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RKI – Im Kampf für die Gesundheit

Aufmerksame Leser dieser meiner Gedanken haben bei Gesundheits-themen immer mal wieder den Hinweis und Link auf das Robert-Koch-Institut gefunden. Zurecht, gelten doch die Damen und Herren des „Bundesinstituts für Infektionskrankheiten und nicht übertragbare Krankheiten“ (so die richtige Bezeichnung) als international hochange-sehene Koryphäen in der Infektionsforschung. Gerade in Zeiten von SARS, Vogelgrippe und Corona stellt sich das Expertenwissen des RKI stets als verlässliche Basis für die weitere Arbeit der entsprechenden Verwaltung und Politik dar. Nun hat gar der deutsche Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine derartige Einrichtung für den kompletten EU-Raum gefordert, da die Europäische Seuchenbehörde wohl zu klein ist um immer grösser werdende Epidemien und v.a. Pandemien abarbeiten zu können.
Robert Koch selbst war es, der das Institut am 01. Juli 1891 als „Königlich-Preußisches Institut für Infektionskrankheiten“ gründete und bis 1904 leitete. Der Namen „Robert-Koch-Institut“ stammt jedoch aus dem Jahr 1942. Zu Zeiten des Nationalsozialismus beteiligten sich auch Mitarbeiter des RKI an Menschenversuchen in Konzentrationslagern. 1952 kam das Institut in den Kompetenzbereich des Bundesgesundheitsamtes und wurde schliesslich 1994 als selbständige Einrichtung dem Bundesgesundheitsministerium unterstellt. Die heutige Aufgabe besteht u.a. in der Algorithmenentwicklung, der Clusterdetektion sowie der Systemevaluation von nosokomialen Pathogenen. Soll heissen, dass Infektionskrankheiten, die auf Bakterien, Viren und auch Pilzen beruhen, gefunden und erforscht werden, um dadurch die notwendigen Strukturen und Methoden für die Organisation der weiteren Bekämpfung dieser Krankheiten zu schaffen. Deshalb wurde beispielsweise aufgrund der Corona-Krise Südtirol durch das RKI zum Risikogebiet erklärt. Obgleich zu diesem Zeitpunkt dort nur zwei Infizierte gemeldet wurden, kamen mehr als 36 Urlauber mit dem Virus im Gepäck nach Deutschland zurück. Dies hat durchaus weitreichende Folgen: So rät das Auswärtige Amt von nicht dringend erforderlichen Reisen in vom RKI als Risikogebiete bezeichnete Regionen ab. Zudem müssen Betroffene, die aus derartigen Risikogebieten kommen, für zumindest 14 Tage (Inkubationszeit des CoVID-19) in Quarantäne. Nahezu ganz Italien, das Elsass, Gebiete in China, dem Iran und vielen anderen Staaten wurden zu solchen Risiko-gebieten eingestuft.
Im Robert-Koch-Institut laufen also alle Drähte zusammen: Influenza, Masern, Mumps, Poliomyelitis, Röteln, Salmonellen, Staphylokokken und jetzt auch CoVID-19 (Corona). Hierher müssen die Ärzte positive Infektionsergebnisse melden, hier werden aufgrund dessen Berech-nungen angestellt, wie sich eine Krankheit weiter entwickeln wird, und hier werden Empfehlungen für weitere Massnahmen ausgesprochen. Hier kann sich auch die Fachöffentlichkeit stets auf dem Laufenden halten: Gesundheitspersonal, Mediziner – ja auch Veranstalter von Tagungen und Events.
