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Ulrich Stock

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Ouch – gestochen!!!

Der Sommer ist in unseren Breiten die wohl schönste Jahreszeit: Baden am See oder Meer, Gemütlichkeit im Biergarten oder auch mit Nachbarn und Freunden beim Grillen den Abend auf der heimischen Terasse geniessen: Was gibt es herrlicheres!!!
Als ich meinen Dienst bei einer Radiostation an der Adria versah, wunderte ich mich am ersten Abend nicht schlecht, daß ein LKW durch Grado fuhr, der ganz gewaltig Dampf abzulassen schien. Am nächsten Morgen wusste ich auch weshalb. Es schien, als hätten die kleinen Blut-sauger geradezu auf mich gewartet und alle Stechmücken der nördlichen Adria zum feierlichen Festtagsmenü geladen haben – ein Flashmob der Stechbiester! Alter Schwede – habe ich ausgesehen! Mein erster Gang führte mich dann auch direkt in der Supermarkt, wo ich mir ein Fläschchen für die Steckdose besorgte. Zu Beginn meines dritten Tages am italienischen Meer weigerte ich mich anfangs noch vor dem Blick in den Spiegel, konnte jedoch dann erfreut aufatmen. Jeder, der dies alles schon mal mitgemacht hat, kann sich in meine Haut versetzen.
Insekten haben durchaus ihre Existenzberechtigung, wenn auch für viele unverständlich. Sie spielen in den meisten Fällen eine wichtige Rolle im Kreislauf des Lebens auf unserem Planeten. Schliesslich sorgen sie dafür, dass wir nicht alle im Bio-Müll untergehen, indem sie die biogenen Abfälle verarbeiten. Das gilt im Speziellen für die Ameisen, aber auch für Mistfliegen oder Borkenkäfer. Deshalb ist ihre Aufgabe dermaßen ernst zu nehmen und das Insektensterben als eklatantes Warnsignal von Mutter Natur zu verstehen. Dennoch denken die meisten bei dem Wort „Insekt“ sofort an die Stechmücken oder Wespen, da viele bereits mehr als negative Erfahrungen mit diesen Biestern haben machen müssen.
Für die Population v.a. der Stechmücke spielt der Winter eine immens wichtige Rolle: Gibt es nur wenige oder gar keine Frosttage mit scharfen Minusgraden, so überleben die meist in Pfützen oder Feuchtgebieten abgelegten Eier – der nächste Sommer verspricht ein Mückensommer zu werden. Aufgrund des Klimawandels müssen wir künftig vermehrt damit rechnen. Ganz vermeiden lässt sich das auch im heimischen Garten kaum – dennoch können im Spätherbst einige Präventivmassnahmen getroffen werden, auf die ich später etwas genauer eingehen werde.
Im Mittelpunkt dieses heutigen Blogs jedoch stehen die Insektenstiche: Wie man erkennt, welches Insekt gerade zugestochen hat, wie man das Geschehene am besten übersteht und in welchen Fällen der Gang zum Arzt ratsam erscheint.
Eines gleich vorweg: Sofern Sie nicht zur Gruppe der Allergiker zählen, sind in den meisten Fällen Stiche harmlos. Allergiker sollten jedoch Orte mit v.a. verstärktem Wespen- oder Bienenaufkommen meiden und stets ihr Alarmpaket (Epi Pen) mit sich führen. Daneben ist es wichtig, daß die Mitmenschen von der Allergie wissen, damit sie entsprechend handeln und notfalls rasche ärztliche Hilfe herbeirufen können. Eine Sensibili-sierung erfolgt mit dem ersten Stich – erst auf den zweiten erfolgt dann die allergische Reaktion. Etwa drei Prozent der Bevölkerung erleiden einen allergischen Schock (Bewusstlosigkeit, Blutdruckabfall, Kreislauf-versagen). Problematisch sind vornehmlich Wespen und Honigbienen, weniger Hornissen, Hummeln oder Ameisen. Nur ganz vereinzelt kommt es bei Stechmücken, Gelsen oder Bremsen zu allergischen Reaktionen.
Allerdings können gerade Wespen auch für Nicht-Allergiker lebens-gefährlich werden. Schliesslich lieben sie ebenso wie wir Menschen Eis, Obst und kühlende Getränke. Sticht eine solche Wespe oder auch eine Biene in den Hals oder wird gar mitgegessen oder geschluckt, so besteht höchste Gefahr für die Atemwege. Kommt es zu einer Schwellung, kann dies durchaus Atemnot oder gar Erstickung bedeuten. Dementsprechend muss raschest möglich gehandelt werden. Erfolgt der Stich in den Arm oder das Bein, so ist dies zwar eine sehr schmerzhafte Erfahrung, jedoch nicht lebensbedrohend. Hierbei sollte bekannt sein, dass bei einem Bienenstich der Stachel in der Haut verbleibt, die Biene reisst sich diesen mitsamt der Giftblase vom Leib und verstirbt danach. Den Stachel sollten Sie deshalb mit einer Pinzette vorsichtig entfernen, damit diese Giftblase nicht zerstört wird und auch das restliche Gift in die Stichwunde fliesst. Anders bei einer Wespe oder Hornisse. Diese ziehen den Stachel wieder heraus und geben somit auch nur einen Teil ihres Giftes ab. Kämpft das Insekt jedoch um sein Leben, heisst es auch hier: Alles oder nichts! Dies bekam ich bei einer Hornisse zu spüren, die es sich auf der Armlehne meines Bürosessels gemütlich gemacht hatte. Ich hatte sie nicht gesehen und sie förmlich erdrückt. Noch Tage danach plagten mich starke Schmerzen im Sticharm.
Übrigens stehen Wespen unter Artenschutz. Wer sie also erschlägt oder chemisch bzw. biologisch vernichtet, macht sich strafbar, was schon recht teuer werden kann. Wespennester dürfen von Laien nur im Winter entfernt werden, da sie ausschliesslich einjährig genutzt werden und die Wespen im Herbst sterben oder im Winter erfrieren. Sie stechen, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen, angepustet oder durch wilde Bewegungen abgewehrt werden! Es hilft eine Sprühflasche mit Wasser. Wird die Wespe angesprüht, geht sie von Regen aus und fliegt in’s Nest zurück.
Stechmücken sind hierzulande meist harmlos. Allerdings sollte nicht übersehen werden, daß sich gerade jene Arten (wie beispielsweise die Tigermücke oder die Asiatische Buschmücke) auch auf Mitteleuropa ausbreiten, die Krankheiten übertragen können. In südlicheren Gefilden bzw. Asien ist mit ihnen nicht zu spaßen, da Krankheiten wie Malaria, das Dengue- oder auch das Gelbfieber durch den Stich auf den Menschen übertragen werden.
In den meisten Fällen führt ein Insektenstich zu Rötungen, Jucken, Brennen und auch leichten Schwellungen. Das klingt zumeist bereits nach einigen Stunden, spätestens aber einigen Tagen wieder ab. Wichtig hierbei ist es, die Stelle nicht durch Kratzen zu bearbeiten. Das führt zu Beschädigungen der schützenden Haut wodurch Erreger in den Körper eindringen können. Eine Entzündung ist meist die logische Konsequenz. Klingen diese Symptome jedoch nicht ab und die Schwellung bleibt bestehen oder wird gar grösser, es folgen Unwohlsein oder Fieber, so sollte dringend ein Arzt aufgesucht werden. Der Mediziner spricht hierbei von einem „Lymphödem“ – soll heissen, daß sich an der Einstichstelle zu viel Lymph-Flüssigkeit ansammelt, die nicht mehr abtransportiert werden kann. Wird dies entsprechend medizinisch behandelt, geht auch die Schwellung zumeist wieder rasch zurück. Die Lymph-Flüssigkeit ist eigentlich für den Transport von Wasser, Eiweissen, Fett, Zellen und Bakterien durch unseren Körper verantwortlich. Entsteht ein Stau kommt es zu einer solchen Schwellung. Bei Patienten mit einer angeborenen oder chronischen Lympherkrankung ist deshalb nach einem Stich besondere Vorsicht geboten, da sich das Bindegewebe verhärten kann und sich die Einstichstelle stets entzündet.
Beim Stich einer Stechmücke werden Gifte auf Proteinbasis in die Haut gespritzt. Sie fordern meist das Lymphsystem heraus, da sie nicht abtransportiert werden können. Hier hilft – Sie werden es nicht glauben – Hitze. Eiweisse werden ab ca. 40 Grad Celsius zerstört. Zur Eigenbe-handlung (nicht bei anderen Personen, da Verbrennungs- oder Verbrühungsgefahr besteht) empfiehlt sich deshalb das Abtupfen der entsprechenden Stelle mit einem Löffel, der zuvor in sehr warmes, nicht aber kochendes Wasser gehalten wurde. Das Jucken bzw. der Schmerz sollte sehr rasch nachlassen, da die Proteine dadurch zerstört werden und das Gift nicht mehr wirkt. Auch ein Kompressionsverband hilft, da er die Flüssigkeit durch den Druck in nicht beschädigte Gefässe weiterleitet, sodass die Schwellung nicht größer werden kann. Tja – und schliesslich Grossmutters Notfalltipp: Kühlen! Am besten ein kleines Handtuch oder einen Waschlappen aus dem Eisfach auf die Stelle legen – das verschafft in den meisten Fällen Linderung. Auch essigsaure Tonerde wirkt schmerzlindernd. Das Auflegen einer aufgeschnittenen Zwiebel hilft nur gegen Entzündungen. Das Gift selbst bleibt davon unbeeindruckt.
Erste Hilfe-Massnahmen bei erfolgten Stichen – sofern keine Allergie vorliegt:
– Wespenstich – Stelle kühlen
– Bienenstich – Entfernung des Stachels – Stelle kühlen
– Gelsen oder Bremsenstiche – Stelle kühlen
– Zeckenbiss – die Zecke mit einer stumpfen Pinzette senkrecht zur Bisstelle entfernen – die Stelle über zehn Tage hinweg beobachten – bildet sich ein roter Wundkreis sollte eine Borreliose-Behandlung durch einen Arzt erfolgen
– Ameisenbiss – Stelle kühlen – hält der Schmerz an sollte ein Arzt aufgesucht werden, der zumeist Kortison verschreibt
– Bettwanzen – mehrere Stellen an einer Körperregion – Auftragen eines Aloe Vera-Gels
Übrigens kann die Reaktion auf einen Stich auch bis zu acht Stunden später auftreten. Setzt ein Gefühl der Beklemmung, ein Kribbeln in den Händen oder Füssen bzw. gar Atembeschwerden, durch beispielsweise eine geschwollene Zunge ein, muss der Notarzt gerufen werden – das kann ansonsten lebensgefährlich werden.
Zuletzt nun noch einige Tipps, wie Sie unter Umständen den Sommer ohne Insektenstich überstehen können:
– Vermeiden Sie Essen oder Abfalleimer im Garten
– Decken Sie Gläser, Dosen oder Flaschen stets ab
– Schliessen Sie den Mund, wenn eine Wespe oder Biene in Ihrer Umgebung ihre Kreise zieht
– Besonders bei Kindern Hände und Gesicht waschen, da oftmals Essens- oder Eisreste auf der Haut verbleiben
– Ziehen Sie keine Blumenhemden oder -blusen an, vermeiden Sie zudem die Farben rot, gelb und blau in Ihrer Bekleidung
– Sammeln Sie Fallobst so rasch als möglich ein
– Verwenden Sie Schuhe
– Benutzen Sie keine Parfüms und stark riechenden Sonnenschutzmittel bzw. Body-Lotions, wesentlich besser sind sog. „Repellents“, wie Diethyl-benzamid, Icaridin, Dimethylphthalat oder Permethrin
– Meiden Sie Insektennester (Wespen- oder Hornissennester müssen von Experten entfernt bzw. umgesiedelt werden)
Übrigens lockt Obst, das schon langsam zu gären beginnt, auch im Haus Insekten an. Sie können aber auch Duftnoten setzen: Wespen können gar nicht mit Nelkenduft, Ameisen mögen keinen Zimt und Motten hassen Zirbenduft!
Im heimischen Garten sollten Sie im Herbst mögliche Brutstätten trockenlegen oder abbauen. Dazu zählen Weiher oder Teiche, aber auch Pfützen oder offene Regentonnen. Allerdings ist Vorsicht geboten, schliesslich nehmen Sie dadurch auch den Nützlingen die Brutstätte weg. Wenn Sie also wissen, welche nützliche Insekten sich bei Ihnen einge-mietet haben, sollten Sie sich zuvor erkundigen, wie und wo diese überwintern oder die nächste Generation abgelegt haben. Alle anderen können Sie auch mit biologischen Waffen, wie etwa Räuber, Schmarotzer oder Krankheitserregern schlagen. Pestizide und Insektizide sollten nicht verwendet werden, da sie auch Nützlinge wie die Honigbiene töten. Und schliesslich können Sie die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich Vögel und Fledermäuse in Ihrem Garten ansiedeln. Vögel bevorzugen die Raupen, Fledermäuse vertilgen pro Tag bis zu 2000 der bei Einbruch der Dunkelheit aktiv werdenden Stechmücken.

