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Simbabwe – einst hoffnungsvoll, jetzt bettelarm

„… Karikatur eines afrikanischen Diktators!“

†(Der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu über Robert Mugabe)

In der Serie der Armenhäuser auf unserem Planeten, möchte ich heute ein weiteres Beispiel vorstellen. Ein Land, aus dem sehr viel hätte gemacht werden können, schliesslich erlangte es erst im Jahr 1980 seine Unab-hängigkeit von Grossbritannien und verfügt über große Goldvorkommen: Simbabwe.

Am 23. August fanden die letzten Wahlen statt. Schon im Vorfeld der Bekanntgabe des Ergebnisses am Abend des 26. August sprachen die 1.500 internationalen Wahlbeobachter von unzähligen Ungereimtheiten („Klima der Angst“), Widersacher Nelson Chamisa kündigte an, das Ergeb-nis anzufechten („Ein offensichtlicher und gigantischer Betrug!“).

„…entsprachen die Wahlen nicht den regionalen und internationalen Standards, einschließlich Gleichheit, Universalität und Transparenz!“

(Der österreichische Leiter der Wahlmission des EU-Parlamentes Andreas Schieder)

Der Leiter der Beobachter der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) soll gar persönlich angegriffen worden sein.

Bereits 2018 – bei den letzten Wahlen gingen tausende Menschen auf die Strassen und demonstrierten gegen das angeblich wiedergewählte „Krokodil“! Damals kamen Polizei und Militär zum Einsatz, konnten der Lage aber nicht mehr Herr werden – es fielen Schüsse. Demonstrierende Regierungsgegner sackten getroffen in sich zusammen, viele anderen schrieen verletzt um Hilfe. Auch heuer gab es zahlreiche Demons-trationen.

Nach offiziellem Ergebnis erhielt der bisherige Amtsinhaber Emmerson Mnangagwa (genannt „Das Krokodil“) heuer 53 % der Stimmen, Heraus-forderer Nelson Chamisa 44 %.

Inzwischen haben sowohl das deutsche Auswärtige Amt als auch das österreichische Außenministerium Sicherheitshinweise (Sicherheitsrisiko 2) ausgesprochen, wonach v.a. in der Hauptstadt Harare Menschenan-sammlungen gemieden und vor der Einreise unbedingt eine Reiseregis-trierung in der Krisenvorsorgeliste im Auswärtigen Amt bzw. dem Außen-ministerium veranlasst werden soll. Das Land droht zu kippen und im Bürgerkrieg unterzugehen, sollte sich die Lage nicht beruhigen. Wie aber kam es nun dazu?

Der heute 80-jährige Mnangagwa hatte im Jahr 2017 die Präsidentschaft von Diktator Robert Mugabe übernommen. Bei den 2018 folgenden Wahlen ging „Das Krokodil“ von der Partei Zanu PF als Sieger hervor – mit knappem Vorsprung auf den auch heuer wieder angetretenen Kontra-henten Nelson Chamisa von der Oppositionspartei CCC. Beide Male erhielt der Amtsinhaber über 50 %, sodass es zu keinen Stichwahlen kommen musste. Ebenso heuer wie auch 2018 wird Chamisa wohl mit seinem gerichtlichen Einspruch gegen die Wahl keinen Erfolg haben.

Simbabwe ist etwa so gross wie Deutschland und Belgien zusammen, bewohnt wird es von 2021 geschätzten 15,1 Millionen Menschen. Es grenzt an Südafrika, Botswana, Sambia und Mosambik. Der Name leitet sich vom Great Zimbabwe, einer vorkolonialen Ruinenstätte aus Stein-häusern ab, die etwa zur Zeit des europäischen Mittelalters erschaffen wurde. Am 02. März 1970 rief das bisherige Gouvernement Südrhodesien die Republik aus, gehörte aber bis zum 18. April 1980 weiterhin als Kronkolonie zum Vereinigten Königreich. Harare ist mit 1,49 Mio Ein-wohnern die mit Abstand grösste Stadt des Landes. Das Klima ist sub-tropisch/tropisch – die Regenzeit dauert von November bis März. Mit rund 1.000 mm/qm fallen in diesen Monaten rund 90 % der Jahres-regenmenge.

Die Bevölkerung setzt sich vornehmlich aus den Shona (70 %), den Ndebele (13 %) und den Chewa (6 %) zusammen. Während der Kolonial-zeit kamen sehr viele weiße Farmer und Händler in’s Land (rund 5 % der Bevölkerung). Diese bewirtschafteten die fruchtbarsten Regionen des Landes, der einheimischen Bevölkerung blieb nur der zumeist dürre Rest. Mit der Unabhängigkeit allerdings begann die Abwanderung dieser Bevöl-kerungsschicht, die sowohl das wirtschaftliche, als auch soziale und politische Leben im Land ganz massgeblich geprägt hatte.

Die Kolonialherren bereiteten das Land eigentlich recht gut auf seine Unabhängigkeit vor. So trat am 21. Dezember 1979 das „Lancaster House Agreement“ als Übergangsmassnahme in Kraft. Die parlamentarische Republik wurde alsdann geführt vom Präsidenten Canaan Banana, die Regierung von Robert Mugabe, einem Lehrer und späteren Widerstands-kämpfer gegen die Kolonialherrschaft, der in der Bevölkerung einen ausgezeichneten Ruf genoss. Er war es auch, der federführend an den Verhandlungen zur Unabhängigkeit des Landes in London beigetragen hatte. Das House of Assembly stellte die Abgeordnetenkammer dar, die alsdann die Mitglieder des Senates wählten, dem zudem die Stammes-häuptlinge angehörten. Simbabwe galt lange Zeit als Vorzeigebeispiel für eine gut gelungene, junge afrikanische Republik. Allerdings dürfte einer der Fehler der Kolonialherren ausschlaggebend für die Zukunft des Landes gewesen sein: Die einheimische Bevölkerung durfte sich erst ab 1978 aktiv politisch beteiligen. zuvor war sie quasi stimmlos. Das nutzte der christlich-maoistische Regierungschef Mugabe skrupellos aus. Sehr rasch kehrte er dem sozialistisch geprägten Stil den Rücken, er regierte zunehmend autokratischer und wandelte das Land in einen Einparteien-staat und schliesslich eine Präsidialrepublik um. Nachdem Staatspräsident Canaan Banana wegen angeblicher Homosexualität verurteilt wurde und nach Südafrika flüchten musste, schaffte Mugabe den Posten des Premierministers ab – er war nun zugleich Staatsoberhaupt und Regierungschef.

Hinzu kam in den 80ern eine AIDS-Epidemie mit der weltweit höchsten HIV-Ansteckungsquote. Seit Mitte der 90er-Jahre allerdings sinkt gottlob die Zahl wieder. Nicht zuletzt aufgrund eines im vergangenen Jahr aufgehobenen Gesetzes (Abschnitt 79 des simbabwischen Strafgesetz-buchs), wonach die wissentliche, aber auch unwissentliche Übertragung des Viruses strafbar war.

Ausserdem wanderten mehr als 3 Millionen Menschen illegal nach Süd-afrika aus, wo sie v.a. als Arbeitskräfte einst gern gesehen, zuletzt jedoch nicht mehr willkommen waren. Das Land bewegte sich immer mehr zum Abgrund hin. Die Arbeitslosigkeit avanzierte zunehmend zum Problem, es tobte der Hunger, Energie wurde knapp. Mugabe regierte bis 2017 diktatorisch mit Hilfe des Militärs, der Polizei und seines Geheimdienstes. In den Jahren 2006 und 2009 belegte das Land in der Zufriedenheitsliste, dem „Happy Planet Index“ der New Economics Foundation, von 188 Staaten der Erde jeweils nur den letzten, anno 2016 den 155. Platz.

Mugabe erstellte zu Beginn einige recht sinnvolle Regierungsprogramme: So förderte er die Kleinbauern, baute ein Gesundheitssystem auf und stärkte die Bildung. Die Kindersterblichkeit aufgrund von Unterernährung ging zurück, die allgemeine Lebenserwartung stieg. Mit dem 1991 eingeführten „Strukturanpassungsprogramm“ allerdings wurde der Karren immer mehr in den Schlamm gefahren. Mugabe erwartete sich dadurch mehr ausländische Investoren. Die kamen auch – allerdings hatte die Bevölkerung nichts davon – sie konnte sich dem neuen Markt nicht anpassen. Die öffentlichen Zuwendungen aus den Regierungs-programmen gingen zudem zurück. Die Folge: Die Wirtschaft stagnierte – die Arbeitslosigkeit nahm erneut zu. Im Jahr 2000 lehnte das Volk eine von Mugabe geforderte Verfassungsreform ab. Er und seine Partei-schergen von der ZANU-PF sahen ihre Felle davonschwimmen – Militär und Polizei wurden zusehends mehr gegen die eigene Bevölkerung ein-gesetzt, vor allem jedoch gegen die Opposition, Organisationen und Gruppierungen, die der Regierungspartei gefährlich werden konnten. Im Jahr 2000 enteignete die Regierung durch die Landreform die weißen Farmer grossteils gewaltsam. Deren Ländereien sollten offiziell an Klein-bauern gehen – inoffiziell wurden die rund 11 Millionen Hektar unter Parteimitgliedern und Freunden Mugabes aufgeteilt, die in den meisten Fällen gar keine Ahnung von Landwirtschaft hatten. Da die meisten Farmer zuvor ihre Höfe, die Gerätschaften, Bewässerungsanlagen und die Ernte vernichtet hatten, war das Land plötzlich auf Lebensmittelimporte angewiesen. Ein Land, das zuvor als die „Kornkammer Afrikas“ bezeichnet wurde. Die EU belegte aufgrund dessen den Staatspräsidenten mit einem Einreiseverbot – er durfte nurmehr an Veranstaltungen der Vereinten Nationen und des Vatikans teilnehmen. Im Jahre 2002 wurde die Mitgliedschaft des Landes im Commonwealth suspendiert – im Jahr danach folgte der Ausschluss. Mugabe bezeichnete unterdessen die Mit-glieder der britischen Labour-Party als „Gay Gangsters“! Viele der enteig-neten Farmer übrigens flüchteten in das ehemalige Nord-Rhodesien (Sambia) und bauten dort erneut erfolgreiche Farmen auf.

Im Mai/Juni 2005 ging die Regierung im Rahmen der „Operation Murambatsvina“ („Müllbeseitigung“) gegen den Schwarzmarkt vor. Die Massnahmen betrafen nicht weniger als 750.000 Menschen – ihre Behausungen wurden komplett zerstört. Beobachter sprechen allerdings in diesem Zusammenhang von einem gezielten Vorgehen gegen Oppo-sitionelle.

Politisch regierte Mugabe inzwischen ganz offiziell als Diktator – Kritiker liess er ermorden. Von einem Rechtsstaat konnte keine Rede mehr sein. Zwar gab es auch weiterhin Wahlen, allerdings monierten die wenigen zugelassenen Wahlbeobachter grossflächige Beeinflussung und Manipu-lation. Mugabe stellte sich auch im Jahre 2008 inzwischen als 84-jähriger erneut dem Wahlvolk. Allerdings hatte er erheblichen Gegenwind. So kandidierten sein ehemaliger Finanzminister Simba Makoni mit der Unterstützung einiger anderer wichtiger Mitglieder der ZANU-PF, aber auch Morgan Tsvangirai von der Oppositionspartei MDC gegen ihn. Erste Hochrechnungen vom 2. April sprachen vom Sieg und der absoluten Mehrheit des Oppositionskandidaten Tsvangirai – offiziell schliesslich waren es 47,9 %, Mugabe kam auf 43,2 %. Eine Stichwahl war notwendig. Tsvangirai aber zog seine Kandidatur nach offenbar massiver Gewalt gegen MDC-Parteimitglieder zurück. Er selbst flüchtete aus Angst vor Repressalien der Regierungstruppen in die niederländische Botschaft. Nach der Vermittlung des südafrikanischen Staatspräsidenten Thabo Mbeki wurde zwischen den beiden verfeindeten Fronten eine Macht-teilung vereinbart.

2008 suchte die Cholera Simbabwe heim – sie forderte mehrere tausend Todesopfer. Der Ausnahmezustand wurde ausgerufen. Das nutzten offenbar die Sicherheitskräfte, Kriegsveteranen und Angehörige der Afrikanischen Nationalunion aus – sie wüteten blutigst in der Bevöl-kerung. Inzwischen bot Mugabe seine Kooperaton an, sofern die inter-nationalen Sanktionen gegen das Land aufgehoben würden. Am 11. Februar 2009 wurde Tsvangirai als Ministerpräsident vereidigt. Wenn auch die Wirtschaft nicht sofort darauf reagierte, so nahm doch zumindest die Gewalt im Lande ab. Im März 2013 stimmte das Wahlvolk für einen gemeinsam ausgearbeiteten Verfassungsentwurf. Bei der darauffolgenden Wahl am 31. Juli 2013 – erneut überschattet von vielen Vorwürfen über Unregelmässigkeiten – rief sich Mugabe mit angeblich 61 % der Stimmen als Sieger aus. Und weiter ging’s mit der Korruption. Das konnte am ehesten an der Goldförderung bemerkt werden. Wurden im Jahr 2004 noch offiziell 17 Tonnen gefördert, so waren es 2013 nurmehr offizielle 900 kg. Auch im Diamantenhandel verdienten Mugabe, seine Familie und Regierungsfreunde Millionen.