Obgleich der Leiter des Institutes, Lothar Heinz Wieler diplomierter Veterinärmediziner und Mikrobiologe ist, konzentriert sich das RKI bei seinen Forschungen auf Humanpathogenen, also den Menschen betreffenden Erregern. Für Veterinärpathogenen zeichnet das Friedrich-Löffler-Institut in Greifswald verantwortlich. Friedrich Löffler war übrigens einer der ersten Mitarbeiter Robert Kochs und von 1913 bis 1915 selbst Leiter des RKI. Die rund 1.100 Mitarbeiter (darunter 450 wissenschaft-liche) arbeiten in unterschiedlichen Abteilungen:
.) Abteilung für Infektionskrankheiten
.) Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung
.) Abteilung für Infektionsepidemiologie
.) Zentrum für biologische Sicherheit
.) Zulassungsstelle für Anträge nach dem Stammzellengesetz
Sowie verschiedenen Projekt- und Nachwuchsgruppen. Daneben werden auch die unterschiedlichsten Kommissionen personell bestückt, wie zum Beispiel der „Kommission für Gesundheitsberichterstattung und Gesund-heitsmonitoring“ (GBEMON).
Zudem sollen am RKI mit Hauptsitz im Ost-Berliner Wedding auch neue Gefahren für die Gesundheit erkannt werden. CoVID-19 etwa ist ein Zoonose-Virus, ein Erreger, der von Tier auf Mensch und offenbar umgekehrt übertragen werden kann. Auch dem Bioterrorismus gilt in dieser Hinsicht erhöhte Aufmerksamkeit (etwa Milzbrand).
In regelmässigen Abständen führt das RKI zudem die Befragung „Gesundheit in Deutschland aktuell“ durch, das fixer Bestandteil des Gesundheitsmonitorings des Bundesgesundheitsministeriums ist.
Dem Institut gehört ein Museum und ein Mausoleum an, in dem u.a. die kupferne Urne mit der Asche Robert Kochs aufgebahrt ist. Zudem wurde am 03. Februar 2015 ein Hochsicherheitslabor der Stufe 4 eingerichtet (die anderen drei befinden sich in Hamburg, Marburg und auf der Insel Reims). Hier werden etwa hochansteckende Krankheiten wie Ebola untersucht. Neben den Berliner Standorten Nordufer (Zentrale), Seestrasse (Laborgebäude) und General-Pape-Strasse (Abt. Für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring) gehört auch die Forschungs-stätte in Wernigerode im Harz zum RKI. Hier fand in Zeiten der DDR die bakteriologische Forschung statt – daran hat sich, neben anderen Fachbereichen wie Antibiotika-Resistenzen, bis heute nichts geändert.
Das Robert Koch-Institut ist somit eine sehr sinnvolle Einrichtung. Leider wird in dieser Hinsicht immer mehr Geld durch die Politik eingespart, damit mehr davon für PR- und Marketing-Kampagnen oder goldenen Pensionen übrig bleibt Gerade in der derzeitigen Situation des Corona-Paniks sollte sich wohl jeder die Frage stellen, was die von ihm gewählten Volksvertreter tatsächlich für das Volk unternehmen – allen hehren Worten aus berufenem Munde zum Trotz!