Lesetipps:

.) Warum juckt der Mückenstich?: 99 Fragen, die die Welt bewegen; Dieter Thierbach; Ullstein Taschenbuch 2006
.) Großmutters Gesundheitstipps: Band 19; Autor unbekannt; Rhino 2014
.) Der KOSMOS Insektenführer; Dr. Heiko Bellmann; Franckh Kosmos Verlag 2018

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Wenn die wahre Realität verloren geht

„Jeder meint, dass seine Wirklichkeit die richtige Wirklichkeit ist.“
(Hilde Domin, dt. Schriftstellerin)

Die aktuelle Corona-Krise hat es wohl in aller Härte wie bislang noch nie aufgezeigt: Das Internet kann verrückt machen! Die Hamsterkäufe von Toilettenpapier, Mehl, Hefe etc. waren allesamt das Produkt von Panik-mache über die Social Medias mit dem Effekt, dass die Produkte nun teurer werden. . Durch die Ausgangsbeschränkungen waren noch weitaus mehr Menschen noch weitaus länger im World Wide Web als in normalen Zeiten. Da schaukelt man sich gegenseitig emotional hoch – ein wahr-haftiges Paradies für Fake News-Maker. Ein nicht zu unterschätzendes Risiko, schliesslich droht hier der Realitätsverlust!
Wer sich trotz all dieser Negativmeldungen zum Einkauf in den Super-markt traut, wird feststellen können, dass von allem noch (oder wieder) genug da ist. Er wird jedoch auch feststellen können, wenn er zum Beispiel im Discounter einkaufen sollte, dass gewisse Gesellschafts-schichten anfälliger sind als andere. Wissenschaftler warnen schon seit Jahren vor dem exzessiven Gebrauch von beispielsweise PCGames, aber auch dem Internet. In beiden Fällen droht der Verlust des Realitätssinns – die Sucht wird deshalb seit Juni 2018 durch die WHO als „substanzun-gebundene Sucht“, also als psychische Krankheit im Rahmen der ICD-11-Erkrankungen eingestuft – tritt mit dem 1. Januar 2022 in Kraft. Besonders problematisch in dieser Hinsicht ist die sog. „Gaming Disorder“, also die Computerspielesucht. Auf diese möchte ich heute aber nicht im Speziellen eingehen, sondern das Problem allgemeiner halten. Wenn Sie die nun folgende Frage mit „Ja!“ beantworten können, sollten Sie auf jeden Fall diesen Blog bis zum Ende durchlesen:

„Sind Sie öfter als 30 Stunden die Woche im Internet?“

Facebook, Twitter, Instagram oder vor allem WhatsApp – in den Social Medias ist jegliches Zeitgefühl zumeist sehr schnell verloren! Dennoch lässt es sich nicht genau bestimmen, ab wann der Zeitvertreib zur Sucht wird. Deshalb gehen die meisten Experten inzwischen von einem anderen Erscheinungsmuster aus: Tritt ein Kontrollverlust mit erheblichen Aus-wirkungen auf das soziale Leben und die Arbeitsfähigkeit ein, so ist die Schwelle zur Sucht überschritten! Das kann beim Mann in den Midlife-Crises sein, der stets neue Sexfotos oder -filme sucht, bei den Kaffee-tanten, die sich via SoMes jede Neuigkeit sofort zusenden müssen oder auch beim Teen, der nahe am Kollaps steht, wenn das Handy verlegt wurde und somit nicht gechattet werden kann. Es ist dieser nicht zu unterbindende innerliche Drang, stets einen Computer (in welcher Grösse oder Erscheinungsform auch immer) in greifbarer Nähe haben und ihn bedienen zu müssen. Betroffene Menschen reagieren oftmals stark gereizt und nervös. Das stärkste Zeichen einer Sucht jedoch ist es, wenn jemandem diese Sucht bewusst ist, man ihr aber hilflos gegenüber steht, dies also nicht in den Griff bekommen kann. Ob Drogen, Alkohol, Nikotin oder Computer – diese Abhängigkeit bleibt immer gleich.
Doch – was steckt wirklich dahinter? Ähnlich wie bei den Drogen oder dem Alkohol ist es vornehmlich die Flucht vor der Realität. In eine Welt, die vermeintlich besser ist, in welcher man Gleichgesinnte findet oder wo man sich als jener ausgeben kann, der man immer schon sein wollte. In die Risikogruppe fallen vornehmlich Menschen mit Problemen im privaten Bereich, der Arbeit oder Schule und jene, die unter einem mehr oder weniger starken Minderwertigkeitskomplex leiden. Auch Personen ohne soziale Kompetenz, mit nur eingeschränktem Freundeskreis sind gefährdet! Millionen User alleine im deutschsprachigen Raum sind hiervon betroffen. Alleine in Deutschland sind über 100.000 Menschen bereits als virtuell-süchtig gemeldet.
Sie flüchten in eine Scheinwelt, aus der viele nurmehr schwer heraus-finden. Vor allem nicht ohne Unterstützung. Übrigens steht dieser Realitätsverlust auch am Beginn der Schizophrenie und der organischen Psychose.
Wie bei jeder exzessiven Sucht hinterlässt auch die Computersucht tiefe Spuren in der Psyche eines Menschen. So mancher Experte weiss zu berichten, dass die Online-Sucht schwieriger und gar gefährlicher als die Alkohol- und Nikotinsucht ist. Wenn ein klärendes Gespräch keine oder nur wenig Wirkung zeigt, sollten Experten zu Rate gezogen werden. Auch Suchthilfeorganisationen können hierbei weiterhelfen. So betont die Spielsuchtberatung der Stadt Klagenfurt (auch zuständig für Internet-sucht), dass es teilweise bis zu zehn Jahre dauere, bis sich ein Spiele-Süchtiger die Sucht eingesteht. Inzwischen haben sich Schulden ange-häuft, ist das Aggressionspotenzial gestiegen und die reale Welt durch die Spielewelt ersetzt worden, betont die Psychologin Petra Hinteregger von der Suchtberatung. Keinesfalls sollten die Symptome auf die leichte Schulter genommen werden. Vor allem Kindern und Jugendlichen droht oftmals gar der Realitätsverlust, betont der Neurobiologe und Autor Gerald Hüther! So fehle dem wachsenden Kind oder Jugendlichen mit jeder Stunde vor dem Computer auch eine Stunde, sich im wirklichen Leben weiterzuentwickeln, so Hüther. Irgendwann überwiegt die Schein-welt gegenüber der Realwelt – die Grenze ist überschritten. Nach den Untersuchungen der JIM-Studie 2019 (Jugend, Information, Medien) besitzen 95 % der deutschen Jugendlichen zwischen 12-19 Jahren ein Handy bzw. Smartphone. 96 % der Mädchen und 95 % der Jungen sind zumindest täglich im Internet – 91 % der Mädchen und 90 % der Jungen nutzen dafür das Smartphone. Insgesamt erklärten die befragten Jugendlichen, täglich bis zu 205 Minuten im Internet zu sein (2018 waren es noch 214 Minuten). Hinzu kommen aber noch die anderen Bildschirm-zeiten vor dem Fernseher oder dem PC! Alles in allem beläuft sich die Bildschirmzeit auf dieselbe Dauer wie die tägliche Schulzeit!
Diese Menschen finden sich zumeist in der wirklichen Gesellschaft nicht mehr zurecht – sie greifen nurmehr auf ihre digitale Friends zurück. Hüther bezeichnet dies als „Verinnerlichung virtueller Vorstellungs-welten“. Hirnforscher machten die Entdeckung, dass jene Hirnregion, die die Bewegungen der Daumen steuert, aufgrund des exzessiven Handy-gebrauchs seit geraumer Zeit wächst. Das Gehirn strukturiert sich nach neuen Erfordernissen um. Gleiches stellten Wissenschaftler in bereits älteren Tests mit Gaming, Alkohol und Cannabis fest. In allen drei Bereichen führen die positiven Belohnungen zur Ausschüttung des Glückshormons Dopamin (klassische Konditionierung). Somit versucht der Betroffene immer mehr des Dopamins zu erheischen (siehe hierzu auch mein Blog zum Thema „Glück“). Süchtige können recht leicht erkannt werden: Sie sind aggressiver als ihre Altersgenossen. Zudem lassen Leistungen in Schule und Arbeit nach.
Na cool!, höre ich nun viele Eltern sagen. Der hat ja keine Ahnung. Stimmt möglicherweise, doch besitzen viele der Antworten von ausge-wiesenen Experten denselben Inhalt. So betont beispielsweise der Stressmediziner und Endokrinologe am Medizinischen Zentrum Ulm, Alfred Wolf: Hunderte Dinge können nebenbei nicht erledigt werden. Ich kann nicht wirklich frühstücken und ständig in’s Smartphone oder das Pad schauen. Wenn jemand joggen will, soll er mal für eine halbe Stunde nicht erreichbar sein. Jeder soll sich auf eine Aufgabe konzentrieren, dann wird diese auch besser erledigt und die Welt wird entschleunigt! Das können Sie auch Ihren Kindern mit auf den harten Weg des Lebens geben!

Lesetipps:

.) Computersüchtig – Kinder im Sog der modernen Medien, Wolfgang Bergmann / Gerald Hüther; Walter Verlag 2013
.) Digitale Hysterie – Warum Computer unsere Kinder weder dumm noch krank machen; Georg Milner; Beltz Verlag 2016

Links:

– www.psychiatrie.med.uni-goettingen.de
– www.uke.de
– www.klagenfurt.at/leben-in-klagenfurt/gesundheit/suchtberatung.html
– www.onlinesucht.de/
– www.suchtvorbeugung.net
– suchthilfekompass.oebig.at
– www.medicinicum.at

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Extremisten in Uniform

„Jeder, der in irgendeiner Art und Weise radikal bei der Bundeswehr auffällt, hat in dieser Bundeswehr keinen Platz.“
(Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesverteidigungsministerin)

Sein Name ist David Maaß. Seine Berufung die Polizei! Seit Ende Februar, nach den Anschlägen von Hanau, ist der Polizeigewerkschafter aus dem Saarland zumindest deutschlandweit bekannt. In einem Post auf Face-book meinte er:

„Die AfD ist eine der geistigen Brandstifterinnen des Rechts-extremismus. Sie ist keine Alternative, sondern eine Schande für Deutschland! Kein Fußbreit den Faschisten!“

Hätte er das alles im zivilen Outfit kundgetan, hätte wohl kein Hahn danach gekräht – die Social Medias sind voll mit derartigen Videos. Maaß jedoch trug dabei seine Uniform. Und das brachte die AfD auf den Plan. So forderte etwa der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Saarland, Rudolf Müller, ein Disziplinarverfahren gegen Maaß, da sich dieser politisch geäussert hat – in Uniform. Der Polizist musste auch direkt zum sog. „Sensibilisierungsgespräch“ beim Landespolizeidirektor antreten. Maaß verteidigte sich in einem Interview für den TV-Sender RTL mit den Worten:

„Die Polizei hat ihren Eid auf die Verfassung abgelegt. Sie verteidigt die Demokratie.“

