Im Kampf gegen die Erderwärmung schreitet so mancher Erfinder auf durchaus abstrusen Wegen. Ist aber auch kein Wunder: Der Mensch ist offenbar dermaßen verblödet, sodass er mit wehenden Fahnen in die Selbstzerstörung schreitet. Versuchen einige wenige tatsächlich ihren CO2-Fussabdruck so niedrig wie möglich zu halten, so machen dies die Umweltsünder wieder rückgängig – mit links. Eine Massnahme, eine Idee, ein Konstrukt – vollkommen gleichgültig was – das gegen den Klima-wandel eingesetzt werden kann, ist somit Gold wert!
So hat ein 15-jähriger Gymnasiast aus Petershausen, einer Gemeinde rund 36 km von München entfernt, im Garten ein Versuchsbecken angelegt. Dieses befüllte er mit Regenwasser und pflanzte dort Schwimmfarn an. Auf die Idee kam Benjamin Sedlmair bei der Recherche für ein Physikreferat. So mancher würde den Teenie als verrückt erklären, doch liegt er völlig richtig: Schwimmfarn könnte die Lösung unserer von Menschenhand verursachten Klimazerstörung sein. Das bescheinigt auch die Freie Universität Berlin auf wissenschaftlicher Basis. Dazu mehr etwas später!
„Geforscht wird genug, wir müssen endlich ins Machen kommen!“
(Benjamin Sedlmair)
Sedlmair las bei seinen Recherchen von einem Wunder der Natur, das unseren Planeten vor 49 Mio Jahren schon einmal gerettet hat und als das „Azolla-Ereignis“ in die Erdgeschichte einging. Damals war der Treib-haus-Effekt durch eine unheimlich grosse CO2-Konzentration in der Atmosphäre gigantisch. Das resultierte aus dem extremen Vulkanismus aufgrund des Auftreffens der Indischen auf die Eurasische Kontinental-platte und der Auffaltung des Himalayas. Dann nahm der Schwimmfarn seine Arbeit auf und machte die Erde wieder bewohnbar. Er überwucherte grosse Teile der arktischen Wasserfläche, nahm so viel Kohlendioxid auf, dass die Temperaturen sanken und das Klima in die „normalen“ Verhält-nisse des derzeitigen Eiszeitalters überging. Selbstverständlich geschah dies nicht von einem Tag auf den anderen sondern dauerte etwa 800.000 Jahre (Unteres Eozän bzw. Beginn des Oligozän). Höchste Zeit also, damit anzufangen.
Was aber hat es mit diesem Schwimmfarn auf sich? „Azolla filiculoides“ (so die lateinische Bezeichnung) gedeiht in stehenden oder langsam fliessenden Gewässern. Der deutsche Namen ist durchaus korrekt: Die Pflanze schwimmt im Wasser. Bei günstigen Bedingungen überwuchert die Wasserpflanze sehr rasch die Wasseroberfläche. Was bei Algen zu einem Problem wird, hat beim Schwimmfarn durchaus seine Vorteile. Pro Jahr und Hektar entzieht die Pflanze der Atmosphäre rund 2,5 Tonnen Stickstoff und 15 Tonnen CO2. Das kann kein Wald! Die Pflanze gedeiht am besten bei Temperaturen von rund 25 Grad Celsius, weshalb sie vornehmlich in tropischen und suptropischen Erdregionen angesiedelt ist. Doch überlebt sie durchaus auch zwischen 0 und 30 Grad. In manchen Ländern dient Azolla zudem als proteinreiche Futterpflanze.
Die Freie Universität Berlin nahm sich dieser Sache an und forscht seither auf wissenschaftlicher Ebene an diesem speziellen Farn. Nachdem damals die Pflanzen abgestorben waren, sanken sie auf den Grund der Gewässer und wurden dort sedimentiert. Bodenbohrungen v.a. im Arktischen Becken beweisen dies perfekt. Dort stiessen die Wissenschaftler auf eine rund acht Meter starke Schicht, in der sich kieselhaltige Sedimente mit Azolla-Schichten abwechseln. International vernetzen sich die Interessierten und Experten in der Azolla-Foundation, einer Plattform mit dem Zweck des Wissensaustausches.
Sedlmair hat für eine grössere Versuchsanordnung einen trocken-gefallenen Teich vom Besitzer zur Verfügung gestellt bekommen, der in zweierlei Hinsicht an diesem Experiment interessiert ist: Einerseits natürlich als Vorreiter vorangehen zu können und andererseits Bio-Futter für seine Hühner bekommen zu können. Sollte der Versuch gelingen, könnten in allen geeigneten Regionen dieser Welt künstliche Becken angelegt werden und damit dem Klimawandel auf natürliche und unge-fährliche Art und Weise entgegengetreten werden. Alle anderen Maß-nahmen wie etwa die Speicherung von CO2 in unterirdischen Lagern („Carbon Capture and Storage“) bergen noch unzählige Risken und Gefahren.
Wie aber funktioniert das Ganze? Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel werden für die Proteinbiosynthese, also dem Aufbau von Proteinen aus Aminosäuren, gebraucht. Dies wiederum ist wichtig für die rasche Vermehrung – innerhalb von nur zwei bis drei Tagen verdoppelt nahezu das Schwimmfarn seine Biomasse.
Wie aber überlebt nun diese Pflanze im Salzwasser? Der Arktische Ozean war im Eozän fast eigenständig und isoliert von den anderen Ozeanen – das Wasser wurde also nicht durchmischt – beispielsweise durch Tiefenströmungen oder Strome (ähnlich wie beim Schwarzen Meer). Durch die starke Verdunstung, die ebenso starken Regenfälle in dieser Region und die Einmündung zahlreicher Flüsse schwamm auf dem Salzwasser eine wenige Zentimeter dicke Schicht von Süsswasser („nepheloide Schicht“), da es eine niedrigere Dichte als das Salzwasser aufwies. Somit waren ausgezeichnete Bedingungen für die Azolla vorhanden, das durch die Flüsse in das Arktische Meer gespült wurde. Und die erledigte ihre Arbeit vorbildhaft. Der CO2-Gehalt in der Luft verringerte sich rapide, es kam zu einer Abkühlung der Meere und der Bildung des Antarktis-Eisschildes.
Auch die Niederlanden forschen intensiv über die Azolla. Allerdings aus einem anderen Grund: Sedimentierte Biomasse wird unter Abschluss und Druck zu Erdöl bzw. -gas.
Sollte Sedlmair also tatsächlich auf die Lösung des Gordischen Knotens „Klimawandel“ gestossen sein? Es wäre ihm zu wünschen – auch der damit einhergehende Reichtum. Schliesslich packt hier ein Jugendlicher selbst an, ohne nur auf die Missstände hinzuweisen, indem er sich auf die Strasse klebt. Und viel mehr freuen würde es mich, wenn ein Gymnasiast den Grossen dieser Welt vorgibt, wie es tatsächlich zu schaffen wäre!
Lesetipps:
.) Azolla & Cyanobacteria Nutrient Biomass; Debjani Halder/Shymal Kheroar; LAP Lambert Academy Publishing 2014
.) Azolla as a feed ingredient; Befikadu Zewdie; VDM Verlag Dr. Müller 2011
.) Azolla: Amazing Aquatic Fern; Waseem Raja; LAP Lambert Academy Publishing 2014
.) Azolla: an invasive fern in wetlands (Iran); Roghayeh Sadeghi; LAP Lambert Acaqdemy Piublishing 2016
.) Azolla: A Biofertilizer and Waste disposer; Kunja Satapathy/Pradeep Chand; VDM Verlag Dr. Müller 2010
Älter werden hat nicht nur Vorteile – da gibt es schon auch Nachteile, auf die so mancher gerne verzichten würde: Die Gelenkigkeit und Mobilität lassen zu wünschen übrig, der Rücken und die Gelenke schmerzen etc. Den Einen erwischt es dabei mehr als den Anderen – hängt von der allge-meinen Fitness des Körpers, aber auch der Ernährung ab. Allerdings können zudem ehemalige Leistungssportler ein Lied davon singen: Vom Raubbau an ihrem Körper! Jeder therapiert dies anders. Viele alsdann mit Hilfe der Pharmazie und Nahrungs-Ergänzungsmittel-Industrie. Doch sollte bei all den wundervoll klingenden Erfahrungsberichten und Ver-sprechungen eines nicht vergessen werden: In den meisten Präparaten ist schlichtweg die Konzentration zu gering – ansonsten wären sie ein medi-zinischen Produkt vor dessen Gebrauch ein Arzt konsultiert werden muss. Und so ganz nebenbei: Um einen Anti-Aging-Effekt zu bewirken, müssten täglich 200 bis 450 mg Hyaluronsäure mit viel Wasser einge-nommen werden, bei Gelenksentzündungen ab 400 mg – das ist recht viel! Somit ist vieles, das versprochen wird (obgleich „Gesundheits-versprechungen“ in diesem Zusammenhang nach EU-VO 1066/2013 nicht gemacht werden dürfen – deshalb beziehen sie sich auf die eingesetzten Zusatzstoffe wie Vitamin A oder C), wissenschaftlich nicht bewiesen, doch versetzt bekanntlicherweise der Glaube Berge!
Ich bin kürzlichst auf einen Werbefolder über die Regeneration des Gelenk-Verschleisses gestossen. Durch den Wirkkomplex von fünf unterschiedlichen Stoffen soll jedes Gelenk beinahe wieder jugendlich frisch, auf jeden Fall aber schmerzfrei werden, so war in diesem Prospekt zu lesen! Einer dieser Stoffe ist das auch aus der Kosmetik bekannte „Hyaluron“. Was steckt dahinter? Ist das der Jung-Macher, nach dem ganze Generationen gesucht haben? Was meinen die Mediziner zu diesen Wundermitteln? Lassen Sie uns heute mal Gesundheits-Aufklärung betreiben.
Seit Jahrhunderten sucht die Menschheit nach einem Mittel um das Altern zu stoppen oder gar rückgängig zu machen! Immer mal wieder tauchen dabei Wunderpräparate oder abstruse Kuren auf, die ebenso schnell wieder von der Bildfläche verschwinden, wie sie gekommen sind. Trotzdem boomt die (auch medizinische) Industrie des Jugendwahns. Falten werden mal da, mal dort mit Botulinumtoxin weggespritzt, bis das Gesicht zu einem deformierten Etwas, einer satanischen Fratze mutiert, die nurmehr einen einzigen Gesichtsausdruck kennt. Ähnlich ist es, wenn der Schönheitschirurg das Skalpell ansetzt. Ein Hohn, hierbei von „natürlichem Aussehen“ zu reden. Beispiele? Ich werde mich hüten, in diesen Zeilen Namen zu nennen. Blättern Sie doch ganz einfach mal in einem Lifestyle- oder Stars- und Sternchen-Magazin – auf den ersten 4-5 Seiten werden sie sicherlich mehrfach fündig werden.
Doch nun ins Eingemachte!
Karl Meyer und John Palmer haben bereits im Jahre 1934 die Hyaluron-säure chemisch isoliert. Erstmals tauchte sie aber wesentlich später in entsprechenden Präparaten auf – das war 1981. Gewonnen zuerst aus Hahnenkämmen, führte dies zu vielen Allergien, Deshalb werden diese seit 1997 industriell von Bakterien gewonnen. Ganz vegan, obgleich Hefe dabei eine wichtige Rolle spielt.
Die Hyaluronsäure ist ein Polysaccharid – also ein Mehrfachzucker. Sie kommt nahezu überall in unserem Körper vor: Bandscheiben, Knochen, Haut, Gelenke und Augen. Zucker bindet Wasser – 1g der Säure bindet nahezu sechs Liter Wasser. Deshalb ist diese gelartige Mischung zumeist dort zu finden, wo eine Schmierfunktion erforderlich ist: Gelenke oder auch das Bindegewebe der Haut. Daneben kommt der Verbindung eine entscheidende Rolle bei der Zellteilung, den Prozessen im Gehirn und dem Glaskörper der Augen sowie im Stoffwechsel zu, auf die ich hier nicht weiter im Detail eingehen möchte.
Der Experte unterscheidet drei Formen der Hyaluronsäure:
Die Langkettige (Hochmolekulare)
Diese wird vornehmlich in Gelenken eingesetzt. Ein wichtiger Bestandteil eines jeden Gelenks ist der Knorpel. Die langkettige Hyaluronsäure bindet sich direkt an den Knorpel an und verleiht dadurch dem Gelenk eine verbesserte Gleitfähigkeit. Nachteile: Sie wirkt nur kurzfristig und kann bestehende Entzündungen sogar noch verstärken, weshalb sie zumeist präventiv eingesetzt wird. In der Kosmetik werden die Langkettigen vor-nehmlich für einen Feuchtigkeitsfilm verwendet, der die Hautbarriere unterstützt.
Die Kurzkettige (Niedermolekulare)
Sie wird direkt in entzündete Gelenke (bei etwa Arthrose) gespritzt, da sie für einen Rückgang der Entzündung, sowie der Schwellungen und Schmerzen sorgt. In der Kosmetik wird die kurzkettige Hyaluronsäure vornehmlich gegen Falten verwendet – sie dringt aufgrund der niedrigeren Molekülmasse tief ein und lagert sich im Bindegewebe ab.
Die Oligo-Hyaluronsäure
Diese Ketten sind noch kürzer und somit offensichtlich effektiver. Aller-dings auch wesentlich teurer! Derzeit findet man sie nur in hochpreisigen Kosmetik-Artikeln.
Weshalb es nun vor allem die Kosmetik auf die Hyaluronsäure abgesehen hat, dürfte am Natriumhyaluronat liegen. Dieses ist ein Bestandteil der Hyaluronsäure. Daneben natürlich auch am gebundenen Wasser. Es verleiht der Haut mehr Feuchtigkeit und dadurch alsdann eine Straffung. Das erklärt den Einsatz gegen Knitter-Falten, Akne-Narben, Hänge-backen, Augenringe und Tränensäcke, für schönere Lippen und straffere Brüste oder Gesäss. Im Gegensatz zur Botulinumtoxin-Unterspritzung soll eine solche mit Hyaluronsäure sofort wirken und keine der bekannten Nebenwirkungen aufweisen. Da die Säure aber nach und nach abgebaut wird, muss die Behandlung trotz bis zu drei Nachspritzungen innerhalb von ein bis zwei Wochen nach spätestens 12 bis 18 Monaten wiederholt werden, manche Ärzte emfpehlen eine Wiederholung bereits nach vier bis sechs Monaten. Und wichtig: Von einem entsprechend geschulten Arzt wie einem Dermatologen oder Chirurgen! Gelangt nämlich das Präparat in eine Vene oder Ader, so kann diese absterben oder eine Hirnembolie ausgelöst werden, die zum Schlaganfall führen kann. Der Mediziner gibt im Vorgespräch auch Tipps, was zuvor getan und abgesetzt werden muss und wie nach der Behandlung die entsprechende Stelle massiert wird um Unebenheiten zu vermeiden. Allerdings kostet eine solche kosmetische Therapie je nach Aufwand ab 200,- Euro aufwärts, die im Normalfall nicht von der Krankenkasse übernommen wird. Niemals in Kosmetik-Studios durchführen lassen, auch wenn sie mit wesentlich günstigeren Preisen werben. Apropos: Die Behandlung ist auch medizinisch bei der Wund-heilung sinnvoll. Daneben erfolgt der Einsatz von Hyaluron-Säure etwa bei Arthrose, Gelenksentzündungen, Po-Vergrösserungen, Schlupfwarzen oder gar der Vergrösserung des G-Punktes.