Lesetipps:

.) Robert Koch – Vom Landarzt zum Pionier der modernen Medizin; Barbara Rusch; Bucher Verlag 2010
.) Das Robert Koch-Institut im Nationalsozialismus; Annette Hinz-Wessels; Kadmos 2008
.) Infektion und Institution: zur Wissenschaftsgeschichte des Robert Koch-Instituts im Nationalsozialismus; Hrsg.: Marion Hulverscheidt/Anja Laukötter; Wallstein-Verlag 2009

Links:

– www.rki.de
– www.ressortforschung.de
– www.jhu.edu

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Sport steigert die Hirnleistung

Als ich noch jeden Tag meine 12 Kilometer runterspulte, dachte ich während des Laufens zumeist an gar nichts, fühlte mich jedoch danach auch geistig fit wie ein Turnschuh. Zurecht, gilt es inzwischen als erwiesen, daß sich Sport sehr positiv auf die Leistungen unseres Gehirns auswirkt. Vielleicht mit Ausnahme des Boxens oder zu vieler Kopfbälle! Neueste Studien haben gar ergeben, daß die körperliche Betätigung (insbesondere das Ausdauer- oder Cardiotraining) gegen Demenz schützen kann indem das sehr komplexe Zusammenspiel hämo-dynamischer, neurohumoraler und neurometabolischer Veränderungen positiv beeinflusst wird, wodurch das Gehirn plastischer, adaptiver und effizienter wird (siehe hierzu die SMART-Studie der Goethe- Universität Frankfurt zur Cholinkonzentration im Gehirn). Sehr schlechte Nachrichten also für Couch-Potatoes – doch die haben das soeben gelesene ohnedies bereits schon wieder vergessen.
Die beiden Mediziner Hans-Jürgen Grabe und Katharina Mittfeld von der Universität Greifswald entdeckten bei Ihren Versuchen, je besser die körperliche Fitness ist, desto grösser war das Hirnvolumen der von Ihnen untersuchten Studienteilnehmer. Alsdann kann daraus geschlossen werden, daß in einem sportlich durchtrainierten Körper der altersbedingte Abbau der Hirnmasse verlangsamt wird. Das Gehirn ist also gesünder! Insgesamt untersuchten sie nicht weniger als 2.103 Personen zwischen 21 und 84 Jahren. Bei diesen wurde zuerst die maximale Sauerstoff-aufnahme pro Minute unter Höchstbelastung gemessen (Fahrradergo-meter). Dies gab Auskunft über die Fitness der Probanden. Daneben wurde mit Hilfe der Magnetresonanztomographie die Grösse des Gehirns sowie der grauen und weißen Hirnsubstanz im Speziellen gemessen. Die graue Substanz enthält die Axone der Nervenzellen, also ihre Zellkörper, während die Neuriten und Dendriten, also die Zellfortsätze, in der weißen Substanz zu finden sind. Experten nun schließen daraus, daß in einem sportlichen Körper mit häufiger körperlicher Höchstbelastung nicht nur der Körper von der vermehrten Sauerstoffaufnahme profitiert, sondern auch das Gehirn. Zudem erhält es bei besserer Durchblutung mehr Energiestoffe mitgeliefert. Allerdings ist diese These noch nicht wissen-schaftlich untermauert. Interessant jedoch scheint in diesem Zusammen-hang das Wandeln der Philosophen im Altertum. Egal ob Sokrates oder Aristoteles bei den Griechen, Seneca bzw. Cicero bei den Römern: Sie philosophierten zumeist im Gehen, da sie der Überzeugung waren, die Bewegung halte die Gedanken im Fluss! Diese Meinung vertritt alsdann Jennifer Raymond von der kalifornischen Stanford University: Menschen, die ein Problem zu lösen haben oder angestrengt nachdenken müssen, erledigen dies zumeist im Gehen.
Etwas genauer wird der Zusammenhang an der Sporthochschule in Köln erforscht. Stefan Schneider vom Institut für Bewegungs- und Neuro-wissenschaft erklärt dieses Phänomen wie folgt: Bei körperlicher Bewegung wird im Gehirn der motorische Kortex aktiviert, während gleichzeitig der präfrontale Kortex (ein Teil des Frontallappens der Grosshirnrinde) heruntergefahren wird. Ersterer steuert und koordiniert die Bewegungsabläufe im Körper, während zweiterer für das logische Denken und Planen zuständig ist.

„Man kann sich das wie bei einem Reset eines Computers vorstellen, dessen Arbeitsspeicher überlastet ist!“
(Apl-Prof. Dr. Dr. Stefan Schneider , DSHS Köln)