Deshalb sei es auch seine Pflicht, sich gesellschaftspolitisch zu äussern. Sein Post wurde einige zigtausende Male geliked, allerdings auch mit Hassmeldungen überhäuft, einige davon liegen jetzt zur Prüfung beim Staatsschutz. Maaß selbst ist nun bekannt als „Der Antifaschist in Uniform“!
In diesen heutigen Zeilen möchte ich mich allerdings nicht dem Recht auf freie Meinungsäusserung widmen, da so manches Gericht in seiner Strafsprechung auch unterschiedlicher Auffassung zur Trennung dieser von der üblen Nachrede, der Beleidigung oder gar der Drohung ist. Des-halb beschäftige ich mich mit der wesentlich interessanteren Thematik des Rechts- und Linksextremismuses bei der Polizei und der Bundeswehr.
Schon die damalige Verteidigungsministerin Deutschlands und heutige EU-Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, musste sich im Mai 2017 mit dem Thema des Rechtsextremismuses bzw. Rechtsidealismuses in deutschen Bundeswehrkasernen beschäftigen, nachdem im Rahmen von Terrorermittlungen gegen den Oberleutnant Franko A. vom Jäger-bataillon 291 in Illkirch-Graffenstaden Nazi- und Wehrmacht-Devotionalien in mehreren Bundeswehrkasernen aufgetaucht sind und an’s Licht der Öffentlichkeit gelangte, dass dort Gedenkveranstaltungen für Wehrmachtsangehörige abgehalten wurden. So dürfen sich etwa seit dem Jahr 1981 Anhänger des Jagdpiloten Werner Mölders auf dem Gelände des Bundeswehrflugplatzes Neuburg an der Donau (Wilhelm-Frankl-Kaserne) treffen, wo zu dessen Ehren auch ein Gedenkstein aufgestellt wurde. Oberst Mölders beteiligte sich ab 1938 als Mitglied der „Legion Condor“ am spanischen Bürgerkrieg und kämpfte auch bei den Angriffen Hitlerdeutschlands auf England und die Sowjetunion. 1941 verstarb er bei einem Absturz. Soweit so gut, versah er doch (mit Aus-nahme in Spanien) seine soldatischen Pflichten. Die NS-Propaganda-maschine erkürte ihn jedoch zum Vorzeigehelden. Das Gutachten eines Bundeswehr-Historikers aus dem Jahre 2004 kam schliesslich zum Urteil, dass Mölders das „Muster eines NS-konformen Soldaten“ erfüllte. Daraufhin musste das bis dahin bekannte „Jagdgeschwader Mölders“ eine Namensänderung durchführen. Die Mitglieder der sog. „Mölders-Vereinigung“ jedoch durften die Kaserne auch weiterhin für ihre Veranstaltungen nutzen. Der Gedenkstein zählt inzwischen zur militär-historischen Sammlung der Bundeswehr. Ähnliche Treffen übrigens gibt es auch in vielen anderen Kasernen – wie etwa bei der Kreta-Feier der Gebirgsjäger in Bad Reichenhall. Die Wehrmacht verübte dort nach der Einnahme der Insel im Jahr 1941 ein Massaker an der Zivilbevölkerung. Derartige Feiern müssen allerdings klar von den Gefallenen-Gedenkfeiern (wie beispielsweise der Brendtenfeier in Mittenwald) abgegrenzt werden. Dort beispielsweise wird den Gefallenen beider Weltkriege gedacht – ohne politischen Hintergrund. Ursula von der Leyen sprach 2017 von einer „Säuberung der Bundeswehr“. Sie schickte einen neuen Traditionserlass auf den Weg, der eine mögliche Vorbildfunktion der Nationalen Volks-armee und der Wehrmacht in den Reihen der Bundeswehr untersagte.
Nun hat auch ihre Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer mit NS-Nachlassenschaften zu tun. So wurde im vergangenen Herbst ein Unter-offizier der Eliteeinheit „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) nach monate-langer Ermittlung des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) vom Dienst suspendiert. Dem Feldwebel werden rechtsextremistische Umtriebe vorgeworfen. Der Soldat war mehrere Male im Afghanistan-Einsatz. Die Ermittlungen hatten begonnen, nachdem ein Bundeswehrmitarbeiter in einem Post auf Instagram eine Wehrmachtsuniform als „Modetrend“ bezeichnete. Auf einer Feier sollen zudem zwei Stabsoffiziere der Einheit den Hitlergruss gezeigt haben. Der MAD spricht inzwischen von rund 20 Fällen – alleine beim KSK. Durch die Corona-Berichterstattung gelangte dieser neuerliche Skandal in’s Hintertreffen. Gegen den Unteroffizier läuft zudem nun ein Verfahren wegen Geheimnisverrates.
Bereits seit zwei Jahren berichten immer wieder unterschiedlichste Medien über rechtsextreme Netzwerke bei der Bundeswehr. Dort sollen nach Angaben des MADs gar Pläne für den Tag X angelegt worden sein. Etwa durch das PREPPER-Netzwerk „Nordkreuz“ („be prepared“ – PREPPER-Szene). In diesem Zusammenhang fiel auch immer mal wieder eine Vereinigung mit Namen „UNITER“ („In eins verbunden“). Der Verein war bis Anfang 2020 in Stuttgart ansässig, verlegte jedoch dann seinen Sitz nach Rotkreuz im schweizerischen Kanton Zug. In den Statuten des offiziell eingetragenen Vereins heisst es:

„Der gemeinnützige Verein UNITER ist ein Netzwerk, das dem Grundgesetz, den Menschenrechten und dem Frieden verpflichtet ist.“

In Stellungnahmen wird betont, dass man Abstand von jeglicher Parteipolitik nehme und sich von jeder Art von Extremismus distanziere. Der Verein zählt rund 18.000 Mitglieder, darunter aktive und ehemalige Soldaten, Polizisten und andere Behördenvertreter. Inzwischen wird er vom Verfassungsschutz beobachtet – die Gemeinnützigkeit wurde ihm entzogen.
Fakt ist, dass nach Ermittlungen und Disziplinarverfahren bereits im Jahr 2017 18 offenbar rechtsextremistische Soldaten aus der Bundeswehr entlassen wurden. Der MAD sprach im April 2018 von mehr als 400 Ermittlungen (inzwischen sind es 550) – ein hochrangiger Bundeswehr-Offizier meint hierzu: „Nur die Spitze des Eisbergs!“ Etwa ein Viertel der insgesamt 1.500 MAD-Mitarbeitern geht der Verfolgung von Extremisten in den eigenen Reihen nach. Der Chef des MAD, Christof Gramm, betont jedoch, dass es zu keiner Zunahme von extremistischen Kräften in der Bundeswehr und auch zu keiner Vernetzung von „Verfassungsfeinden“ gekommen sei.

„Dennoch für Extremisten gibt es keinen Platz, weder für rechts wie für links als auch nicht für islamistisch. Jeder einzelne Fall wird dann auch rausgefiltert.“
(Henning Otte, Verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag)

In einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ betonte Gramm, dass derzeit 184.000 Soldaten und Soldatinnen sowie rund 80.000 Zivil-personen ihrem Dienst in der Bundeswehr nachgehen. Im Jahr 2019 kam es 743 Ermittlungen, davon stammen jedoch 383 Verdachtsfälle noch aus dem Jahr 2018. Diese Zahlen werden mit einem grösseren Budget des MAD und mehr Personal begründet. 80 % der Verdachtsfälle sind dem rechtsextremen Lager zuzuordnen (ohne Reichsbürger). Von den 49 im Jahr 2019 entlassenen Personen wurden 46 aufgrund ihrer rechts-extremen und 3 aufgrund islamistischer Einstellung entlassen. Derzeit ist alsdann von einem linksextremen Problem zumindest in der Bundeswehr nichts bekannt – nur einer der 743 Verdachtsfälle zielt auf eine links-extremistische Weltanschauung. Bundeswehr und auch Polizei entsprechen nicht den Vorstellungen der linksextremen Szene, da sie ein Teil des von ihr gehassten polizeistaatlichen Systems sind. Ein entlassener ehemaliger Oberleutnant und Bekannter von Franko A. ist heute Mitarbeiter eines AfD-Bundestagsabgeordneten. 2019 gab es nach Angaben des Wehrbeauftragten des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), 200 Meldungen rechtsextremer Umtriebe durch Soldat(en)-innen. So etwa auch jener 147-Seiten-starke Bericht des inzwischen unehren-haft-entlassenen Unteroffiziers Patrick J., der eigens im Verteidigungs-ausschuss des Bundestages thematisiert wurde. In vergleichbaren 788 rechtsextremistischen Verdachtsfällen bei Reservist(en)-innen arbeiten zwischenzeitlich MAD und Verfassungsschutz in der „AG Reservisten“ zusammen. Der Militärhistoriker Wolfram Wette schrieb dazu im Januar 2020 in der Süddeutschen Zeitung:

„In der Summe bedeutet das: Es gibt in der Bundeswehr eine Grauzone mangelnder Aufklärungswilligkeit. Sie stellt womöglich das eigentliche Problem dar. Werden rechtsradikale Vorkommnisse öffentlich bekannt, wiegelt die militärische Führung meist reflexartig ab.“

Brenton T., der Attentäter von Christchurch/Neuseeland, hatte in seinem Facebook-Profil Artikel über rechtsradikale Soldaten bei der Bundeswehr geteilt. Immer wieder verschwinden zudem Dienstwaffen spurlos – v.a. halbautomatische Pistolen P8, Schnellfeuergewehre G3 sowie Sturm-gewehre G36. Daran ausgebildete Extremisten jeglicher Art stellen ein sehr hohes Bedrohungspotential dar.
Doch nicht nur bei der Bundeswehr. Der Gründer des vorhin bereits erwähnten PREPPER-Netzwerkes „Nordkreuz“ ist der ehemalige Bundes-wehrscharfschütze und späterhin langjährige SEK-Polizist beim LKA Mecklenburg-Vorpommern, Marko G. Bereits 2017 ermittelte die Bundes-staatsanwaltschaft gegen Mitglieder dieser Vereinigung wegen Verdachts auf eine schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89 a StGB – Terror (möglicherweise Geiselnahme und Ermordung bekennender links-gerichteter Politiker). Einer der beiden war ebenso Polizist. Marko G. galt damals noch als „nicht tatbeteiligter Dritter“. Bei Razzien der GSG-9 in sechs Haushalten wurden neben Zivilschutz-Vorräten auch Waffen und Munition konfisziert. Allerdings waren alle Waffen angemeldet, da die Betroffenen entweder bei den Sportschützen oder als Jäger gemeldet waren. Damals betonte der Verfassungsschutz, dass es bedenklich ist, wenn sich Mitglieder der Polizei lieber auf ein Untergangsszenario vorbereiten als den Rechtsstaat vor einem solchen zu schützen. Interessanter jedoch verlief eine Razzia im September 2019 im Hause von Marko G. Dort stiessen die Fahnder auf Leichensäcke und über 40.000 Schuss Munition, sowie eine Maschinenpistole (Uzi) und zwei Pistolen (Glock 17 und Ruger 512). Das genügte der Staatsanwaltschaft Schwerin für eine Anklage (die Uzi ist eine Kriegswaffe) – Marko G. gilt inzwischen als Gefährder des Staatssystems. So soll er in einem Naheverhältnis mit der NSU gestanden und auch für andere Mitglieder Waffen und Munition aus den Beständen der Bundeswehr, der LKAs und anderer Polizei-dienststellen besorgt haben. G. wurde wegen des Verstosses gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt. PREPPER streiten übrigens stets die gegen sie erhobenen Beschuldigungen ab. Es gehe nie um Umsturzpläne, sondern vielmehr um die Vorbereitung auf den Tag X, wenn die Staatsordnung aus einem anderen Grunde zusammenbricht.
Bereits im Jahr 2002 gründete ein V-Mann des Verfassungsschutzes in einem Ort bei Schwäbisch-Hall eine Gruppierung des Ku-Klux-Klans. Nach seiner Aussage gab es eine Unzahl an Interessenten aus dem Bereich der Polizei. Auch zwei Kollegen der am 25. April 2007 in Heilbronn im Rahmen der NSU-Fahndung ermordeten Michele Kiesewetter sollen dieser Vereinigung angehört haben. Der NSU-Untersuchungsausschuss beleuchtete zudem in Hessen ein mögliches Naheverhältnis zweier Polizisten zu einer weiteren rechtsextremen Gruppierung.
Am Ende dieser Ausführungen wieder zurück zum Anfang:
Polizeigewerkschafter Maaß meint:

„Ich möchte keinen AfD-Wähler oder Sympathisanten vorverurteilen…!“

Trotzdem spielten einige Politiker gezielt mit Ängsten zum Ziel der Stimmungsmache. Deshalb sei es umso wichtiger, mit ALLEN Teilen der Gesellschaft im Gespräch zu bleiben, damit eine Spaltung dieser verhindert werden könne.
In einem Bericht der Bildzeitung vom Januar 2019 heisst es, dass von den damals 35.000 AfD-Mitgliedern nicht weniger als 2.100 Berufssoldaten sind, von den 91 AfD-Bundestagsabgeordneten 11 frühere Berufs- oder Zeitsoldaten. Unter ihnen etwa: Andreas Kalbitz (Ex-Fallschirmjäger mit MAD-Vermerk in der Akte); Joachim Wundrak (Ex-Oberbürgermeister-kandidat der AfD für Hannover und Luftwaffen-Generalleutnant a.D.), Uwe Junge (Fraktionschef der AfD im Landtag von Rheinland-Pfalz und Oberstleutnant a.D. im Zentrum für Operative Kommunikation), Rüdiger Lucassen (Vorsitzender der AfD NRW, MdB und Obmann des Verteidigungsausschusses des Bundestags sowie Oberst a.D. im General-stab bei der NATO und im Verteidigungsministerium), Gerold Joachim Otten (MdB und Mitglied des Verteidigungsausschusses sowie Major a.D. als Ausbildungslehrer am Kampfbomber Tornado) u.v.a.m.
Um eine Überlänge des heutigen Blogs zu vermeiden, habe ich absichtlich die Szene in der Schweiz und Österreich (noch) nicht beleuchtet. Doch – was nicht ist, kann ja noch werden.
Dennoch ist es nicht Zweck dieser Zeilen, eine Pauschalverurteilung abzugeben oder vielleicht gar eine Panik zu erzeugen. Die offiziellen Fallzahlen bewegen sich angesichts der Beschäftigtenzahlen bei Bundes-wehr und Polizei im einstelligen Prozentbereich bzw. gar darunter. Schlussendlich sollten sie aber nicht unterschätzt werden. Auch die RAF und ihre Sympathisanten mit linksextremistischen Anschauungen lagen in den 1970/80er Jahren in etwa bei dieser Grösse. Dass hingegen Extremismus und Terrorismus niemals kleingeredet werden darf, zeigte damals das schreckliche Ausmaß ihrer Anschläge. Ähnlicher Attentate wie jenes auf den Regierungspräsidenten von Kassel, auf die Synagoge in Halle, auf die Shisha Bars in Hanau oder die Mordserie der NSU.