Die körpereigene Produktion der Hyaluronsäure sinkt bereits ab dem 25. Lebensjahr kontinuierlich, bis etwa zum 60. Lebensjahr nurmehr rund 10 % der jugendlichen Produktion erzielt werden. Dadurch verliert nicht nur das Bindegewebe der Haut die Spannkraft, die Beweglichkeit der Gelenke wird eingeschränkt und die Augen trocknen rascher aus, was sich in der Sehkraft auswirkt. Ausserdem sorgen Nikotin, Alkohol, Stress, Schlaf-mangel aber auch die UV-Strahlung für eine raschere Abnahme des Hyaluron-Haushaltes. Studien haben hingegen ergeben, dass das weibliche Sexualhormon Östrogen positiv auf Hyaluron wirkt, da Zink und Magnesium besser verarbeitet werden.
Von einer Hyaluron-Therapie sollten Sie Abstand nehmen, wenn sie blutverdünnende Medikamente benötigen, unter einer Autoimmun-krankheit leiden oder Hautentzündungen behandeln müssen. Ärzte empfehlen auch in der Schwangerschaft von einer Verwendung abzu-sehen.
Hyaluron ist in vielen straffenden Cremes, feuchtigkeitsspendenden Salben aber auch Augentropfen und Nasensprays enthalten, da sie die Schleimhäute unterstützen und feucht halten. Bei allen anderen Anwendungsarten wie Kapseln, Tabletten, Trinkampullen, Pulver etc. sollte zurecht an der Wirksamkeit gezweifelt werden, da einerseits (wie bereits angesprochen) die Dosierung zu gering ist und andererseits der Verdauungstrakt mit der Magensäure überwunden werden muss. Wieviel und wie lange solche Wundermittel eingenommen werden müssen, damit ein möglicher Effekt erfolgt, ist deshalb umstritten.
Bevor Sie Unsummen von Euros ausgeben (Stiftung Warentest 10/2022: „… teuer und überflüssig!“), zuletzt noch einige Tipps, wo die Hyaluron-säure von Natur aus vorkommt:
Petersilie und Pfeffer
Eier
(Süss-)Kartoffeln
Bananen
Blatt- und Wurzelgemüse
Erbsen
Soja
Beeren
Die körpereigene Produktion der Hyaluronsäure kann alsdann durch den Verzehr von Vitamin C-haltigem Obst und Gemüse wie Brokkoli, Rosen- und Grünkohl, Paprika, Orangen und auch Erdbeeren angekurbelt werden!
Bleiben Sie gesund!
Lesetipps:
.) Hyaluronan – Structure, Biology and Biotechnology; Alberto Passi; Springer Verlag 2023
.) Dermatologie und medizinische Kosmetik – Leitfaden für die kosme-tische Praxis; Konrad Herrmann/Ute Trinkkeller; Springer Verlag GmbH 2020
.) Minimalinvasive nichtoperative Methoden in der Gesichtsästhetik; Hrsg.: Wolfgang Funk/Hans-Robert Metelmann; Springer Verlag GmbH 2020
Dieser Inhalt und v.a. die in den angeführten Videos enthaltenen Bilder sind nicht für jedermann geeignet – sie können zu schwerwiegenden psychischen Störungen führen!
In vielen Kulturkreisen ist der Hund gemeinsam mit der Katze das beliebteste Haustier. Und so mancher Hundehalter würde mehr auf seinen Vierbeiner geben, als auf so viele Menschen. Hat sich Ihnen jemals schon die Frage gestellt: Wie schmeckt er wohl? Kann ich ihn denn auch essen? Ich für mich kann die Frage ganz eindeutig beantworten: Nein – niemals!!! Der Mensch züchtet Nutztiere, die seiner Fleischeslust zum Opfer fallen. Andere Tiere wie Hunde oder Katzen, die sog. „Heimtiere“ hingegen haben nach meiner Meinung nichts in den Bratpfannen oder Töpfen zu suchen! Wer beispielsweise Insekten essen will – bitte soll er. In unseren Breitengraden werden sie eigens ernährungsgerecht gezüchtet. Angeblich sollen sie ja aufgrund des enthaltenen Proteins sehr gesund sein. Doch hört dieser Spass mit den höher entwickelten Wirbeltieren auf. Zumindest in unserer sog. zivilisierten Welt!
„Der Mensch ist, was er isst!“
(Ludwig Feuerbach)
Nicht, dass Sie mich nun falsch verstehen – andere Kultur, andere Sitten! Doch bin ich dafür, dass zumindest hierüber aufgeklärt und möglicher-weise diskutiert werden sollte. Im Westen ist der Hundemissbrauch, das Schlachten und der Handel mit Hundefleisch bei Strafandrohung lt. Tier-schutz- bzw. Lebensmittelgesetz verboten.
In China leben nach groben Schätzungen rund 130 Millionen Hunde. Ich hörte erstmals vom Hundefleischfestival im Radio, als so ganz nebenbei über die Traditionen der Sonnwendfeiern berichtet wurde. In der Stadt Yulin in der südchinesischen Provinz Guangxi werden jedes Jahr zur Sommer-Sonnenwende tausende Hunde und Katzen geschlachtet und verzehrt. Bei vielen erspart man sich gar das Schlachten: Sie werden bei lebendigem Leib wie ein Hummer gekocht. Ein grauenvolles Prozedere selbstverständlich für die Tiere selbst, aber auch für alle Tierfreunde und im Speziellen allen Katzen- und Hundeliebhabern.
Die Regierung in Peking distanziert sich inzwischen von diesem Festival in Yulin. In einer Verordnung vom Mai 2020 ist der Verkauf von Hunden oder Hundefleisch zum Verzehr gar verboten. Doch seien es private Organisatoren, die diese Veranstaltung ausrichten. Dennoch wird nichts Triftiges dagegen unternommen. Die Befürworter des blutrünstigen Spek-takels rechtfertigen dies mit dem Hinweis auf alte Traditionen. Ausser-dem mache es keinen Unterschied ob Hund, Katze, Schwein oder Rind.
Eine Tradition ist dieses Abschlachten beileibe nicht, kam doch die Unsitte vor erst 14 Jahren anno 2009 auf. Es war ein Marketing-Gag der Schlachtereien um das Geschäft anzukurbeln. Durchaus gelungen, resul-tierte das Ganze einerseits aus der Armut der Bevölkerung, die sich ansonsten kein Fleisch leisten konnte, als auch dem Aberglauben, dass der Verzehr von Hundefleisch Glück und besonders viel Kraft bringe. Meist werden die Tiere mit Keulen erschlagen, bei lebendigem Leib gehäutet, gekocht oder verbrannt. Dadurch wird Adrenalin freigesetzt, durch das sich viele Chinesen eine Potenzsteigerung erwarten. Das jedoch denkt sich alsdann ein Kannibale, der mit dem Verspeisen seines Kontrahenten auch dessen positiven Eigenschaften aufnehmen möchte. Für den Getöteten und anschliessend Verspeisten also perversester Weise durchaus als Ehre anzusehen.
Inzwischen jedoch hat sich in China sehr viel getan. Immer mehr Ein-wohner geniessen eine Schulbildung. Zudem sind deren Lebensumstände in den meisten Provinzen verbessert worden – die Armut gilt seit 2020 als staatlich abgeschafft. Damit können sich mehr Menschen Essen leisten (wenn auch nicht unbedingt regelmässig Fleisch) und bekommen in der Schule vermittelt, dass das Fleisch, das für den menschlichen Appetit gedacht ist, gewissen hygienischen Grundvoraussetzungen entsprechen muss, damit Mensch bei dessen Verzehr nicht selbst krank wird. Hunde oder Katzen, die in den Strassen der Stadt gefangen werden und dann tage- ja wochenlang in den winzigen Käfigen eingepfercht dahinvege-tieren, erfüllen diese gesundheitlichen Standards keineswegs. Viele sind krank – manche leiden an der für den Menschen ebenfalls gefährlichen Tollwut. Immerhin sterben in China jährlich nach wie vor rund 2000 Menschen an dieser gefährlichen Krankheit – weltweit ist es ein Todesfall alle zehn Minuten. Die zuvor erwähnte Verordnung wurde allerdings nicht aus Tierschutzgründen erlassen – die Regierung wollte dadurch verhindern, dass sich CoVID-19 auf diese Art weiterverbreitet, schliess-lich nahm die Pandemie auf einem Wildtiermarkt in Wuhan seinen Anfang. Verkauft wurde dies offiziell als „Geist der menschlichen Zivilisation“. Doch hielt sich niemand daran! Für Gesetzesbrecher drohte etwa in Shenzhen übrigens eine Strafe von 150.000 Yuan – allerdings zu Corona-zeiten. Seit dem Ausbruch der Pandemie sollte auch in China Schlachtvieh tierärztlich vor und nach der Schlachtung begutachtet werden. Doch sind die „Händler“ und Fürsprecher der Meinung, dass das Fleisch umso besser schmecke, je mehr diese armen Geschöpfe gequält werden.
In den anderen Regionen Chinas schaut man angewidert auf Guangxi. In grossen Teilen des riesigen Landes geht es vornehmlich darum, sich westlichen Sitten unterzuordnen. Manche sprechen von „zivilisiert“, doch stimmt das vielfach auch in der vermeintlich zivilisierten, westlichen Welt nicht. Die Regierung hat sogar ganz offiziell den Verzehr von Hunde-fleisch in Speiselokalen verboten. Alsdann ist es nicht auf den offiziellen Speisekarten zu finden – auf den inoffiziellen hingegen sehr wohl. Trotz-dem – bevor nun ein falscher Eindruck entsteht: Weniger als 20 % der Chinesen haben schon Hundefleisch gegessen – vornehmlich angeboten wird es in indonesischen oder koreanischen Lokalen. Mit Litschis und Likör.
Fairerweise sei erwähnt, dass Südkorea im November 2021 Hundefleisch verboten hat, obgleich es hier tatsächlich eine jahrhundertealte Tradition ist.
In China riskieren Tierschutzaktivisten, wie etwa Dr. Peter Li, der von Humane Society International unterstützt wird, jedes Jahr ihr Leben bei der Freilassung zuvor eingefangener Hunde und Katzen. Schliesslich sind die unter grauenvollsten Umständen zu Tode verurteilten Tiere das Kapital der Fänger und Händler. Sie kennen im Kampf um ihr Geschäft kein Pardon. Den wenigen befreiten Tieren stehen hunderte bzw. tausende gegenüber, die weniger Glück hatten. Sie werden vergiftet, zu Tode geschlagen oder bei lebendigem Leib gekocht oder gebraten. So können sie am Markt erstanden werden. Ein unvorstellbares Martyrium für die Vierbeiner, deren Haltung eigentlich ganz andere Zwecke erfüllen soll. Gemeinsam mit der Pekinger Organisation gegen Tierquälerei Duo Duo übergab Li alleine im Jahr 2016 elf Millionen Unterschriften von Menschen aus der ganzen Welt an die Regierung. Damals sagte die Stadtführung von Yulin zu, dem Treiben schon sehr bald ein Ende setzen zu wollen. Erste Erfolgsmeldungen gab es alsdann im folgenden Mai von den beiden Organisationen Duo Duo und Humane Society International, wonach verkündet wurde, dass es dieses ekelerregende Festival 2017 nicht mehr geben werde. Dennoch fand das Hundefleisch-Fest wie jedes Jahr erneut statt – auch heuer vom 21. bis 30. Juni. Die Behörden argumentieren damit, dass die Kontrolle der Einhaltung eines Verbotes nicht machbar wäre. Schon vor einigen Jahren wurde ein Übereinkommen zwischen Behörden und Händler getroffen, dass nicht mehr als zwei Hundekadaver pro Markt-Stand angeboten werden durften. Freilich hielt sich niemand daran. Weit mehr als 10.000 Tiere wurden auf das Grauen-vollste massakriert. Die Polizei war zwar vorort, hielt sich jedoch nach Angaben der Presseagentur AFP aus allem heraus. Nach unbestätigten Schätzungen werden jedes Jahr zehn Millionen Hunde und vier Millionen Katzen in China verspeist. Der Handel blüht, da die Gewinnspanne der Jäger enorm ist. Sie ziehen von Dorf zu Dorf und fangen die Hunde entweder ein oder schiessen sie mit Giftpfeilen ab. Das Fleisch wird dadurch jedoch in seiner Qualität stark beeinträchtigt, was allerdings in Kauf genommen wird. Der Diebstahl oder das Einsammeln der Vierbeiner auf der Strasse ist zwar verboten – dennoch gilt: Wo kein Kläger, da kein Richter. Wen also interessiert’s?!
Nahezu jedes Jahr treten im Reich der Mitte neue Varianten der Afrikanischen Schweinepest auf, die die Schweine- und Rinderindustrie sehr stark in Mitleidenschaft ziehen! Hunde- und Katzenfleisch ist wesentlich günstiger als Fleisch von normalem Schlachtvieh. Dennoch nimmt die Kritik langsam zu. Bei einer Kontrolle in einem Hof in Lu’an in der Provinz Anhui wurden vor noch gar nicht allzu langer Zeit sechs riesige Tanks entdeckt. Der Inhalt war grauenvoll: Mariniertes Hunde-fleisch – ganze 6,2 Tonnen! Ein ähnliches Ergebnis ergab eine weitere Razzia bei einem ebenfalls nicht-genehmigten Hundeschlachter in derselben Stadt. Dieser bot noch zusätzlich Schildkrötenfleisch und Fasane an.
Nicht nur das Hundefleisch ist heiss begehrt, auch die Häute bzw. das Fell der Vierbeiner wird verarbeitet: Zumeist als Leder für Schuhe, Handschuhe, Gürtel etc., die Felle als Sitzbezüge, Fussmatten und sonstiges. Besonders beliebt sind dabei Deutsche Doggen, Bernhardiner und Rottweiler. Sie werden zumeist bei lebendigem Leib auf Haken auf-gespiesst. Danach wird das Fell abgezogen und erst dann die Kehle durchgeschnitten. Pro Schlachtbetrieb rund 200 Tiere pro Tag.
Tierschützer gehen deshalb Jahr für Jahr nach Yulin um Tiere aufzukaufen und dadurch deren Leben zu retten. Tierschutzorganisationen warnen jedoch: Das treibt die Preise in die Höhe. Das Abschlachten wird also so lange weitergehen, bis der Lebendverkauf lukrativer wird. Doch wird diese Tortur für die Tiere auch dann bestehen bleiben, wenngleich sie das nicht mit einem qualvollen Tod bezahlen müssen.