Während sein Volk hungerte, feierte der Diktator rauschende Feste. So soll zum 86. Geburtstag des Diktators Champagner geflossen und Kaviar in rauhen Mengen aufgetischt worden sein. Kosten: Rund 500.000 Dollar! Seinen 93. Geburtstag feierte Mugabe ebenfalls in ganz kleinem Rahmen. Kosten: Rund 1,9 Mio Euro!!!

Dem Diktator wurden alle jemals verliehenen Ehrentitel aberkannt, am 25. Juni 2008 entzog ihm Königin Elisabeth II. auch die Ritterwürde – 1994 hatte sie ihn zum „Knight Grand Cross des Order of the Bath“ geschlagen.

„Der einzige weiße Mann, dem man trauen kann, ist ein toter weißer Mann!“

(Robert Mugabe)

Am 15 November 2017 schliesslich putschte das Militär unblutig – Mugabe trat sechs Tage später zurück um dadurch einem Amtsent-hebungsverfahren vorauszueilen, das bereits in beiden Kammern des Parlaments gestartet worden war. Als neuer Präsident wurde Mugabes ehemaliger persönlicher und Parteifreund, der 74-jährige Emmerson Mnangagwa eingesetzt. Mit ihm teilte sich der Diktator während seiner Haft in den 60ern/70ern eine Zelle. Seit 1980 war Mnangagwa bis 2013 Minister in den unterschiedlichsten Ressorts, von 2014 bis zum Sturz Mugabes Vizepräsident. Er genoss also durchaus das Wohlwollen des Diktators und hat sicherlich vieles zu dessen Selbstverwirklichung beige-tragen. Etwa als Staatssicherheitsminister und somit Geheimdienstchef in den 80er-Jahren. Die Spitznamen, „Garwe“ bzw. „Ngwena“ (beides bedeutet „Krokodil“), die er sich im Guerillakrieg in Rhodesien wegen seiner Skrupellosigkeit erworben hatte, trägt er sicherlich zu recht. Im Jahre 1998 war er u.a. an der „Operation Sovereign Legitimacy“ (Osleg) beteiligt. Dabei räumten seine Schergen während des 2. Kongokrieges, in dem Simbabwe offiziell die Regierung der Demokratischen Republik Kongo unterstützte, Diamantenminen in der Provinz Kasa im Kongo leer. Schon 2002 empfahl eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen Sanktionen gegen Mnangagwa. Am 6. November, also neun Tage vor dem Militärputsch, wurde er durch Mugabe entlassen und musste gar wegen Landesverrates das Land verlassen, da er sich mit der Frau Mugabes überworfen hatte. Nachdem er aus dem Exil viele Arbeitsplätze und eine „neue Demokratie“ versprochen hatte, holte ihn das Militär zurück und machte ihn am 22. November zum neuen Macht-haber. In all den Jahren soll er sich ein recht erquickliches Vermögen angehäuft haben – dem armen Volk versprach er hingegen den Kampf gegen die Korruption.

Vieles hat sich seit dem Sturz des Diktators nicht gebessert. Beobachter sprechen nach wie vor von einem nur „teilweise freien politischen System“. Schon im Jahr 2000 hatte der heutige Machthaber in seinem Wahlkreis Kwekwe Central gegen den Oppositionsführer verloren, Mugabe erklärte ihn aber trotzdem zum Abgeordneten. Auch bei den Wahlen 2018 wurden seinem Mitbewerber, dem Pastor, Rechtsanwalt und Oppositionsführer Nelson Chamisa, durchaus gute Chancen voraus-gesagt. Dennoch sprach die Wahlkommission ZEC von einem Wahlerfolg des bisherigen Präsidenten mit 50,8 % der abgegebenen Stimmen, sein Kontrahent erhielt 44,3 %. Dasselbe Bild damals auch im Abgeordneten-haus: 140 von 210 Sitzen gingen an die Regierungspartei – dubioserweise genau eine Zweidrittelmehrheit. Erstmals waren wieder neutrale Wahlbeobachter zugelassen. Die Vertreter der EU betonten, es gäbe „positive Merkmale“ aber auch „ernsthafte Bedenken“, jene der Afrikanischen Union und des südafrikanischen Staatenbundes SADC bezeichneten die Wahlen als „friedlich“ und „ordentlich“. Die oppo-sitionelle MDC sprach wie auch heuer von massivem Wahlbetrug. Dies veranlasste tausende Menschen zu Protestkundgebungen. Armee und Polizei gingen mit aller Härte vor – man dulde keine weiteren Proteste, hiess es vonseiten der Regierung. Nach offizieller Meldung gab es sechs Tote. Der Leiter der EU-Wahlbeobachter, Elmar Brok, meinte, dass absichtlich eskalierend eingegriffen wurde um den Widerstand zu unter-drücken. Die Parteizentrale der Opposition wurde durch die Polizei gestürmt.

Nun – fünf Jahre später – scheint das Land erneut dort angelangt zu sein, wo es einst war. Der Westen lehnt aufgrund der instabilen Lage wirt-schaftliche Beziehungen ab – nur Südafrika ist als Nachbarland und aufgrund der vielen Millionen an Flüchtlingen an einer friedlichen Lösung interessiert.

1997 zählte Simbabwe zu den wirtschaftlich stärksten Staaten des Konti-nents – seit 2015 weist es eine schwächere Wirtschaftsleistung als viele seiner Nachbarländer auf (1.203,23 € pro Kopf – Platz 107 von 132 Teilnahmestaaten). Einige Wirtschaftsbereiche liegen komplett brach. Noch 2015 waren 44,7 % der Bevölkerung unterernährt, 2022 sprach die Welthungerhilfe von 2,9 Mio Kinder unter 5 Jahren als „ausgezehrt“. Auf-grund einer Hyperinflation anno 2008 (90 Trilliarden Prozent) wurde ein Multiwährungssystem (US-Dollar, südafrikanischer Rand, britisches Pfund und chinesischer Yuan) eingeführt.

Nach wie vor gehört die Korruption zur Tagesordnung. Selbstverständlich geht es auch weiter mit dem Kampf der Stämme. Im Jahr 1837 wurden viele bislang von den Shona regierte Staaten von den Ndebele unter-worfen, die von Südafrika aus kommend nach Norden wanderten. Heute stellen die Shona den Grossteil der Bevölkerung. Sowohl Mugabe als auch sein Nachfolger gehören diesem Volksstamm an. Unter Mnangagwa wurde in den 80ern die Gukurahundi-Operation durchgeführt, in deren Rahmen rund 20.000 Oppositionelle zu Tode kamen – ein Grossteil davon waren Ndebele. Die Religion übrigens spielt keine grosse politische Rolle, sind doch rund 95 % Christen und weniger als ein Prozent Muslime.

Der diesjährige Gegenkandiat Nelson Chamisa engagierte sich schon während seiner Studentenzeit politisch. Im Jahr 2007 wurde er auf dem Weg zu einer Konferenz in Europa von zwei Staatssicherheitsagenten brutalst am Flughafen zusammengeschlagen. Er erlitt dabei einen Schädelbruch. Zwei Jahre später holte ihn Morgan Tsvangirai in die bis 2013 parteiübergreifende Regierung mit Mugabe. Der Reformer ist v.a. in der jungen und arbeitslosen Bevölkerung sehr beliebt.

Nur rund der 15 Millionen Einwohnern des Landes haben einen Job – der Rest lebt in extremster Armut. Die Inflation schwankte zuletzt zwischen 70 und 175 %. Bleibt zu hoffen, dass das Land endlich zur Ruhe kommt, sodass gemneinsam an einer besseren Zukunft gearbeitet werden kann!!!

Lesetipps:

.) Mugabe: Ein afrikanischer Tyrann; Christoph Marx; Beck 2017

.) A Predictable Tragedy. Robert Mugabe and the Collapse of Zimbabwe, Daniel Compagnon; University of Pennsylvania Press 2010

.) Robert Mugabe: A Life of Power and Violence; Stephen Chan; London 2003

.) Zimbabwe at the Crossroads; Jacob Wilson Chikuhwa; AuthorHouse 2006

.) Zimbabwe. The Political Economy of Decline; Suzanne Dansereau/Mario Zamponi/Henning Melber; Nordiska Afrikainstitutet 2005

.) A Crisis of Governance. Zimbabwe; Jacob Chikuhwa; Algora Publishing 2004

.) Zimbabwe. The Past is the Future. Rethinking Land, State and Nation in the Context of Crisis; David Harold-Barry; Weaver Press 2004

.) Mugabe. Power, plunder, and the struggle for Zimbabwe; Martin Meredith; Public Affairs 2007

.) Zimbabwe. The Rise to Nationhood; Jacob W. Chikuhwa; AuthorHouse 2006

Links:

– www.parlzim.gov.zw

– www.zim.gov.zw

– www.zimfa.gov.zw

– www.zanupf.org.zw

– www.mdc.co.zw

– www.wfp.org

– www.unicef.org

– hdr.undp.org

– www.auswaertiges-amt.de

– www.bmeia.gv.at

– www.helpline-eda.ch

– www.misa.org

– www.eisa.org.za

– www.newzimbabwe.com

– www.chronicle.co.zw

– zimnews.net

– theafricareport.com

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Wenn der Badeurlaub lebensgefährlich wird

Die Urlaubssaison ist schon nahezu vorbei – ich hoffe, auch Sie sind gut und wohlbehalten wieder zurückgekehrt und wissen so einiges zu erzählen – natürlich Positives! Na ja – so selbstverständlich ist das nicht mehr, schliesslich lauern die Gefahren überall: Strassenverkehr, Wald-brände, Kriminelle oder gesundheitliche Probleme… Und das Tragische daran ist: All diese Probleme kennen keine Grenzen, sie kommen immer näher – auch in unsere Regionen!

So ist beispielsweise das Baden im Meer an der gesamten US-Ostküste, in Japan oder Taiwan gerade für ältere Menschen oder Personen mit geschwächtem Immunsystem mit erhöhter Vorsicht zu geniessen. Im Jahr 2022 gab es in den USA 74 Fälle – 17 davon verliefen tödlich. Im vergangenen Jahr waren es immer noch 26 bei 5 Todesfällen. Die dortigen Gesundheitsbehörden warnen auch lautstark davor – vor dem Vibrio vulnificus: „Der fleischfressenden Mikrobe“!

V. vulnificus ist ein stäbchenförmiges, bewegliches Bakterium, das im Salz- und Brackwasser vorkommt. Es zählt zur Gattung der Vibrionen, zu welchem etwa auch der Cholera-Erreger gehört. Die meisten hiervon verursachen schwere Störungen des Magen-Darm-Traktes, aber auch Wund- und Ohrinfektionen (ICD: A00B98). V. vulnificus überträgt keine Cholera!

Da die Salzkonzentration des Wassers nicht zu hoch sein darf (1-2 % bis max. 6%) siedelt es sich v.a. dort an, wo Flüsse und Ströme in’s Meer einmünden. Sind die Wassertemperaturen über längere Zeit kalt (im Winter etwa), so befindet sich das Bakterium im nicht nachweisbaren, nicht kultuvierbaren Zustand. Steigen jedoch die Wassertemperaturen auf 20 +-Grad, so wird der Erreger aktiv und vermehrt sich rasant.

Das Bazillum wird entweder beim Umgang und Verzehr von Meerestieren oder beim Schwimmen im Meerwasser durch den Mund oder Wunden aufgenommen. Gelangt er in den Verdauungstrakt, so kommt es zu Durchfall und möglicherweise einer Blutvergiftung. Ansonsten verursacht das Bakterium eine schwere Wundinfektion, die bei geschwächten und vorerkrankten Menschen (Herzleiden, Krebs, Diabetes, Leberzirrhose) tödlich enden kann.

Blieben das Mittelmeer sowie die Nord- und Ostsee bislang grösstenteils davon verschont, so werfen die steigenden Temperaturen des Wassers in der Ostsee, in Lagunen und auch dem Neusiedlersee im Burgenland oder Badeteichem bei vielen Bakteriologen inzwischen die Sorgenfalten auf. In besonders heissen Sommern wurden derartige schwere Wundinfektionen etwa in Dänemark, Schweden und auch in Deutschland gemeldet, die ein-deutig auf den Kontakt mit Meerwasser oder Meerestieren zurück-zuführen waren. Auch aus dem Burgenland und Niederösterreich wurden mehrere Wund- und Ohrinfektionen bekannt, davon verlief eine aufgrund einer Vorerkrankung tödlich.