PS:
Bei den Recherchen zu diesem Blog stiess ich auf Kampfpamphlete von Rechts- und Linksextremisten! Auch wenn sich die Wortwahl manches Mal unterschied, so konnte ich als sinnergreifender Leser kaum einen Unterschied feststellen! Nicht nur der Nazi glaubt an eine bessere Welt zwischen der damaligen Machtergreifung und dem anschliessenden Untergang – auch der Trotzkist tut dies! Extremismus ist und bleibt Extremismus – er hat in einer demokratischen Weltordnung nichts verloren!

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Was kostet uns Corona???

„Die Entwicklung in diesem Jahr stellt eine krasse Ausnahme-situation dar. Die Produktionseinbußen sind der Reflex auf einen massiven exogenen Schock, für den es in der jüngeren Wirtschafts-geschichte keine Vergleichsmuster gibt!“
(IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths)

CoVid-19 hat die Welt derzeit voll im Griff. Unglaublich, was möglicherweise nur ein Koch/eine Köchin in Wuhan/China ausgelöst haben könnte, indem höchstwahrscheinlich Fledermausfleisch nicht gut gekocht angeboten wurde. Mein Mitgefühl gilt all jenen, die einen geliebten Mitmenschen in den letzten Wochen verloren haben oder selbst erkrankt sind. Diese Gefühle jedoch zu Papier zu bringen, das wird wohl niemandem auch in Zukunft gelingen. Deshalb möchte ich mich heute einem Thema zuwenden, das uns ebenfalls die nächsten Wochen – ja vielleicht gar die kommenden Jahre beschäftigen wird: Was geschieht wirtschaftlich und finanziell während und nach Corona?! Und das wird nun ebenfalls heftig!

Beginnen wir vielleicht mit Österreich als kleinstem Wirtschaftsland im deutschsprachigen Raum. Der emeritierte Universitätsprofessor Dr. Dr.h.c.mult Friedrich Schneider vom Institut für Volkswirtschaftslehre an der Johannes Kepler-Universität in Linz (Abt. für Wirtschaftspolitik/ Forschungsinstitut für Bankenwesen) hat erste Berechnungen angestellt. Innerhalb von nur zwei Wochen wird die österreichische Volkswirtschaft nicht weniger als 2,5 Milliarden Euro verlieren. Er gliedert dies wie folgt auf:
.) Tertiärer Bereich (Dienstleistungssektor wie Handel, Gastronomie, Tourismus)
Hier entsteht ein Wertschöpfungsverlust von rund 3,2 Milliarden Euro – sofern nur ein Drittel heruntergefahren wird. Berücksichtigt sind die exorbitanten Zuwachsraten durch Hamsterkäufer im Handel. Schneider betont, dass nach der Krise sehr rasch wieder eine Milliarde gutgemacht werden kann.
.) Sekundärer Sektor (produzierendes Gewerbe)
Fährt die Industrie und produzierende Wirtschaft auf ein Fünftel runter, so rechnet Schneider mit rund 800 Mio € für zwei Wochen. Anschliessend könnten wieder etwa 300 Mio € gut gemacht werden. Danach jedoch wird’s happig: Jede weitere Woche wird Verluste von 1,25 Mrd. verursachen. Deshalb ist es wichtig, für kurze Zeit nahezu komplett dicht zu machen um danach wieder durchstarten zu können. Dies hat beispielsweise auch der Vorarlberger Möbelbeschläge-Weltmarktführer Blum eingesehen und seine Fabrikstore geschlossen.

https://www.blum.com/at/de/

.) Primärer Sektor („Urproduktion“ wie Land- und Forstwirtschaft bzw. Rohstoffgewinnung)
Gehen die Rohstoffe aus, so stehen auch die beiden anderen Sektoren. Hier können jedoch keine Zahlen angeführt werden, da die meisten Land- und Forstwirte selbständig sind und somit aus eigenen Interessen weiterarbeiten werden. Dennoch spitzt sich auch hier die Lage insofern zu, dass keine ausländischen Billigarbeitskräfte als Erntehelfer eingesetzt werden können. Dies betrifft als erstes die Spargel-, danach auch die Obst-, Salat- und Gemüseernte.
Hinzu kommen allerdings noch die zusätzlichen Kosten für das Gesund-heitssystem wie für Spitäler und Krankenhäuser. Bei einer Steigerung von 10 % sind dies rund 370, bei 20 % bis zu 740 Millionen € an Mehr-belastungen pro Woche. Nicht nur um Akutbetten frei zu halten, sondern auch um diese Mehrbelastungen möglichst gering zu halten, wurden verschiebbare medizinische Behandlungen auf einen späteren Zeitpunkt verlegt.
Während in anderen Staaten wie Italien oder den USA bereits Verstaatlichungen angedacht werden (siehe später im Text), ist dies für den Alpenstaat vorerst noch kein Thema. Die Bundesregierung hat gemeinsam mit den Sozialpartnern einen „Krisenbewältigungsfonds“ in der Höhe von vier Milliarden € eingerichtet. Hieraus sollen rasch und unbürokratisch Hilfsmassnahmen gesetzt werden, wie etwa Kredit-garantien, Überbrückungskredite, Exportförderung, Kinderbetreuung oder Kurzarbeitsmodelle.

Als sehr düster erweisen sich die Prognosen des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel für die deutsche Wirtschaft: Hier rechnet man mit einem Konjunktureinbruch von bis zu neun Prozent. Während der Krisen-situation, die sich hoffentlich ab Mai langsam entspannen sollte, werde das Brutto-Inlandsprodukt um 4,5 % fallen, bei einer Entspannung erst im August gar um 8,7 %. Das wäre der grösste Einbruch seit der Welt-wirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre (“Grosse Depression“). Die Wertschöpfung im ersteren Fall würde um 150 Milliarden einbrechen.
Ökonomen unterscheiden nun drei Szenarien:
– V-Szenario – die dämpfenden Massnahmen nehmen ab Mai ab – innerhalb der nächsten sechs Monate klingen die Produktionsausfälle ab
– U-Szenario – der Lockdown dauert bis August, die Erholung nochmals länger
– L-Szenario – es geht bis Ende des Jahres steil bergab – die Produktionsausfälle bleiben für längere Zeit auf niedrigem Niveau stehen, die Nachfrage ebenso
Mit grossflächigen Aufholeffekten im V- und U-Szenario ist erst im Jahr 2021 zu rechnen: Dann sollte eine Steigerung von 7,2 bis 10,9 % erfolgen.
Die Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Deutschland fallen alsdann ebenso mehr als triste aus: 2,356 Mio Menschen (90.000 mehr als im Vorjahr) werden als Folge der Corona-Krise arbeitslos werden. Sollte sich der Zustand erst bis zum Jahresende normalisieren, so könnten dies gar bis zu 3 Mio werden. Die Zahl der Kurzarbeiter könnte im Jahresschnitt bei 635.000 liegen, bei einem kurzzeitigen Ausfall von bis zu 50 %. Insgesamt rechnet das IAB mit einem Wirtschaftsrückgang von 2 % für das Jahr 2020 – kurzzeitig gar von 6 %.
Auch der Daimler-Konzern hat den Ernst der Lage richtig erkannt und grosse Teile seiner Produktion und Verwaltung geschlossen.

https://www.daimler.com/konzern/news/weitere-massnahmen-covid-19-pandemie.html

Neben der Lufthansa haben bereits Automobil-Hersteller nach Staats-hilfen gerufen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat inzwischen unbe-grenzte Kreditprogramme (Barkredite der KfW bis auf 50 Milliarden, Garantien bis zu 600 Milliarden), Steuererleichterungen, Flexibilisierung des Kurzarbeitergeldes sowie ein Investitionspaket in Höhe von 12,5 Milliarden zugesagt. Zudem wurde ein Notfallfonds für Freiberufler und Ein-Personen-Unternehmen (EPU) eingerichtet. Daneben stehen auch Soforthilfemassnahmen der Bundesländer zur Verfügung.

Für die komplette Schweiz wurde am 17. März der Notstand ausgerufen. Auch hier sagte der Bundesrat bereits einen Fonds zur Unterstützung der Wirtschaft in der Höhe von 40 Milliarden Franken zu. Damit sollen Lohnfortzahlungen, Kurzarbeitsgeld getätigt und finanzielle Engpässe bei KMUs bewältigt werden. Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Finanz-minister Ueli Maurer betonten aber, dass es bei Bedarf kein Limit geben werde, wenn beispielsweise die Arbeitslosenversicherung ALV in Finanz-nöten kommen sollte. Zudem stehen aus Bern Kreditgarantien bis zu 20 Milliarden Franken zur Verfügung. Eines der grössten eidgenössischen Unternehmen, Glencore (Rohstoffhandel), hat ebenfalls bereits reagiert, aber noch nicht geschlossen:

https://www.glencore.com/media-and-insights/news/update-on-COVID-19

Im vergangenen Jahr lag die Lohnsumme der eidgenössischen Wirtschaft bei rund 400 Milliarden Franken – 30-35 Milliarden pro Monat. Sollte die Wirtschaft um 20 % zurückgefahren werden, so bedeutet dies einen Einbruch von rund 6 bis 7 Milliarden Franken pro Monat. Übernimmt der Bund zwei Drittel dieser Rückgänge, so würde die Bundeskasse mit 4 – 4,5 Milliarden zu Rate gezogen werden. Ein erstes Opfer gibt es bereits: Die Restaurantkette Vapiano ist zahlungsunfähig – betroffen davon sind 10.000 Mitarbeiter.

Insgesamt sprechen alle Experten unisono von schlimmeren Aus-wirkungen als bei der Finanzkrise 2008/2009. Deshalb wird allerorts eine Rezession vorausgesagt, wobei jedoch das Produktionstal im Vergleich zur Finanzkrise wesentlich rascher überwunden sein sollte. Analysten der Berenberg-Bank rechnen bis Ende 2020 mit einem Einbruch des BIP um 3,5 % in der Eurozone – im Bad-Case um 5,0 %. Spätestens ab 2021 wird’s jedoch wieder bergauf gehen – Staatshilfen, Zinssenkungen sowie Anleiheankäufen durch die Zentralbanken werden dies ermöglichen. Die EZB (Europäische Zentralbank) etwa hat bereits ein 750 Milliarden schweres Anleihenkauf-Paket in Aussicht gestellt. Die Europäische Kommission hat alsdann eine „Corona Response Initiative“ in der Höhe von 25 Milliarden Euro angekündigt. Das BiP wird nach dem Virus um zwei bis vier Prozent steigen. Dies gilt jedoch nur für die Eurozone – die Weltwirtschaft wird weitaus weniger sinken und rascher und stärker wieder ansteigen. Auch die Aktienkurse haben sich weltweit bereits leicht, bis Ende des Jahres komplett erholt. Dies meinen zumindest die Analysten der schweizerischen UBS. Im Vergleich zur Finanzkrise des ersten Jahrzehnts des 3. Jahrtausends habe die Politik zumeist schnell und richtig reagiert („Lockdown“). Je länger dieser Lockdown jedoch andauert, desto mehr Insolvenzen werde es schliesslich geben.
DIE Sorgenkinder in der Eurozone sind aber Italien und Spanien. In Italien ist die Produktion von nicht-lebensnotwendigen Gütern faktisch auf Null zurückgefahren worden. Die explosiv ansteigenden Todesopferzahlen machten dies notwendig. Ökonomen der deutschen Commerzbank schocken mit der Aussicht, dass der 500 Milliarden schwere ESM, der Schutzschirm für EU-Mitglieder, die von der Euro-Krise betroffen waren (Griechenland etwa) Italien gerade mal für ein Jahr helfen würde. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte reagiert mit Verstaatlichungen. So wurden alleine in die Fluglinie AllItalia seit 2008 neun Milliarden € gesteckt – jetzt sind erneut hunderte Millionen nur für die Flugbranche notwendig. Für die Airline wird schon seit einiger Zeit ein Käufer gesucht. Als erste Massnahme reagierte die Europäische Kommission mit 50 Mio € für die Anschaffung medizinischer Geräte, Schutzausrüstungen und Masken. Auch in Spanien spitzt sich die Lage derzeit zu.
Im Vergleich dazu die Vereinigten Staaten. Hier wurde noch zu Beginn des Jahres mit einem Wachstum von zwei oder mehr Prozent gerechnet. Nun stehen die USA für die ersten beiden Quartale vor einer Rezession. Für das Jahr 2020 wird insgesamt eine Stagnation vorausgesagt. Allerdings breitet sich das Virus derzeit ähnlich rasch wie in Europa aus. Präsident Trump spricht von einem Notpaket in der Höhe von 850 Milliarden Dollar – alleine 50 Milliarden seien für Fluglinien, Hersteller (wie Boeing) und Flughäfen vorgesehen.

