitterlehner 2017 als Bundesparteiobmann der ÖVP die Segel strich. Sebastian Kurz verpasste den Bünden als Bedingung für dessen Nachfolge einen Maulkorb – doch auch damit war das Problem offenbar nicht gelöst.
Die SPÖ unter Pamela Rendi-Wagner hat einer möglichen Koalition mit der ÖVP nach den Wahlen bereits vorzeitig eine Abfuhr erteilt – da träfen ansonsten zwei Alphatierchen direkt aufeinander. Mit Norbert Hofer wird bereits wieder seit der TV-Konfrontation ein Tête-à-Tête vereinbart, die Grünen unter Werner Kogler möchten wieder zurück in’s Parlament und natürlich erstmals in der Geschichte in die Bundesregierung. Doch sind auch hier die Reibungsflächen zur Kurz’schen Politik zu gross, obgleich es auf Landesebene ausgezeichnet funktioniert. Die restlichen Parteien spielen wohl für eine Regierungsbildung nur eine untergeordnete Rolle. Wird es also nach dem 29. September wieder die alte Regierung geben? Sehr viel hat sich jedoch nicht bei den Freiheitlichen getan: Bundespartei-obmann H.C. Strache wurde in die Wüste geschickt – er versprach jedoch, dass er seinen Fehde-Handschuh wieder auf den Tisch werfen werde. Auf den ersten zehn Plätzen der Bundesliste finden sich 9 Personen, die bereits zuvor im Parlament sassen, nur auf Platz acht gibt es mit dem Juristen Robert van Handel einen Quereinsteiger. Und: Der von Kurz offenbar so abgrundtief verhasste Herbert Kickl kandidiert auf dem 2. Platz der Bundesliste. Kurz schloss schon des öfteren eine VP/FP-Regierung mit Kickl aus. Übrigens: Nach einer Umfrage der Meinungs-forscher von Public Opinion Strategies im Auftrag des TV-Senders ATV unter 2.402 Wahlberechtigten spielt das Ibiza-Video keine Rolle bei ihrer Wahlentscheidung (63 %). Es gleicht also einem schlechten Komödienstadel, was in diesen Tagen durch die Medien geistert. Die Wahlen werden wohl aufzeigen, ob die nächsten Jahre über tatsächlich Politik für Österreich gemacht werden wird, oder ob es den Antagonisten nur um den persönlichen Machterhalt geht.
Der Vollständigkeit halber auch ein kurzer Einblick in die anderen Bundeslisten: In der ÖVP-Bundesliste finden sich nahezu dieselben Gesichter unter den ersten zehn Kandidaten wie 2017 – fünf davon waren gar Minister. Nichts wirklich neues auch bei der SPÖ – es gab also keine grosse Umstellung nach Kern durch die neue Bundespartei-Chefin. Nur die Grünen stechen hervor: Einziger wirklicher Kapazunder ist Spitzenkandidat Werner Kogler. Ansonsten können nur Ex-Europaparlamentarier Michel Reimon (Platz 4) und die von der Liste Pilz zurückgeholte Alma Zadic (Platz 5) auf nationale bzw. internationale politische Erfahrung zurückblicken, alle anderen kommen aus der Bundesländer-Politik oder sind Quereinsteiger, wie etwa die für die Piraten-Partei in der grünen Bundesliste startende Maria Chlastak (Platz 10).
Sehr interessant wird’s hingegen bei der Klimapolitik, die in Deutschland eine gewichtige Rolle für den Aufstieg von Bündnis 90/Die Grünen spielt: Fridays for Future beauftragte Wissenschaftler zur Überprüfung der Klimaprogramme der Parteien im Alpenstaat. Grosse Ernüchterung brachte das Resultat: Nicht ausreichend! Nur die Grünen schnitten etwas besser ab – aber auch sie haben Nachholbedarf! Bei allen anderen Parteien ist von vernünftiger Klimapolitik keine Spur – auch wenn sie im gutklingenden Wahlprogramm steht. Worte sind geduldig – einzig: Es scheitert an der Umsetzung! Der Weltklimatag jedoch hat es bewiesen, dass die Migration nicht mehr das vordringlichste Problem ist, das es zu bewältigen gilt. Denn: Sollten die Prognosen tatsächlich eintreten, wird sich das Flüchtlingsproblem verfünffachen, da ganze Länder nicht mehr bewohnbar sind, weil die Temperaturen langfristig auf über 50 Grad ansteigen oder Inseln und meeresnahe Gebiete unter Wasser liegen.
Auch Österreichs Parteien sind auf der Suche nach charismatischen Chefs. Menschen mit Handschlagqualität, die nicht nur die eigenen Interessen (oder jene ihrer Sponsoren) durchsetzen, sondern zudem Kompromisse eingehen können, ohne das Gesicht zu verlieren. Dabei wäre die Lösung gar nicht mal so weit entfernt zu finden: In Baden-Württemberg knabbert Bündnis 90/Die Grünen bereits an der 40 %-Marke. Verantwortlich dafür zeichnet der charismatische Landeschef und Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Wieso schafft er den Spagat zwischen den Interessen der Wirtschaft und den Interessen des Volkes? Wieso empfehlen die wenigsten, durchaus mehr als gut bezahlten PR-Berater nicht, sich an ihm ein Beispiel zu nehmen? Wieso wird seine Arbeit nicht analysiert und umgelegt? Übrigens ist auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auf dem besten Weg, ein Vertreter für Volk und Wirtschaft zu werden. Muss das eine das andere immer ausschliessen, wie in Österreich?
Fragen über Fragen, die auch nach diesen bevorstehenden Nationalrats-wahlen in Österreich nicht beantwortet werden können. Denn: Herr und Frau Österreicher vergessen leider viel zu schnell! Und jene, die nicht vergessen, gehen nicht mehr zur Wahl! Es wäre vieles machbar, wenn es das Volk so haben möchte, nicht die Politiker! Österreich ist zu schön und zu wertvoll für Stammtischpolitik!!!