Tritt eine derartige Wundinfektion (etwa bei Neurodermitis) auf, so ist rasches Handeln unbedingt vonnöten. Andernfalls kann es zu Ampu-tationen oder gar dem Tod kommen (Mortalitätsrate liegt bei 7-25 %). Wesentlich höher ist der tödliche Ausgang bei einer Blutvergiftung (bis zu 60 %).

Die Inkubationszeit beläuft sich auf 12-96 Stunden. Nachweisbar ist eine Infektion entweder durch eine Stuhl- oder eine Wundsekret-Probe. Die Symptome einer Erkrankung sind folgende:

.) Magen-Darm-Infektion

Teils heftige, krampfartige Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall

.) Wundinfektion

Geschwollene und gerötete, stark schmerzende Wunde, die auch in tiefere Hautschichten vordringt, Schüttelfrost und Fieber

.) Ohrinfektion

Teils starke Ohrenschmerzen, austretendes Sekret und ebenfalls Fieber

Zur Behandlung werden Antibiotika, in schweren Fällen auch Infusionen mit Salzlösungen verwendet – Wunden müssen durch einen Experten versorgt werden.

Die Präventionsmassnahmen beschränken sich auf das Verbot der Ein-leitung von Kühlwasser v.a. in die Ostsee, damit das Wasser nicht noch zusätzlich aufgeheizt wird. Das Bakterium kommt ansonsten natürlich vor, weshalb weitere, öffentliche Präventionsmassnahmen nicht durchge-führt werden können bzw. unwirksam erscheinen. Meeresfrüchte und Fisch sollten jedoch stets ordentlich gekocht werden.

Ist die 20 Grad-Marke und damit die Aktivierungsgrenze überschritten, so bleiben die Vibrionen auch bei wieder sinkenden Temperaturen über einige Wochen hinweg aktiv. In dieser Zeit sollten Risiko-Patienten oder Menschen mit Wunden möglichst nicht im Meerwasser baden gehen.

Bleiben Sie gesund!

Lesetipps:

.) Vibrio vulnificus. Ugeskrift for Laeger; Hrsg.: Høi, L., Larsen, J.L., Dalsgaard, I., and Dalsgaard, A.; 1998

.) Vibrio vulnificus – Erste Nachweise in

Deutschland; Stephan, R. und Knabner,D.; Bundesgesundheitsblatt 1996

.) Food Microbiology: Fundamentals and Frontiers; Hrsg.: MP Doyle et al.; ASM Press 2001

.) A. Andrews’ Diseases of the Skin: clinical Dermatology; Saunders Elsevier 2006

.) Oceans and Health: Pathogens in the Marine Environment; Hrsg. SS Belken, RR Colwell; Springer Science 2005

.) Vibrio spp. Infections; Hrsg.: Baker-Austin C, Oliver JD, Alam M, Ali A, Waldor MK, Qadri F, Martinez-Urtaza J.; Nat Rev Dis Primers 2018

.) Fatal case of necrotising fasciitis due to Vibrio vulnificus in a patient with alcoholic liver disease and diabetes mellitus; Hrsg.: Bhat P, Bhaskar M, Sistla S, Kadhiravan T.; BMJ Case Rep. 2019

.) Vibrio vulnificus: new insights into a deadly opportunistic pathogen; Baker-Austin C, Oliver JD.; Environ Microbiol. 2018

.) Impact of Climate Change on Vibrio vulnificus Abundance and Exposure Risk; Deeb R, Tufford D, Scott GI, Moore JG, Dow K.; Estuaries Coast 2018

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Mauersegler – Könige der Lüfte

Vielen wird es aufgefallen sein: Der Sommer ist noch nicht vorbei und schon tun sich Vogelarten zusammen und verlassen in grossen Schwärmen unsere Region. Nein – das liegt nicht am Klimawandel. Die Mauersegler sind Jahr für Jahr die ersten, obwohl sie erst in der zweiten Aprilhälfte bzw. im ersten Maidrittel zu uns kamen. Und dabei ist auf sie Verlass – egal ob noch Schnee liegt: In München sind sie beispielsweise zwischen dem 29. April und 01. Mai zu entdecken. Da es sich um eine mehr als faszinierende Vogelart handelt, möchte ich diesen heutigen Text den Königen der Lüfte widmen!

Apus Apus – der lateinische Name des Mauerseglers wird diesem Segel-künstler in keinster Weise gerecht – der volkstümliche Name “Turm-schwalbe” hingegen schon eher, da sich der Mauersegler oftmals auf hohen Türmen aufhält. Vom Iran bis nach China ist die Unterart Apus apus pekinensis zu finden. Den grössten Teil seines Lebens (er kann bis zu 20 Jahre alt werden) allerdings verbringt der Mauersegler in der Luft. Der Vogel des Jahres 2003 (Deutschland und Österreich, 2005 in der Schweiz) galt lange Zeit als gefährdet – nun wird sein Bestand in Europa auf bis zu 4,8 Mio, in Deutschland auf rund 345.000 Brutpaare geschätzt – das reicht aus, um von der Vorwarnung der Roten Liste des Washingtoner Tierschutzabkommen genommen zu werden. In der Mytho-logie galt der Mauersegler aufgrund der Farbe des Federkleides, seines plötzlichen Auftauchens und seinem Schrei als “Teufelsvogel”. Zu erkennen sind die 17-18,5 cm grossen Tiere an ihrem dunkelbraunen bis russschwarzen Gefieder, der weissen Kehle und den sichelförmigen Flügeln mit einer Spannweite von über 40 Zentimetern, die ihnen auch diese unglaubliche Flugeigenschaft verleihen. Nur zur Brut und der Auf-zucht der zwei bis drei Jungvögel pro Saison landet der Mauersegler in seinem Nest. Dieses baut er in unmittelbarer Nähe zum Menschen (“Kul-turfolger”), meist in Mauerrissen, Hohlräumen, in Regenrinnen, unter Balkonen oder den Dächern der Häuser, was für die Jungvögel durchaus tödlich enden kann. Hier wird es dermassen heiß, dass die noch flug-unfähigen Vögel aus dem Nest springen. Sollte Ihnen ein junger, auf dem Boden liegender, verletzter Vogel direkt neben einem Haus auffallen, so bringen sie ihn bitte zur nächsten Wildvogelstation oder Tierklinik. Die Aufzucht durch einen Laien ist zu kompliziert. Ist er jedoch schon etwas grösser, so kann es sich um einen Fluganfänger handeln, der sich nur rasch ausruht. Diesen bitte nicht berühren. Die Niststätten allerdings sind auch ausserhalb der Brutzeit geschützt, da die monogamen Paare im kommenden Jahr punktgenau diese wieder aufsuchen. Wird der Brutplatz auch nur einige Zentimeter versetzt, können ihn die Vögel nicht mehr finden. Die Nestchen dürfen also nicht entfernt werden – das muss auch bei Sanierungen berücksichtigt werden. Aufgrund der Dichtungs-massnahmen bei Gebäuden wird ihm zunehmend die Nistmöglichkeit genommen – er muss sich Alternativen suchen. Natur- und Vogelschutz-organisationen bieten hierfür spezielle Nistkästen an, die der Mauersegler auch dankend annimmt. Kommen andere Vögel dem Nistplatz zu nahe, reagiert der Mauersegler sehr aggressiv. Es kommt zu Kämpfen, die bis zu fünf Stunden lang andauern können. Ansonsten jedoch ist der Vogel stets in der Luft zu finden – bis zu zehn Monate hinweg, ohne Unter-brechung. Dort wird auch die Fortpflanzung vollzogen und ja: Er schläft sogar während des Segelns. Experten gehen davon aus, dass während dieses fliegenden Schlafes stets nur eine Hirnhälfte ausgeschaltet wird, die andere jedoch weiterarbeitet. So ist auch die unglaubliche Wegstrecke über tausende Kilometer hinweg zu erklären, die die Vögel zweimal jährlich zurücklegen: Von der südlichen Hälfte des afrikanischen Kontinents bis nach Europa (über den Polarkreis hinaus) und auch wieder retour.

Der Mauersegler trinkt im Gleitflug aus allen möglichen Gewässern und ernährt sich von Fluginsekten wie Hautflüglern, Fliegen oder Käfern, aber auch von Blattläusen und Ameisen, die – wie soll es auch anders ein – während des Fluges eingefangen werden. Für die Jungvögel werden diese zu Nahrungsballen gepresst, die im Kehlsack bis zum Nest transportiert werden. Das kann auch schon mal bis zu drei Tage lang andauern – die Kleinen verfallen während dieser Zeit in eine Art Hungerschlaf, eine Starre, während derer sie ohne Nahrung auskommen können. Diese bis zu 14 Tage werden durch Fettreserven bzw. durch die Leber überbrückt. Sinkt allerdings die Körpertemperatur auf unter 20 Grad, so stirbt der Jungvogel.

Doch wird das Nahrungsangebot immer weniger. Deshalb sind die Vögel besonders während längeren Schlechtwetterperioden auf die Hilfe der Menschen angewiesen. Dazu sollten Sie keine Insektizide im Garten verwenden und möglicherweise “Insektenhotels” für Fluginsekten auf-stellen.

Seine Rufe sind schrill und gleichen einem „sri sri“ – die Männchen höher, die Weibchen niedriger! Das hört man nicht selten an lauen Sommer-abenden, wenn man noch auf der Terasse oder dem Balkon ein Gläschen Wein geniesst. Dann nämlich umfliegt er in rasantem Tempo die Häuser. Auch ich habe die Vögel schon wahrgenommen, doch dachte ich bislang, dass es sich um Fledermäuse handelt, da sie nahezu geräuschlos und mit unglaublicher Geschwindigkeit um das Haus fliegen. Durch die langen Gleitzeiten können die Mauersegler auch leicht von den etwas kleineren Schwalben unterschieden werden, die öfter flattern müssen.

Andere Zugvögel wie Störche oder Kraniche benötigen für ihre Reise Aufwinde – nicht so der Mauersegler. Er fliegt in Höhen von bis zu 3.000 m im Sog von Tiefdruckgebieten. Schwedischen Wissenschaftern ist es gelungen, bei einigen Vögeln Datensammelgeräte anzubringen und diese auch auszuwerten. So fliegen die Mauersegler bis zu 570 Kilometer pro Tag (manche gar bis zu 832 km) und legen die Zugstrecke zumeist ohne Bodenkontakt zurück.

Die natürlichen Feinde sind Falken und andere Greifvögel. Erscheint ein solcher, so tun sich die Mauersegler zu einem grossen Schwarm zusammen und fliegen Scheinangriffe gegen den Fressfeind, der dann zumeist das Weite sucht.

Die erste Erwähnung fand der Mauersegler bei Albertus Magnus im 13. Jahrhundert. Er meinte damals, der Vogel habe keine Füsse. Er krieche vielmehr auf den Ellbogen seiner Flügel und seiner Brust wie die Fleder-mäuse über den Boden.

Seit 2015 beringt der NABU Hamburg die Mauersegler-Kolonie Ochsen-werder um dadurch das Flugverhalten der Vögel besser kennenlernen zu können.

Morgens und abends steigt der Vogel in grosse Höhen auf, dann beginnt die Segelzeit bzw. auch der Schlaf. Ansonsten kann der Vogel schon mal bis zu 250 Stundenkilometer Reisegeschwindigkeit erreichen.

Im Schwarm kommt es stets zu sehr sehenswerten Flugmanövern. Ob sie dem Sozialverhalten in der Gruppe dienen, Wettbewerbe oder einfach nur Zeitvertreib sind, ist nicht bekannt.

Der Mauersegler – ein toller Vogel!

Links:

Lesetipps:

.) Segler am Sommerhimmel – Bemerkungen über Mauersegler; Stefan Bosch; Niebühl 2003

.) Mein Vogel – Aus dem Leben des Mauersegler Apus apus; Emil Weitnauer; Basellandschaftlicher Natur- u. Vogelschutzverband 1994

.) Handbuch der Vögel Mitteleuropas – Band 9; Hrsg.: Glutz von Blotzheim et al; AULA-Verlag 1994

.) Birds of the World; Hrsg.: Josep del Hoyo; Cornell Lab of Ornithology 2020

.) Swifts – A Guide to the Swifts and Tree-Swifts of the World; Phil Chantler; Pica Press 2000

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Trifft rechts auf Öko und Esoterik

Vorweg:

Dieser heutige Blogtext beruft sich auf für jedermann zugängliche, öffentliche Quellen aus dem Netz und Büchern!!!