Für mich ist es ein Greuel auch nur an den Verzehr von Hundefleisch zu denken. Unsere Hunde zählten für mich stets als Familienmitglieder – ebenso wie eine Katze. Somit kam ich auch nie in die Versuchung, es mal ausprobieren zu wollen, obgleich ich als Kind von der Existenz eines Hundeschlachters in meinem Bundesland erfuhr. Auch zu Zeiten des ersten Weltkrieges fand man diese Metzger in vielen Städten – etwa in München. Erst 2010 schob das Gesetz mit der Tierischen-Lebensmittel-Hygieneverordnung (Tier-LMHV § 22 Abs. 1a) in deutschen Landen einen Riegel vor. Obgleich noch 2013 in Wien ein Hundeschlachter sein Geschäft eröffnete, ist in Österreich dies ebenfalls inzwischen durch das Tierschutzgesetz (§ 6 Abs. 2) verboten. In der Schweiz soll so mancher Bauer grosse Stücke vom Hundefleisch halten! Hier untersagt die Verordnung des EDI über Lebensmittel tierischer Herkunft nur den „kommerziellen Verkehr; Gewinnung und Verzehr für den Eigengebrauch sind zulässig“! Übrigens hätte Roald Amudsen 1912 niemals den Südpol erreicht, hätte er nicht nach und nach seine Hunde aufgegessen.
Doch gebe ich auch dem eingangs zitierten Feuerbach durchaus recht: Der Mensch wird mit und durch seine Essgewohnheiten immer primitiver. Feuerbach war ein deutscher Philosoph, der sich vornehmlich mit seiner Religionskritik hervor tat.
Nicht zuletzt deshalb habe ich eine Online-Petition unterschrieben.
Sollten auch Sie dies in welcher Form auch immer machen wollen, dann suchen Sie sich bitte eine Organisation aus, die an das heimische Datenschutzrecht gebunden ist und somit bei Missbrauch der Daten belangt werden kann. Auch ich könnte beispielsweise eine Online-Petition zur doppelseitigen Verwendung von Papier starten und die Daten weiterverkaufen. Schliesslich laufen die meisten Online-Petitionen über US-amerikanische Rechner, die sich einen feuchten Dreck um heimisches Datenschutzrecht kümmern – und zudem gehen die Daten nach China! In ein Land, das für seine Hacker-Angriffe berüchtigt ist.
Abschliessend möchte ich einen Denkansatz der beiden Organisationen Peta und Verein gegen Tierfabriken nicht unerwähnt lassen: Beide verurteilen zwar das Hundefleischfestival von Yulin, betonen aber, dass auch bei uns Kühe, Schweine und Geflügel unter ebenso unerhörten Umständen gehalten und geschlachtet werden!
.) Hunde essen, Hunde lieben – Die Tabugeschichte des Hundeverzehrs und das erstaunliche Kapitel deutscher Hundeliebe; Rüdiger von Chamier; Tectum Verlag 2017
.) Wohlgeschmack und Widerwillen: Die Rätsel der Nahrungstabus; Marvin Harris; Klett-Cotta 1990
.) Hund und Mensch: die Geschichte einer Beziehung; Erhard Oeser; Primus Verlag 2004
.) Hunde – Menschen – Artefakte – Gedenkschrift für Gretel Galley; Hrsg.: B. Ramminger/H. Lasch; Studia honoraria Bd. 32 2012
.) Auf den Hund gekommen? Natur- und Kulturgeschichte des Hundes; Hrsg: Bianca Knoche/Alfred Hendricks; Westfälisches Museum f. Naturkunde 2001
.) Ethik des Essens. Einführung in die Gastrosophie; Harald Lemke; Akademie Verlag 2007
Man möchte es nicht glauben, doch kommt es so sicher wie das Amen im Gebet: Das Damoklesschwert des Government-Shutdowns in den USA! Bereits im Januar des laufenden Jahres hatte die noch-grösste Volks-wirtschaft der Welt die selbst auferlegte Schuldenobergrenze von 31,4 Billionen US-Dollar erreicht. Durch einige Notfall-Massnahmen des Finanzministeriums, zu welchen etwa auch das Aussetzen der Zahlungen in staatliche Pensionsfonds zählt, kann das öffentliche Leben weitergehen und die Biden-Regierung weiterarbeiten. Bis vorerst zum 5. Juni! Nach zähen Verhandlungen der regierenden Demokraten und der oppositio-nellen Republikaner konnte es 2023 jedoch vermieden werden – der Kongress stimmte einem Aussetzen der Grenze bis 2025 zu. Gar nicht so einfach, haben doch im Senat die Demokraten eine knappe Mehrheit, im Repräsentantenhaus die Republikaner. US-Präsident Biden hat sich aller-dings verpflichtet, vier Billionen einzusparen. Im kommenden Jahr wird ohnedies neu gewählt. Der Government-Shutdown hat sich inzwischen zum Politikum entwickelt. Doch – was steckt wirklich dahinter – ein geschichtlicher Rückblick mit Schwerpunkt auf den letzten Trump-Shut-down?
31.400.000.000.000 $ – eine unglaubliche Zahl, umgerechnet 29 Billionen Euro – bis zu dieser bisher geltenden Grenze können die USA Ausgaben machen – Zinsen alter Kredite tilgen, Personal bezahlen, Rüstungsgüter anschaffen, … Ist diese Grenze jedoch erreicht, muss der Kongress einer Erhöhung derselben zustimmen. Dies nutzt vornehmlich die Opposition um Forderungen als Sparmassnahmen durchzusetzen. Heuer sind es etwa Kürzungen im Gesundheitswesen bzw. bei den Sozialen Diensten. Stellt sich der Kongress quer, droht die Zahlungs-unfähigkeit des Staates. Dies kann gar soweit gehen, dass die Kredit-würdigkeit der USA herabgestuft wird – wie etwa 2011 bei der Haushalts-krise unter der Regierung Obamas. Unter der Regierung Trump wurde diese Grenze für zwei Jahre ausgesetzt – obwohl Trump ja mit dem Versprechen angetreten ist, die Schulden des Landes zu verkleinern. Ab August 2021 wurde die Schuldenobergrenze wieder auf 28,4 Billionen Dollar festgelegt.
Apropos Trump: Während seiner Regierung kam es zum längsten Shut-Down in der Geschichte der USA – 35 Tage! Die Demokraten blockierten Gelder für den Mauerbau, Trump verweigerte alsdann seine Unterschrift unter das Budget. Erst als Trump die Gelder aus dem Militärbudget abzog, willigten auch die Demokraten ein.
„We have to build the wall!“
(Donald Trump)
Das Weihnachtsfest 2018 war irgendwie anders als die Jahre zuvor. Zumindest in den USA! Seit mehreren Wochen wollte der US-Präsident Donald Trump seine Mauer zu Mexiko durchsetzen ind widersetzte sich. Für seine Parteikollegen nichts neues, vollzogen sie doch in regel-mässigen Abständen diesen Schritt unter demokratischer Präsidentschaft. Doch dieses Mal war die Ausgangssituation eine gänzlichst andere: Die Reps waren in der Regierung! Mr. Trump wollte damit – wie übrigens alle populistischen Regenten, gleichgültig ob rechts oder links – sein Monument durchsetzen. Das Lebenswerk, das ihn bleibend in die Geschichtsbücher hätte bringen sollen: The Wall! Ansonsten würde bei ihm wohl nur der kurze Vermerk zu lesen sein: Der höchstwahrscheinlich schrillste, konfuseste und unprofessionellste „Politiker“, der die Vereinigten Staaten in der Vergangenheit anführte. Mehr als fünf Milliarden sollte diese nicht überwindbare Mauer kosten. Er rechtfertigte den Gigantismus mit dem Kampf gegen den Terror. Es könnten unter den Illegalen auch Terroristen dabei sein. Dies aber wies der ehemalige Chef des nationalen Anti-Terror-Centers, Nick Rasmussen, in einem TV-Interview auf NBC zurück: Es sei höchst unwahrscheinlich. Sie gelangen normalerweise ganz legal mit Visa in die USA – und bleiben einfach dort – auch nach Ablauf des Visums. So beispielsweise auch die Attentäter von 9/11. Aus Mexiko kommend wurden im Jahr 2018 gerade mal 12 Personen wegen Terrorverdachtes festgenommen. Und die vielen Drogen aus Lateinamerika gelangen vornehmlich über die Häfen in’s Land. Wofür also diese Mauer???
Später zeigte sich Mr. President auch mit einer „Mauer“ aus Stahldraht zufrieden.
„Es wird eine Stahlgrenze werden, und das wird uns große Stärke verleihen.“
(Donald Trump)
Damit wollte er wohl die Stahlindustrie der USA ankurbeln – mit chinesischem Billigstahl würde sie höchstwahrscheinlich günstiger kommen. Fragt sich nur, weshalb Mr. Trump so lange auf die Mauer bestanden hatte, wenn die Stahlgrenze eine „große Stärke“ bringen würde. Die Demokraten – und schliesslich auch viele Republikaner – sprachen sich durchaus zurecht dagegen aus. Ebenso übrigens die Mehrheit der Bevölkerung, wie die unterschiedlichsten Umfragen immer wieder zeigen.
Viele der Leser dieser Zeilen werden sich wohl noch an den Eisernen Vor-hang erinnern können. Das Bollwerk des Kommunismus gegen den Satan, den Kapitalismus. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion errichteten alle verfügbaren Arbeitskräfte am 13. August 1961 in Berlin die Mauer und setzten damit den Anfang der Abschottung des Ostens vom Westen. An allen anderen Teilen des Ostens übrigens zumeist eine Demarkations-linie: Stacheldraht mit Tretminen, Selbstschuss-Anlagen, ständigen Patrouillen etc. Am 09. November 1989 riss schliesslich die Ostbe-völkerung selbst diesen Schutzwall nieder. Auch Donald Trump hätte damit den Kontinent Nordamerika mit Lateinamerika (Mittel- und Südamerika) geteilt. Zudem müssten viele Grundbesitzer zwangsent-eignet werden, da grosse Teile dieser Wall über deren Grundstücke verlaufen wären. Dabei ist ihm offenbar völlig gleichgültig gewesen, was die Anderen dazu meinten. Der bekannte Rapper Snoop Dog (80 Millionen Follower auf Instagram, 44 auf Facebook, 20,8 auf Twitter) etwa äusserte sich dazu:
„Wer Trump wählt, ist ein dummer Mother***!“
Im Speziellen hat es Snoop Dog dabei auf den partiellen Government-Shutdown abgesehen. Schliesslich werden hunderttausende Menschen, die ansonsten im Sold des Staates stehen, während dieser Haushalts-sperre nicht bezahlt. Sollten sie nach alledem nochmals Trump wählen, so seien sie „Mother***“, so der millionenschwere Musiker damals.
Shutdown bedeutet die Stilllegung der Mehrheit der Behörden und Ämter sowie sonstiger Einrichtungen, die im Bundesbesitz sind, wie etwa Museen, Sehenswürdigkeiten oder historischer Stätten, auch des Capitols. 380.000 Menschen wurden dadurch 2019 in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt. Etwa dieselbe Anzahl muss weiterarbeiten – allerdings vorerst unbezahlt! Erst nach einer politischen Einigung erhalten zweitere ihr Gehalt nachbezahlt. Und Trump hatte ja damals damit gedroht, dass dieser Shutdown noch monate-, ja sogar jahrelang hätte weitergehen können – sollte er seine Mauer nicht erhalten. Dabei gibt es eine solche Grenze ja bereits. 19.000 Meilen – grossteils befestigt – werden rund um die Uhr von der United States Border Patrol bewacht, damit keine illegalen Einwanderer die grüne Grenze passieren. 11.000 teils schwer bewaffnete Mitarbeiter zu Luft, Wasser und natürlich zu Land. Sie sind der Homeland Security unterstellt. Einer Behörde, mit der auch viele US-Amerikaner nichts zu tun haben möchten. Auch die Nationalgarde stand lange Zeit in einer Stärke von 6.000 Mann seit 2006 zur Sicherung an der Grenze.
Aber zurück zum Shutdown. Eine wahnwitzige Idee wird auf dem Rücken der Regierungsbeamten ausgetragen. Eine Journalistin befragte 2019 hierzu den US-Präsidenten, ob er denn die Lage der Beamten nachvoll-ziehen könne. Er antwortete:
„I can relate!“
Ob er’s tatsächlich konnte, darf jedoch bezweifelt werden. War er doch aufgrund seines Vaters bereits im Alter von acht Jahren Millionär. Viele der Zwangsbeurlaubten leben jedoch stets von einem Monatsgehalt auf das nächste, sind also wirtschaftlich davon abhängig. Immer mehr der 55.000 TSA-Sicherheitsbeamten an den Flughäfen des Landes melden sich beispielsweise krank, um mit Gelegenheitsjobs doch noch die Miete für den Monat bezahlen zu können. Sie sind für die Pass- und Gepäcks-kontrollen zuständig.
Und der letzte Shutdown kostet richtig viel Geld – zu einer mehr als ungünstigen Zeit. So kam die Konjunktur gerade wieder in’s Laufen, der Dow Jones hat sich alsdann eingependelt, das in Rambo-Manier getätigte wirtschaftliche Vorgehen Trumps gegenüber China und Europa wurde durch Verhandlungsmarathone der Biden-Regierung wieder halbwegs hergestellt. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s bezifferte den volks-wirtschaftlichen Schaden des bislang zweitlängsten Shutdowns im Jahr 2013 (16 Tage) mit rund 24 Milliarden US-Dollar. Zudem musste das Bruttoinlandsprodukt BIP aufgrund der ausgefallenen Arbeitstage um 0,6 % reduziert werden. Stehen die Ämter wie beispielsweise die Steuer-behörde IRS still, gibt es auch keine Genehmigungen, Aufträge, Auszahlungen für die Wirtschaft und Privatpersonen. 16.000 (von 19.000) Parkranger wurden zum Beispiel nach Hause geschickt – neben zahlreichen Verwüstungen gab es auch bereits drei Todesfälle, die möglicherweise hätten vermieden werden können. Somit kommt also nicht nur die öffentliche Verwaltung, sondern auch Teile der Wirtschaft zum Stillstand. Damit dürfte also der volkswirtschaftliche Schaden dieses 2019-Shutdowns bereits das Mehrfache dieser 5,6 Mauer-Milliarden aus-gemacht haben.
Shutdowns gab es in der Vergangenheit immer dann, wenn sich Senat, Repräsentantenhaus und der Präsident nicht über das Budget einig waren. Im Jahr 1884 wurde dieser „Antideficiency Act“ eingeführt. In den USA beginnt das neue Haushaltsjahr stets mit dem 1. Oktober. Bis zu diesem Termin muss der Kongress den Bundeshaushalt für das folgende Jahr beschliessen. Der Präsident besitzt jedoch ein aufschiebendes Vetorecht. Nur eine Zwei-Drittel-Mehrheit in beiden Kongresskammern kann dieses Veto überstimmen. Somit waren also auch die Republikaner und nicht nur Donald Trump für diesen Shutdown verantwortlich zu machen. Nachdem kein neues Haushaltsbewilligungsgesetz beschlossen wurde, kam es zum Shutdown. Ausgenommen sind von dieser Stilllegung seit dem Jahr 1982 nur jene Teile der Behörden, die für die Sicherheit von Menschenleben und dem Schutz von Eigentum zu sorgen haben (Polizei, FBI, Rettungsdienste, uniformiertes Militär, …). Alle anderen werden – sofern sie keine unerlässliche Position (essential service) in ihrer Abteilung haben, nach Hause geschickt. Die Abgeordneten des Kongresses werden hingegen weiterbezahlt (27. Verfassungszusatz – da sie für die Legis-laturperiode gewählt wurden und nicht vom Jahreshaushalt abhängig sind).