Links:

– www.oesterreich.gv.at
– www.parlament.gv.at
– www.bmi.gv.at
– wahlkabine.at
– www.oegpw.at
– www.uibk.ac.at/gfpa
– www.sebastian-kurz.at
– www.pamelarendiwagner.at
– www.norberthofer.at‎
– www.gruene.at/werner-kogler
– beatemeinl.com
– peterpilz.at
– www.wirkoennen.at/ivo-hajnal/
– www.derwandel.at/author/fayad/

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Der Amazonas ist ihm scheissegal!!!

„Amazonien ist unser Erbe, unterliegt unserer Souveränität, aber wir können es mit der Welt teilen. … Es ist ein Schatz, den wir alle gemeinsam hüten müssen.“
(Kolumbiens Präsident Iván Duque)

Die Bilder sind verheerend und rühren auch die Hartgesottensten unter uns zu Tränen! Die grüne Lunge unseres Planeten, der Amazonas-Regenwald, steht in Flammen. Milliarden Tonnen CO2 werden dadurch freigesetzt – das Land, das durch die Rodungen und anschliessenden Brandrodungen freigemacht wird, kann für maximal zwei Jahre verwendet werden, dann ist der Boden ausgelaugt und liegt brach! Der Schaden wird also nicht mehr gutzumachen sein. Was dies für die ohnedies schon angeschlagene Mutter Erde bringen wird, zeigt uns wohl in aller Härte die Zukunft.
Regierungschefs aus sechs südamerikanischen Ländern haben sich vergangene Woche getroffen, um den für uns alle so wichtigen Regenwald künftighin zu schützen. Nur einer fehlte – er war allerdings zumindest mittels Videoleitung zugeschaltet: Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro. Offiziell aufgrund der Vorbereitungen für eine Operation eines Narbenbruches, bei jener Verletzung, die ihm ein Fanatiker mittels Messer während des Präsidentschaftswahlkampfes zugefügt hatte.
Ihm schien jedoch der Urwald schon vor seiner Wahl im Weg zu stehen – Brasilien soll mit Soja und Rindfleisch nach seinen Plänen zur Spitze der führenden Wirtschaftsmächte aufschliessen und das Naturschutzgebiet Estação Ecológica Tamoios südlich von Rio de Janeiro ein Urlauber-paradies werden. Am dortigen Strand wurde er 2012 beim illegalen Angeln erwischt, was er auch heute noch abstreitet, obwohl Fotos vorliegen. Die Strafe hat er selbstverständlich nicht bezahlt – der Beamte der Umweltbehörde, der ihn damals fotografierte und anzeigte, wurde gekündigt. Wer nun ist dieser Mann, dem das Wohl seines Landes offenbar so gar nicht am Herzen liegt?
Bolsonaros Familie besitzt italienische Wurzeln – seine Vorfahren sind im auslaufenden 19. Jahrhundert nach Brasilien ausgewandert. Durch seine derzeitige dritte Frau, die im Übrigen um 27 Jahre jünger ist als er (muss auch er sich künftig vor den beiden jungen Präsidenten Macron und Trudeau in Acht nehmen?), kam der römisch-katholische Politiker in Kontakt mit den Baptisten und den evangelikalen Freikirchen, die ihn auch entscheidend unterstützen. Von den vier Söhnen haben drei ebenfalls den politischen Berufsweg eingeschlagen. Seine Tochter aus der derzeitigen Ehe durfte wohl nicht, wie es bei den Rechtspopulisten üblich scheint.
Die politische Laufbahn begann im Jahr 1988, als sich Bolsonaro für die Christdemokraten (PDC) in den Stadtrat von Rio de Janeiro wählen liess. Zwei Jahre später zog er in die Abgeordnetenkammer des Parlamentes ein. Seither wechselte er die Parteien wie andere ihre Autos – bislang acht mal. 2018 kandidierte er für die in’s rechts-konservative Lager abdriftenden Sozial-Liberalen (PSL) für die Präsidentschaftswahlen. Dabei erhielt er auch die Unterstützung der Rechtsextremen. Sein Programm gleicht dem aller rechts von der Mitte stehenden Volksvertretern: Kampf gegen die Kriminalität, die Korruption und die Wirtschaftskrise und das Recht auf Waffenbesitz, sowie eine Minimierung des Einflusses der Gerichte und damit des Rechtsstaates. Starker Tobak sind seine rassistischen, frauenfeindlichen und homophoben Aussagen.