Naturnah und ökologisch – eigentlich kein Fehler sondern hehr und lobenswert. Doch warnen Sekten- und Extremismusforscher: Das ist nur das äussere Erscheinungsbild der aus Russland stammenden Sekte “Anastasia”, die sich seit ein paar Jahren nicht nur in Deutschland und Österreich grossen Zulaufs erfreut. Während die Mitglieder der Gruppierung von “Ort der Seligen (oder Liebe) an den Kraftorten unserer Ahnen” sprechen, bezeichnen Kritiker die Anwesen der inzwischen als Sekte geführten Vereinigung als Zentren rechts-esoterischer Ideologien.

“Anastasia” ist die Hauptfigur der zehnbändigen Romanbuchreihe “Die klingenden Zedern Russlands” des russischen Schriftstellers und Unter-nehmers Wladimir Nikolajewitsch Megre, der übrigens in der Ukraine geboren wurde. Er beschreibt in seinen Werken die Reise durch die russische Taiga und das Aufeinandertreffen und die Familiengründung mit einer wunderschönen blonden, jungen Frau, die als Einsiedlerin in der Wildnis lebt. Einer Botschafterin der fiktiven Urkultur der “Wedrussen”. Sie lebt von dem, was ihr die Natur eingesteht, ist jedoch allwissend und verfügt über übernatürliche, gottähnliche Kräfte, die der Menschheit im Laufe ihrer Evolution abhanden gekommen sind. Die Anastasia-Bewegung nun baut auf den Lehren dieser Frau, dem Leben in Frieden und Harmonie der Natur mit dem Ziel auf, Familiensitze in abgelegenen Landstrichen zu begründen und so der modernen Welt und ihrer Zwänge zu entkommen. Megre schafft klare Vorgaben: Mindestens ein Hektar Land, mit Teich, Beeten, Wiese und Wald, umgeben von hohen Hecken. Ohne Strom, ohne fliessendem Wasser und ohne Internet! Auch das wäre eigentlich nicht zu verurteilen – viele ehemalige Topmanager v.a. aus dem Finanzsektor haben dies schon weitaus früher vorexerziert. Wäre da nicht noch etwas anderes: Der Rechtsextremismus-Experte Mathias Quent betonte bereits 2019 in einem Interview auf RBB, dass in den Büchern Megres “kultureller Rassismus und Antisemitismus” transportiert werde, als Erklärung mit dem Ziel einer Ordnung der Ungleichheit der Rassen. Starker Tobak, dem sich jedoch auch das Bundesamt für Verfassungsschutz, der branden-burgische Verfassungsschutz und der österreichische Staatsschutz anschloss und die Sekte zum Beobachtungsfall machte. Der bayerische landeskirchliche Beauftragte für Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Matthias Pöhlmann, ortet gar anti-demokratische Tendenzen, die die Demokratien des Westens als korrupte, dekadente und “gefährlichste Illusion der Menschenmassen” bezeichnen, als “Dämon”, geschaffen vom ägyptischen Hohepriester “Dämon Kratie”. Daneben wäre der Zusammenbruch der Sowjetunion durch eine ideologische Manipulation losgetreten worden. Keine unbe-kannten Aussagen, kennen wir sie doch aus der Putin’schen Propaganda-maschinerie.

“Etliche Akteure der Anastasia-Bewegung weisen Verbindungen ins Reichsbürger- und rechtsextreme Milieu auf!”

(Matthias Pöhlmann)

Daneben werden die Angehörigen der jüdischen Glaubensgemeinschaft in Megres Werk als stets reich und einflussreich beschrieben – deren Macht-bereich würden gar ganze Regierungen angehören (“Brisanz der jüdischen Frage”!): Alle Nichtjuden wären dem Judentum untergeordnet! Die jahrhundertelange Verfolgung der Juden und der Holocaust rühre nach Megre daher, dass sie stets Verschwörungen gegen die Macht ange-zettelt hätten. Die Presse verschiedener Länder stünden unter deren Kontrolle. Pöhlmann spricht von „typische verschwörungsideologische und stereotyp-antisemitische Aussagen”. Er konkretisiert dies beispiels-weise an der “Vererbungslehre“ der Anastasia-Bewegung. So stemple der erste Sexualpartner der Frau auch deren weiteren Kindern seinen Geist bzw. sein Blut auf. Würde in einer Beziehung zweier weisser Eheleute gelegentlich ein schwarzes Kind geboren, so habe die Gebärende oder deren Grossmutter einst ein Verhältnis mit einem “Schwarzen” gehabt! Diese Sichtweise sei eindeutig misogyn und rassistisch. Religiös gehöre die Organisation dem “Neopaganismus” an – einer Mischung von Religionen der vorchristlichen Zeit. Die Figur der “Anastasia” betont, dass die Religionen, insbesondere aber das Christen- und Judentum, von habgierigen Priestern erfunden wurde, deren Ziel eine Versklavung der Menschen sei. Jüdische Priester hätten gar die Menschen zu “Biorobotern” erzogen. Die Zentralfiguren Jesus, Moses, Buddha und Mohammed wären Brüder von Anastasia, die nicht die vollkommene irdische Liebe erreicht hätten. Anastasia habe nun die Aufgabe, die von den Wedrussen abstammende Menschheit (Asiaten, Europäer, Russen und Amerikaner) in das Licht zu führen. Auch der österreichische Fonds zur Dokumentation von religiös motivierten politischen Extremismus hat schon vor geraumer Zeit eine Akte über Anastasia angelegt.

Die Bewegung entstand 1997 in Zentralrussland. 2011 wurden dort bereits 7.000 Landsitze durch Mitglieder der Sekte geführt (Angaben Matthias Pöhlmann). Putin ermöglichte ab 2016, dass im Osten des Landes ein Hektar Land kostenlos erworben werden kann. Das führte zu dieser massiven Ausbreitung innerhalb kürzester Zeit. Nach unbelegten Angaben sollen seit 2021 dort bereits zwischen 10-50.000 Menschen leben. In Deutschland erschien im Jahr 1999 der erste in’s Deutsche übersetzte Anastasia-Band. Dort sind nach Ausführungen des Netz-werkes “Familienlandsitz-Siedlungen“ 20 Ableger bekannt (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, …), der grösste davon ist “Goldenes Grabow” in Ostprignitz-Ruppin in Branden-burg. Dessen Begründer wurde mehrfach bei Aufmärschen einer rechts.extremen und bei einem Treffen einer antisemitischen Gruppierung gesehen. Auf dem Grundstück kam es vermehrt zu Treffen rechtsextremer Gruppierungen. Hier wurde auch das jährliche “Anastasia-Festival” in’s Leben gerufen! Im November 2021 informierte der damalige Gründer des Dorfes über die Auflösung des Projektes – dennoch klingelten nach wie vor Angehörige der Gruppierung an den Haustüren der anderen Bewohner von Grabow – auch besteht nach wie vor eine Handelsregistereintragung unter “Goldenes Grabow Dorferneuerungen EWIV”

(https://www.companyhouse.de/Goldenes-Grabow-Dorferneuerungen-EWIV-Dittersbach),

Immer wieder gab es hier auch öffentliche Subventionen, zumeist aus dem Topf für regionale Entwicklung. bzw. dem Denkmalschutz.

Anhänger der Bewegung siedeln sich zudem seit 2012 in den öster-reichischen Bundesländern Burgenland, Oberösterreich, Kärnten und Salzburg an.

In der Schweiz sind Landsitze, Institute und Privatschulen in den Kantonen Zürich, Baselland, Bern, Thurgau, Solothurn und St. Gallen bekannt. Oftmals sind Verbindungen zur Anastasia-Bewegung auf den ersten Blick durchaus bewusst gar nicht ersichtlich.

Mitglieder werden über Telegram rekrutiert, wo alsdann stets vermeint-liche Medienlügen offengelegt werden und immer wieder verfremdete Hakenkreuze und andere Nazi-Symbole auftauchen. Auch dies ist keine neue Erfindung – Telegram ist nach wie vor die Plattform der Reichs-bürger, der Putin-Getreuen und der Corona-Leugner. In der Süd-deutschen Zeitung wird ein führender Anhänger der Gruppierung namentlich genannt, der in seinem Kanal Putin-Reden übersetzen soll und vor einem Atomkrieg warnt. Seine Kontakte würden in die Reichs-bürger- und Querdenker-Bewegung reichen.

Anastasia-Anhänger sind grossteils Selbstversorger (Kleingärtner seien die Retter des Planeten) – ihre Kinder unterrichten sie mit anwesenden Lernbegleitern selbst, da die moderne Zivilisation fehlerhaft, destruktiv ist und man sich deshalb von ihr abwenden müsse. Sie streiten es kate-gorisch ab in die Nähe des Nationalsozialismuses gesetzt zu werden. Doch kommen immer wieder Aussagen wie

“Die Germanen sind ein verwandter Stamm der Russen. Wir sind alle Arier.”

aus deren Reihen. Beide, Germanen und Russen, sollen alsdann von dem griechischen Mythologievolk der Hyperboreern abstammen. Diese lebten nach Überlieferungen angeblich im paradiesischen Norden und hatten ein Naheverhältnis zu Apollon, dem Gott des Lichts und des Frühlings. Hier finden sich Parallelen zum rechten und völkischen Gedankengut.

Die Gruppierung Anastasia stellt offiziell die Nachhaltigkeit, die Gemein-schaft, die Selbstversorgung und Spiritualität in den Mittelpunkt ihrer Bewegung. Sie planen unabhängige (autarke) Siedlungen zu errichten. Auch das ist nichts neues, kennen wir es doch von den Reichsbürgern, der Hippie-Bewegung, den Aussteiger-Sekten und nicht zuletzt den Mormonen auf der anderen Seite. Sekten sind zumeist streng hierarchisch zentral organisiert, die Anastasia-Bewegung hingegen ist dezentral aufgebaut.

Lesetipps:

.) Verborgene Wahrheit? – Verschwörungsdenken und Weltanschauungs-extremismus; Hrsg.: Matthias Pöhlmann; Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen 2020

.) Rechte Esoterik: Wenn sich alternatives Denken und Extremismus gefährlich vermischen; Matthias Pöhlmann; Herder 2021

.) Handbuch Weltanschauungen, Religiöse Gemeinschaften, Freikirchen: Ergänzungsheft; Matthias Pöhlmann; Gütersloher Verlagshaus 2021

.) Verqueres Denken: Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus; Andreas Speit; Ch. Links Verlag 2021

.) Völkische Landnahme – Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos; Andreas Speit; Ch. Links Verlag 2019

.) Vom König zum Sklaven? Zur Erziehung in völkisch-esoterischen Gruppen am Beispiel der Anastasia-Bewegung; Marius Hellwig; Amadeu Antonio Stiftung 2020

.) Handbook of Nordic New Religions; Hrsg.: James R. Lewis, Inga Bårdsen Tøllefsen; Brill, Leiden 2014

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Käffchen???

Ich muss eingestehen: Ich war ein Kaffee-Junkie! Ohne drei grosse Tassen am Morgen wurde ich nie richtig wach. Unter der Woche habe ich es mir inzwischen abgewöhnt, da ich einen recht langen Anfahrtsweg zur Arbeit habe, meist aber nach der ersten Tasse recht flott auf die Toilette muss. Kaffee entwässert! Übrigens ist es kein Ammenmärchen: Auch die Dick-darm-Tätigkeit wird durch Kaffee angeregt. Alsdann muss so mancher nicht nur Flüssigkeit nach dem Genuss der feinsten Bohne los werden.

Das ist mal das Eine, das leichter zu Verstehende! Das Andere? Als ich davon hörte, dass viele Promis (wie etwa Gwyneth Paltrow) seit geraumer Zeit Kaffee nicht nur auf die gewohnte Art in den Körper fliessen lassen, sondern auf Kaffee-Einläufe schwören, musste ich zuerst herzhaft lachen. Bei der Recherche zu diesem Blog wurde mir aber vieles verständlicher!

So manch ein Leser dieser Zeilen hat schon mal eine Rektoskopie (Darm-spiegelung) über sich ergehen lassen müssen. Für einige wenige sicher-lich ein Heidenspass – für die meisten jedoch mehr als unangenehm. Eine solche Rektoskopie wird dann durchgeführt, wenn der Mastdarm bzw. das Ende des Dickdarms untersucht werden müssen. Dabei wird ein Rohr eingeführt, an dessen einem Ende eine Kamera befestigt ist. Durch das Rohr kann auch eine Schlinge durchgeführt werden, mit der beispiels-weise Polypen direkt entfernt oder Gewebeproben entnommen werden können. Davor ist zur Säuberung des Darms ein Einlauf vonnöten. Auch aus anderen medizinischen Zwecken (etwa bei Verstopfungen) werden Einläufe angewendet.

Dann allerdings kamen findige „Wellnessexperten“ auf die Idee, dies in ihrem Programm durchaus gewinnbringend „einfliessen zu lassen“ (Wort-witz!, Anm. d. Schreiberlings). Das ist eigentlich gar nicht so weit herge-holt, schliesslich geht die Traditionelle Chinesische Medizin in vielerlei Hinsicht vom Darm als Ursache so mancher Krankheit bzw. als Zentrum der Gesundheit aus. Auch die Meinung vieler Heilpraktiker, die oftmals bei der TCM reinschnuppern.