Wie sich die Wirtschaft jedoch tatsächlich entwickeln wird, hängt einzig und allein vom Konsumenten ab! Niemals zuvor war es dermaßen wichtig, regional einzukaufen um damit Unternehmen und Arbeitsplätze retten zu können! Helfen auch Sie mit, das Leben nach Corona wieder zu ermöglichen: Kaufen Sie regional!!!

Hotlines des Deutschen Bundeswirtschaftsministeriums:
.) Für Unternehmen 030-18 615 1515
.) Für Bürger 030-18 615 6187.

Hotline der österreichischen Wirtschaftskammer für Unternehmen:
05 90900-4352

Schweizerisches Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)-Infoline für Unternehmen:
058 462 00 66

Links:

– www.ifw-kiel.de/de/
– www.wko.at
– www.iab.de
– www.iwkoeln.de
– www.seco.admin.ch
– www.kfw.de

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Non-24 – Selten aber nervraubend

Sie kennen sicherlich den Erschöpfungszustand, wenn Sie in der Nacht zuvor mit Schlafstörungen zu kämpfen hatten. Jeder Mensch verbringt rund ein Drittel seines Lebens schlafend. Stellen Sie sich den Schlafentzug als Dauerzustand vor! Der Experte spricht bei einer besonderen Form vom „Hypernykthemeralen Syndrom“ – besser bekannt als „24-Stunden-Schlaf-Wach-Syndrom“ oder „Non-24“. Diese Krankheit ist zwar selten (rund 0,03 % der Bevölkerung leiden darunter), kann aber einen Menschen in seiner ganzen Existenz fertig machen. Dabei handelt es sich um eine Störung des zirkadianen Rhythmus („Rings um den Tag“). Der Betroffene hat mit einer Verzögerung der Einschlaf- und Aufwachzeit zu kämpfen. Beide beginnen Minuten oder Stunden später. Am darauf-folgenden Tag erneut später – die Zeiten des Nichteinschlafens addieren sich immer mehr. Dies wirft vornehmlich dann Probleme auf, wenn die Betroffenen zu einer bestimmten Uhrzeit zur Arbeit bzw. zur Schule müssen.
Es scheint, daß vor allem blinde Personen davon betroffen sind, da hier die Steuerung der Schlaf- und Wachphasen durch das Sonnenlicht fehlt. Doch folgt bei diesen auch der Blutdruck, die Herzfrequenz und die Körpertemperatur einzig der inneren Uhr. Der Wach-Schlaf-Rhythmus, der durch diese innere Uhr geregelt wird, gibt jedoch stets eine etwas grössere Tageslänge voraus. Sehende Menschen orientieren sich deshalb an der äusseren Uhr durch die Hell-Dunkel-Wahrnehmung, die alle anderen Vorgänge im Körper stets synchronisiert. Eine derartige Mög-lichkeit jedoch fehlt blinden Menschen. Deshalb leiden rund 70 % von Ihnen an Non-24. Dabei driftet dieser sog. „Endogene Rhythmus“ um eine fixe Zeitspanne immer weiter auseinander, bis er den normalen 24-Stunden-Tag wieder erreicht hat. Allerdings laufen beide nur ganz kurz synchron. Danach beginnt das Spiel von neuem.
Dieses Prozedere ist v.a. für berufstätige Menschen sehr belastend, da sie tagsüber zumeist übermüdet sind und nachts nicht schlafen können („intermittierend ausgeprägte Schlafstörung“). Dadurch kommt der Hormonhaushalt ordentlich durcheinander und die Tagesleistung nimmt ab. Daneben kann der Schlafentzug zu einer Depression, ADHS, Fibromyalgie, Diabetes, Krebs und selbstverständlich einer allgemeinen Erschöpfung führen. Alsdann leidet das Immunsystem unter dem ständigen Schlafentzug – die Menschen werden krankheitsanfälliger.
In zwei Forschungsprojekten in den spanischen Kliniken Hospital Universitario Fundación Jiménez Díaz sowie L’Hospitalet de Llobregat versuchen Wissenschaftler nähere Details über die Krankheit heraus-zubekommen.
Eine Non-24-Diagnose ist sehr schwierig, da auch eine Schlafapnoe oder ein Periodic Limb Movement Disorder (PLMD) zu Schlafstörungen führen können. Patienten müssen ein Schlaftagebuch führen. Zudem wird eine Schlafanamnese geführt und mittels eines Fragebogens weitere Eigenheiten ausfindig gemacht. Auch kann eine Aktigraphie eine Diagnose erleichtern. Hierbei werden über ein Armbanduhr-grosses Messgerät Daten über Bewegung, Helligkeit und Temperatur gesammelt. Zugleich wird eine Melatoninbestimmung durchgeführt, damit andere Hintergründe für die Schlafstörung ausgeschlossen werden können. Konnte schliesslich Non-24 diagnostiziert werden, so empfehlen Ärzte eine Behandlung mit Melatonin sowie eine Lichttherapie. Das Hormon Melatonin wird vornehmlich in der Zirbeldrüse nach den Vorgaben der inneren Uhr gebildet. Der Körper reagiert hierauf mit einer Absenkung des Blutdrucks und des Stoffwechsels. Tagsüber ist die Ausschüttung gering – es überwiegt das „Wachhormon“ Cortisol – in der Nacht hingegen sehr groß. Das Licht des Tages unterdrückt dessen Produktion. Da eine Synchronisation mit Melatonin in Deutschland nicht genehmigt ist, verschreiben die meisten Mediziner Hypnotika, Antidepressiva und Sedativa für die Nacht sowie Stimulanzien für den Tag. Dies birgt aber eine Unzahl an Nebenwirkungen. Erfolgsversprechend jedoch scheint der Melatoninrezeptor Tasimelteon. In den beiden Studien SET und RESET konnten 59 % der Probanden innerhalb von sieben Monaten synchronisiert werden, bei 57 % nahm der Nachtschlaf zu. Als Nebenwirkungen werden jedoch Kopfschmerzen, erhöhte Leberenzyme und anomale Träume und Albträume angeführt (näheres siehe Arznei-verordnungsreport 2017). Der Schlafmediziner an der Berliner Charité, Prof. Dr. Ingo Fietze weist jedoch auch auf eine andere Möglichkeit hin: In Tierversuchen konnten nachtaktive Versuchstiere wie etwa Ratten oder Mäuse auf tagaktiv umgepolt werden, wenn sie nur tagsüber etwas zu fressen bekamen. Die Nahrungsaufnahme wäre somit die erste Therapie-möglichkeit, die man für die Synchronisation verwenden könnte.
In schweren Fällen hilft nur die Rückkehr zum natürlichen Rhythmus des Körpers, das jedoch die meisten Arbeitgeber und Partner nicht verstehen werden. In den USA sind Schulen und Arbeitgeber nach dem „Americans with Disabilities Act“ verpflichtet, Möglichkeiten wie Teilzeit, Homeoffice oder angepasste Arbeitszeiten zu setzen.
Weshalb auch sehende Menschen an Non-24 erkranken, ist bislang nicht geklärt.
Den Non-24-Service erreichen Sie in Deutschland unter der Telefonnummer 0800 24 321 06! Obgleich auch in Österreich und der Schweiz die Zahl der Schlafstörungen ganz allgemein eklatant zugenommen hat, konnte ich bei meinen Recherchen jedoch keine vergleichbare Hotline ausfindig machen. Dafür aber stieß ich auf einen Facebook-Post der Barmer-Krankenkasse. Da stand im Jahr 2019 zu lesen:

„Wenn du mal wieder nicht schlafen kannst, dann leg einfach mal selbst Hand an oder hol dir ein Spielzeug dazu, dann kommt der Schlaf ganz von alleine!“

Die Anfragen, ob denn diese Sex-Spielzeuge auch von der Kasse übernommen werden, wurde jedoch verneint!

Links:

– non-24.de
– www.dbsv.org
– schlafmedizin.charite.de
– www.circadiansleepdisorders.org
– www.je-dors-trop.fr
– www.narkolepsie.at
– www.fjd.es

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RKI – Im Kampf für die Gesundheit