Seit dem Jahr 1976 gab es bis 2023 insgesamt 21 Shutdowns – vier davon für nur jeweils einen Tag. Während sechs Shutdowns unter den Präsi-denten Ford und Carter nur geringe Teile der Verwaltung betrafen, waren jene unter Reagan, Bush, Clinton, Obama und schliesslich Trump kom-plette Shutdowns. Den bislang längsten gab es unter Bill Clinton vom 16. Dezember 1995 bis zum 06. Januar 1996 – er ist nach jenem aus 2019 auf Platz zwei zurückgefallen. Der wohl kurioseste war jener von 20. bis 23. November 1981. Der republikanische Präsident Ronald Reagan hatte ein Sparbudget gefordert. Der Senat (republikanisch dominiert) kam diesem Wunsch nach, das von den Demokraten geführte Repräsentanten-haus jedoch nicht, da hier wesentlich höhere Kürzungen gefordert wurden. Der vorgelegte Kompromiss lag jedoch zwei Milliarden über den Vorstellungen Reagans, womit dieser seine Unterschrift verweigerte. Reagan hatte aber grundsätzlich Probleme: Mit Ausnahme der Jahre 1985, 1988 und 1989 gab es diesen Shutdown jährlich, in den Jahren 1982 und 1984 gar jeweils zweimal. Gleich dahinter folgt mit fünfmal Jimmy Carter. Diese Shutdowns sind gleichwohl interessant, schliesslich hatten die Demokraten in seiner Amtszeit die Mehrheit in beiden Häusern und stellten den Präsidenten. Es waren somit innerparteiliche Querelen, die auf diese Art ausgetragen wurden. Und dann Donald Trump mit dreimal – innerhalb nur eines Jahres!
Das US-amerikanische Budget beläuft sich bei den Ausgaben 2023 auf 1,7 Billionen US-Dollar. Mit 858 Milliarden erhält das Verteidigungs-ministerium den grössten Batzen, gefolgt mit 138 Milliarden vom Ministerium für Gesundheitspflege und Soziale Dienste, sowie mit 135 Milliarden vom Kriegsveteranenministerium.
Biden bot an, über die kommenden 10 Jahre das Haushaltsdefizit der USA um weitere 1 Billion Dollar zu reduzieren – zusätzlich zu seinem Ziel von 3 Billionen. Alsdann soll das Ausgabenniveau für zwei Jahre eingefroren werden. Ein Streitpunkt sind Steuern bzw. höhere Steuern für reiche und grosse Unternehmen – Biden will sie einführen, die Republikaner hingegen lehnen dies ab.
Zuletzt ein Überblick, wie viele Regierungsbeamte in welchen Ressorts aufgrund des Shutdowns 2018/19 in den unbezahlten Urlaub nach Hause geschickt wurden (Quelle: The Guardian):
Homeland Security – 13 % von 232.860 Angestellten
Justiz – 17 % von 114.154 Angestellten
Landwirtschaft – 40 % von 95.383 Angestellten
Finanz – 83 % von 87.267 Angestellten
Innen – 78 % von 68.469 Angestellten
Transport – 34 % von 54.230 Angestellten
Wirtschaft – 87 % von 47.896 Angestellten
Umweltschutz Agentur – 95 % von 13.872 Angestellten
Wohnungs- und Stadtentwicklung – 95 % von 7.497 Angestellten
Lesetipps:
.) The Antideficiency Act Answer Book; William G. Arnold; Berrett-Koehler Publishers 2009
.) Die Finanz- und Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten William Jefferson Clinton 1993–2001; Ludovic Roy; Tectum Verlag 2003
.) The Restless Giant. The United States from Watergate to Bush v. Gore; James T. Patterson; Oxford University Press 2007
.) Encyclopedia of the Clinton Presidency; Peter B. Levy; Greenwood 2001
Wissen Sie, was ich am Frühling so liebe? Einerseits zeigt sich die Natur in all ihrer Pracht, andererseits sind in den frühen Morgenstunden unzählige verschiedene Vogelstimmen zu hören. Das steigert die Laune und der neue Tag beginnt gleich schon mit dem gewissen Etwas! Doch – wie lange noch?
Erschreckende Ergebnisse liefert eine Studie von Stanislas Rigal (Université de Montpellier), veröffentlicht am 16. Mai im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“: Die Vogelvielfalt stirbt in dramatischem Ausmaß! Und – kaum zu glauben – der Klimawechsel trägt nicht die Hauptverantwortung dafür! Rigal wertete mit seinen Kollegen die Bestandsentwicklung von 170 Vogelarten von 1980 bis 2016 aus. Nicht nur für Frankreich – auf mehr als 20.000 Probeflächen in 28 europäischen Ländern. Die Zählungen wurden durch viele tausend Hobby-Vogelbeobachter durchgeführt, aber auch Ornitologen (also Hauptberufler) haben sich daran beteiligt. Es handelt sich somit um den bislang grössten Datensatz, der jemals in diesem Bereich ausgewertet wurde. Seit dem Ende des Beobachtungszeitraumes sind weitere sieben Jahre vergangen – die aktuelle Lage ist somit weitaus dramatischer.
Hier nun die harten Fakten: Im Beobachtungszeitraum verlor die EU nicht weniger als 600 Millionen Vögel – im Schnitt 40.000 pro Tag (Schätzungen für Deutschland gehen von rund 16 bis 20 Mio aus)! Eine der bekannteste Vogelarten darunter: Das Rebhuhn! Die vogelkundigen Wissenschafter beobachteten dabei eine tödliche Entwicklung: Die meisten Vögel sterben unter den Acker-, Feld- und Weidenvögel („Agrarvogelarten“ – Kiebitz, Rebhuhn, Feldlerche,…). Damit ist eindeutig erwiesen, dass die Intensivlandwirtschaft dafür verantwortlich zeichnet. Jene Menschen, die in entsprechenden Regionen leben, werden die ehemals bunte Vielfalt des Vogelgezwitschers hin zu wenigen einzelnen bereits bemerkt haben. Die Studie aus Frankreich spricht hierbei von einem Einbruch von ganzen 60, bei Rebhühnern und Kiebitzen gar von 90 %! Bei anderen Vogelarten liegt dies bei zirka 25 %.
Rigal legt anhand der Daten für das Vogelsterben eine Liste der Ursachen vor:
Intensivlandwirtschaft (mit dem Einsatz von Pestiziden und Düngemittel)
Verstädterung (Zerstörung des bisherigen Lebensraumes)
Abholzungen von Wäldern
Klimawandel (Temperaturanstieg)
Durch den ständig steigenden Einsatz von Pestiziden sterben die Insekten weg – für die Vögel gibt es keine Nahrung mehr. Dies zeigt sich v.a. in Dänemark und den Benelux-Staaten, aber auch in Deutschland und Österreich. Experten raten deshalb dringend zu einem Richtungswechsel in der Landwirtschaft – hin zu einer Extensivierung, da es für viele Arten (wie etwa dem Rebhuhn) bereits zu spät ist, auch wenn die Intensivlandwirtschaft in den kommenden Jahren leicht sinken würde. Nurmehr 6 % der Vogelarten weisen noch wachsende Populationen auf (Zahl: Birdlife).
„Unsere Ergebnisse quantifizieren damit nicht einfach nur Korrelationen: Sie offenbaren kausale Reaktionen – also Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge – von Vögeln auf Faktoren des globalen Wandels.“
(Studien-Co-Autor Vasilis Dakos)
Bis 2030 sollen 30 % der Land- und Meeresfläche unter Schutz gestellt werden. Darauf einigten sich, wie an dieser Stelle bereits berichtet, die 196 Mitgliedsländer des Weltnaturgipfels im Dezember. Viele Vogel- und Insektenarten wird dies nicht mehr helfen – sie werden aussterben.
Nach Angaben des NABU sind zwischen 1998 und 2009 alleine in Deutschland rund 15 % der Vogelbrutpaare (12,7 Mio) verschwunden (ähnliche Zahlen auch in Österreich). Neben den bereits angesprochenen Agrarvogelarten zählen hierzu leider auch Haussperling, Buch- und Grünfink, Goldammer und viele andere mehr – ja sogar der Star! Die Jungvögel werden von ihren Eltern vornehmlich mit proteinreichen Insekten gefüttert. Fehlt diese Nahrung und der Lebensraum, so werden auch weniger Jungvögel herangezogen.
„ Diese Studie zeigt, wie verheerend die fortschreitende Umwandlung ganzer Landschaften in homogene, intensiv bewirtschaftete Mono-kulturen ist, die für viele Arten – auch für den Menschen – wenig Raum lassen.“
(Guy Pe’er, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung)
Eine weitere Studie über 63 vornehmlich in Norddeutschland liegenden Naturschutzgebiete zeigte eine Abnahme der Fluginsekten in der Höhe von 76 % innerhalb von 27 Jahren. Risikofaktoren wie die Klimaänderung können für einen Rückgang in dieser Höhe nicht verantwortlich sein. Pestizide werden durch etwa den Wind von den benachbarten Flächen auch in diese Regionen verweht.
Hinzu kommen jedoch, neben den Pestiziden, auch weitere Faktoren: Durchgehende Ackerflächen (ohne Wiesen oder Windschutzstreifen), erhöhte Düngerzugabe und Mahdfrequenz, Monokulturen und Ent-wässerungen von Feuchtwiesen. Aber auch der Rückgang von Brach-wiesen schränkt den Lebensraum der Vögel enorm ein. So sank zwischen 1994 und 2011 die Brachlandfläche (und somit ein weiterer Lebensraum der Vögel) um rund 90 %: Unbestellte Ackerflächen oder Wiesen, die zur Erholung des Bodens brach liegen oder auch Feuchtwiesen. Dafür explodiert richtiggehend der Mais- und Raps-Anbau. Leider nicht wirklich förderlich für Insekten und Vögel, da hier Unmengen an Pestiziden und Herbiziden eingesetzt werden, die nichts mehr übrig lassen.
Allerdings darf hierbei nicht unerwähnt bleiben, dass viele der Singvögel in der Agrarlandschaft zur Gruppe der Zugvögeln zählen, etwa die Nachtigall oder das Braunkehlchen. Sie werden bei ihrer langen Reise oftmals eingefangen und fallen somit der Jagd zum Opfer (1,2 Mio). Weitere Risiko-Faktoren für unsere gefiederten Freunde:
Hauskatzen (bis zu 100 Mio)
Glasscheiben (bis zu 115 Mio)
Strassenverkehr und Bahn (70 Mio)
Windkraftanlagen (100.000)
Auch die Mahdfrequenz ist in der Intensivlandwirtschaft mitverantwortlich für das Aussterben vieler Vogelarten, vornehmlich der Bodenbrüter wie das Braunkehlchen: Sie werden im wahrsten Sinne des Wortes nieder-gewalzt.
„Die Lerche – einen Vogel, der früher so häufig war, haben wir regelrecht aus unserer Lebensgemeinschaft herausgewirtschaftet.“
(Prof. Peter Berthold, ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfszell)
Die neue Mobilfunktechnologie 5G mit kurzwelligen Strahlen sollte nach einer Untersuchung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) keine Rolle spielen. Als Schäden an Bäumen und tote Bienenvölker in der Umgebung von Basisstationen beobachtet wurden, folgten entsprechende Unter-suchungen. Erkenntnis: Die Grenzwerte für den Menschen dürften auch bei Vögeln gelten. Elektromagnetische Strahlung beeinflusst allerdings den Orientierungssinn von Brieftauben.
Im Jahr 2021 wurden von den 259 regelmässig in Deutschland brütenden Vogelarten 43 Prozent auf die rote Artenschutzliste gesetzt. Demnächst beginnen die Verhandlungen über die zukünftige Förderpolitik der EU in der Landwirtschaft. Ob der Biodiversität dabei eine ihr entsprechende Rolle zukommen wird, bleibt abzuwarten. Experten fordern deshalb eine kleinräumige und biologische Landwirtschaft.
Doch kann auch jeder Einzelne Gartenbesitzer zum Überleben der Vögel beitragen:
„Wenn Sie einen lebendigen Garten haben wollen, dann fangen Sie bitte nicht an, Ordnung zu machen. Haben Sie Mut zur Wildnis! Lassen Sie die Brennnesseln einfach stehen, pflanzen Sie einheimische Beeren-sträucher, setzten Sie sich auf einen Stuhl und schauen zu!“
(Hans-Joachim Fünfstück, Landesbund für Vogelschutz)
Filmtipps:
.) Stilles Land – vom Verschwinden der Vögel; Dokumentation von Heiko de Groot
.) Unsere Vogelwelt; Dokumentation von Leander Khil
.) Den Wald aufs Feld holen – Agroforst in Bayern; Dokumentation des BR
Lesetipps:
.) Das leise Sterben; Martin Grassberger; Residenz Verlag 2019
.) Rettet die Vögel; Ursula Kopp; Bassermann 2021
.) Das unsichtbare Netz des Lebens; Martin Grassberger; Residenz Verlag 2021
.) Wanderer zwischen den Welten – Was Vögel in Städten erzählen; Caroline Ring; Berlin Verlag 2022
Der Kapitalismus – viele haben in der Vergangenheit und Gegenwart an ihm verdient, ihn verehrt und ihn als Gottheit in höhere Sphären gehoben! Sie sind jetzt die grossen Strippenzieher im Hintergrund und bestimmen, wohin der Hase läuft! Diejenigen, die nach wie vor gegen ihn anzukämpfen versuchen, dürften seit der Oktoberrevolution im Jahre 1917 in Russland etwas verpasst haben. Denn dort, wo jetzt Hammer und Sichel hochgehalten werden, regiert der Kapitalismus in Reinkultur. Wes-halb sind denn die Rubel der russischen Oligarchen vor der russischen Invasion in der Ukraine im Westen dermassen beliebt gewesen? Weshalb hat Fidel Castro sein Land dem Fremdenverkehr gegenüber öffnen müssen? Für die Ausbeuter, die sich einen Urlaub im Ausland leisten können. Weshalb droht Nordkorea seit Jahren mit der Atombombe, deren Finanzierung ohne die Erdöl-Millionen aus dem Iran gar nicht machbar wäre? Das treue Volk jedoch hungert sich zu Tode. Und die vielen Luxusvillen und -limousinen in China? Jene, die sich nach wie vor gegen den Kapitalismus verschliessen, sind realitätsfremd! Wirklich???