Allerdings sollte eine derartige Massnahme von einem Profi durchgeführt werden, da ansonsten sehr viel geschehen kann – dazu mehr etwas später!

Kritiker nun laufen Sturm: Durch den Kaffee-Einlauf wird die Darmflora beeinflusst, die sich ansonsten selbst regenerieren würde.

„Der Darm muss nicht entschlackt werden und Sie können innerlich auch nicht vergiften. Das ist ein Mythos, der sich hartnäckig hält!“

(Prof. Thomas Frieling, Helios Klinikum Krefeld)

Dennoch betonen Fasten-Experten, dass vor dem Beginn einer Fasten-phase der Darm von allen Schadstoffen gereinigt werden soll. Ähm – ist dies nicht der eigentliche Sinn und Zweck einer Fastenkur zur Entgiftung des Körpers? Wofür bedarf es dann noch zusätzlich eines solchen Einlaufes? Fastenprofis meinen, dass das Hungergefühl nicht dermaßen stark ausgeprägt sei, wenn zuvor alles aus dem Körper gespült wurde! Ah ja…!!!

Nach Angaben der Wellness-Experten gelangt der absorbierte Kaffee über die hämorrhoidalen Venen in die Pfortader, die das Blut aus Magen, Darm, Bauchspeicheldrüse und Milz sammelt und zur Entgiftung an die Leber weitergibt. Dort bewirken die Enzyme und das Koffein eine vermehrte Produktion der Gallenflüssigkeit und die Kontraktion der Gallenwege – die Galle wird direkt in den Dünndarm ausgespült – mit ihr auch die zahlreich enthaltenen Gift- und Schlackenstoffe! Im Darm selbst sollen die im Kaffee enthaltenen Theophylline und Theobromine entzün-dungshemmend und eine Erweiterung der dortigen Blutgefässe bewirken.

Ferner würde das Rektum geleert, das ohnedies stets leer sein sollte, da ansonsten die Giftstoffe, die eigentlich ausgeschieden werden sollen, über den Mastdarm erneut aufgenommen und an die Leber weitergeleitet werden.

Doch: Das ist ja eigentlich das Prinzip einer Kur, die zumeist über mehrere Tage andauert und sündhaft teuer ist. Wäre also ein Kaffee-einlauf eine mögliche Alternative zur Kur? Kürzer und wesentlich günstiger!

Wie aber nun funktioniert das Prozedere? Gehen wir „in’s Eingelaufene“, sozusagen!

Benötigt wird gefiltertes Wasser (destilliertes oder Osmose-Wasser – niemals gechlortes aus dem Wasserhahn), grob-gemahlener, unge-rösteter und alsdann grüner Bio-Kaffee, ein sauberer Topf und ein Einlauf-Kit mit einem sog. „Irrigator“ – das gibt’s in jeder Apotheke. Der Kaffee wird gekocht – danach muss er für 10-15 Minuten bei niedriger Temperatur köcheln, gefiltert werden und danach abkühlen (auf maximal 37 Grad – also lauwarm bis kalt). Sollte eigentlich für jeden einsichtig sein, dass nicht eine 75 Grad heisse Flüssigkeit reingeschossen wird! Bio-Kaffee deshalb, da dieser frei von Pestiziden sein sollte. Die Zugabe von Zucker oder Milch bitte unterlassen – Latte oder Cappuccino sind für den Gaumen bestimmt, nicht den Anus!!! Wer nun von einer g’scheiten Menge ausgehen sollte, der irrt. „Einläufer“ verwenden für zwei Runden (der Voreinlauf kann auch alternativ mit warmem Wasser absolviert werden) etwa einen viertel bis halben Liter (2-3 Tassen – pro Tasse ein gehäufter Löffel Kaffee)! Bei Beginnern macht sich die Flüssigkeit recht häufig selb-ständig. Geübtere halten die erste Runde relativ kurz (Spülung), die zweite Runde bleibt dann schon mal für 15 bis 20 Minuten im Darm. Diese Prozedur sollte regelmässig (einmal die Woche) über einen Zeit-raum von 3-6 Monaten angewendet werden.

Einlauf-Fans sagen aus, dass der Kaffee innerhalb von 12 Minuten durch den „Kleindarm“ absorbiert wird, was zu einem zusätzlichen „Kick“ führt! Gemeint ist damit wohl der Mastdarm, nicht der Dünndarm, da ein Schlauch in dieser sehr empfindlichen Region absolut nichts zu suchen hat, sofern der Eingriff nicht medizinisch notwendig ist. Hintergrund dieses Kicks ist jedoch wahrscheinlich nicht nur das Koffein, sondern die vermehrte Produktion des Stresshormons Adrenalin durch die Neben-nieren. Dies bekänpft alsdann Schmerzen im Körper. Anwender berichten zudem davon, dass Einläufe gegen Bauchbeschwerden (wie Blähbauch) helfen sollen, sie mehr Energie dem Körper verleihen und wacher machen sollen.

Die Geschichte der Kaffee-Einläufe ist nicht wie viele behaupten uralt. Erstmals beschrieb sie der US-Arzt Dr. Lawrence Wilson zur Hilfe nach einer Bauchoperation, gegen Schock oder für andere Therapien im Jahr 1896. Danach wurde die Idee durch die beiden Heilpraktiker Ariane Zappe und Dr. Dietrich Klinghardt aufgegriffen. Bekannt wurde der Kaffee-Einlauf schliesslich durch den deutschen Arzt Max Gerson als Bestandteil der Gerson-Therapie zur Behandlung von Tuberkulose, Krebs, Diabetes und Migräne in den 1920er-Jahren. Gerson liess an Krebs-patienten alle zwei Stunden einen Kaffee-Einlauf durchführen. Die Gerson-Therapie jedoch, aber auch die Therapie nach Florian Sauer wird schulmedizinisch abgelehnt, da sie nie wissenschaftlich belegt wurde.

Die Medizin steht dem Kaffee-Treiben ohnedies eher mit gemischten Gefühlen gegenüber. So ist nach einer Studie der englischen Universität Exeter (Dr. Edzard Ernst et al.) weder der positive Effekt des Kaffees im Darm noch der Leber wissenschaftlich nachzuweisen.

„Kaffee-Einläufe sind ein gefährlicher Ableger der Darmtherapie. … Nichts davon ist jemals bewiesen worden. Auch gibt es keine klinischen Beweise für einen positiven medizinischen Effekt von Kaffee-Einläufen.“

(Dr. Edzard Ernst)

Dr. Ernst belegte bis 1993 den Lehrstuhl für Physikalische Medizin und Rehabilitation an der Universität in Wien, wechselte dann an die University of Exeter, wo sich der inzwischen emeritierte Professor vornehmlich der Erforschung der Alternativmedizin widmete.

Eine Darmspülung ist aus medizinischen Aspekten nur vor einer Rektos-kopie oder bei einer Verstopfung und ähnlichem sinnvoll, so die Schul-medizin. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf den positiven Effekt der Konsumation von fermentierten Lebensmitteln wie Sauerkraut oder Kefir. Wissenschaftlich erwiesen ist hingegen die positive Wirkung des Kaffees auf das Risiko einer Krebserkrankung des Enddarms. Die Studie von Stephen Gruber et al. von der University of Southern California an 9.100 gesunden und an Darmkrebs erkrankten Menschen zeigte auf, dass grössere Kaffeemengen durchaus das Risiko senken können. Ein bis zwei Tassen pro Tag um ein Viertel, ab 2,5 Tassen gar um die Hälfte. Aller-dings sind möglicherweise auch Terpene und Melanoidine dafür verant-wortlich. Diese entstehen bei der Röstung – beim Einlauf werden aber ungeröstete Bohnen verwendet.

Ein Einlauf kann allerdings – sofern nicht von einem Kundigen durch-geführt – auch zu einigen Problemen führen. Damit sind nicht das Druck-gefühl und die Flatulenzen gemeint. Harmlos dabei ist, dass sich der Stuhl für ein bzw. zwei Tage in seiner Konsistenz durchaus ändern wird. Wesentlich bedenklicher hingegen sind:

.) Blutungen

.) Verletzungen der Darmwand

.) Verletzung des Schliessmuskels und eine mögliche Bauchfellent-zündung als Folge

.) Gasentwicklung und Schmerzen (lassen in der Regel nach wenigen Tagen nach)

.) Infektionen

.) Wird zu viel Gallenflüssigkeit gebildet, so kann dies zum Überlaufen des Zwölffinger-Darms in den Magen mit einhergehender Übelkeit und Krämpfen führen.

.) Rückvergiftung, da zu viel Adrenalin gebildet wird, das durch die Leber nicht mehr abgebaut werden kann

.) Koffein-Vergiftung, da der Magen nicht als Koffein-Puffer agiert

Mit Ausnahme der Gase sollten diese Nebenwirkungen durchaus ernst genommen werden, da sie lebensbedrohlich ausufern können. In der Literatur werden drei Todesfälle genannt, die direkt auf einen oder mehrere Kaffeeeinläufe zurückzuführen sind: Eine bakteriologische Infektion und zwei auf das Ungleichgewicht des Elektrolythaushaltes im Körper!

ACHTUNG:

Vor einer möglichen solchen Behandlung sollten Sie unbedingt den Arzt Ihres Vertrauens beiziehen!!!

Lesetipps:

.) Heile Deine Leber; Anthony William; ePUB Penguin Random House 2019

.) Der Kaffee-Einlauf – Entgiftung und Schmerztherapie; Kerstin Adler; AKSE 2017

.) Schmerzen lindern – Energie steigern: Rasche Hilfe durch den Kaffee-Einlauf; Tanja Baker-Zöllner; BoD 2011

.) Darmreinigung – Das Original nach Dr. med. F.X. Mayr; Trias 2019

.) Meine russischen Geheimrezepte für natürliches Entgiften; Jana Iger; Heyne 2019

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Ginkgo – der Baum der Götter

Ginkgo Biloba
Dieses Baumes Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie’s den Wissenden erbaut.
Ist es ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Dass man sie als eines kennt?
Solche Fragen zu erwidern
Fand ich wohl den rechten Sinn.
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Dass ich eins und doppelt bin ?
(Johann Wolfgang von Goethe 1815)