Aufmerksame Leser dieser meiner Gedanken haben bei Gesundheits-themen immer mal wieder den Hinweis und Link auf das Robert-Koch-Institut gefunden. Zurecht, gelten doch die Damen und Herren des „Bundesinstituts für Infektionskrankheiten und nicht übertragbare Krankheiten“ (so die richtige Bezeichnung) als international hochange-sehene Koryphäen in der Infektionsforschung. Gerade in Zeiten von SARS, Vogelgrippe und Corona stellt sich das Expertenwissen des RKI stets als verlässliche Basis für die weitere Arbeit der entsprechenden Verwaltung und Politik dar. Nun hat gar der deutsche Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine derartige Einrichtung für den kompletten EU-Raum gefordert, da die Europäische Seuchenbehörde wohl zu klein ist um immer grösser werdende Epidemien und v.a. Pandemien abarbeiten zu können.
Robert Koch selbst war es, der das Institut am 01. Juli 1891 als „Königlich-Preußisches Institut für Infektionskrankheiten“ gründete und bis 1904 leitete. Der Namen „Robert-Koch-Institut“ stammt jedoch aus dem Jahr 1942. Zu Zeiten des Nationalsozialismus beteiligten sich auch Mitarbeiter des RKI an Menschenversuchen in Konzentrationslagern. 1952 kam das Institut in den Kompetenzbereich des Bundesgesundheitsamtes und wurde schliesslich 1994 als selbständige Einrichtung dem Bundesgesundheitsministerium unterstellt. Die heutige Aufgabe besteht u.a. in der Algorithmenentwicklung, der Clusterdetektion sowie der Systemevaluation von nosokomialen Pathogenen. Soll heissen, dass Infektionskrankheiten, die auf Bakterien, Viren und auch Pilzen beruhen, gefunden und erforscht werden, um dadurch die notwendigen Strukturen und Methoden für die Organisation der weiteren Bekämpfung dieser Krankheiten zu schaffen. Deshalb wurde beispielsweise aufgrund der Corona-Krise Südtirol durch das RKI zum Risikogebiet erklärt. Obgleich zu diesem Zeitpunkt dort nur zwei Infizierte gemeldet wurden, kamen mehr als 36 Urlauber mit dem Virus im Gepäck nach Deutschland zurück. Dies hat durchaus weitreichende Folgen: So rät das Auswärtige Amt von nicht dringend erforderlichen Reisen in vom RKI als Risikogebiete bezeichnete Regionen ab. Zudem müssen Betroffene, die aus derartigen Risikogebieten kommen, für zumindest 14 Tage (Inkubationszeit des CoVID-19) in Quarantäne. Nahezu ganz Italien, das Elsass, Gebiete in China, dem Iran und vielen anderen Staaten wurden zu solchen Risiko-gebieten eingestuft.
Im Robert-Koch-Institut laufen also alle Drähte zusammen: Influenza, Masern, Mumps, Poliomyelitis, Röteln, Salmonellen, Staphylokokken und jetzt auch CoVID-19 (Corona). Hierher müssen die Ärzte positive Infektionsergebnisse melden, hier werden aufgrund dessen Berech-nungen angestellt, wie sich eine Krankheit weiter entwickeln wird, und hier werden Empfehlungen für weitere Massnahmen ausgesprochen. Hier kann sich auch die Fachöffentlichkeit stets auf dem Laufenden halten: Gesundheitspersonal, Mediziner – ja auch Veranstalter von Tagungen und Events.
Obgleich der Leiter des Institutes, Lothar Heinz Wieler diplomierter Veterinärmediziner und Mikrobiologe ist, konzentriert sich das RKI bei seinen Forschungen auf Humanpathogenen, also den Menschen betreffenden Erregern. Für Veterinärpathogenen zeichnet das Friedrich-Löffler-Institut in Greifswald verantwortlich. Friedrich Löffler war übrigens einer der ersten Mitarbeiter Robert Kochs und von 1913 bis 1915 selbst Leiter des RKI. Die rund 1.100 Mitarbeiter (darunter 450 wissenschaft-liche) arbeiten in unterschiedlichen Abteilungen:
.) Abteilung für Infektionskrankheiten
.) Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung
.) Abteilung für Infektionsepidemiologie
.) Zentrum für biologische Sicherheit
.) Zulassungsstelle für Anträge nach dem Stammzellengesetz
Sowie verschiedenen Projekt- und Nachwuchsgruppen. Daneben werden auch die unterschiedlichsten Kommissionen personell bestückt, wie zum Beispiel der „Kommission für Gesundheitsberichterstattung und Gesund-heitsmonitoring“ (GBEMON).
Zudem sollen am RKI mit Hauptsitz im Ost-Berliner Wedding auch neue Gefahren für die Gesundheit erkannt werden. CoVID-19 etwa ist ein Zoonose-Virus, ein Erreger, der von Tier auf Mensch und offenbar umgekehrt übertragen werden kann. Auch dem Bioterrorismus gilt in dieser Hinsicht erhöhte Aufmerksamkeit (etwa Milzbrand).
In regelmässigen Abständen führt das RKI zudem die Befragung „Gesundheit in Deutschland aktuell“ durch, das fixer Bestandteil des Gesundheitsmonitorings des Bundesgesundheitsministeriums ist.
Dem Institut gehört ein Museum und ein Mausoleum an, in dem u.a. die kupferne Urne mit der Asche Robert Kochs aufgebahrt ist. Zudem wurde am 03. Februar 2015 ein Hochsicherheitslabor der Stufe 4 eingerichtet (die anderen drei befinden sich in Hamburg, Marburg und auf der Insel Reims). Hier werden etwa hochansteckende Krankheiten wie Ebola untersucht. Neben den Berliner Standorten Nordufer (Zentrale), Seestrasse (Laborgebäude) und General-Pape-Strasse (Abt. Für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring) gehört auch die Forschungs-stätte in Wernigerode im Harz zum RKI. Hier fand in Zeiten der DDR die bakteriologische Forschung statt – daran hat sich, neben anderen Fachbereichen wie Antibiotika-Resistenzen, bis heute nichts geändert.
Das Robert Koch-Institut ist somit eine sehr sinnvolle Einrichtung. Leider wird in dieser Hinsicht immer mehr Geld durch die Politik eingespart, damit mehr davon für PR- und Marketing-Kampagnen oder goldenen Pensionen übrig bleibt Gerade in der derzeitigen Situation des Corona-Paniks sollte sich wohl jeder die Frage stellen, was die von ihm gewählten Volksvertreter tatsächlich für das Volk unternehmen – allen hehren Worten aus berufenem Munde zum Trotz!

Lesetipps:

.) Robert Koch – Vom Landarzt zum Pionier der modernen Medizin; Barbara Rusch; Bucher Verlag 2010
.) Das Robert Koch-Institut im Nationalsozialismus; Annette Hinz-Wessels; Kadmos 2008
.) Infektion und Institution: zur Wissenschaftsgeschichte des Robert Koch-Instituts im Nationalsozialismus; Hrsg.: Marion Hulverscheidt/Anja Laukötter; Wallstein-Verlag 2009

Links:

– www.rki.de
– www.ressortforschung.de
– www.jhu.edu

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Sport steigert die Hirnleistung

Als ich noch jeden Tag meine 12 Kilometer runterspulte, dachte ich während des Laufens zumeist an gar nichts, fühlte mich jedoch danach auch geistig fit wie ein Turnschuh. Zurecht, gilt es inzwischen als erwiesen, daß sich Sport sehr positiv auf die Leistungen unseres Gehirns auswirkt. Vielleicht mit Ausnahme des Boxens oder zu vieler Kopfbälle! Neueste Studien haben gar ergeben, daß die körperliche Betätigung (insbesondere das Ausdauer- oder Cardiotraining) gegen Demenz schützen kann indem das sehr komplexe Zusammenspiel hämo-dynamischer, neurohumoraler und neurometabolischer Veränderungen positiv beeinflusst wird, wodurch das Gehirn plastischer, adaptiver und effizienter wird (siehe hierzu die SMART-Studie der Goethe- Universität Frankfurt zur Cholinkonzentration im Gehirn). Sehr schlechte Nachrichten also für Couch-Potatoes – doch die haben das soeben gelesene ohnedies bereits schon wieder vergessen.
Die beiden Mediziner Hans-Jürgen Grabe und Katharina Mittfeld von der Universität Greifswald entdeckten bei Ihren Versuchen, je besser die körperliche Fitness ist, desto grösser war das Hirnvolumen der von Ihnen untersuchten Studienteilnehmer. Alsdann kann daraus geschlossen werden, daß in einem sportlich durchtrainierten Körper der altersbedingte Abbau der Hirnmasse verlangsamt wird. Das Gehirn ist also gesünder! Insgesamt untersuchten sie nicht weniger als 2.103 Personen zwischen 21 und 84 Jahren. Bei diesen wurde zuerst die maximale Sauerstoff-aufnahme pro Minute unter Höchstbelastung gemessen (Fahrradergo-meter). Dies gab Auskunft über die Fitness der Probanden. Daneben wurde mit Hilfe der Magnetresonanztomographie die Grösse des Gehirns sowie der grauen und weißen Hirnsubstanz im Speziellen gemessen. Die graue Substanz enthält die Axone der Nervenzellen, also ihre Zellkörper, während die Neuriten und Dendriten, also die Zellfortsätze, in der weißen Substanz zu finden sind. Experten nun schließen daraus, daß in einem sportlichen Körper mit häufiger körperlicher Höchstbelastung nicht nur der Körper von der vermehrten Sauerstoffaufnahme profitiert, sondern auch das Gehirn. Zudem erhält es bei besserer Durchblutung mehr Energiestoffe mitgeliefert. Allerdings ist diese These noch nicht wissen-schaftlich untermauert. Interessant jedoch scheint in diesem Zusammen-hang das Wandeln der Philosophen im Altertum. Egal ob Sokrates oder Aristoteles bei den Griechen, Seneca bzw. Cicero bei den Römern: Sie philosophierten zumeist im Gehen, da sie der Überzeugung waren, die Bewegung halte die Gedanken im Fluss! Diese Meinung vertritt alsdann Jennifer Raymond von der kalifornischen Stanford University: Menschen, die ein Problem zu lösen haben oder angestrengt nachdenken müssen, erledigen dies zumeist im Gehen.
Etwas genauer wird der Zusammenhang an der Sporthochschule in Köln erforscht. Stefan Schneider vom Institut für Bewegungs- und Neuro-wissenschaft erklärt dieses Phänomen wie folgt: Bei körperlicher Bewegung wird im Gehirn der motorische Kortex aktiviert, während gleichzeitig der präfrontale Kortex (ein Teil des Frontallappens der Grosshirnrinde) heruntergefahren wird. Ersterer steuert und koordiniert die Bewegungsabläufe im Körper, während zweiterer für das logische Denken und Planen zuständig ist.

„Man kann sich das wie bei einem Reset eines Computers vorstellen, dessen Arbeitsspeicher überlastet ist!“
(Apl-Prof. Dr. Dr. Stefan Schneider , DSHS Köln)

Danach läuft nicht nur der PC wieder besser, sondern auch das menschliche Gehirn. Für seine Untersuchungen verwendete Schneider EEG-Messgeräte und Infrarot-Sensoren, um durch diese Gehirnströme und die Durchblutung des Gehirns festzustellen. Diese These wird alsdann von Arne Dietrich von der American University of Beirut bestätigt.
Depressionsforscher (etwa der Jacobs University Bremen) gehen gar noch einen Schritt weiter, indem sie dem Sport eine ähnliche Wirkung zuschreiben wie den Antidepressiva. Sie entdeckten bei Patienten mit einer rezidivierenden Depression (F33), also wiederholten depressiven Schüben, einen starken Gewebeschwund (Atrophie) spezieller Hirn-strukturen im Hippocampus und dem präfrontalen dorsolateralen Kortex. Zurückgeführt wird dies auf die Abnahme von Nervenwachstumsfaktoren (Neurotrophine wie das Eiweiß BDNF) und damit auch der neuronalen Konnektivität („Neurotrophin-Hypothese“). Derartige Neurotrophine sorgen für neue Verbindungen zwischen bestehenden Nervenzellen. Auslöser für einen Rückgang ist zumeist negativer Stress. Sport bzw. Bewegung ganz allgemein bauen ein erhöhtes Stressniveau ab und führen zu einer Zunahme von Neurotrophinen. Bei Probanden mit einem hohen BDNF-Gehalt im Blut ist der Hippocampus wesentlich grösser. Diese Neurotrophin-Hypothese bestätigte etwa der Psychologe Kirk Erickson von der University of Pittsburgh im Jahre 2010, der ebenfalls die Grösse des Hippocampus mit Hilfe eines Kernspintomographen gemessen hatte. Aus diesem Grunde wird immer mehr die Bewegung in die Depressions-therapie eingebaut.
Allerdings – und damit wieder zurück zum Sport-Neurologen Schneider aus Köln – muss die Sportart Spass machen und die Belastungsintensität direkt auf die jeweilige Person abgestimmt sein. Dauert beispielsweise eine starke Ausdauerbelastung über mehr als ein bis zwei Stunden an, können sich durch das Anschwellen der Vorhöfe und der rechten Herzkammer im Herzmuskel feine Risse bilden. Schliesslich pumpt das Herz bei starker Belastung bis zu siebenmal mehr Blut durch den Körper als im Ruhezustand. Wird dem Körper nun keine Ruhephase gegönnt, damit diese Risse selbst ausheilen können, so kommt es durch Gewebeschäden und Verhärtungen zu einem chronischen Herzleiden, das mit Herzrhythmusstörungen bzw. dem plötzlichen Herztod enden kann. Deshalb sind zumeist 30-40 Minuten Ausdauersport vollends aus-reichend. Die Studienteilnehmer Schneiders konnten sich bis zu 30 Minuten nach dem Sport wesentlich besser konzentrieren. Schneider selbst meint gar, bei ihm wirke dies noch mehrere Stunden nach.
Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten die Experten der Universität Ulm rund um die Neurowissenschaftlerin Sanna Stroth. Sie testeten 80 Personen im Alter von 17 bis 47 auf deren Konzentrationsfähigkeit, das Gedächtnis sowie das räumliche Vorstellungsvermögen. Die Test-Gruppe musste über vier Monate hinweg jeweils dreimal die Woche Ausdauer-sport, die Kontroll-Gruppe keinen Sport betreiben. Während sich der Sport nicht auf das Gedächtnis auswirkte, zeigte die Sportgruppe jedoch deutliche Verbesserungen in den beiden anderen Untersuchungs-bereichen. Die Studienleiter erklären sich dies einerseits mit der Reset-Theorie Schneiders, andererseits jedoch mit dem menschlichen Hormon-haushalt. Ständige Bewegung verlangsame den Abbau des Botenstoffes Dopamin, der für entscheidende Prozesse im präfrontalen Kortex benötigt wird Zudem gilt Dopamin als Stimmungsaufheller („Glücks-hormon“). Sinkt der Dopamin-Spiegel, so lassen viele geistige Fähigkeiten nach – etwa die Konzentration oder die Aufmerksamkeit. Allerdings ist diese Dopamin-These ebenso noch nicht wissenschaftlich bestätigt worden. Eine Studie der Colombia University New York gelangte hingegen zum selben Ergebnis.
Sport ist somit nicht nur für den Körper, sondern auch für den Geist durchaus gesund. Allerdings neigt der Mensch zum „Delay discounting“, also dem Abwerten zeitlich verzögerter Belohnungen. Soll heissen, wir ziehen kurzzeitige Genüsse den längerfristigen vor – der innere Schweinehund gehört dazu! Für das Planen und abstrakte Denken ist der präfrontale Kortex zuständig, für die kurzzeitigen Genüsse hingegen das limbische System. Gewinnt stets das limbische System, so werden diese Denkmuster zur Gewohnheit. Hier herauszukommen kostet weitaus mehr Energie und Überwindung. Wer also regelmässig Sport betreibt, wird nicht nach den unterschiedlichsten Ausreden suchen, die nächste Laufrunde auszulassen. Deshalb ist es auch dermaßen wichtig, dass die gewählte Sportart Freude bereitet. Denn: Spass macht, was unsere Bedürfnisse befriedigt! Ein immens wichtiger Teil der Sportpsychologie – das erspart Ihnen den Kauf vieler teurer Ratgeber!.