Denn – seit damals die Immobilienblase in den USA platzte und damit die schlimmste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten auslöste bzw. mit dem Beginn des Ukraine-Krieges – seit damals hat die immer wieder auf-tauchende Fratze einen Namen bekommen: Armut! Nichts also mit den kantigen Gesichtszügen eines Kommunisten. Durch die Finanzkrise und den Krieg in Europa wurde eines klar: Immer mehr schlittert auch der gutsituierte Mittelstand in den Abgrund. Familien mit Auto(s), Haus und etwas auf der hohen Kante werden von einem Tag auf den anderen zu Sozialhilfeempfängern. Den Spekulanten jedoch entlockt dies gerade mal ein müdes Lächeln. Hier zählt nur Gewinn, Gewinn und Gewinn in einer ständig steigenden Kurve. Denn: Gleichstand bedeutet Stillstand! Die Gier nach immer mehr wird immer grösser. Dabei kann auf das Schicksal Einzelner partout keine Rücksicht genommen werden – Kollateralschaden! Beginnt beim kleinen Fliessbandarbeiter, der wegrationalisiert wird, und endet beim mittleren Manager, der Zahlen nicht mehr erfüllen kann. Und die Banken spielen fleissig mit! Kein Wunder, ist doch damit sehr leicht Geld zu verdienen. Allerdings wird auch immer wieder so mancher Banker dabei erwischt, wie er hohe Beträge in Risiko-Anlagen investiert. Solange dies Rendite abwirft, ist er der Gefeierte, der Star unter den Anlegern, der potente Stier. Doch wenn auch hier die Blase platzt, ist der vorher Hoch-gelobte plötzlich der Buhmann, der Loser, der sich ständig bückende Bär! Doch mir stellt sich eine ganz andere Frage: Wie kann man Geld, das einem zur Verwahrung übertragen wird, in riskante Geschäfte investieren?! In einem der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Fall wurde in Frankfurt ein hochrangiger Banker von seinem Arbeitgeber gekündigt, da er sich geweigert hatte, solche Risiko-Geschäfte zu genehmigen. In mehreren Städten in Deutschland und Österreich wurde gar mit Steuergeldern spekuliert!
Die Occupy-Bewegung hat das erkannt und zum ersten grossen Protest aufgerufen. Mit „Occupy Wall Street“ wurde am 15. Oktober 2011 der weltweit grösste Protest in der Geschichte der Menschheit ausgelöst. Was anfänglich gegen die Banker und Spekulanten gerichtet war, setzte sich in Spanien fort und löste den Arabischen Frühling aus! Es war das erste wirkliche Aufbegehren „normaler Menschen“: Vom Studenten über den Lehrer bis hin zum Kleinunternehmer – ein buntes Sammelsurium aus allen Bevölkerungsschichten. Doch gebracht hat es leider rein gar nichts. Weder in den USA noch in den nordafrikanischen Staaten bzw. Ländern des Nahen Ostens! Nach wie vor wird spekuliert und gewettet, die alten Machthaber sind durch neue abgelöst worden, die zumeist nicht besser sind als ihre Vorgänger. Jetzt in der „Gierflation“ der Konzerne wird vielen bewusst: Die Menschen damals hatten vollkommen recht, doch wurden ihre Rufe nicht oder zu wenig gehört.
Und die Wetten laufen weiter und weiter! Moralische Grenzen? Negativ! Sogar auf das Ableben von Prominenten wird gewettet! Dies meinte ein ehemaliger hochrangiger Banker einer eidgenössischen Grossbank!
Bei solchen und ähnlichen Meldungen muss man sich ernsthaft fragen: Soll ich meine mühsam abgezwackten Cents noch länger auf der Bank ruhen lassen? Banken werden zu Wettbüros, ihre Investment-Abteilungen zu Buchmachern. Solange sich dabei die Reichen selbst die finanziellen Wasserköpfe einschlagen, ist dies zwar unmoralisch, jedoch geht es uns Normalos nichts an. Mischen allerdings auch die Banken selbst mit, dann geschehen solche Sachen wie bei den Lehman Brothers, der Hypo Real Estate oder Hypo Alpe Adria – ja auch wie bei Goldman Sachs!
Und die verantwortlichen Banker kassieren trotzdem Provisionen, die zumeist höher ausfallen als ihr ohnedies sehr mageres Jahres-Salär! Bei Erfolg – aber auch Misserfolg! Hier zumindest hat nun die Politik einen Riegel vorgeschoben. Die Provisionen dürfen eine gewisse Grenze nicht überschreiten, zudem müssen die Aufsichtsräte darüber in Kenntnis gesetzt werden! Und: Banker, die einen Bock geschossen haben, dürfen auch strafrechtlich verfolgt werden! Das gilt jedoch nicht für Konzern-manager, die sich derzeit den goldenen Reibach verdienen. Nur sehr langsam setzt sich Justizia in Bewegung und lässt prüfen, ob es bei diesen immens hohen Preissteigerungen zu Preisabsprachen oder gar Wucher – oh Verzeihung: Unverhältnismässigen Preissteigerungen – kam. Apropos Strafrecht: Es gab in längst vergessenen Zeiten mal den Ausdruck der „betrügerischen Krida“. Dies gilt aber selbstverständlich nur für die kleinen, niemals für die grossen Fische. Und apropos: Aufsichts-rat! Offenbar eine recht lustige Runde der unterschiedlichsten Wirt-schaftstiger, die sich über alles unterhalten, nicht jedoch über das, was sie eigentlich beaufsichtigen sollten. Wie sind ansonsten solche Milliardendebakel wie etwa bei der Crédit Suisse zu erklären? Aber – man muss diesen Damen und Herren Hochachtung zukommen lassen. Schliesslich sind sie offenbar dermassen wertvoll, dass sie zumeist in mehreren Aufsichtsräten sitzen. Somit können sie sich nicht wirklich um jede Kleinigkeit, wie beispielsweise die Investmentpraktiken oder Boni ihrer Manager kümmern! In vielen börsennotierten Unternehmen alsdann schlichtweg ein Oxymoron!
Möchten Sie als Kleinsparer nun gegen solche Vorgehensweisen protes-tieren und einen Bankenwechsel durchführen, so haben Sie sich in den Finger geschnitten. Konsumentenschützer betonen immer wieder, dass dies beim ersten Anlauf funktioniert hätte. Und das obwohl die Geld-institute sich Selbstregulierungsmassnahmen auferlegt haben, die aber allen Anscheins gescheitert sind. Deshalb hat vor einigen Jahren Brüssel eingegriffen. Eine Richtlinie sieht vor, dass sich hierum die neue Bank zu kümmern hat. Binnen 15 Tage (im Inland) muss ein solcher Wechsel vonstatten gehen. Zudem wird Kostentransparenz angestrebt, sodass jeder im Vorfeld genau über den Dschungel an Gebühren bescheid weiss.
In diesen Tagen jedoch geht ständig wieder das Volk auf die Strasse – logisch, können sich doch viele trotz Vollzeit-Arbeit das Leben mit der bereits erwähnten Gierflation, der Inflation und der ständig steigenden Kreditzinsen nicht mehr leisten. Damit stehen viele von Ihnen vor dem tatsächlichen Aus. Da ändert auch eine Lohnanpassung unter der Inflationsrate nichts mehr.
Aus Occupy wurde das Bündnis „Blockupy“. Seither stecken ganz andere Kaliber dahinter. Wollten sich damals Gewerkschaften, NGOs und auch Parteien noch nicht federführend den Protesten anschliessen, um nicht in den Dunstkreis linksradikaler Dauerprotestler zu gelangen, so haben sich schon vor Jahren 90 Organisationen (von Ver.di über Die Linkspartei bis hin zu Anti-Globalisierungs- und Tierschutzvereinigungen) zusammen-geschlossen und zum Protest aufgerufen. Täglich werden es mehr! Den Beginn machte damals eine Protestaktion von 20.000 Menschen im Bankenviertel Frankfurts. Ähnliche Proteste finden auch heute noch regelmässig statt. Sie werden ergänzt durch die Streikaktionen der Gewerkschaften. Übrigens: Damals reagierte das Frankfurter Rathaus ebenso wie die Kollegen in New York zuvor: Hektisch. Die Innenstadt wurde hermetisch abgesperrt, Kundgebungen verboten und Verhaftungen durchgeführt bzw. Platzverweise erteilt. Damit wurde die Mainmetropole weltweit zur Lachnummer, da die Abschlusskundgebung friedlich verlief. Klar – auch das Gegenteil hätte wohl der Fall sein können.
Man sollte meinen, dass die Verantwortlichen, gegen die sich diese Proteste richten, dazu gelernt hätten – doch gleicht es Don Quichotes Kampf gegen die Windmühlen. Frankfurt, ein Aushängeschild für den Kapitalismus? Für die Banken allemal! Dort und auch in den anderen Hochhäusern der Konzernzentralen sitzen jene, die mitverantwortlich sind für die derzeitige Situation: Immer mehr Rendite, immer mehr Macht! Während den Menschen nicht nur in den Krisenländern sondern auch hierzulande das Wasser bis zum Halse steht, bedienen sich v.a. die Energiekonzerne aus dem Staatssäckel wie kein anderer. Beispiel? Als die Strompreisbremse bekannt wurde, erhöhten noch viele Anbieter rasch die Preise, damit sie möglichst weit über der Grenze der Preisbremse zum Stehen kamen. Sie erhalten nämlich einen nicht unwesentlichen Teil davon aus der Steuergeldkasse.
Ein Mittel dagegen: Gewinnabschöpfung! Viele der geld- und machthungrigen CEOs dürften wohl gefehlt haben, als in der Schule die Begriffe „Moral“ und „Ethik“ besprochen wurden. Zurück zu den Hoch-risiko-Geschäften der Banken: Nach europäischem Gesetz sollen nun die riskanten Investment-Geschäfte in einem eigenen Tochterunternehmen der Banken geführt werden. Geht das den Bach runter, sollte davon nicht gleich das gesamte Geldinstitut betroffen sein.
Konnten vor der Pandemie und dem russischen Aggressionskrieg viele hierzulande mit dem Wort „Krise“ nichts anfangen, so ist dies so manchem inzwischen bewusst geworden, nicht nur jenen, die ihren Job dadurch verloren haben: Wenn Frau oder Mann von einem Tag auf den anderen nicht mehr weiss, wie die Rechnungen bezahlt werden sollen. Auch wenn solche Gusto-Stückerln wie der 55 Zoll Plasma-Bildschirm („Hartz IV-Volksempfänger“) nicht angeschafft wurden oder vielleicht die Erinnerungen an den letzten Urlaub vor fünf Jahren langsam verblassen! Doch sollte Blockupy durchaus unterstützt werden. Denn hier geht es um die Inhalte. Inhalte, die viele bereits aus ihrem Fokus verloren haben oder einfach damit nicht mehr umgehen können. Treffen kann es nämlich jeden von uns. Und dann fährt die grosse Walze einfach drüber – ohne Rücksicht auf Verluste.
Bei einigen Protestmärschen ist die Nervosität der Exekutive durchaus verständlich, mischen sich doch immer wieder gewaltbereite, haupt-berufliche Schlägertrupps von rechts und links (wie etwa der sog. „Schwarze Block“ der Autonomen Antifa) unter die ansonsten friedlichen Demonstranten. Die Organisatoren sollten sich deshalb klar im Vorfeld von diesen distanzieren und bei Problemen die Krawallmacher exponiert stehen lassen.
Auch in vielen anderen EU-Ländern sind dieselben Bilder zu sehen. Zwangsräumungen der Wohnungen, da die Menschen die Mieten oder Kredite nicht mehr bezahlen können, Pfändungen, steigende Privat-konkurse („Schuldenregulierungsverfahren“), …! Blockupy sollte also durchaus ernst genommen werden. Zumindest tun dies inzwischen nicht nur die Verwaltungsrichter.
Angesichts solcher Tatsachen bedarf es keines Kommunismuses oder Marxismuses, um gegen das Establishment aufzubegehren. Schliesslich könnte ich ja der Nächste auf der Liste sein. Und eventuell Erspartes ist schneller weg als man es sich versieht.
Doch zuletzt nochmals zurück zum eigentlichen Übel: Der Tatsache, dass Menschen mit ihrer Pension oder ihrem Lohn nicht leben können, auf öffentliche Zuschüsse angewiesen sind, während Konzerne und Banken vor lauter Überfluss nicht mehr wissen wohin mit der Kohle. So machte Elon Musk die lächerliche Summe von 44 Milliarden Dollar flüssig (ca. die Hälfte davon kam von Banken), um Twitter aufzukaufen und der Welt zu zeigen, wer der wirkliche Boss ist. Oder Investor Warren Buffet vor einigen Jahren mit seiner Übernahme des Ketchup-Giganten Heinz – läppische 23 Milliarden US-Dollar war ihm dies wert. Im selben Jahr übrigens hat er noch weitere 25 Unternehmen übernommen. Im Jahr darauf wurde NV Energy für schlappe 5,6 Milliarden in die Buffet-Familie eingegliedert. Einer der ganz Reichen, der nicht mehr weiss, was er noch zukaufen soll.
Schon seit Jahren übrigens Usus: Weltkonzerne erzielen rote Zahlen – in den USA ein gar dermassen grosses Minus, sodass sie staatlich subventioniert werden. Dadurch müssen sie weitaus weniger Steuern bezahlen. Die Gewinne jedoch werden in den Steuerparadiesen offshore gemacht. Heimische Banken dienen hierfür als „Buchungscenter“. In diesem Zusammenhang fielen auch drei Namen: Ein Möbelhaus aus Schweden, eine Suchmaschine und eine Kaffeehaus-Kette aus den USA. Letztere übrigens betreibt alleine in Grossbritannien unheimlich viele Filialen, die jedoch stets tiefrote Zahlen schreiben. Trotzdem kommen immer mehr Standorte hinzu! Im Vergleich: Diese zweitgrösste Gastro-Kette der Welt erzielt immer wieder nur auf britischen Inseln Umsätze in Milliarden-Höhe!
Andere stecken das Geld, das sie nicht brauchen in riskante Anlagen. Binnen kürzester Zeit kann hier viel Geld gewonnen, aber auch alles wieder verloren werden. Mit dem Wort „Hedging“ – also Risikoab-sicherungstaktiken – hat dies beileibe nichts zu tun. Hedgefonds sind meist an Offshore-Firmenplätzen zu finden. In einem Geflecht von Finanzstrategien und -instrumenten ist es selbst für Fachleute meist schwer, hier durchzublicken. Im Mittelpunkt stehen u.a. Derivate und Leerkäufe. Die Idee zu diesen Fonds hatte anno 1949 Alfred-Winslow Jones. Er verkaufte Aktien leer, um sie wenig später wieder zu einem geringeren Preis zurückzukaufen. Den Gewinn investierte er in sichere, steigende Aktien. Detaillierter möchte ich hier in die Sache gar nicht eintauchen. Wenn dies Privatpersonen mit ihrem eigenen Geld machen, sollte gemäss des Mottos „Selber schuld!“ niemand etwas dagegen haben. Auch wenn sie ihre nicht vorhandenen Rechte bei Verlustgeschäften vor Gericht einklagen wollen!!! Beteiligen sich jedoch Geldverwalter wie Banken, Finanzdienstleister, … daran, so ist dies moralisch mehr als verwerflich. Schliesslich wird hier das Geld der Sparer riskiert, die dies gar nicht beeinspruchen können. Es gilt: Wenn es der Sparer/Anleger wünscht – selbst schuld. Doch wird dabei auch mit dem Ersparten von Mindestrentnern gefeilscht. Und dies ist – nach meinem Rechtsver-ständnis – strafrechtlich auf das Härteste zu verfolgen und abzuurteilen. Denn schlussendlich hat der Sparer auch nichts davon, wenn Gewinne erzielt werden. Sein Geld arbeitet dann zwar (Lieblingssatz meines Bank-Kundenbetreuers) – doch leider nicht für ihn! Und wird er über seine Steuergelder sogar ein zweites Mal zur Kasse gebeten. Und Irgendwo in seinem Penthouse sitzt der Spekulant und verspielt das Geld, das tausende Kleinsparer ihr Leben lang zusammengetragen haben, während eines Augenzwinkerns!