In unregelmässigen Abständen widme ich meine Aufmerksamkeit an dieser Stelle immer mal wieder den unterschiedlichsten Heilpflanzen, da ich der Meinung bin, daß die Natur vieles an Heilkraft in sich birgt, die nicht mit sündhaft teuren Lebensmittelergänzungen aufgenommen werden muss um den Wohlfühlfaktor zu erhöhen, da sie auch im heimischen Garten wachsen können. Omas Medizinschrank hatte dies-bezüglich vieles anzubieten, das Pharmakonzerne in der heutigen Zeit fette Umsätze beschert. Durch Zufall stolperte ich kürzlich über das Produkt eines österreichischen Fruchtsaftherstellers: Grüner Tee mit Ginkgo! Anlass genug, diesen Wunderbaum mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Ginkgo (offizieller Name „Ginkgo biloba“) wird in Asien seit Jahrtausenden als Heilpflanze verehrt und verwendet. Die erste Erwähnung findet er 2800 v. Chr. Bei Atemwegserkrankungen wie Asthma, Husten, Bronchitis, gegen Tuberkulose, Magenentzündungen und Hautentzündungen. Doch soll er auch bei Durchblutungsstörungen helfen: Kalte Füsse oder Hände. Etwa bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (paVK), der sog. „Schaufensterkrankheit“. Ob – wie bei vielen Anbietern hochgelobt – auch die zerebrale Durchblutung, also die Versorgung des Gehirns mit Blut und somit Sauerstoff bzw. Nährstoffen verbessert werden kann, ist noch nicht wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen bzw. umstritten. Dieser Einsatzbereich als Antidementivum könnte alsdann die Konzentration, das Gedächtnis sowie die Stimmung verbessern und der Demenz vorbeugen. Auch bei altersbedingtem Schwindel und Tinnitus könnte er wirken, sofern die Ursache in Durchblutungsstörungen begründet ist! Doch – es mangelt an neutralen Studienergebnissen! Bevor Sie nun zur nächsten Drogerie oder Apotheke stürmen, muß ich Sie einbremsen: Eine Studie des US-National Toxigology Programs führte bei Tierversuchen zu einer Zunahme von Leber- und Schilddrüsenkrebs! Zudem raten manche Experten von Ginkgo-Tees ab, da diese zu wenig kontrolliert werden und somit auch schädliche Anteile von Ginkgolsäuren und Ginkgotoxine aus den Blättern beinhalten können. Ausserdem ist die Menge des verwendeten Ginkgos meist zu gering um dadurch positive Effekte erzielen zu können.
Somit gilt also auch hier: Das Geheimnis liegt in der Menge und der Rezeptur!
Der Ginkgo biloba-Baum gehört zur Untergruppe „Ginkgoatae“ der Nacktsamer – er ist rund 250 Mio Jahre alt, somit möglicherweise die älteste Pflanze auf diesem Planeten. Sogar mehrere Eiszeiten hat er überlebt. Alle anderen Vertreter dieser Untergruppe sind bereits ausge-storben. Ein Baum selbst kann zwischen 1000 und 2000 Jahre alt werden. Nicht selten erreicht er eine Höhe von bis zu 40 m und wirkt dabei sehr dekorativ, weshalb er in Ostasien vornehmlich in Tempelanlagen zu finden ist. Zudem trotzt er der Luftverschmutzung und wird aufgrund dessen in vielen Städten gepflanzt – etwa in Berlin. Beim Atombomben-abwurf auf Hiroshima 1945 brannte ein Ginkgo-Tempelbaum. Noch im selben Jahr trieb er jedoch wieder aus – deshalb wird der Baum in Japan als Zeichen der Hoffnung verehrt.
Wissenschafter der Universität von Maryland wiesen nicht weniger als 40 Inhaltsstoffe im Ginkgo nach – die heilende Wirkung aber rührt haupt-sächlich von den Flavonoiden (Glykoside) und Terpenoiden (Ginkgolide, Bilobalide) her. Während in Asien vornehmlich die Samen des Baumes verwendet werden, sind es in Europa seine langstieligen und fächer-förmigen Blätter. Beides wird geröstet oder getrocknet und schliesslich pulverisiert. Ginkgo-Samen („Ginkgo-Nuss“) oder -Blätter sollten niemals gekaut werden – der Anteil des negativen Ginkgotoxin ist zu gross. Auch bei zu hoher Konzentration eines Präparates kann es zu Nebenwirkungen wie Verdauungsproblemen und Kopfschmerzen kommen. Alsdann ist das Risiko einer Blutungsneigung nicht auszuschliessen. Deshalb sollte auf jeden Fall vor einer intensiven Ginkgo-Anwendung eine Blutuntersuchung beim Hausarzt erfolgen, da etwa eine nicht-erwünschte Wechselwirkung in Verbindung mit Blutverdünnern auftauchen kann. Abzuraten ist die Verwendung bei Schwangerschaft oder Kindern, da hierzu noch zu wenige Untersuchungen vorliegen.
Eine Studie der britischen University of Northumbria zur aufmerksam-keitssteigernden Wirkung von Ginkgo zeigte zwar ein entsprechendes Ergebnis, doch war die Zahl der Probanden zu gering, sodaß sie nicht als wissenschaftlich fundiert gelten kann.
Zu einer sehr interessanten Erkenntnis hingegen gelangten die Wissen-schafter des Laboratory of Pharmacological Neuroendocrinology in Bratislava. Gegenstand ihrer Studie war die stressreduzierende Wirkung von Ginkgo. Diese Untersuchung entsprach schon mehr den wissen-schaftlichen Bestimmungen: Sie war nicht nur Placebo-kontrolliert sondern auch doppelblind und randomisiert. Soll heißen, daß weder die Probanden noch die Forscher wussten, wer ein Ginkgo-Präparat erhielt bzw. an wen ein Placebo verabreicht wurde (doppel-blind). Bei einer randomisierten klinischen Studie werden auch alle Nebenwirkungen überwacht. 70 Personen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren erhielten einmalig ein 120 mg-Extrakt. Der Blutdruck dieser Gruppe war im Anschluss niedriger als in der Placebo-Gruppe. Zudem wurde weniger Cortisol im Speichel festgestellt. Cortisol ist ein Hormon, das bei Stress gebildet wird und bei dauerhaft grosser Produktion zu Konzen-trationssstörungen und Schlaflosigkeit führt bzw. gar das Immunsystem angreifen kann. Diese negative Wirkung auch auf das menschliche Gehirn kann in einer weiteren Studie des Departments of Biological Sciences der University of Stanford nachgelesen werden. Dementsprechend führt Cortisol zu einem vorzeitigen Altern der Gehirnzellen. Zudem hemmt es deren Neubildung. Das kann die Arbeit des Gehirns stark einschränken – ja sogar zu Gedächtnisverlust führen. Wissenschafter der Universität von Hongkong erkannten, daß Ginkgo gemeinsam mit Rosenwurz zu einer Verbesserung des Trainingseffektes bei Sportlern führt. Massgeblich dafür verantwortlich ist erneut die Senkung des Cortisolspiegels. Im Rahmen dieser Untersuchung erhielten 70 Personen über sieben Wochen hinweg vier Kapseln dieser Pflanzenmischung mit jeweils 270 mg. Gemessen wurde die Ausdauer, der Testosteronspiegel und das Muskel-gewebe. Die Versuchsgruppe verzeichnete eine Verbesserung der Aus-dauer – es wurde gar mehr Muskelgewebe aufgebaut. Cortisol bewirkt nämlich den Abbau von Muskelgewebe.
Weitere Studien etwa zur Steigerung der Libido, als Prävention für Schlaganfallpatienten (Blutgerinnsel sollen sich schwerer bilden), zu Alzheimer, dem Erhalt der Sehkraft, ADHS, Diabetes oder als Antioxidant sind zum Teil noch am Laufen oder noch nicht wissenschaftlich fundiert.
Der Ginkgo-Baum kann auch in unseren Breiten im Garten gesetzt werden – Sie sollten allerdings bedenken, daß er recht gross wird. Der Boden ist ihm eigentlich gleichgültig – er bevorzugt den Halbschatten bzw. leicht sonnige Stellen. In den beiden ersten Jahren ist der Baum noch nicht winterhart, deshalb sollte er vorerst als Kübelpflanze gehalten werden, den man im Keller überwintern lassen kann. Die Samenfrüchte der weiblichen Bäume riechen im Herbst ranzig, weshalb vornehmlich männliche Bäume gepflanzt werden.
Die Blätter werden kurz vor ihrem Abfallen meist im Oktober gesammelt und im Halbschatten getrocknet. Ginkgo kann nun folgendermaßen auf-genommen werden:
.) Als Nahrungsergänzung (Tablette oder Kapsel)
Beachten Sie hier jedoch unbedingt die Dosierung. Das Produkt sollte auf jeden Fall zwischen 24-32 % Flavonoide (Flavonglykoside oder Heteroside) sowie 6-12 % Terpenoide (Triterpenlactone), jedoch weniger als 5 ppm Ginkgolsäure beinhalten.
.) Als Tinktur
Dazu übergiessen Sie Ginkgo in einem Glas mit Schraubverschluss mit Weingeist oder Doppelkorn. Dies lassen Sie für zwei bis sechs Wochen ziehen. Danach den Ginkgo abseihen, die Flüssigkeit in eine dunkle Glas-flasche geben. Täglich können ein- bis zweimal je 10 bis 50 Tropfen eingenommen werden.
.) Als Tee
Überbrühen Sie zwei Teelöffel Ginkgo mit kochendem Wasser und lassen Sie dies für rund zehn Minuten ziehen. Danach auch hier den Ginkgo abseihen und in kleinen Schlücken trinken. Mehr als drei Tassen sollten Sie jedoch nicht am Tag konsumieren.
.) Als Umschlag
Bei Geschwüren oder schlecht heilenden Wunden kann ein sauberes Tuch getränkt mit Ginkgo-Tee oder verdünnter Tinktur am besten über Nacht aufgelegt werden.
Vor einer Ginkgo-Kur sollten Sie auf jeden Fall den Arzt Ihres Vertrauens hinzuziehen. Nur so können nicht-erwünschte Nebenwirkungen ausge-schlossen werden. Daneben ist die Dosierung extrem wichtig, da ein positiver Effekt erst ab etwa 40 mg des Extraktes erzielt werden kann, zu hohe Dosen jedoch zu Problemen bei der Verdauung und zu Schwindel führen können. Ähnlich wie bei Kurkuma (mit Honig) kann auch eine Kombination mit anderen Pflanzenextrakten wie etwa Gotu Kola (Indischer Wassernabel), Brahmi (Kleines Fettblatt), indisches Basilikum und Ginseng bzw. der bereits erwähnten Rosenwurz zu besseren Ergebnissen führen. Lassen Sie sich also gut beraten.

Lesetipps:

.) Ginkgo. Ur-Baum und Arzneipflanze; Hrsg.: Maria Schmid; Hirzel 2001
.) Ginkgo, der Baum des Lebens. Ein Lesebuch; Walter E. Müller/Ernst Pöppel; Insel Verlag 2003
.) Spektrum Ginkgo biloba; Hans D. Reuter; Aesopus 1993
.) Ginkgo Biloba; Hrsg.: Teris A van Beek; Harwood Academic Publishers 2000
.) Ginkgo biloba extract (EGb 761): from chemistry to the clinic; Francis V. DeFeudis; Ullstein 1998
.) Ginkgo Biloba (Medicinal and Aromatic Plants: Industrial Profiles); Vanbeek A. Vanbeek; CRC Press 2000
.) Pharmakognosie. Phytopharmazie; Hrsg.: Rudolf Hänsel, Otto Sticher; Springer Medizin Verlag 2010
.) Lexikon der Traditionellen Chinesischen Medizin; Komet 2006

Links:

– www.ginkgomuseum.de
– kwanten.home.xs4all.nl/history.htm
– www.heilkraeuter.de
– www.awl.ch
– www.wfsbp.org/home/
– ntp.niehs.nih.gov
– legacy.tropicos.org

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Prigoschin – Putins Kamphund

Einige knüpften große Hoffnungen an ein Ende des russischen Invasions-krieges mit der Ukraine, viele andere aber beobachteten den Marsch der Wagnersöldner nach Moskau mit grosser Besorgnis. Nach eigenen Angaben plante Wagner-Chef Prigoschin keinen Sturz Putins oder einen Militärputsch. Er wollte vielmehr damit gegen das chaotische Vorgehen der Militärführung im Kreml demonstrieren. Ausländische Experten sprechen indes sehr wohl von einem Aufstand, nicht zuletzt aufgrund der Verhaftung von nicht weniger als 15 russischen Generälen und den unzähligen Hausdurchsuchungen des Inlandsgeheimdienstes FSB seit dem Marsch. Einige der Wagner- Söldner bezahlten diesen mit ihrem Leben durch das sog. „Friendly Fire“ – russischen Beschuss. Übrigens bestätigte auch der US-Thinktank „Institute for the Study of War“ (ISW) unter Bezugnahme auf die Kritik des inzwischen abgesetzten russischen Generals Iwan Popow, dass es schwerwiegende Probleme in den russischen Kommandostrukturen gäbe. Popow befehligte die 58. Armee in der besetzten ukrainischen Region Saporischschja.

Inzwischen ist es rund um den Unternehmer und selbsternannten Feld†herren aus Moskaus Gnaden sehr ruhig geworden ist. Die einen Gerüchte meinen, er ist schon in russischer Haft oder gar tot, die anderen gehen davon aus, dass er sich wie seine Kämpfer in Belarus versteckt hält. Der pensionierte US-General Robert Abrams betonte in einem Interview, dass Prigoschin wohl nie mehr wieder in der Öffentlichkeit zu sehen sein wird. Und dann taucht da plötzlich ein Foto im Internet auf, das ihn in Unterwäsche auf einer Pritsche im Zelt angeblich auf dem belarussischen Militärstützpunkt Tsel zeigt. Was ist mit Prigoschin???