„Oft reicht es schon, sich selbst eine Backpfeife zu verpassen oder ‚Los jetzt!‘ zu rufen, um sich zu aktivieren.“
(Jens Kleinert, Sportpsychologe an der DSHS)

Lesetipps:

.) Die Veränderung psychischer Zustände, Stimmungen und Dispositionen durch sportliche Aktivität; M. Gomer; Verlag Harri Deutsch 1995
.) Effects of aerobic exercise on brain metabolism and grey matter volume in older adults: results of the randomised controlled SMART trial; Matura S/ Fleckenstein J/Deichmann R/Engeroff T/Fuzeki E/Hattingen E et al; Transl Psychiatry 2017
.) Cardiovascular fitness, cortical-plasticity, and aging; Colcombe SJ/Kramer AF/Erickson KI/Scalf P/McAuley E/Cohen NJ et al; Proc Natl Acad Sci USA 2004
.) Exercise training increases size of hippocampus and improves memory; Erickson KI/Voss MW/Prakash RS/Basak C/Szabo A/Chaddock L et al; Proc Natl Acad Sci USA 2011
.) SMART: physical activity and cerebral metabolism in older people: study protocol for a randomised controlled trial; Fleckenstein J/Matura S/Engeroff T/Fuzeki E/Tesky VA/Pilatus U et al; Trials 2015
.) Comparison of the peak exercise response measured by the ramp and 1-min step cycle exercise protocols in patients with exertional dyspnea; Revill SM/Beck KE/Morgan MD; Chest 2002
.) Auswirkungen des Sporttreibens auf Selbstkonzept und psychisches Wohlbefinden; Metzenthin, S./Tischhauser, K.; Gesellschaft zur Förderung der Sportwissenschaften an der ETH Zürich 1996
.) Einführung in die Sportpsychologie; Hrsg.: H. Gabler/J.R. Nitsch/R. Singer; Hofmann 2004
.) Handbuch Gesundheitssport (2. vollst. neu bearb. Aufl.); Jtsg.: K. Bös & W. Brehm; Hof mann 2007
.) Physical activity and psychological well-being; Hrsg.: Boutcher; Routledge. Thelwell, R.C., Lane, A.M., & Weston 2007
.) Training in der Therapie. Grundlagen und Praxis (3. Aufl.); I. Froböse/G. Nellessen-Martens/C. Wilke; Urban & Fischer 2005
.) Zum Stellenwert von Sport in der Behandlung psychischer Erkrankungen; Broocks, A./Meyer, T./George, A./Pekrun, G./Hillmer-Vogel, U./Hajak, G./Bandelow, B./Rüther, E.; Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie 1997

Links:

– www.uni-frankfurt.de
– www.uni-greifswald.de
– www.stanford.edu
– www.dshs-koeln.de
– www.aub.edu.lb
– www.uni-ulm.de
– www.columbia.edu

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Glück – ein seltenes Gut

„Die Absicht, dass der Mensch glücklich sei, ist im Plan der Schöpfung nicht enthalten.“
(Siegmund Freud)

Nach einigen Blogs mit politischem, technologischem und naturwissen-schaftlichem Hintergrund, möchte ich heute mal ein Thema philoso-phisch/neurologisch angehen: Was ist Glück?!
Ist es Glück, beim Lotto zu gewinnen? Ist es Glück, im Urlaub einen freien Liegestuhl am Pool zu ergattern? Oder ist es gar Glück, vor dem herannahenden Auto noch rasch wegspringen zu können?! Gibt es überhaupt Glück und Glücksmomente?
Für viele hat das Wort „Glück“ eine andere Bedeutung. Für die meisten Jugendlichen ist Glück möglichst viele Follower zu haben, für Erwachsene die Rechnungen zahlen zu können, für Senioren gesund zu sein! Glück neurologisch erklärt ist relativ einfach, meint zumindest der klinische Neurologe Christof Kessler in seinem neuen Buch „Glücksgefühle“. Im „Belohnungs- und Motivationssystem“ des Gehirns entsteht der Eindruck „Gut gemacht!“. Nun erfolgt die Ausschüttung des Glückshormons Dopamin, das uns all die vorhergegangenen Anstrengungen vergessen lässt! So können viele Marathonläufer nach dem Überqueren der Ziellinie noch weiterlaufen – die meisten sind überglücklich, dass sie das Ziel erreicht haben und merken in diesem Augenblick nicht, dass der Körper dieses Mal mehr ramponiert wurde, als im letzten Lauf. Diese Mischung aus Stolz und glücklich sein motiviert unheimlich, damit dieses Gefühl erneut erreicht werden kann. Auch Alkohol und Drogen können ein solches Glücksgefühl vorspielen, doch ist in den meisten Fällen danach, das Loch, das sich im Kater auftut, umso tiefer. Dadurch dauert auch die Erinnerung an diesen Glücksmoment wesentlich kürzer an als bei einer natürlichen Glückssituation, ohne Starthilfe.
Solche Augenblicke des Glücks sind in unserer schnelllebigen Welt sehr selten geworden. Deshalb boomen die Glücksratgeber und Glücks-seminare. Da jedoch jeder etwas anderes unter Glück versteht, ist es nicht wirklich ganz einfach, eine stets geltende Formel ausfindig zu machen. Eines jedoch sollte sich jeder zu Herzen nehmen: Teile Deine Projekte in kleinere Module. Dadurch ist es einfacher, Glück zu verspüren, das dann die Motivation für das nächste Modul bringt. Die Produktion von Dopamin nimmt übrigens mit zunehmendem Alter ab.
Viele Menschen sprechen von Glück, wenn sie ausgeglichen und zufrieden durch’s Leben gehen. Kann nicht geleugnet werden, obgleich es neurologisch etwas anderes ist. Schliesslich steckt mit dem Serotonin ein anderes Hormon dahinter. Es regt zudem eine etwas andere Hirnregion an, nämlich jene, die für das Gleichgewicht der Gefühle und somit die emotionale Regulation verantwortlich zeichnet. Zufriedenheits-glück ist alsdann etwas anderes als das Glück. Oftmals spielt dabei die Lebensweise eine ganz entscheidende Rolle. Glücksforscher haben entdeckt, dass eine gesunde Ernährung und viel Sport für ein grösseres Zufriedenheitsglück sorgen als Fastfood und Couching. Bevölkerungs-studien zur Depression haben aufgewiesen, dass vornehmlich die mediterrane Ernährung mit viel Obst, Fisch und Gemüse sowie wenig Fleisch vielen Depressionen vorbeugen kann. Auch dieses andere Glück lässt sich allerdings manipulieren. So ist die Vorstufe des Serotonins, das Tryptophan, in vielen Nahrungsmitteln enthalten: Hühnereier, Nüsse, Sojabohnen und schliesslich der Schokolade. So manch Eine(r) verhilft sich mit v.a. der Schokolade über einen depressiven Moment hinweg. Im zunehmenden Alter kann jeder die Grundzufriedenheit verbessern: Durch die Anzahl der kleinen Erfolgserlebnisse. Deshalb bezeichnet es die Hirnforschung als extrem wichtig, sich auch im Alter geistig zu fördern, weiter zu lernen.
Zu vieles Denken macht unglücklich! Eine wissenschaftlich untermauerte Feststellung. Allerdings kann unser Gehirn nicht so ohne weiteres „abgeschaltet“ werden. Auch während des Schlafens denkt jeder Mensch weiter – einerseits zur Verarbeitung des Erlebten, andererseits werden Planungen für die Zukunft durchgeführt („Stimulus-unabhängiges Netzwerk“). Untersuchungen ergaben, dass spezielle Meditations-techniken tatsächlich das Denken stoppen können. Andere entspannen aber auch bei Musik oder einem guten Buch.

„Das Sozialprodukt ist wichtig, doch es kann niemals erfassen, wie glücklich ein einzelner Mensch ist!“
(Bruno Frey)

Was also macht uns wirklich glücklich? Sorgen Sie für die täglichen Glücksmomente. Kleinere Aufgaben, die nach Abschluss mit Dopamin belohnt werden. Ist die Aufgabe zu gross, beginnt wieder das Denken nach einer Gesamtlösung. Der Glücksforscher Bruno Frey schaffte sich nicht wirklich viele Freunde, als er meinte, dass Kinder nicht unbedingt ausschlaggebend für das Glück sind. Auch das Geld ist nicht entscheidend. Beides kann zu einem Teil dazu beitragen. Bei Befragungen geben die Skandinavier und die Schweizer immer wieder an, die glücklichsten zu sein. Die Deutschen folgen auf der Skala mit 7-8 Punkten von 10 weiter hinten. Am Ende finden sich die Franzosen, Amerikaner und Italiener. Frey erstellte hierauf aufbauend eine Liste von Glücksfaktoren:

.) Soziale Vernetzung
Der ständige Austausch mit wirklich guten Freunden, Bekannten und der eigenen Familie ist für Frey der wohl wichtigste Glücksfaktor. Ausserdem hilft ein gutes vertrauliches Gespräch unter Freunden die Seele wieder freizuschaufeln
.) Gesundheit
Kranke Menschen sind zumeist nicht glücklich. Die körperliche und geistige Gesundheit ist eine wichtige Glücksvoraussetzung.
.) Materielle Sicherheit
Arme Menschen müssen zu viel bei allem an die Kosten und das Geld denken. Am glücklichsten sind jene, die von ihrem Einkommen gut und sorgenfrei leben können. Zuviel Geld jedoch ist ein Glückskiller.
.) Gesellschaftliche Faktoren
Am glücklichsten sind kinderlose Menschen, die in einer dezentralen Demokratie leben und einer selbständigen Arbeit nachgehen. Hinzu kommt die Eigenschaft, geben zu können und möglicherweise noch im Ehrenamt tätig zu sein. Menschen mit Kindern müssen sich weitaus mehr Gedanken über ihre finanzielle Situation, andere Wohnverhältnisse, ein grösseres Auto und schlaflose Nächte machen.
Viele Glücks-Trainer und Mental-Coaches bemühen sich, Menschen das offenbar verlernte Glücklichsein zurückzubringen. Gute Nachricht: Es ist machbar! Der ausschlaggebende Faktor ist die positive Einstellung. Nicht jedem ist es vergönnt, in seinem Traumberuf tagtäglich Glücksgefühle zu erleben. Dafür gibt es leider zu wenige Hotels an Traumstränden, die man managen könnte. Dennoch ist die Zufriedenheit im Beruf und die Glücksmomente während der Arbeit immens wichtig, da sie auch in’s Privatleben einspielen. Es besteht also eine immens wichtige Wechsel-wirkung. 20.000 Arbeitnehmer haben Jan-Emmanuel De Neve und George Ward von der London School of Economics europaweit im Rahmen der Studie „Happiness at Work“ befragt. Das Ergebnis: Mitarbeiter sind zufriedener und glücklicher, wenn sie selbst mitentscheiden und unter-schiedlichen Tätigkeiten nachgehen können. Chefs, welche die Stärken ihrer Mitarbeiter nicht einzusetzen wissen, sind keine guten Chefs! Kommt noch ein gutes Betriebsklima und das Gefühl hinzu, einen sicheren Job zu haben, so sind die Grundbausteine für zufriedene Arbeitnehmer gelegt. Sie nehmen in weiterer Folge quasi das Zufriedenheitsglück aus der Arbeit auch in ihr Privatleben mit, das für eine ausgezeichnete Work-Life-Balance sorgt. Dem verleihen sehr viele Glücksforscher einen sehr hohen Stellenwert. Andere wie De Neve/Ward sehen die Work-Life-Balance darin, wenn nach der Arbeit noch möglichst viel Elan für private Unternehmungen übrig bleibt. Welcher Typ sind Sie? Geschafft nach dem Job und ab auf die Couch? Freuen Sie sich darauf, nach der Arbeit noch mit den Kindern gemeinsam Fussball zu spielen? Lassen Sie nach der Arbeit die Sause so richtig abgehen? Oder gehen Sie auch gerne auf ein Feierabend-Bierchen mit Kollegen oder Freunden?
Glück zeigt sich für jeden anders! Doch in einem sind sich Glücksforscher einig: Ein zentraler Faktor ist die Charakterstärke! Das lasse ich nun einfach so im Raume stehen!