Wenn der Winterschnupfen in den Heuschnupfen übergeht – dann ist es so weit: Frühling! Jawoll – ich freue mich immer auf diese Jahreszeit, wenn die Natur erwacht und sich in den schönsten Farben präsentiert, die Sonne intensiver und die Tage länger werden. Verrückt, was die Hormone mit einem anstellen! Wenn da allerdings nicht die Abgeschlafftheit und Müdigkeit wäre. Frühjahrsmüdigkeit! Was steckt eigentlich dahinter, wie kommt man damit klar und wie kann dagegen angegangen werden?
Normalerweise treten diese bei vielen narkoleptisch-gleichen Anfälle ab Mitte März bis Mitte April auf. Durch den langen und wechselhaften Winter in diesem Jahr hat sich dies aber etwas nach hinten verlagert. Rund 60 % der Frauen und 54 % der Männer sind von diesem Phänomen betroffen. Gekennzeichnet ist die Frühjahrsmüdigkeit durch Mattigkeit und verringerter Leistungsfähigkeit. Daneben kann es zu Kreislauf-problemen, Wetterfühligkeit, Schwindel und niedrigem Blutdruck sowie Kopfschmerzen kommen. Den Betroffenen fehlt der ansonsten durchaus vorhandene Antrieb.
Die Frühjahrsmüdigkeit ist noch nicht wirklich wissenschaftlich erklärbar. Klar ist, dass der Körper in der kalten Zeit des Jahres den Stoffwechsel und die Körpertemperatur auf Sparflamme senkt. In früheren Zeiten wurde die Frühjahrsmüdigkeit deshalb auf den Mangel an Vitaminen in den dunklen und kalten Wintermonaten zurückgeführt. Mediziner und Neuro-, sowie Chronobiologen gehen jedoch inzwischen davon aus, dass der Hormonhaushalt federführend dahintersteckt. Die steigenden Tem-peraturen, v.a. aber die komplett anderen Lichtverhältnisse im Vergleich zum ansonsten normalerweise düsteren Winter, regen die Produktion der Hormone an – vornehmlich des Serotonins. Dieser Botenstoff des Nerven-systems wird vornehmlich im Hypothalamus (eine sehr wichtige Hormon-drüse im Gehirn) aus der Aminosäure L-Tryptophan unter Einbindung einiger Enzyme und Mikronährstoffen als Cofaktoren gebildet. Auch Lunge, Milz und die Darmschleimhaut sind in geringem Ausmass an der Produktion des Serotonins beteiligt. Das Hormon regelt unsere Stimmung, aber auch den Schlaf-Wach-Rhythmus. Der Gegenspieler des Serotonins ist das von der Zirbeldrüse produzierte Schlafhormon Mela-tonin. Hinzu kommt, dass sich bei höheren Temperaturen die Blutgefässe erweitern, der Blutdruck sinkt, der Organismus wird müde.
Der Zustand kann ganz entscheidend durch die Zugabe von Vitamin D verbessert werden. Dieses wird eigentlich durch die Sonneneinstrahlung ausreichend produziert, doch sind die Menschen im Winter meist gut in wärmeschützende Kleidung eingelümmelt, sodass die Wintersonne hier nicht wirklich viel bewirken kann. Doch sollte man besser die kostenlose Sonne tanken, etwa durch viel Bewegung wie Sport oder Arbeit im Freien. 20 Minuten pro Tag im T-Shirt oder der Bluse bei direkter Sonnenein-strahlung dürften ausreichen. Wenn möglich ohne Sonnenbrille, da die Netzhaut des Auges für die Aufnahme des Sonnenlichtes immens wichtig ist. Ganz allgemein helfen vermehrte soziale Kontakte gegen Stimmungs-tiefs: Trommeln Sie öfters ihre Freunde zusammen und unternehmen Sie gemeinsam etwas. Daneben können alle Ratschläge zur Ankurbelung des Kreislaufs umgesetzt werden:
Mit bis zu zwei Liter genügend Flüssigkeit trinken (Wasser, Tee oder verdünnter Fruchtsaft)
Frisches Obst und Gemüse essen
Saunabesuche oder Wechselduschen
Zuhause öfters mal Durchlüften, damit der Körper genügend Sauerstoff erhält
Der ansonsten empfehlenswerte Mittagsschlaf hingegen ist grundlegend falsch. Hierdurch wird Serotonin ab- und Melantonin aufgebaut – sie werden noch matter. Ein Power-Nap hingegen wirkt Wunder.
Menschen mit einer Herz-Kreislaufschwäche, niedrigem Blutdruck oder Rheumaleiden aber auch wetterfühlige Patienten sind am meisten von der Frühjahrsmüdigkeit betroffen.
Sollten die Symptome nach vier Wochen jedoch nicht enden wollen, so sollte unbedingt ein Arzt Ihres Vertrauens aufgesucht werden. Schliesslich können viele ernst zu nehmende Krankheiten die etwa eine Schilddrüsenunterfunktion oder eine Depression, aber auch eine Schlafstörung dahinterstecken. Ferner möglicherweise ein Nährstoff-mangel im Energiestoffwechsel, der mit ganz einfachen Methoden bekämpft werden kann: Zu wenig der Mineralstoffe Magnesium, Calcium, Jod, Mangan und Kupfer, aber auch Vitamine B1, B2, B6, B12, C sowie Pantothensäure, Niacin und Biotin können zu Müdigkeit führen. Hier helfen Nahrungsergänzungsmittel – bitte aber auch in diesem Fall zuerst einen Arzt aufsuchen.
Zusätzlich können Sie Ihrem Immunsystem und dem Stoffwechsel einen richtiggehenden „Push durch biologischen Raketenantrieb“ geben – hier wusste sich bereits Grossmuttern mit ihrem Kräuterkästchen zu helfen: Die leider nach wie vor eher verschmähten Brennesseln und der Bärlauch kamen häufig als Tee oder Suppe auf den Tisch. Beim Sammeln des Bärlauchs aber ist Vorsicht geboten, da er recht häufig mit dem Maiglöckchen verwechselt wird, das giftig ist. Der Bärlauch ist an der Blattunterseite matt und besitzt eine hervortretende Mittelrippe. Sein typischer Geruch ist kein alleiniges Erkennungsmerkmal! Das Mai-glöckchen hingegen führt zu Atemnot, Herzrasen und schliesslich zum Herzstillstand. Auch mit dem „Aronstab“ wird Bärlauch häufig verwechselt – er ist zwar nicht giftig, doch sehr scharf und kann somit ein ganzes Gericht ungeniessbar machen.
Alsdann kennt auch die Homöopathie einigen Mittelchen, wie Arsenicum album (hergestellt aus dem hochgiftigen, weissen Arsenik), Phosphorus (der sog. „Lichtträger“ – ebenfalls als elementarer Stoff giftig, jedoch ausserordentlich wichtig für den Körper) oder Causticum Hahnemanni (frisch gebrannter Kalk, verarbeitet mit Kaliumdihydrogensulfat – stark ätzend) – für all jene, die darauf schwören. Die Dosis macht das Gift – alle drei Mittelchen sind stark verdünnt!
Kommen Sie gut durch den verspäteten Frühling und erfreuen Sie sich an der Pracht der Natur!!!
So sicher wie das Amen im Gebet erschallt jedes Jahr zweimal ein lauter Aufschrei in den Reihen der Verbraucher-/Konsumentenschützer: Zu Ostern und zu Weihnachten! Die Ursache sind nachgewiesene Verun–reinigungen der Schokolade-Osterhasen und -Nikoläuse durch Mineralöl-verbindungen. Ja – es gibt sie und Ja – diese sind gesundheitsschädlich! Doch, was viele nicht wissen: Diese Kontaminationen tauchen inzwischen auch in vielen anderen Nahrungsmitteln auf.
Im Jahre 2010 wurden erstmals Lebensmittel mit einer durch das Kantonale Labor Zürich entwickelten Analysemethode auf Verunreinigung von verpackten Lebensmitteln mit sog. „Mineral Oil Saturated Hydro-carbons“ (MOSH – gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe, rund 75-85 % der Belastungen) und „Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons“ (MOAH – aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe, zirka 15-25 %) hin untersucht. Unter MOSH und MOAH versteht der Experte Kohlenstoffketten mit meist weniger als 25 Kohlenstoffatomen und niedriger bis mittlerer Viskosität. MOAH besteht zudem aus einem bis vier Ringsystemen, die bis zu 97 % alkyliert sind. Das Analysesystem war bislang deshalb nicht möglich, da es sich um ein einkomplexes Gemisch handelt, das eine Quantifizierung als Summe aller Komponenten verlangt. Die ansonsten verwendete Gas-chromatographie liefert hierfür zu breite Signale („Unresolved Complex Mixture“ UCM bzw. „Chromatographischer Hügel“). Neben dieser Problemstellung kam noch ein ganz entscheidendes, weiteres hinzu: Der Übergang sog. „Polyolefin Oligomeric Saturated Hydrocarbons“ (POSH) aus Polyethylen- bzw. Polypropylen-Folien. Auch dies ist von den MOSHs und MOAHs nur sehr schwer zu trennen. Für eine Analyse muss deshalb eine online-gekoppelte Flüssigchromatographie-Gaschromatographie-Flammenionisationsdetektion („LG-GC-FID“) durchgeführt werden, auf die ich in diesem Text nicht im Detail eingehen möchte.
Das Ergebnis 2010 war mehr als ernüchternd: Diese beiden Verbindungen wurden damals vornehmlich in langlebigen und trockenen Lebensmitteln wie Mehl, Griess, Semmelbröseln, Reis, Cerealien und Nudeln, später auch in Olivenöl und v.a. Schokolade nachgewiesen, die irgendwann während der Produktion oder auf dem Weg zum Konsumenten in Recycling-Material oder Naturfaser-Säcken verpackt waren. Also Kartonver-packungen, Lager- und Transportkartons und -säcken, … Die eidge-nössischen Forscher gingen der Sache auf den Grund und konnten einen Zusammenhang zwischen Verpackung und Kontamination herstellen: Verantwortlich dafür scheinen bei den Kartonagen die Zeitungs-druckfarben des Altpapiers in der Recyclingkette bzw. die Klebstoffe. Beide sind zumeist mineralölhaltig. Zu diesem Ergebnis kam auch eine sofort durch das deutsche Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Auftrag gegebene Studie: Ein Übergang von Stoffgemischen aus kurz-, mittel- bis langkettigen und akkumulierten aromatischen Kohlenwasserstoffen (MOSH/MOAH) kann durch die unterschiedlichsten Einflussfaktoren – meist jedoch durch Verdampfung – nicht ausgeschlossen werden!
Die Verpackungsindustrie jedenfalls reagierte recht schnell. Die Karto-nagenproduktion wurde verbessert, der Anteil der Frischfaser-Kartonagen stieg ständig. Am 01. Juli 2013 startete zudem der Bundes-verband der Deutschen Süsswarenindustrie (BDSI) eine über drei Jahre andauernde Langzeit-Studie mit dem Ziel der Reduzierung der Kontamination. Im selben Jahr belegte eine Studie der TU Dresden eine deutliche Verbesserung der Kontaminationen durch Kartonverpackungen, zwei Jahre später bestätigten dies zudem die Lebensmittelüberwachung und die Untersuchungen verschiedener Markttester, wie auch Foodwatch. Belastungen waren in der Verpackung kaum mehr wahrnehmbar, da in der Endverpackung der Ware nahezu ausschliesslich Frischfaser-Karton verwendet wurde. Interessante Daten lieferten Untersuchungen, wonach die Ware vor dem Abtransport nahezu unbelastet war, nach dem Transport jedoch Belastungswerte aufwies. Es muss also noch andere Ubertragungswege geben. Eine Möglichkeit besteht in die Verwendung von imprägnierten Jute- und Sisalsäcken. Eine andere in den Transport-kartonagen, die zumeist für den Einmal-Gebrauch nach wie vor aus dem Recyclingkreislauf gewonnen werden.
Nachdem im Gesetzesentwurf zur Mineralölverordnung Grenzwerte definiert wurden, hält sich die Verpackungsindustrie an das sog. „ALARA-Prinzip“ – die Minimierung am technisch Machbaren. Das wären 2 mg/kg MOSH und 0,5 mg/kg MOAH. Hintergrundinfo: Deutsche Zeitungs- und Zeitschriftenverlagshäuser verwenden jährlich rund 70.000 to Mineralöl für den Druck ihrer Medienprodukte. Dies könnte recht einfach durch Pflanzenöle ersetzt werden, betont die Verpackungsindustrie. Das Problem jedoch besteht in der sog. „Wegschlaggeschwindigkeit der Druckfarben“, die zu einer Farbverunreinigung der Druckwalzen führt. Diese müssten mehrmals als bisher gereinigt werden, was gerade bei Grossauflagen mehr als ärgerlich ist. Auch können bestimmte Qualitäts-standards nicht mehr eingehalten werden.
Inzwischen aber wurde alsdann eine zweite Möglichkeit in Erwägung gezogen: Auch Schmierstoffe in der Primärproduktion können zu der-artigen Verunreinigungen führen. So kann bereits während der Ernte oder der Produktion das Produkt in Kontakt mit Schmier-, Hydraulik- oder Schneidöl bzw. Trägerstoffen für Pestizide gekommen sein. Auch Verbrennungsabgase (Benzinmotor, Industrieanlagen, …) oder Reifen- bzw. Bremsabrieb (Feinstaub) kann dafür verantwortlich zeichnen. Ferner müssen Waldbrände etwa beim Soja aus Brasilien oder Palmöl aus Indonesien bzw. den Philippinen mit einberechnet werden.
Zwar gehören diese Kontaminationen nicht in die Lebensmittel, doch gibt das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bzw. auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Entwarnung: Werden die entsprechenden Produkte nicht massenweise verzehrt, so sollten sich diese Stoffe nicht wirklich gesundheitsschädigend auswirken. Das übliche Problem in Deutschland und Österreich: MOAH und MOSH wurden noch nicht ausreichend toxikologisch bewertet und somit eine mögliche krebserzeugende Wirkung nicht ausreichend nachgewiesen. Deshalb gelten die damit belasteten Lebensmittel als unbedenklich und für den Verkauf freigegeben. Beide Komponenten werden nicht ausge-schieden, sondern reichern sich im Körperfett des Menschen an. Ablagerungen der Stoffe können in der Leber, den Herzklappen und den Lymphknoten zu Fehlfunktionen führen. Damit verlieren Grenzwerte eigentlich ihre Bedeutung: Wird viel und regelmässig von solch konta-minierten Lebensmitteln bzw. unterschiedlichen Produkten verzehrt, die gleichermassen belastet sind, wird auch mehr abgelagert. Da mag der Grenzwert auf 100 g als eher sinnlos erscheinen.
Na? Hätten Sie das erwartet, was da so alles in unseren Lebensmitteln schlummert? Und das ist noch lange nicht alles: Neben den bereits erwähnten Verunreinigungen können auch weitere Mineralöl-raffinationsprodukte („Mineral Oil Refined Products“ MORE) und Poly-alphaolefine (PAO) enthalten sein. Und dies sind nur die chemischen Kontaminationen. Von den biologischen ganz zu schweigen – aber das ist wieder ein ganz anderes Thema!