Danach läuft nicht nur der PC wieder besser, sondern auch das menschliche Gehirn. Für seine Untersuchungen verwendete Schneider EEG-Messgeräte und Infrarot-Sensoren, um durch diese Gehirnströme und die Durchblutung des Gehirns festzustellen. Diese These wird alsdann von Arne Dietrich von der American University of Beirut bestätigt.
Depressionsforscher (etwa der Jacobs University Bremen) gehen gar noch einen Schritt weiter, indem sie dem Sport eine ähnliche Wirkung zuschreiben wie den Antidepressiva. Sie entdeckten bei Patienten mit einer rezidivierenden Depression (F33), also wiederholten depressiven Schüben, einen starken Gewebeschwund (Atrophie) spezieller Hirn-strukturen im Hippocampus und dem präfrontalen dorsolateralen Kortex. Zurückgeführt wird dies auf die Abnahme von Nervenwachstumsfaktoren (Neurotrophine wie das Eiweiß BDNF) und damit auch der neuronalen Konnektivität („Neurotrophin-Hypothese“). Derartige Neurotrophine sorgen für neue Verbindungen zwischen bestehenden Nervenzellen. Auslöser für einen Rückgang ist zumeist negativer Stress. Sport bzw. Bewegung ganz allgemein bauen ein erhöhtes Stressniveau ab und führen zu einer Zunahme von Neurotrophinen. Bei Probanden mit einem hohen BDNF-Gehalt im Blut ist der Hippocampus wesentlich grösser. Diese Neurotrophin-Hypothese bestätigte etwa der Psychologe Kirk Erickson von der University of Pittsburgh im Jahre 2010, der ebenfalls die Grösse des Hippocampus mit Hilfe eines Kernspintomographen gemessen hatte. Aus diesem Grunde wird immer mehr die Bewegung in die Depressions-therapie eingebaut.
Allerdings – und damit wieder zurück zum Sport-Neurologen Schneider aus Köln – muss die Sportart Spass machen und die Belastungsintensität direkt auf die jeweilige Person abgestimmt sein. Dauert beispielsweise eine starke Ausdauerbelastung über mehr als ein bis zwei Stunden an, können sich durch das Anschwellen der Vorhöfe und der rechten Herzkammer im Herzmuskel feine Risse bilden. Schliesslich pumpt das Herz bei starker Belastung bis zu siebenmal mehr Blut durch den Körper als im Ruhezustand. Wird dem Körper nun keine Ruhephase gegönnt, damit diese Risse selbst ausheilen können, so kommt es durch Gewebeschäden und Verhärtungen zu einem chronischen Herzleiden, das mit Herzrhythmusstörungen bzw. dem plötzlichen Herztod enden kann. Deshalb sind zumeist 30-40 Minuten Ausdauersport vollends aus-reichend. Die Studienteilnehmer Schneiders konnten sich bis zu 30 Minuten nach dem Sport wesentlich besser konzentrieren. Schneider selbst meint gar, bei ihm wirke dies noch mehrere Stunden nach.
Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten die Experten der Universität Ulm rund um die Neurowissenschaftlerin Sanna Stroth. Sie testeten 80 Personen im Alter von 17 bis 47 auf deren Konzentrationsfähigkeit, das Gedächtnis sowie das räumliche Vorstellungsvermögen. Die Test-Gruppe musste über vier Monate hinweg jeweils dreimal die Woche Ausdauer-sport, die Kontroll-Gruppe keinen Sport betreiben. Während sich der Sport nicht auf das Gedächtnis auswirkte, zeigte die Sportgruppe jedoch deutliche Verbesserungen in den beiden anderen Untersuchungs-bereichen. Die Studienleiter erklären sich dies einerseits mit der Reset-Theorie Schneiders, andererseits jedoch mit dem menschlichen Hormon-haushalt. Ständige Bewegung verlangsame den Abbau des Botenstoffes Dopamin, der für entscheidende Prozesse im präfrontalen Kortex benötigt wird Zudem gilt Dopamin als Stimmungsaufheller („Glücks-hormon“). Sinkt der Dopamin-Spiegel, so lassen viele geistige Fähigkeiten nach – etwa die Konzentration oder die Aufmerksamkeit. Allerdings ist diese Dopamin-These ebenso noch nicht wissenschaftlich bestätigt worden. Eine Studie der Colombia University New York gelangte hingegen zum selben Ergebnis.
Sport ist somit nicht nur für den Körper, sondern auch für den Geist durchaus gesund. Allerdings neigt der Mensch zum „Delay discounting“, also dem Abwerten zeitlich verzögerter Belohnungen. Soll heissen, wir ziehen kurzzeitige Genüsse den längerfristigen vor – der innere Schweinehund gehört dazu! Für das Planen und abstrakte Denken ist der präfrontale Kortex zuständig, für die kurzzeitigen Genüsse hingegen das limbische System. Gewinnt stets das limbische System, so werden diese Denkmuster zur Gewohnheit. Hier herauszukommen kostet weitaus mehr Energie und Überwindung. Wer also regelmässig Sport betreibt, wird nicht nach den unterschiedlichsten Ausreden suchen, die nächste Laufrunde auszulassen. Deshalb ist es auch dermaßen wichtig, dass die gewählte Sportart Freude bereitet. Denn: Spass macht, was unsere Bedürfnisse befriedigt! Ein immens wichtiger Teil der Sportpsychologie – das erspart Ihnen den Kauf vieler teurer Ratgeber!.