„ Was Prigoschin betrifft, so ist er in Sankt Petersburg. Er ist nicht in Belarus.“

(Alexander Lukaschenko)

Jewgeni Wiktorowitsch Prigoschin wurde am 1. Juni 1961 in Leningrad geboren. Bereits in seiner Jugend wurde er auffällig: Diebstahl, Raub-überfall und andere Delikte bescherten ihm 13 Jahre Haft – neun davon hat er auch tatsächlich abgesessen. Danach führte er mehrere Restau-rants in St. Petersburg. Nach eigenen Angaben bewirtete er im Jahr 2001 in einem seiner Restaurants den französischen Ministerpräsidenten Jacques Chirac und WladimirPutin, daher auch das Naheverhältnis zum Ex-KGB-Agenten. Andere Stimmen meinen, die beiden hätten sich schon zuvor getroffen, als es in St. Petersburg um die Vergabe der Glücksspiel-Lizenzen ging. Prigoschin baute seine Firma Concord auf – einer seiner Tätigkeitsfelder waren Fast-Food-Restaurants, mit denen er jedoch scheiterte. Durch die vielen öffentlichen Aufträge jedoch konnte er sich recht gut über Wasser halten. So belieferte er Schulen, Kindergärten, die russischen Streitkräfte und Staatsbankette. Daher stammt sein Spitz-name: „Putins Koch!“ Er selbst streitete dies stets ab:

„Ich bin nicht Putins Koch, ich kann überhaupt nicht kochen!“

Schliesslich engagierte er sich selbst in der russischen Propaganda-maschinerie. Concord wurde zusehends mehr zur Agentenschmiede. So schleuste Prigoschin bei der investigativen Nicht-Regierungs-Zeitung Nowaja Gaseta eine Spionin als Praktikantin ein, die jedoch enttarnt und mit Falschinformationen beliefert wurde. Die „aktiven Operationen“ begannen mit einen Diskreditierungsversuch des regierungskritischen Schriftstellers und Moderators Dmitri Bykow sowie der Überwachung der ebenfalls Putin nicht wohlgesonnenen Journalistin Julija Latynina. Das „Internet-Forschungsinstitut“ (IRA) gelangte als „Putins Troll-Fabrik“ durch Cyberangriffen und Fake-Propaganda vor allem bei Donald Trumps Wahlkampf und dessen anschliessender Wahl zum US-Präsidenten zu unrühmlicher Bekanntheit. Nach der Veröffentlichung des Berichtes des US-Sonderermittlers Robert Mueller setzte das FBI am 16. Februar 2018 aufgrund der Anklage Prigoschins durch eine Grand-Jury wegen „Verschwörung zur Störung demokratischer Prozesse in den Vereinigten Staaten“ für die Ergreifung desselben eine Kopf-Prämie in Höhe von 250.000 US-Dollar aus. 2023 bestätigte Prigoschin die Existenz seiner Troll-Armee:

„Wir haben uns eingemischt, wir tun es und wir werden es weiter tun.“

Auch während des „Euromaidans 2013“ (der „Revolution der Würde“ in der Ukraine) mischte die IRA fleissig mit.

Seine Medienholding schaffte in Russland ein richtiggehendes Moskau-getreues Nachrichtenmonopol, das schlussendlich auch den Ukraine-Feldzug als „Polizeieinsatz“ gegen angebliche Nazis in Kiew verkaufte. Der Oppositionelle und heute in Haft befindliche Alexei Nawalny war es schliesslich, der 2016 einen Bericht vorlegte, der aufzeigte, dass Prigoschin Aufträge des Kremls in der Höhe von zig Milliarden Rubel erhalten haben soll, nicht wenige durch das Verteidigungsministerium. U.a. auch für den Bau von Kasernen. Sein Unternehmen schrieb nach Angaben von unabhängigen Journalisten bis 2022 enorme Gewinne.

Ab 2012 arbeitete Prigoschin gemeinsam mit Dimitri Utkin am Aufbau einer privaten Militär- und Sicherheitseinheit zur Durchsetzung russischer Interessen im In- und Ausland – „Wagner“ war gegründet. Die Urenkelin Richard Wagners, Katharina Wagner, distanzierte sich bei den diesjährigen Wagner-Festspielen in Bayreuth erbost von dem Missbrauch des Werkes und Namens ihres Urgrossvaters:

„Es ist nun gar nicht zu leugnen, vielmehr muss immer wieder herausgearbeitet werden, wie sich im Werk meines Urgroßvaters die übelsten Formen politischen und rassistischen Wahns in das dramatische Geschehen einfügen.“

2014 wurde Prigoschin alleiniger Chef der paramilitärischen Organi-sation, einer Gruppierung von Söldnern, die vornehmlich gegen die Terrormiliz IS in Syrien sowie bei einigen Revolten in Afrika, wie etwa Libyen, und seit 2014 zunächst verdeckt, später offiziell im Ukraine-Feldzug Russlands tätig war. Prigoschin leugnete erst einen Zusammen-hang mit Wagner, erst im Ukraine-Krieg trat er in Uniform als Anführer der Söldner offiziell auf. Nicht selten wurden Rekrutierungen alsdann in rechtsnationalen und -radikalen Lagern auch in Deutschland durch-geführt. Ab 2022 schliesslich, wie im damaligen Film „Ein dreckiges Dutzend“, in russischen Straflagern. Deserteure würden sofort stand-rechtlich erschossen, getreue Kämpfer nach sechs Monaten an der Front durch Putin selbst begnadigt. So wurde etwa der Fall des Russen Jewgeni Nuschin bekannt. Der ehemalige Strafgefangene hatte sich 2022 den ukrainischen Truppen ergeben. Durch Gefangenenaustausch oder einer Entführung kam er wieder zurück. Seine Hinrichtung erfolgte mit einem Vorschlaghammer durch ehemalige Kampfgenossen. Prigoschin hierzu:

„Ein Hund empfängt den Tod eines Hundes.“

Am 23. Juni schliesslich rief Prigoschin nach Streitereien mit dem Verteidigungsministerium zum Marsch auf Moskau auf. So beklagte er sich, dass seine Männer vor allem bei den blutigen Kämpfen in Bachmut durch mangelnden Munitionsnachschub und Luftunterstützung den ukrainischen Truppen zum Fraß vorgeworfen wurden. Verwirrende Aus-sagen aus Moskau: Sprach doch Putin bei einem angeblichen Gespräch mit dem Aufmüpfigen am 29. Juni des Jahres noch von einem Wechsel an der Spitze der Wagner-Truppe (die Söldner sollten im Ukraine-Krieg weiterkämpfen), was Prigoschin abgelehnt haben soll. Nur wenige Tage später meinte er, dass die Gruppierung defacto nicht existiere.

„Ein privates Militärunternehmen Wagner existiert nicht.“

(Wladimir Putin)

Die Auflösung dürfte ihm nicht wirklich leicht gefallen sein, handelte es sich doch um kampferprobte, militärisch gedrillte Söldnern, die oftmals als Speerspitze an Hotspots eingesetzt wurden und gerade im russischen Invasionskrieg in der Ukraine für viele russische Gebietsgewinne verant-wortlich zeichneten.

Überraschend kam der Vermittlungsvorschlag des belarussischen Dik-tators Alexander Lukaschenko, gilt dieser doch als treuer Gefolgsmann Putins. Schliesslich erfolgte ein Teil der Invasion von belarussischem Gebiet aus. Zudem sprach er im Interesse Putins in Peking vor. Der russische Aggressor vertraut ihm dermaßen, sodass er dort Atomwaffen stationierte. Lukaschenko behauptet inzwischen, dass Wagner-Söldner im Militärstützpunkt Tsel belarussische Truppen trainieren sollen. Bleibt die Frage: Zu welchem Zweck? Will sich Lukaschenko nun auch aktiv an dem Krieg beteiligen? Aus dem US-Verteidigungsministerium heisst es, dass sich noch viele Wagner-Söldner in den russisch besetzten Gebieten in der Ostukraine aufhalten sollen; die Kollegen aus Moskau hingegen behaupten, die Waffenübergabe an die Streitkräfte wäre abgeschlossen! Es bleibt also auch weiterhin russisch düster!

Filmtipps:

.) Die Prigoschin-Akten; ARTE-Doku

.) Putins Schattenarmee – die Gruppe Wagner; ZDF-Doku

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Gib Gummi!

Wohl ein Jeder kennt das Wort „Plastik“! Viele kennen auch „Kunststoff“! Doch bei „Kautschuk“ tun sich die meisten schwer. Lapidar wird er immer gerne dem Plastik zugeordnet – stimmt aber nicht. Plastik und Kunststoff werden zumeist aus Erdöl hergestellt, Kautschuk hingegen stammt von Bäumen! Er ist also ein Naturprodukt!!! Und – da haben wir schon wieder das Problem: Für alle Naturprodukte, die mit Gewinnabsicht hergestellt sind, werden immense Schäden an gerade dieser Natur in Kauf genommen. So leider auch beim Kautschuk. Riesige Ur- und Regenwälder müssen etwa in Südostasien den Kautschuk-Plantagen weichen. Klima-tologen und Botaniker schlagen deshalb Alarm. Zumeist bleibt diese jedoch ungehört.

Der Kautschukbaum (Hevea brasiliensis) stammt ursprünglich aus dem brasilianischen Amazonasgebiet. Er bevorzugt alsdann das feucht-tropische Klima mit viel Regen. Auch heute noch stammen rund 99 % des Naturkautschuks aus dem Hevea brasiliensis. Gewonnen wird der Kautschuk oder auch Gummi elasticum bzw. Resina elastica durch ein Anritzen der Rinde dieser Kautschukbäume. Der herausfliessende Milchsaft (Latex) wird in Eimern aufgefangen. Er ist übrigens geniessbar und schmeckt nach süsser Sahne.

Chemisch betrachtet ist Latex eine kolloide Dispersion, bestehend aus rund einem Drittel Kautschuk in einer wässrigen Lösung (Serum). Dabei ist der Hauptbestandteil ein Polymer aus Isopren-Einheiten mit Proteinen und Harzen. Der Kautschuk selbst ist bräunlich, er wird beim Abkühlen ab +3 Grad Celsius spröde, ab +145 Grad klebrig und zerfliesst ab 170 Grad Celsius. Löslich ist er durch Benzin, Ölen und chlorierten Kohlen-wasserstoffen.

Mitte des 18. Jahrhunderts brachte der Franzose La Condamine das Latex aus dem Amazonas-Gebiet nach Europa Nach Überlieferungen der Mayas und anderer indigener Völker wurde Kautschuk jedoch schon ab 1600 v. Chr. in Mittel- und Südamerika verwendet – nicht selten in Ballform für den Sport. Gegen 1770 entstand der erste Radiergummin, 1823 der Regenmantel und die Gummistiefel (“Mackintoshs”). Richtig bekannt wurde der Kautschuk allerdings erst ab 1839, als Charles Goodyear die Vulkanisation von Kautschuk (Vernetzung der Polymerketten) erfand. Das wurde von Henry Ford für seine Automobile aufgegriffen.

Die labortechnische Herstellung von Kautschuk gelang bis heute nur sehr schwer. Die wohl bekannteste Version davon brachte die Standard Oil of New Jersey während des 2. Weltkrieges mit dem Buna-Kautschuk heraus, der aber qualitativ nicht an den Natur-Kautschuk herankommt. Die deutsche Wehrmacht forschte parallel dazu an einer Naturvariante aus russischem Löwenzahn (Taraxacum kok-saghyz Rodin). Dies wurde jedoch aufgrund des Kriegsverlaufes wieder eingestellt.

Kautschuk ist vor allem in der Reifenindustrie sehr begehrt, da er unheimlich resistent ist. Bestehen die Reifen von Privat-PKW zu rund einem Drittel aus Kautschuk, so ist dessen Anteil in LKW- und Flugzeug-reifen wesentlich höher. Der Preis für das Naturprodukt explodierte richtiggehend zur Jahrtausendwende. Verantwortlich dafür zeichnete v.a. die chinesische Automobilindustrie, die mit Riesenschritten expandierte. Hierin erkannten sehr viele Bauern die Chance ihres Lebens und pflanzten ganze Kautschukbaum-Plantagen. Doch weit gefehlt: Bereits 11 Jahre später gab es dermassen viele Plantagen, das Wirtschaftswachstum Chinas verlangsamte sich, die Lagerbestände stiegen und stiegen. Die Preise purzelten in den Keller. Nahezu um 70 %. Und dies trotz nach wie vor grosser Nachfrage. Zudem setzte der Klimawandel auch den Kleinbauern immens zu: Hitze und Trockenheit, Frost und Taifune verrichteten enorme Ernteverluste. Viele chinesische Landwirte verloren durch Ernteausfälle Hab und Gut.

Ein gänzlich anderes Bild in Südostasien: In Ländern wie Thailand, Indonesien und Malaysia werden Regenwälder grossflächig abgeholzt um Platz für Kautschukplantagen zu schaffen. Sehr zum Unwohl der Botaniker und Klima- bzw. Umwelt-Forscher. Wie bei allen Monokulturen besteht die grosse Gefahr von Bodenerosion, Erdrutsche und Sedi-mentierungen von Flussläufen. Und schliesslich brechen die Stämme und Äste des Baumes bereits bei mittleren Windgeschwindigkeiten. Hinzu kommen unvorstellbare Mengen an Pestiziden, Fungiziden und Dünge-mittel.

Die grössten Produzenten von Naturkautschuk sind Thailand, Indonesien, Malaysia, Indien und China – zunehmend auch die Elefenbeinküste, Liberia und Nigeria. Damit Sie sich einen Überblick über das Ausmaß verschaffen können: Die Weltproduktion an Naturkautschuk belief sich 2020 auf 12,9 Mio Tonnen Naturkautschuk – der Weltmarktpreis ist zuletzt im April 2023 auf 1,54 US-Dollar pro Kilo gestiegen (Angaben: statista.de). Im Südwesten Chinas (Präfektur Xishuangbanna) beläuft sich die Bebauungsfläche auf nahezu 20 % der Landfläche. Auf dem Festland Südostasiens sind es 20.000 Quadratkilometer (eine Fläche grösser als Niederösterreich), zählt man die Inselstaaten hinzu, so sind es unglaubliche 250.000 Quadratkilometer – das ist weitaus mehr als die Fläche von Rumänien.