„Sie verdient es nicht, weil sie sehr hässlich ist. Sie ist nicht mein Typ. Ich würde sie nie vergewaltigen.“
(Bolsonaro über die Abgeordnete Maria do Rosario)

Bei der Stichwahl am 28. Oktober des vergangenen Jahres schliesslich erhielt er 55,1 % der Stimmen.
Seit seinem Amtsantritt eifert er seinem grossen Vorbild in den USA nach: Mehr Macht für das Militär, Ausschaltung kritischer Medien, weg mit dem Umwelt- und Klimaschutz, … Diese Woche veröffentlichte Geheimdoku-mente zeigen alsdann, dass er gar ein Anden-Amazonas-Schutzgebiet verhindern wollte. Dieses hatte der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos vor der Weltklimakonferenz 2015 in Paris auf’s Tapet gebracht, blitzte damit aber bei Brasilien und Venezuela ab.
Als der Wald zu brennen begann, leugnete der Präsident dies. Nachdem die Feuer immer mehr wurden und sich nicht mehr verheimlichen liessen, schob Bolsonaro die Schuld der Sonne, den Winden und v.a. den Umweltschützern zu, die ihn dadurch angeblich verunglimpfen wollten. Totaler Humbug – es wird gar gemunkelt, dass die Brandstifter durch den Präsidenten motiviert waren. Bevor nun wieder die ersten Rufe nach Verschwörungstheorie laut werden – hier der Hergang: Die B-163 soll vom Süden des Amazonas bis in den Norden an die Grenze von Surinam führen. Dazu muss eine grosse Brücke über den Strom gebaut werden und zudem ein Wasserkraftwerk entstehen. Zufälligerweise brachen entlang dieser Route der B-163 die meisten Brände aus, die zuvor auf einer Webseite mit dem Vermerk „gestützt auf die Worte des Präsidenten“ angekündigt waren. Als „Feuertag“ wurde von den Farmern der 10. August festgelegt. Die Regierung in Brasilia reagierte gar nicht darauf, obgleich sie von der Umweltbehörde informiert wurde.
Erst als der Präsident aus den eigenen Reihen (durch die starke Landwirtschaftslobby) kritisiert wurde und die Menschen lautstark mit Kochtöpfen und Löffeln auf die Strassen gingen, riskierte er eine Kehrtwende und stellte den Schutz des Waldes voran. Angeblich sollten 44.000 Soldaten im Kampf gegen die Brände helfen – eine Woche nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung waren es gerade mal einige hundert. Auch ist bislang nur sehr wenig bekannt über die Verfolgung und Bestrafung der Feuerleger, obgleich die Generalstaatsanwältin Raquel Dodge nach dem OK aus Brasilia vom „Verdacht auf eine orchestrierten Aktion“ sprach.