„Oft reicht es schon, sich selbst eine Backpfeife zu verpassen oder ‚Los jetzt!‘ zu rufen, um sich zu aktivieren.“
(Jens Kleinert, Sportpsychologe an der DSHS)

Lesetipps:

.) Die Veränderung psychischer Zustände, Stimmungen und Dispositionen durch sportliche Aktivität; M. Gomer; Verlag Harri Deutsch 1995
.) Effects of aerobic exercise on brain metabolism and grey matter volume in older adults: results of the randomised controlled SMART trial; Matura S/ Fleckenstein J/Deichmann R/Engeroff T/Fuzeki E/Hattingen E et al; Transl Psychiatry 2017
.) Cardiovascular fitness, cortical-plasticity, and aging; Colcombe SJ/Kramer AF/Erickson KI/Scalf P/McAuley E/Cohen NJ et al; Proc Natl Acad Sci USA 2004
.) Exercise training increases size of hippocampus and improves memory; Erickson KI/Voss MW/Prakash RS/Basak C/Szabo A/Chaddock L et al; Proc Natl Acad Sci USA 2011
.) SMART: physical activity and cerebral metabolism in older people: study protocol for a randomised controlled trial; Fleckenstein J/Matura S/Engeroff T/Fuzeki E/Tesky VA/Pilatus U et al; Trials 2015
.) Comparison of the peak exercise response measured by the ramp and 1-min step cycle exercise protocols in patients with exertional dyspnea; Revill SM/Beck KE/Morgan MD; Chest 2002
.) Auswirkungen des Sporttreibens auf Selbstkonzept und psychisches Wohlbefinden; Metzenthin, S./Tischhauser, K.; Gesellschaft zur Förderung der Sportwissenschaften an der ETH Zürich 1996
.) Einführung in die Sportpsychologie; Hrsg.: H. Gabler/J.R. Nitsch/R. Singer; Hofmann 2004
.) Handbuch Gesundheitssport (2. vollst. neu bearb. Aufl.); Jtsg.: K. Bös & W. Brehm; Hof mann 2007
.) Physical activity and psychological well-being; Hrsg.: Boutcher; Routledge. Thelwell, R.C., Lane, A.M., & Weston 2007
.) Training in der Therapie. Grundlagen und Praxis (3. Aufl.); I. Froböse/G. Nellessen-Martens/C. Wilke; Urban & Fischer 2005
.) Zum Stellenwert von Sport in der Behandlung psychischer Erkrankungen; Broocks, A./Meyer, T./George, A./Pekrun, G./Hillmer-Vogel, U./Hajak, G./Bandelow, B./Rüther, E.; Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie 1997

Links:

– www.uni-frankfurt.de
– www.uni-greifswald.de
– www.stanford.edu
– www.dshs-koeln.de
– www.aub.edu.lb
– www.uni-ulm.de
– www.columbia.edu

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Glück – ein seltenes Gut

„Die Absicht, dass der Mensch glücklich sei, ist im Plan der Schöpfung nicht enthalten.“
(Siegmund Freud)