Eigentlich wäre es relativ einfach, die ökologischen Schäden zu bekämpfen oder gar zu verhindern. Etwa durch Mischwälder mit anderen Nutz- oder Obstbäumen und Kaffee, Tee oder Kakao im Unterholz. Entprechende Versuche laufen bereits seit einiger Zeit in Thailand und Indonesien durchwegs positiv. Hierbei müssen zudem wesentlich weniger Pestizide angewendet werden. In China wird wohl die Regierung dem Kautschukanbau Grenzen setzen. Viele der dortigen Plantagen befinden sich auf steilem Gelände. Peking möchte nun durch den Klimawandel begünstigten Naturkatastrophen ein Ende setzen – solche Regionen sollen renaturiert werden.

Bleibt zuletzt eine Frage:

Wieviel Naturkautschuk wird bei einem Formel I-Rennen verbraucht und wieviele Hektar Regenwald mussten dafür weichen???

Lesetipps:

.) Einführung in die Kautschuktechnologfie; Georg Abts; Hanser 2007

.) Handbuch der Kautschuk-Technologie; Hrsg.: Werner Hofmann/Heinz B. Gupta; Gupta 2001

.) Analysis of Rubber and Rubber-like Polymers; M.J.R. Loadman; Springer Dordrecht 1999

.) Chemistry, Manufacture and Applications of Natural Rubber; Shinzo Kohjiya/Yuko Ikeda; Woodhead Publishing Limited 2014

.) Einführung in die Kautschuktechnologie; Georg Abts; Carl Hanser Verlag 2007

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Es ist ja nicht nur der Stich…!

Sommer – für viele wohl die schönste Jahreszeit im Jahr. Man trifft sich mit Freunden oder Nachbarn zum Grillen, geniesst Musik oder Theater unter freiem Himmel, sitzt abends noch mit einem Glas Wein auf dem Balkon oder der Terasse, …!

Wenn da nicht diese Biester wären! Was hat sich der Herrgott eigentlich dabei gedacht, als er die Stechmücken erfand???!!! So was von überflüssig – nicht mal als Nahrung für die Fledermäuse taugen sie, da an ihnen schlichtweg zu wenig dran ist! Aufgrund der milden Winter mit nur wenigen Frosttagen können sie in Tümpeln und anderen kleinen Wasserstellen (Regentonnen, Vogeltränken, Giesskannen, verstopftem Regenrinnen, im Freien gelagerte Autoreifen, …) immer besser über-wintern und werden im Sommer vermehrt zu Plagen. Die heimischen Arten sind zwar lästig, jedoch zumeist ungefährlich. Durch die klima-tischen Veränderungen allerdings gelangen zuhauf invasive Arten aus tropischen Gefilden in unsere Regionen, die durchaus gefährlich werden können: Etwa Moskitos und auch die Tigermücke werden zu Problemen. Vor allem dann, wenn sie einen Menschen zuvor gestochen haben, der von seinem Urlaub ein ungewünschtes Mitbringsel einführte: Eine tropische Krankheit: Dengue, Zika, Malaria, West-Nilfieber, etc.

Die erste Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) wurde beispielsweise in Österreich vor elf Jahren entdeckt. Sie dürfte durch Altreifen oder auch den “Glücksbambus” (Lucky Bomboo) importiert worden sein. Inzwischen hat sie sich nach Angaben des Gelsenmonitorings der AGES in allen Bundesländern und auch Deutschland bzw. der Schweiz etabliert und fühlt sich aufgrund des übermässigen Nahrungsangebotes “sauwohl”! Die Hotspots finden sich in Wien und Graz, am Oberrheingraben und Basel. Dies sollte durchaus ernst genommen werden, da heimische Arten keine oder kaum Krankheiten übertragen können, diese Spezies jedoch sehr wohl. Experten zählen bis zu 20 unterschiedliche Krankheiten und Fadenwürmer auf, die durchaus lebensgefährlich verlaufen können. So warnt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), wie beispielsweise Chikungunya, das von einem Virus übwertragen wird, der für den heimischen Europäer bislang keine Rolle spielte, sollte er nicht aus Asien eingereist sein. Das österreichische Gesundheitsministerium nimmt die Bedrohung derart ernst, dass ein eigenes Monitoring eingerichtet wurde: Das Ovitrap-Monitoring. Ovitraps sind Fallen, die wöchentlich auf das Eigelege der Gelsenarten überprüft werden. Aufgestellt werden sie dort, wo eine Einschleppung von Krank-heiten am wahrscheinlichsten sind: Flughäfen, Autobahnraststätten, Fernbus-Haltestellen, … So wurde die Tigermücke in Wien vornehmlich durch den Fernverkehr eingeschleppt. Und dort findet sie in den Gärten, aber auch etwa auf Friedhöfen ausgezeichnete Lebensbedingungen vor. Bürger werden deshalb gebeten, Sichtungen der Tigermücke bzw. der Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) über eine App (Mosquito Alert) zu melden. Sie wurde bereits über 200.000 Mal downgeloaded, führte zu mehr als 40.000 Meldungen und zeigte rund 10.000 Brutstätten auf. Experten analysieren die Daten und setzen Massnahmen zur effektiven Bekämpfung. Die App können Sie unter www.mosquitoalert.com/en/ kostenfrei herunterladen. Auch in Deutschland bitten die Wissenschafter um entsprechende Meldung an www.mueckenatlas.de.

Ein Tigermückenweibchen legt pro Eiablagezyklus 40 bis 90 Eier. Sie verteilt sie an unterschiedlichen Orten, sodass ein Überleben der Spezies am wahrscheinlichsten erscheint. Die rund 0,5 mm langen Eier sind sehr robust – sie überdauern auch monatelange Trockenphasen bzw. einige Frosttage. Die Eier werden knapp oberhalb der Wasseroberfläche festge-klebt. Steigt der Wasserspiegel, so schlüpfen die Larven. Nun folgen vier Larvenstadien bis schliesslich aus der Puppe nach 10 bis 15 Tagen die ausgewachsenen, zwei bis zehn Millimeter grossen und durchaus gefährlichen Flieger werden. Die Tigermücke kann einfach an den schwarz-weiss-geringelten Beinen und der weissen Mittellinie am Brust-korb erkannt werden (die ähnlich aussehende Ringelmücke besitzt diesen weissen Streifen nicht). Die männlichen Mücken ernähren sich von zuckerhaltigen Pflanzensäften, die weiblichen hingegen von Blut. Sie stechen vornehmlich im Freien und sind unheimlich hartnäckig. Um eine Plage zu vermeiden, wäre es deshalb wichtig, die idealen Brutstätten im Garten gar nicht erst einzurichten. Biologisch können Stechmücken durch die Toxine (Proteine) der Bazillen Bacillus Bacillus thuringiensis israelensis (Bti) und Lysinibacillus sphaericus bekämpft werden. Sie stellen für andere Organismen keine Gefahr dar. Die Eiweisse der abge-töteten Bazillen werden isoliert und in Pulver- oder Tablettenform angeboten. Erhältlich im Gartenhandel. Sie werden in mögliche Brut-stätten gegeben.

Bislang ist eine Virus-Übertragung in unseren Gefilden sehr selten, da die entsprechenden Krankheiten zumeist durch den globalisierten Tourismus eingeschleppt werden. Die Krankheiten sind jeweils meldepflichtig, Patienten werden zumeist sofort unter Quarantäne gesetzt. Über das Zika-Virus habe ich an dieser Stelle bereits berichtet. Er wird vornehmlich über die Gelbfiebermücke übertragen, die beispielsweise in Deutschland noch nicht nachgewiesen wurde. Eine Infektion durch die normale Tiger-mücke ist noch nicht vollständig wissenschaftlich geklärt. Das Zika-Virus ist nicht lebensgefährlich, kann jedoch bei Frauen zu Fehlgeburten führen. Dengue kann beim Menschen langanhaltende Gelenksschmerzen verursachen. Lebensbedrohlich hingegen ist das West-Nil- und das Chikungunya-Virus. Entsprechende Ausbrüche gab es bereits im Mittelmeerraum, in Mitteleuropa wurden die Krankheiten zumeist einge-schleppt. Das West-Nil-Fieber verläuft in den meisten Fällen ohne erste Symptome. Fieber und Hautausschlag werden meist als harmlos abgetan. Für ältere Personen oder Menschen mit Vorerkrankungen jedoch besteht durch einen neuro-invasiven Verlauf Lebensgefahr. Ähnlich auch beim Chikungunya-Virus. Fieber, Hautausschlag, Augenentzündung, Kopf-schmerzen und schliesslich langandauernde Gelenksschmerzen. In wenigen Fällen können auch innere Organe betroffen sein, etwa durch eine Leber- oder Herzentzündung und schliesslich Meningitis!

Sie sehen also: Mit einem Stechmückenstich ist nicht zu scherzen!!!

Lesetipps:

.) Seuchen, die die Welt veränderten – Von Cholera bis SARS; übersetzt von Meike Grow und Ute Mareik; Gruner & Jahr 2009

.) The Mosquitoes of the South Pacific (Diptera, Culicidae)M University of California Press 1962

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Tranq – die neue Zombie-Droge aus den USA

Crystal Meth – das war gestern! Wer heute up-to-date sein und seinem Herrn und dem Schöpfer noch rascher gegenüberstehen möchte, der nimmt Tranq, die neue Zombie-Droge aus den USA. Eigentlich eine miserable Geschäftsidee: Die Dealer verlieren ihre Käufer jeden Tag im Sauseschritt, einen nach dem anderen!

Als normal denkender Mensch verstehe ich das nicht, was sich andere Menschen völlig freiwillig reinschiessen, um ihrem Leben ein frühes, dafür umso grauenvolleres Ende zu bereiten! Doch sei’s drum: Jeder wie er mag!

Die Meldungen aus den USA und insbesondere Philadelphia, Los Angeles bzw. New York gleichen Grusel-Horror-Filmen. Hier ist von Zombies die Rede, die mit offenen Wunden und abgestorbenem Gewebe an den Glied-maßen lethargisch wie von Sinnen durch die Strassen laufen. Und es werden immer mehr.

https://www.srf.ch/play/tv/srf-news-videos/video/tranq-dope-der-neue-horror-der-us-drogenszene?urn=urn:srf:video:fcac9238-41ee-495a-a70e-257cb9c0fff8

Vor allem die Einwohner der Grossstädte fordern sofortige Massnahmen gegen die sogar zugelassene Droge. Für viele dieser Junkies ist der abschliessende Atemstillstand als finales Ende wohl die Erlösung. Ansonsten drohen Amputationen und langwierige Krankenhausaufent-halte sowie plastisch-chirurgische Operationen danach.

Und ist es dann mal soweit, hilft auch kein Gegenmittel mehr. Bei Opioid-Überdosen wird ansonsten etwa Narcan eingesetzt – doch hier ist es wirkungslos. Deshalb schlagen die Spezialisten ausgerechnet im Land der Medikamenten-Abhängigen Alarm.

Hauptbestandteil der Droge ist nämlich Xylazin. Der Wirkstoff wird seit 1962 in der Veterinärmedizin als Betäubungsmittel eingesetzt – Menschenversuche wurden sehr rasch eingestellt, da die Neben-wirkungen zu eklatant waren. Xylazin reduziert die Blutzirkulation im Körper. Dadurch wird alsdann die Zufuhr von wichtigen Nährstoffen und Sauerstoff sowie der körpereigenen Wirkstoffen heruntergefahren. Zudem können Haut und Muskeln an der unbehandelten Einstichstelle verfaulen.

„Es entstellt die Menschen wirklich auf grausame Weise!“

(Bill Bodner, Special Agent der US-Drogenbehörde DEA)

Tranq wird gespritzt, oftmals auch mit anderen Drogen vermischt. Inzwischen gibt es zudem erste Berichte aus Spanien oder dem deutschen Frankfurt, wo die Droge anscheinend die Runde durch die Diskotheken macht.

Nach Angaben des US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC) starben zwischen August 2021 und August 2022 107.735 US-Bürger den Drogentod – 66 Prozent an synthetischen Opioden, wie Fentanyl. Die meisten dieser Drogen kommen aus China und werden durch die mexikanischen Kartelle Sinaloa und Jalisco in die USA gebracht. Mit Ausnahme von South Dakota und Wyoming sind diese Drogen in allen US-Bundesstaaten zu finden.

Mehr will ich zu diesem Thema heute ausnahmeweise nicht schreiben, da ich nicht noch Werbung dafür machen möchte. Ich denke, die beiden Videos sagen mehr aus als Worte. Wie bereits zu Beginn geschrieben, kann sich jeder volldröhnen oder zupfeiffen wie er oder sie wollen. Doch bin ich einer Meinung mit Hillary Swift von den New York Times:

„Das ist Selbstzerstörung!“

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