An dieser Stelle habe ich bereits über das gefährliche Auftauen der Permafrost-Regionen in Kanada und Russland berichtet. Dabei handelt es sich vornehmlich um Moor- und Sumpflandschaften, die nach der letzten Eiszeit nicht mehr wieder aufgetaut sind.
Als die Eispanzer geschmolzen sind, wurden auf den nicht gar so kalten Kontinenten gewaltige Mengen von Wasser freigesetzt. Nicht alles wurde in die Meere gespült oder versickerte, vieles verdunstete und kam als Niederschlag wieder zurück. Dadurch stieg der Grundwasserspiegel sehr rasch an, wodurch viele Senken und Täler überflutet wurden. Die Natur reagierte – feuchtigkeitsliebende Pflanzen siedelten sich an und über-zogen ganze Landschaften. Mancherorts allerdings konnten aufgrund des Wasserstandes die abgestorbenen Pflanzen nicht mehr abgebaut werden – es bildeten sich Moore. Die meisten davon dürfte es vor rund 12.000 Jahren gegeben haben. Soweit zum geschichtlichen Hintergrund.
Wie eine solche Moorlandschaft entsteht, erklärt uns die Biologie. Mehrere Faktoren müssen vorhanden sein, damit es zu einer solchen Laune der Natur kommen kann:
Eine wasserstauende Schicht im Boden verhindert das weitere Versickern des Wassers
In der Region muss ein starkes Niederschlagsaufkommen vorherrschen, wodurch auch eine hohe Luftfeuchtigkeit gegeben ist
Der Pflanzenwuchs übertrifft die Zersetzung abgestorbenen Materials
Das Gebiet darf nicht beschattet sein
Im Moor selbst herrscht aufgrund der ständigen Regenfälle nicht nur eine ständige Wassersättigung, sondern auch ein konstanter Sauerstoff-mangel. Dadurch können die Pflanzenreste nicht richtig zersetzt werden – der Abbau erfolgt unvollständig und wird als Torf abgelagert. Hierin besteht der Unterschied zu Sümpfen: Dort wird die Biomasse durch die regelmässigen Austrocknungen vollständig zu Humus umgesetzt. Die oberste Schicht des Moores besteht aus lebenden Pflanzen. Hier ist der Grossteil des Wassers gespeichert – je tiefer man kommt, umso mehr und dichter werden die Torfschichten. Für den Aufbau einer rund 10 m hohen Torfschicht benötigt ein lebendes Moor in etwa 10.000 Jahre. Den untersten, wasserundurchlässigen Bereich eines Moores bildet eine hart verdichtete Sandschicht. Der Experte spricht hierbei von „Seetonen“.
Vor 12.000 Jahren überzogen Moore noch rund 4,2 % der Landfläche Deutschlands (rund 1,5 Mio Hektar). Davon blieben jedoch gerade mal 1,28 Mio Hektar (3,6 % der Landfläche) übrig. Die meisten Hochmoore findet man heute noch in Niedersachsen. In Österreich sind es gegen-wärtig 26.600 Hektar in 3.000 Moorflächen, 192 Hektar in hochalpinem Gelände (Studie im Auftrag des WWF). Auch hier wurden knapp 90 % zerstört. Die Schweiz listet 24.000 Hektar (0,6 % der Landfläche) als Moorlandschaft auf.
Grundlegend wird zwischen drei unterschiedlichen Moorarten unter-schieden:
.) Das Hochmoor
Hochmoore entstehen zumeist in kühlen und feuchten Gebieten. Sie nähren sich vornehmlich aus den Niederschlägen („Regenwassermoor“). Oftmals haben sie sich aus Niedermooren entwickelt oder wuchsen direkt auf mineralischen Untergrund auf. Typisch für Hochmoore sind die Torfmoose (Sphagnum), die schwammartig das Wasser speichern. Ein Hochmoor produziert im Schnitt acht Tonnen Pflanzenmasse pro Hektar und Jahr. Durch die stete Ablagerung von Torf wächst das Moor ständig in die Höhe. Der pH-Wert ist sehr niedrig. Aus diesem Grunde siedeln sich auch nur darauf spezialisierte Pflanzen- und Tierarten an.
.) Das Niedermoor
Niedermoore sind grundwassergenährte Landschaften in Senken, Mulden, Flussniederungen, verlandete Seen oder Quellwasseraustritten. Diese Moore benötigen die Wasserzufuhr nicht nur durch Niederschläge, sondern auch durch Grund- oder Quellwasser. Die Torfschicht am Boden ist zumeist dünn, da diese Moore ab und an zumindest teilweise trocken-fallen, da es an das nährstoffreiche Grundwasser gebunden ist. Hierdurch steigt das Moor auch nicht in die Höhe an, es verbleibt in Höhe des Grundwasserspiegels. Niedermoore sind wahre Nährstoffoasen, weshalb sich hier auch die meisten Pflanzen- und Tierarten finden. Ein Nieder-moor produziert pro Hektar und Jahr rund 16 Tonnen Pflanzenmasse. Der ph-Wert liegt zwischen 3,5 und 7,0.
.) Das Übergangsmoor
Entwickelt sich ein Nieder- zum Hochmoor, so bezeichnet dies der Experte als Übergangs- oder auch Zwischenmoor. Es bezieht das Wasser sowohl aus dem Grundwasser als auch den Niederschlägen. Sofern genügend Regenfälle vorhanden sind, entwickelt sich das Nieder- zum Hochmoor.
Hydrologisch gibt es noch weitere Unterteilungen in etwa Quell-, Hang-, Versumpfungs-, Verlandungsmoore etc., ökologisch in bespielsweise Sauerarm-, Sauerzwischen-, Basenzwischenmoor etc.
Die Pflanzen- und Tierwelt in Moorlandschaften ist einzigartig, da es sich um wahre Spezialisten handelt, die mit teils widrigsten Lebensumständen zurecht kommen müssen.
Torfmoose (Sphagnum)
Wie bereits beschrieben, haben diese Moose eine ganz entscheidende Bedeutung beim Übergang der Nieder- auf Hochmoore. Sie benötigen nur ganz wenige Nährstoffe und kommen mit den extremen Verhältnissen perfekt zurecht. Torfmoose geben Wasserstoffionen ab. Dies steigert den Säuregehalt, wodurch andere Pflanzenarten nicht mehr wachsen können. Während die lebende Schicht nach oben wächst, stirbt die untere Schicht aufgrund des Sauerstoffmangels und sinkt auf den Boden ab, wodurch der Torf entsteht.
Moor-Birke (Betula pubescens)
Die Moor- oder auch Haar-Birke gibt der Moorlandschaft zumeist ihr typisches Bild. Sie passt sich sehr rasch den Verhältnissen an. Zu finden aber ist sie meist in Moorwäldern oder den trockenen Bereichen der Hochmoore.
Rosmarinheide (Andromeda polifolia)
Die Rosmarinheide ist vornehmlich auf stickstoffarmen Böden der Hoch- bzw. Heidemoore zu finden. Die Nährstoffe und das Wasser bezieht sie aus einer Symbiose mit den Mykorrhizapilzen, die sich an den Wurzeln der Rosmarinheide ansiedeln. Diese erhalten im Gegenzug die Assimilate aus der Photosynthese.
Sonnentau (Drosera rotundifolia)
Diese Pflanze zählt wie rund 130 andere Arten auch zur Familie der Droseraceae – den fleischfressenden Pflanzen. Sie deckt ihren Stickstoff-bedarf durch das Fangen und Verdauen von Insekten. Der Sonnentau verwendet dafür eine der klebrigsten Substanzen der Pflanzenwelt.
Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata)
Hier haben wir es mit einer wahrhaftigen Orchidee zu tun. Auch das Gefleckte Knabenkraut benötigt die Symbiose mit speziellen Wurzel-pilzen. Den Namen hat sie von den runden Flecken auf der Blattoberseite. Die Blüten sind rosa bis violett und zwischen Mai und August zu bewundern. Die Pflanze wird bis zu 60 cm hoch, sie liebt leicht sauren Magerrasen oder lichte Wälder. Das Gefleckte Knabenkraut steht unter strengem Artenschutz.
Ausserdem zu finden sind: Das Wollgras (Eriophorum vaginatum), die Rauschbeere (Vaccinium uliginosum), die Gewöhnliche Moosbeere (Vaccinium oxycoccos, syn. Oxycoccus palustris Pers.), der Sumpf-Bärlapp (Lycopodiella inundata), die Besenheide (Calluna vulgaris), die Glockenheide (Erica tetralix) uvam.
Die grösste Gefahr für die Moore stellt die Trockenlegung dar. Ganze Landstriche wurden in der Vergangenheit ausgetrocknet. Immer wieder entstehen deshalb Torfbrände. Vornehmlich die Landwirtschaft zerstört die grössten Flächen für die Landgewinnung, gefolgt von der Forst-wirtschaft. Aber auch die Industrie greift mit vollen Händen ein: Verrichteten früher die Torfstecher diese Arbeit, so wird in der Gegenwart der Torf maschinell abgebaut um dadurch wichtige Substrate für den Gartenbau zu gewinnen.
Moore sind einzigartige Ökosysteme, die nicht nur für viele bedrohte Pflanzen- und Tierarten das für sie so wichtige Rückzugsgebiet darstellt. Als Wasserrückhalteflächen haben Moore zudem eine enorm wichtige Bedeutung für den Wasserhaushalt dieser Gebiete. Verschwindet das Moor, sinkt auch der Grundwasserspiegel ab, da Niederschläge nicht mehr gespeichert werden und zumeist oberflächig abfliessen. Und zudem speichern Moorlandschaften enorme Mengen an Kohlenstoff (nahezu doppelt so viel wie die Wälder weltweit). Dadurch wird weniger des Treibhausgases CO2 abgegeben. Wird nur ein Hektar Moorlandschaft zerstört, so setzt dies soviel Kohlendioxid frei wie bei einer 4,5 maligen Erdumrundung eine PKWs mit Verbrennungsmotor. Das Moor wirkt somit als entscheidender Faktor gegen die Klimaerwärmung.
„Losgelöst von einer internationalen Moor-Lösung droht die Wirkung jedoch zu verpuffen und Probleme wie den großflächigen Torfabbau nur überregional zu verschieben.“
(Agnes Zauner, Global 2000-Geschäftsführerin Österreich)
Am 2. Februar wird der „World Wetlands Day“ (Tag der Feuchtgebiete) gefeiert. An diesem Tag soll auf die Bedeutung der Moore hingewiesen werden. Schliesslich spüren wir es inzwischen unmittelbar aufgrund der ausbleibenden Regenfällen im Sommer. Die Wasserknappheit ist alsdann einmal mehr durch den Menschen verursacht. Der Schutz der wichtigen Moore ist auch in der Alpenkonvention bzw. der „Moorstrategie Öster-reich 2030+“ niedergeschrieben. Das Ziel stellt eine „Wiedervernässung“ ehemaliger Moorflächen dar. Erste Erfolge konnten auch bereits vorgewiesen werden: So wurde im Naturschutzgebiet Weisser Graben in Niedersachsen durch den NABU und die Volkswagen Leasing GmbH das Lichtenmoor wiedervernässt. Weitere Projekte stehen in den Moor-landschaften Nordrhein-Westfalens oder auch dem sog. „Theikenmeer“ mit dem angrenzenden Hochmoor „Wehmer Dose“ auf dem Hümmling in Niedersachsen an – beide Regionen zählen zu den ältesten bzw. schönsten Naturschutzgebieten Deutschlands.
Filmtipps:
.) Magie der Moore; Jan Haft 2015
.) Planet Wissen „Faszination Moor“
.) Planet Wissen „Moore und der Klimawandel“
.) Planet Wissen „Das Moor – Kulturlandschaft und Klimafaktor“
Lesetipps:
.) Deutschlands Moore: Ihr Schicksal in unserer Kulturlandschaft; Michael Succow, Lebrecht Jeschke; Natur & Text 2022
.) Moore in der Landschaft: Entstehung, Haushalt, Lebewelt, Verbreitung, Nutzung und Erhaltung der Moore; M. Succow, L. Jeschke; Urania 1990
.) Landschaftsökologische Moorkunde; M. Succow u. a.; Schweizer-bart’sche Verlagsbuchhandlung 2001
.) Auen, Moore, Feuchtwiesen; Gefährdung und Schutz von Feucht-gebieten; Gabriele Colditz; Birkhäuser Verlag 1994
.) Moor- und Torfkunde; Karlhans Göttlich; E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung
.) Botanisch-Geologische Moorkunde; Fritz Overbeck; Wachholtz, Neu-münster 1975
.) Sümpfe und Moore – Biotope erkennen, bestimmen, schützen; Hrsg.: Claus-Peter Hutter; Weitbrecht Verlag 1997
.) Altes Naturheilmittel Moor – Neues Wissen für die praktische Anwendung; Christa Klickermann, Petra Wenzel; Klickermann 2003
Werte Leser dieser meiner Zeilen – gleich zu Beginn muss ich mich heute outen: Ich werde mir weder das Finale am 13. Mai in Liverpool, noch eines der Semifinali des ESC 2023 anschauen! Der European Songcontest interessiert mich schlichtweg überhaupt nicht. Anstatt dessen habe ich mir die WM-Finalspiele der DFB-Auswahl seit 1954 besorgt, Bier wird eingekühlt und Snacks angerichtet. Da mache ich keinen Hehl daraus und werde es in den kommenden Sätzen etwas präzisieren!
Vorweg einige allgemeine Informationen. Im Jahr 1954 gründeten die staatlichen Rundfunkanstalten der westeuropäischen Länder in Genf die European Broadcasting Union EBU. Mit ihrer Hilfe sollte ein Austausch von Rundfunk- und Fernsehprogrammen über die Grenzen hinweg wesentlich erleichtert werden. Dafür wurde später ein eigener Satellitenkanal (Eurovision News EVN) eingerichtet. Die Premiere machte am 6. Juni 1954 das Narzissenfest von Montreux. Ein Jahr darauf wurden hunderttausende Zuschauer (der Fernseher war damals noch ein Luxusgut!) Zeugen des wohl tragischsten Unfalls in der Geschichte des Motorsport: Beim 24-h-Rennen von Le Mans starben 84 Menschen. Seit 1959 wird zudem jeweils am 01. Januar das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker sowie am Ostersonntag der päpstliche Ostersegen via EBU ausgestrahlt uvam. Das Pendant zur Eurovision war in den osteuropäischen Staaten die Intervision.