Gestatten Sie mir abschliessend zwei Fragen:
1. Wann waren Sie das letzte Mal wirklich glücklich (Dopamin)?
2. Sind Sie mit ihrem Leben generell zufrieden (auf einer Skala von 1 für nein bis 10 für ja) (Serotonin)!
Gibt es Nachholbedarf? Auf was warten Sie – es ist Ihr Glück! In Bhutan ist Glück wertvoller als alles Geld!

Lesetipps:

.) Ins Glück stolpern. Suche dein Glück nicht, dann findet es dich von selbst; Daniel Gilbert; Goldmann Verlag 2006
.) Lebenskunst und Moral. Oder macht Tugend glücklich?; Otfried Höffe; Beck 2007
.) Glück. Was ist das?; Günther Bien; Knecht 1999
.) Wo geht’s denn hier zum Glück. Meine Reise durch die 13 glücklichsten Länder der Welt und was wir von ihnen lernen können; Maike van den Boom; Fischer Krüger 2015
.) Psychologie des Glücks. Ein Handbuch; Anton Bucher; Beltz 2009
.) Glücksvorstellungen. Ein Rückgriff in die Geschichte der Soziologie; Alfred Bellebaum; Westdeutscher Verlag 1997

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Technologie der Zukunft – Wieso nicht schon heute damit beginnen?

„Das ist Unsinn!“
(Herbert Diess, VW-Vorstandschef)

Als ich dieser Tage hinter dem Tankzug eines grossen Gase-Produzenten herfuhr, dachte ich mir so nebenbei: „Was wäre wohl, hätte ich zuhause und im Auto jeweils eine Brennstoffzelle? Wäre das vor mir mein Jahresbedarf?“ Dann kehrte ich jedoch zu meiner früheren Ansicht zurück und verwarf den Gedanken sofort wieder. Im Chemie-Unterricht der Oberstufe demonstrierte der Lehrer damals die Gefahr von Knallgas (Oxyhydrogen). Dieses hochexplosive Gas entsteht, sobald sich Wasser-stoff (H2) und Sauerstoff (O2) vermischen. Es reicht nun bereits ein kleiner Funken, um das Ganze mit einem lauten Knall detonieren zu lassen! Somit wäre mir dieser Energielieferant also auf jeden Fall zu gefährlich, da jede Autofahrt einem Ritt auf einem Fass Dynamit gleich käme. Das ist wohl auch die Meinung vieler Anderer, weshalb die Möglichkeit einer Brennstoffzelle von vornherein ausgeschlossen wird.
Was aber viele nicht wissen: Liegen die Volumensanteile des Wasserstoffs in der Luft bei unter 18 oder über 76 % (bei atmosphärischem Druck), so ist diese Verbindung nicht mehr explosiv! Da jedoch der obere Grenzwert rasch sinken kann, wäre dies wohl erneut ein zu grosses Risiko! Also kommt für die Nutzung von Wasserstoff nur die erste Variante in Frage. Luft-Wasserstoffgemische mit einem Wasserstoffanteil von 4-18 % sind brennbar, aber nicht detonationsfähig! Erfolgt die Verbrennung kontrolliert über eine Mischdüse, so kann eine dauerhafte Knallgas-Flamme (keine Explosion) entstehen. Während das Knallgas bereits im Jahr 1620 durch Théodore Turquet de Mayerne entdeckt wurde, ist die Entdeckung der Knallgasflamme etwas jüngeren Datums. Aufgrund der hohen Temperatur von bis zu 3.000 Grad Celsius eignet sich diese Flamme für Schweiss- oder Schneidarbeiten bzw. findet Anwendung in einer Goldschmiede oder bei der Herstellung oder der Schmelze von Glas.
Der deutsche Chemiker Christian Friedrich Schönbein führte 1838 erstmals in Basel einen Versuch mit zwei in Salzsäure eingelegten Platindrähten durch, die er mit Wasser- und Sauerstoff umspülte. Dabei entstand elektrische Energie und Wärme. Sir William Grove präsentierte 1839 die sog. „Galvanische Gasbatterie“ und damit den Vorgänger der Brennstoffzelle. In dieser galvanischen Zelle erfolgt die sog. „Kalte Verbrennung“. Dabei werden Wasser- und Sauerstoff zusammengefügt – es entsteht elektrische Energie und Wärme, die auf unterschiedlichste Weise genutzt werden können. Das Abfallprodukt ist Wasserdampf. Eine solche Brennstoffzelle besteht aus zwei Teilen, die durch einen Elektrolyt voneinander getrennt sind, der Ionen-durchlässig und somit für den Ionen-Transport zuständig ist. In Teil 1 wird über die Kathode Sauerstoff eingeleitet, in Teil 2 umströmt Wasserstoff die Anode. Zwischen Kathode (Minuspol) und Anode (Pluspol) baut sich aufgrund der ablaufenden chemischen Prozesse (auf die ich im Detail nicht eingehen möchte) eine geringe elektrische Spannung auf. Werden nun mehrere solcher Brenn-stoffzellen in Serie aneinandergebaut, so erhöht sich dadurch die Spannung.
Derzeit sind vor allem zwei Brennstoffzellen im Einsatz, die sich einzig durch den Elektrolyten unterscheiden: In der Polymerelektrolyt-Brenn-stoffzelle (PEMFC), besteht dieser Elektrolyt aus der Polymer-Membran, einer dünnen, aber festen Kunststoffhaut. In der Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) aus der Hightech-Keramik Zirkondioxid, die hitze- und korrosionsbeständiger ist.
Der grosse Vorteil dieser Brennstoffzellen liegt im Wirkungsgrad: Er bewegt sich um die 60 %! Soll heissen, dass 60 % der verwendeten Energie in Strom umgewandelt werden kann. Bei einer Gasturbine etwa liegt dieser nur bei rund 40 %. Wird nun der Wasserstoff mit Hilfe von Photovoltaik-Strom produziert, so ist die Brennstoffzelle die umweltfreundlichste Art, Energie zu produzieren. In der Raumfahrt kam die Brennstoffzelle bereits in den 1960er-Jahren zum Einsatz.
Bleibt das Problem, wie ich den Wasserstoff in den Tank bekomme, da es eines unheimlichen Mehraufwandes bedarf, den Wasserstoff pur zu tanken. In gasförmiger Form wird ein Druckbehälter von 700 bar benötigt – hier bleibt das Problem mit der geringen Reichweite. Möglich ist also nur das Tanken von flüssigem Wasserstoff. Dieser aber muss in einem Tiefsttemperaturtank auf -253 Grad Celsius gekühlt werden. So wiegt ein Liter Wasserstoff gerade mal 70 Gramm. Beides nicht wirklich wirt-schaftliche Lösungen.
Es muss also eine Verbindung gefunden werden, die sich rasch und leicht tanken lässt, die nicht explosiv oder brennbar ist und die sich rasch wieder trennen lässt. Dibenzyltoluol lautet eine mögliche Lösung: Eine substituierte, aromatische Kohlenwasserstoffverbindung. Diese Flüssig-keit lässt sich mit Wasserstoff „aufladen“ (LOHC). An der Tankstelle lässt es sich wie Benzin oder Diesel tanken. Im Auto wird der Wasserstoff von seinem Trägermedium abgespaltet (endotherme Dehydrierungsreaktion), das beim Tankvorgang abgepumpt und beispielsweise in sonnigen Gebieten mit Photovoltaiktechnologie durch eine exotherme Hydrierungsreaktion wieder „aufgeladen“ wird. Da Dibenzyltoluol jedoch wasser- und gesundheitsgefährdend ist (Wassergefährdungsklasse 2), wird derzeit vornehmlich auf eine andere Art der Wasserstoffgewinnung zurückgegriffen: Aus Erdgas durch einen sog. „Reformer“. Damit sind wir aber erneut bei den fossilen Brennstoffen angelangt, da der Reformer mit Erdgas beheizt werden muss. Allerdings kann hierfür auch CO2-neutrales Bio-Erdgas verwendet werden. Dennoch finden sich mehr Erdgas-Zapfanlagen als Wasserstofftankstellen (in Deutschland 75/in Österreich 5). Auf 100 km wird rund 1 kg H2 benötigt.
Die Vorteile der Brennstoffzellen liegen also ganz klar auf der Hand:
– hoher Wirkungsgrad
– praktisch schadstofffrei
– wartungsarm
Allerdings gibt es auch Nachteile:
– hohe Kosten
– hohe technische Anforderungen
– begrenzte Brennstoffzellen-Lebensdauer
Die Lebensdauer einer Brennstoffzelle liegt bei knapp über 10.000 Stunden – das kommt einer Reichweite von 400-450.000 Kilometern gleich. Als Heizung im Haus kann eine Brennstoffzelle für rund zehn Jahre verwendet werden – sie wird zumeist mit einer Gasheizung kombiniert. In Japan finden solche Heizsysteme aufgrund einer hohen staatlichen Subventionierung reissenden Absatz – seit 2010 ist das System auch für Einfamilienhäuser erhältlich. Hierzulande gilt das „Langweid-Village“ als federführend. In Langweid bei Augsburg werden 62 Wohneinheiten in 30 Doppel- und Reihenhäuser durch Brennstoffzellen beheizt und mit Strom ausgestattet. In Deutschland wird die Brennstoffzellenheizung mit bis zu 16.500,- € gefördert.
Folgende Autohersteller haben das Brennstoffzellen-Auto bereits zur Serienreife gebracht:
– Honda (Clarity Fuel Cell ca. 57.000 US-Dollar)
– Hyundai (Nexo ca. € 78.000)
– Toyota (Mirai ca. € 78.000)
– Renault (Fever – kein Preis entdeckt)
– Mercedes-Benz (GLC Fuel Cell nur zur Miete ab 799 € im Monat)
BMW führte als erster eine Weltumrundung mit einem solchen Prototypen (BMW i Hydrogen Next) durch – das Modell soll 2022 auf den Markt kommen..
Brennstoffzellenautos werden in Österreich mit 1.500,- € vom Staat gefördert (Bundesländerförderungen sind unterschiedlich – in Oberöster-reich beispielsweise 3.500,- €)) sowie mit einem E-Mobilitätsbonusanteil des Fahrzeughändlers in der Höhe von 1.500,- €.
Im Vergleich zu Elektrofahrzeugen entstehen alsdann bei der Produktion weniger umweltschädliche Abfallstoffe, da der Strom für den Elektro-motor nicht aus Batterien stammt, sondern direkt erzeugt wird. Zudem kann durch das Abfallprodukt Wasser auch der Boden gekühlt und das Klima verbessert werden – es wird zu mehr Regenfällen kommen.
Brennstoffzellen-Fahrzeuge werden künftig vor allem im Personen- und Gütertransport eine gewichtige Rolle spielen. Auch sind bei der Deutschen Bahn (seit 2016 zwischen Cuxhaven, Bremerhaven, Bremervörde und Buxtehude) und der ÖBB bereits Züge im Testeinsatz – sehr zufriedenstellend übrigens. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelte im Jahre 2016 einen Flugzeugprototyp mit PEMFC-Brennstoffzellen („HY 4“) – derzeit wird an einer Passagier-maschine für bis zu 20 Fluggästen gearbeitet.
Während die Heizung mit Brennstoffzellen immer interessanter wird, besteht nach Brennstoffzellenautos kaum Nachfrage – wie auch auf der IAA 2019 in Frankfurt zu sehen. Der Hauptgrund hierfür sind vornehmlich die hohen Anschaffungs- und Betriebsmittelkosten.

Lesetipps:

.) Wasserstoff & Brennstoffzellen – Die Technik von morgen; Sven Geitmann; Hydrogeit Verlag 2004
.) Brennstoffzellentechnik; Peter Kurzweil; Vieweg 2003
.) Brennstoffzellen in der Kraft-Wärme-Kopplung – Ökobilanzen, Szenarien, Marktpotenziale; Krewitt, Pehnt, Fischedick, Temming; Erich Schmidt Verlag 2004
.) Fuel Cells; Noriko Hikosaka Behling; Elsevier B. V. 2013

Links:

– diebrennstoffzelle.de
– www.energieagentur.nrw
– www.energiesparverband.at
– www.hydrogeit.de
– h2.live
– www.mobilitaet-von-morgen.de
– www.co2online.de
– www.fz-juelich.de
– www.wbzu.de
– tugraz.at
– www.viessmann.de/de/architekten/projekte/langweid-village.html
– www.new-energy-power.de
– www.calepa.ca.gov

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