„Vater, der Fluss ist kein Fluss mehr. Der Wald ist kein Wald mehr. Wo es keine Bienen mehr gibt, gibt es auch kein Wachs und keinen Honig!“
(Der ecuadorianische Präsident Moreno stimmte dieses Lied „Pare“ des katalanischen Liedermachers Joan Manuel Serrat während des Amazonas-Treffens in Kolumbien an)

International wollen nurmehr wenige mit Bolsonaro zusammenarbeiten. Vor allem der französische Ministerpräsident Macron boykottiert gemeinsam mit Irland das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Brasilien. Es wäre eine schlimme wirtschaftliche Ohrfeige in das rechtspopulistische Gesicht, da das Land dann auf den beiden wichtigsten Exportgütern Rindfleisch und Soja sitzen bleiben würde (der Gesinnungs-bruder in Nordamerika produziert selbst genug davon, wie der Fessel-vertrag mit der EU zur Abnahme von Rindfleisch beweist). Doch ausgerechnet dafür wurde ja der Regenwald angezündet: Für mehr Weideflächen und mehr Soja-Äcker.
Manche bezeichnen Bolsonaro bereits als „politischen Pyromanen im Präsidentenpalast“. Schliesslich hat er seit seinem Amtsantritt daran gearbeitet, die Voraussetzungen für das aktuelle Geschehen im Amazonas-Gebiet zu schaffen: Leugnung der Satellitenbilder der nationalen Weltraumbehörde und damit Leugnung der grossflächigen Abholzungen (den Leiter des brasilianischen Instituts für Weltraum-forschung INPE, Ricardo Magnus Osório Galvão, warf Bolsonaro raus, als dieser meinte, dass sich die Zahl der Rodungen des Regenwaldes seit dem Amtsantritt des Staatspräsidenten mehr als verdoppelt haben), militärische Härte gegen die Beschützer des Regenwaldes und der indigenen Völker, keinerlei Strafverfahren gegen die Täter, Hörigkeit gegenüber der Landwirtschaftslobby, … Viele Länder zahlten bislang Millionenbeträge in den Amazonas-Fonds ein – ein Schelm, der genaues weiss, wofür diese Gelder verwendet wurden. Erst als die Zahlungen versiegten, fühlte sich der Präsident in seiner Ehre gekränkt und zog sich schmollend und laut schreiend in seinen Palast zurück. Gegenüber der deutschen Kanzlerin Merkel etwa betonte er, sie solle mit dem Geld ihr eigenes Land aufforsten.
Und dennoch steht das Volk hinter seinem Präsidenten. Schliesslich behauptet er, dass vornehmlich die Europäer aber auch die Nordamerikaner (sicherlich meinte er die Zeit vor Trump) dem brasilianischen Volk das Eigentum vorenthalten wollen. Im Rahmen dieser „globalistischen Kampagne“ würden auch die Umweltorganisationen und Geheimdienste missbraucht, um dieses Ziel zu erreichen. Immer wieder versucht Bolsonaro seine Leute mit Sprüchen wie „Angriff auf die Freiheit und Unabhängigkeit des Landes“ bei der Stange zu halten. Seinen Widersachern gab er unmissverständlich zu verstehen, dass er sich aus dem Ausland keine Einmischung wünsche. Brasilien gehöre den Brasilianern – er ist der oberste Brasilianer!
Nun hat sich auch Papst Franziskus aus Argentinien als Vermittler eingeschaltet. Auf seine Initiative hin wird im Oktober im Vatikan eine päpstliche Amazonas-Synode stattfinden. Nicht wirklich nach Bolsonaros Geschmack. Der G7-Gipfel sagte den Amazonas-Anrainerstaaten eine Sofort-Brandhilfe in der Höhe von 20 Mio US-Dollar zu! Bolsonaro hingegen stellte Bedingungen für die Annahme. Durchaus als sicheres Zeichen zu bewerten, dass es ihm schon längst nicht mehr um das Volk, sondern nurmehr um seinen Machtanspruch geht.

Links:

– www.bolsonaro.com.br
– www.brazil.gov.br
– www.gov.br/pt-br
– www.camara.leg.br
– www.senado.gov.br
– kas.de

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