Die EBU startete dann im Jahre 1956 mit dem Grand Prix d’Eurovision de la Chanson aus Lugano und sieben Teilnehmern; dem ersten grenz-überschreitenden Musikwettstreit der Länder – live im Fernsehen. Die Strassen waren leergefegt – wer einen Fernseher zuhause hatte, verbrachte den Abend vor der Glotze, die anderen bei Ihren Verwandten oder Nachbarn, die einen Flimmerkasten besassen. Als Vorbild diente das San Remo Festival. Bereits ein Jahr später (in Frankfurt/Main) entsendete jeder Mitgliedsstaat der EBU einen Vertreter in das Starterfeld – San Remo war plötzlich vergessen. Seit 1958 wird nun die Folgeveranstaltung im Land des Siegers abgehalten. Das Interessante daran war, dass jedes Land mit dem entsprechenden Lied etwas eigene Kultur vermitteln konnte. Zudem wurde in der landeseigenen Sprache gesungen (bis 1999), was dem Ganzen noch weitaus mehr an Flair brachte. Nur die Schweiz konnte es sich aussuchen, ob der Beitrag auf deutsch, italienisch oder französisch präsentiert wurde. Die Musik kam nicht etwa vom Band sondern vielmehr live aus dem Orchestergraben, dirigiert zumeist vom Chefdirigenten des entsprechenden Starters. Nicht weniger als 150 Millionen Zuschauer verfolgten dort die Geburtsstunde von Gassen-hauern, die nach der Sendung in ganz Europa gesummt, gepfiffen oder auch gesungen wurden: „Waterloo“, „Nel blu dipinto di blu (Volare)“, „Merci cherie“, „Hallelujah“ oder auch „Ding-a-dong“, „Congratulations“ und „Poupée de cire, poupée de son“; Weltkarrieren wie jene von Abba, Johnny Logan, Lys Assia, Brotherhood of Man, Celine Dion, Toto Cutugno wurden begründet.
Dann öffnete sich der Eiserne Vorhang, die EBU wurde durch die ehe-maligen Ostblock-Staaten erweitert – es hielt die Politik Einzug in den Wettkampf. Bewertet wurde nicht mehr der beste Song, die meisten Punkte erhielten die Nachbarländer – völlig egal, ob der Titel gut oder schlecht performed wurde. So kam es, dass plötzlich die One Hits Wonder auftauchten – Künstler, die durch eine solche Strategie auf’s Podest gehoben wurden, von welchen aber auch nach dem nun als Eurovision Song Contest (ab 1992) bezeichneten musikalischen Wettstreit auch nie mehr wieder etwas zu hören war. Im Vorfeld des ESC 2015 in Österreich wurde u.a. der ehemalige Starter des ESC 2002, Manuel Ortega, inter-viewt. Er wurde befragt, wer den Contest damals gewonnen hatte. Betretenes Schweigen – keine Antwort! Keine Schande – gewann doch die Lettin Marie N. mit „I wanna“ vor Malta (Ira Losco „7th wonder“). Ist erst 21 Jahre her – doch kennt die noch Irgendwer? Nicht mal den britischen Beitrag, der gemeinsam mit Estland auf dem 3. Platz landete (Jessica Garlick „Comeback“) wird noch jemandem geläufig sein. Runter von der Bühne und schon aus dem Sinn! Einzig Loreen aus Schweden (Siegerin 2012 mit „Euphoria“) wird heute noch gespielt. Eine Up-Tempo-Nummer, die aus dem ehemaligen Chanson-GP nun auch endgültig einen der vielen Pop-Wettbewerbe machte.
Eine Ausnahme machte zudem ausgerechnet Lena Meyer-Landrut, die sich erstmals nicht über den normalen Weg qualifizierte. Sie gewann den ESC im Jahre 2010 mit „Satellite“. Danach folgten mit „My Cassette Player“ (Nr. 1 in Deutschland und Österreich), „Good News“ (Nr. 1 in D, Nr. 7 in Ö) sowie „Stardust“, „Crystal Sky“ und „Only Love.L“ (jeweils Nr. 2 in D, letzterer Nr. 4 in Ö) noch weitere Platzierungen an der Chartspitze. Später wurde es auch bei ihr etwas ruhiger. Erst durch ihren Job als Jurorin bei „The Voice Kids“ (einem Kinder-Nachwuchswettbewerb) kam sie wieder ins Gerede.
Seither haben Songs, die eher in das Slow-AC- oder Schlager-Format passen, nicht mal mehr den Hauch einer Chance. Und die Sieger-Titel – jo mei – es gibt den MTV-Award, Brit-Award, Grammy, die Goldene Stimmgabel, den Cometen, Amadeus, Swiss Music Award,… – soll man da wirklich jeden Song, der gewonnen hat, auch ein Jahr später noch kennen? Vor allem da Musik inzwischen am Fliessband produziert wird – sogar durch Künstliche Intelligenz, ohne jedes menschliche Zutun. Und, dass sich da so manch einer nicht zu schade dafür ist, erfolgreiche Songs in irgendeiner Weise abzukupfern, zeigte wohl niemand besser als Cascada, die ein Jahr nach „Euphoria“ mit „Glorious“ für Deutschland auf der Bühne stand! Auch der/dem österreichischen Vertreter/-in Conchita Wurst wurden Plagiatsvorwürfe an den Kopf geworfen. Zu sehr klang sein/ihr „Rise like a Phoenix“ wie der Titelsong aus einem James Bond-Film. Auch bei vielen anderen wird nahezu jedes Jahr behauptet, dass „exakt die gleichen Harmonien und weitestgehend sogar die Harmonie-führung genau übernommen“ wurden. Na ja – offenbar gibt es eben nichts neues mehr! Ein Blick in die Hitparaden beweist dies: „Valerie“ von Marc Ronson feat. Amy Winehouse (Original: The Zutons), „Car Wash“ von Christina Aguilera (Original: Rose Royce), „Ain’t nobody“ von Felix Jaehn ft. Jasmine Thompson (Original: Rufus & Chaka Khan), „Lemon Tree“ von Alle Farben (Original: Fool’s Garden), „Bitter Sweet Symphony“ von Gamper & Dadoni feat. Emily Roberts (Original: Rolling Stones bzw. The Verve), „Would I lie to you“ von David Guetta, Cedric Gervais & Chris willis (Original: Charles & Eddie) u.v.a.m.! Der Experte spricht hierbei von „Remakes“ bzw. „Second Hand Songs“. So wird so manch Kiddy meinen – „Poah – hammergeil!“! Dem sei hiermit entgegengesetzt: Die Originale sind zumeist vorschlaghammergeil!!!
Inzwischen entwickelt sich der Songcontest, nachdem er zur Meterware wurde, immer mehr zur Freak-Show. Besonders die Finnen zeigen hierbei einen sehr grossen Ideenreichtum. Gewannen doch Lordi mit „Hard Rock Hallelujah“ 2006.
Nahezu jedes Jahr sind immer wieder recht interessante Interpreten aus dem Nordosten Europas zu sehen und v.a. zu hören. In diesem Jahr wird die finnische Flagge durch Käärijä mit dem Titel „Cha Cha Cha“ vertreten – Metal-Rap mit elektronischen Beats der Marke Electronic Callboy.
Dem nicht genug: Måneskin (2021 mit „Zitti e buoni“), Netta (2018 mit „Toy“) oder auch die politische Botschaft in Richtung Russland Kalush Orchestra (2022 mit „Stefania“). Somit setzen auch andere Länder mehr auf das Auffallen: Dana International, eine Transsexuelle aus Israel, die/der 1998 mit „Diva“ gewann – neu aufgerollt 2014 durch die bereits angesprochene Conchita Wurst mit „Rise like a Phoenix“. Die Wurst kam nur zu sehr wenigen Chart-Platzierungen im Vergleich mit den Zweit-platzierten, den niederländischen Common Linnets mit „Calm after the storm“. Es siegte somit nicht der Song, sondern die Interpretin – nix also mit dem „Wettstreit der Komponisten und Songtextern“!
Conchita Wurst – Rise like a phoenix
Deutsche Charts: 4 Wochen – beste Platzierung 5
Schweizer Charts: 4 Wochen – beste Platzierung 2
Österreichische Charts: 16 Wochen – beste Platzierung 1
Common Linnets – Calm after the storm
Deutsche Charts: 41 Wochen – beste Platzierung 3
Schweizer Charts: 21 Wochen – beste Platzierung 3
Österreichische Charts: 34 Wochen – beste Platzierung 2
Die Dame mit dem Bart wurde mit dem Aufschrei nach mehr Liebe und v.a. Toleranz gefeiert – da hätte sie/er auch ein Kinderlied zwitschern können und trotzdem gewonnen – aufgrund Ihrer Gesichtsbehaarung! Seither zupfen sich weltweit Millionen von Frauen nicht mehr die Haare ihres Damenbartes weg und viele Touristen kommen nach wie vor nach Österreich um sich zu überzeugen, dass ganz oben auf der Alm die Hüttenwirtin wirklich ausschaut wie die Conchita! Doch – äusserte man sich vielleicht etwas kritisch zur Kunstfigur „Conchita Wurst“, so musste v.a. Mann gar Prügel befürchten – von jenen, die mehr Toleranz forderten! Schräge Vögel wie Guildo Horn & seine Orthopädischen Strümpfe, Stefan Raab als Legastheniker, Alfred Poier als Leiterwagen-Kapitän oder auch die beiden zwar hübschen trotzdem aber komplett abgefahrenen taTu aus Russland liessen so manchen Musik-Kenner zur Fernbedienung greifen, sorgten aber im Endeffekt für mehr Schlagzeilen als die Sieger! Auch sind immer wieder sexy Frauen zu sehen, die zwar viel nackte Haut zeigen, jedoch teils wenig stimmliche Qualitäten vorzuweisen haben. Ani Lorak aus der Ukraine 2008, Svetlana Loboda ebenfalls aus der Ukraine 2009, Margaret Berger aus Norwegen 2013, Cleo & The Girls aus Polen 2014, Jana Burčeska aus Nord-Mazedonien 2017, Efendi aus Aserbeidschan 2021 etc.
(Anmerkung des Schreiberlings: Schön anzuschauen – wenn nur die Musik nicht so stören würde!)
Für den Türken Erdogan Anlass genug, die Teilnahme seines Landes zu verhindern, obwohl die belgisch-türkische Popsängerin Hadise 2009 selbst einen gewagten Auftritt zeigte. Daneben verblassten Verkaufs-millionäre wie Five, Silver Convention, Ricchi é Poveri, Baccara, DJ Bobo, Alan Sorrenti oder Stimmbandgrössen wie die No Angels, Bonnie Tyler und Il Volo. Besonders zum Denken gab der inzwischen geadelte Sir Cliff Richard: Mit „Congratulations“ 1968 nur zweiter, mit „Power to all our friends“ 1973 gar nur Dritter verkaufte er in diesen Jahren mehr Tonträger der beiden Songs als die jeweiligen Sieger. Heutzutage gewinnt nur jene(r) Interpret(-in), der/die am meisten aufzufallen weiss, die geilste Performance bringt oder den Goodwill der Ost-Connection hat, die sich immer wieder gegenseitig die 12 zuschieben. Übrigens haben Liechtenstein und der Vatikanstaat noch nie am Songcontest teil-genommen. Ich denke mir, dass ein gemischter Kardinals- und Schwesternchor doch einiges in Sachen Niveau der Veranstaltung wettmachen könnte, wenn noch möglich! Das meinen übrigens auch die Luxemburger, die seit 1993 nicht mehr teilnehmen. Mangelndes Interesse – trotz fünffachem Sieg – und zu wenig Geld! Ha…!
Was also hält die Zuseher noch am Bildschirm? Ich denke mir, dass die Übertragung der Brit-Awards sicherlich interessanter ist, da die wirklichen Stars des Pop- und Rock-Business vertreten sind und Madonna ja möglicherweise wieder von der Bühne kippen könnte.
Die moderne Satellitentechnik übrigens macht es möglich, dass Millionen auch ausserhalb Europas den ESC ansehen können – in den USA, Kanada, Australien (seit einigen Jahren selbst Teilnehmer), Japan, Indien und China etwa.
Alles in allem kostet die Austragung sehr viel Geld – in Österreich waren es im Jahr 2015 etwa 15 Mio € für den Veranstalter, dem Öster-reichischen Rundfunk. Tatsächlich kam das Ganze aber auf weitaus mehr als 17 Mio – der grösste Batzen (nahezu 9 Mio) davon ging an die Wien Holding als Inhaber des Austragungsstandortes Wiener Stadthalle für Miete, Adaptierung, etc.), gefolgt vom Marketing (rund 6 Mio – und ich dachte, der ESC sei ein Selbstläufer!). Von einer Umwegrentabilität zu sprechen, grenzt an Hohn, da diese Gelder ja schliesslich nicht oder nur in geringen Maße, dem Veranstalter zugute kommen. Also zahlt der Gebühren- und der Steuerzahler – völlig gleichgültig, ob er sich für das Spektakel interessiert oder nicht. Wer jetzt mit dem berühmten „Ja, aber…!“ kommen sollte, dem sei als Beispiel die Stadt Bregenz am Bodensee an’s Herz gelegt. Dort freute man sich 2008 auf die James-Bond-Dreharbeiten für „Ein Quantum Trost“ und das „Aktuelle Sportstudio“ des ZDF anlässlich der Fussball-EM. Gesprochen wurde über eine nahezu unbezahlbare Werbung – wenn dies so gewesen wäre, weshalb gab es dann einen derart grossen Aufruhr, weil ein riesiges Loch im Budget der Stadtmarketing klaffte, das schliesslich ebenso wieder mit Steuergelder gestopft werden musste. Wäre dieses Geld direkt in Massnahmen auf Nischenmärkten investiert worden, wäre wohl mehr dabei herausgekommen. Und, dass der damalige Generalintendant des ORF, Alexander Wrabetz, schon vor dem Gewinn der Wurst sowohl vom Bund als auch den Gebührenzahlern mehr Geld gefordert hat, ist kein Geheimnis! Ich erinnere mich zurück an das Jahr 2014, als Österreich plötzlich zum Favoritenkreis zählte. Da kam doch der Satz: „Um Gottes Willen! Wenn die gewinnt muss Österreich den ESC im kommenden Jahr ausrichten! Wer soll das bezahlen?“
Heuer ist Liverpool für Kiew eingesprungen. Das Interesse für Karten war riesig – die 3000 der Finalshow waren innerhalb von nur 36 Minuten ausverkauft – trotz Preisen zwischen jeweils 80 und 380 Pfund – es gab Kritik zuhauf.
Tja – und zum Schluss die Wahl der Interpreten selbst. In nicht wenigen der Starterländer, so u.a. in Grossbritannien und Russland – aber auch immer mal wieder in Deutschland, der Schweiz und Österreich werden die Interpreten durch einen internen Auswahlmodus ermittelt: Die Nichte des Bruders vom …!!! Damit vertreten sie ja eigentlich nicht ihr Land sondern Lobbyisten und jene Fernsehanstalt ihres Landes, die Mitglied der EBU ist! Kann hier wirklich von der Crème de la Crème des musikalischen Schaffens des Teilnehmerstaates gesprochen werden?
Verstehen Sie nun, weshalb ich mir den Songcontest nicht anschauen werde? Ich hoffe, diesen Überlegungen folgen noch weitaus mehr und die Quoten für die Live-Übertragungen sind katastrophal! Doch ist leider hiervon nicht auszugehen. In Deutschland gehört der ESC inzwischen wie der Fussball zum Nationalstolz! Auch wenn es wie zuletzt im Männerfussball nur Platzierungen unter ferner liefen gab.
Lesetipps:
.) Ein bisschen Wahnsinn: Wirklich alles zum Eurovision Song Contest; Clemens Dreyer, Claas Triebel, Urban Lübbeke; Verlag Antje Kunstmann München
.) Kampf der Kulturen: der „Eurovision Song Contest“ als Mittel national-kultureller Repräsentation; Irving Wolther; Königshausen & Neumann Würzburg