Nach einigen Blogs mit politischem, technologischem und naturwissen-schaftlichem Hintergrund, möchte ich heute mal ein Thema philoso-phisch/neurologisch angehen: Was ist Glück?!
Ist es Glück, beim Lotto zu gewinnen? Ist es Glück, im Urlaub einen freien Liegestuhl am Pool zu ergattern? Oder ist es gar Glück, vor dem herannahenden Auto noch rasch wegspringen zu können?! Gibt es überhaupt Glück und Glücksmomente?
Für viele hat das Wort „Glück“ eine andere Bedeutung. Für die meisten Jugendlichen ist Glück möglichst viele Follower zu haben, für Erwachsene die Rechnungen zahlen zu können, für Senioren gesund zu sein! Glück neurologisch erklärt ist relativ einfach, meint zumindest der klinische Neurologe Christof Kessler in seinem neuen Buch „Glücksgefühle“. Im „Belohnungs- und Motivationssystem“ des Gehirns entsteht der Eindruck „Gut gemacht!“. Nun erfolgt die Ausschüttung des Glückshormons Dopamin, das uns all die vorhergegangenen Anstrengungen vergessen lässt! So können viele Marathonläufer nach dem Überqueren der Ziellinie noch weiterlaufen – die meisten sind überglücklich, dass sie das Ziel erreicht haben und merken in diesem Augenblick nicht, dass der Körper dieses Mal mehr ramponiert wurde, als im letzten Lauf. Diese Mischung aus Stolz und glücklich sein motiviert unheimlich, damit dieses Gefühl erneut erreicht werden kann. Auch Alkohol und Drogen können ein solches Glücksgefühl vorspielen, doch ist in den meisten Fällen danach, das Loch, das sich im Kater auftut, umso tiefer. Dadurch dauert auch die Erinnerung an diesen Glücksmoment wesentlich kürzer an als bei einer natürlichen Glückssituation, ohne Starthilfe.
Solche Augenblicke des Glücks sind in unserer schnelllebigen Welt sehr selten geworden. Deshalb boomen die Glücksratgeber und Glücks-seminare. Da jedoch jeder etwas anderes unter Glück versteht, ist es nicht wirklich ganz einfach, eine stets geltende Formel ausfindig zu machen. Eines jedoch sollte sich jeder zu Herzen nehmen: Teile Deine Projekte in kleinere Module. Dadurch ist es einfacher, Glück zu verspüren, das dann die Motivation für das nächste Modul bringt. Die Produktion von Dopamin nimmt übrigens mit zunehmendem Alter ab.
Viele Menschen sprechen von Glück, wenn sie ausgeglichen und zufrieden durch’s Leben gehen. Kann nicht geleugnet werden, obgleich es neurologisch etwas anderes ist. Schliesslich steckt mit dem Serotonin ein anderes Hormon dahinter. Es regt zudem eine etwas andere Hirnregion an, nämlich jene, die für das Gleichgewicht der Gefühle und somit die emotionale Regulation verantwortlich zeichnet. Zufriedenheits-glück ist alsdann etwas anderes als das Glück. Oftmals spielt dabei die Lebensweise eine ganz entscheidende Rolle. Glücksforscher haben entdeckt, dass eine gesunde Ernährung und viel Sport für ein grösseres Zufriedenheitsglück sorgen als Fastfood und Couching. Bevölkerungs-studien zur Depression haben aufgewiesen, dass vornehmlich die mediterrane Ernährung mit viel Obst, Fisch und Gemüse sowie wenig Fleisch vielen Depressionen vorbeugen kann. Auch dieses andere Glück lässt sich allerdings manipulieren. So ist die Vorstufe des Serotonins, das Tryptophan, in vielen Nahrungsmitteln enthalten: Hühnereier, Nüsse, Sojabohnen und schliesslich der Schokolade. So manch Eine(r) verhilft sich mit v.a. der Schokolade über einen depressiven Moment hinweg. Im zunehmenden Alter kann jeder die Grundzufriedenheit verbessern: Durch die Anzahl der kleinen Erfolgserlebnisse. Deshalb bezeichnet es die Hirnforschung als extrem wichtig, sich auch im Alter geistig zu fördern, weiter zu lernen.
Zu vieles Denken macht unglücklich! Eine wissenschaftlich untermauerte Feststellung. Allerdings kann unser Gehirn nicht so ohne weiteres „abgeschaltet“ werden. Auch während des Schlafens denkt jeder Mensch weiter – einerseits zur Verarbeitung des Erlebten, andererseits werden Planungen für die Zukunft durchgeführt („Stimulus-unabhängiges Netzwerk“). Untersuchungen ergaben, dass spezielle Meditations-techniken tatsächlich das Denken stoppen können. Andere entspannen aber auch bei Musik oder einem guten Buch.

„Das Sozialprodukt ist wichtig, doch es kann niemals erfassen, wie glücklich ein einzelner Mensch ist!“
(Bruno Frey)

Was also macht uns wirklich glücklich? Sorgen Sie für die täglichen Glücksmomente. Kleinere Aufgaben, die nach Abschluss mit Dopamin belohnt werden. Ist die Aufgabe zu gross, beginnt wieder das Denken nach einer Gesamtlösung. Der Glücksforscher Bruno Frey schaffte sich nicht wirklich viele Freunde, als er meinte, dass Kinder nicht unbedingt ausschlaggebend für das Glück sind. Auch das Geld ist nicht entscheidend. Beides kann zu einem Teil dazu beitragen. Bei Befragungen geben die Skandinavier und die Schweizer immer wieder an, die glücklichsten zu sein. Die Deutschen folgen auf der Skala mit 7-8 Punkten von 10 weiter hinten. Am Ende finden sich die Franzosen, Amerikaner und Italiener. Frey erstellte hierauf aufbauend eine Liste von Glücksfaktoren:

.) Soziale Vernetzung
Der ständige Austausch mit wirklich guten Freunden, Bekannten und der eigenen Familie ist für Frey der wohl wichtigste Glücksfaktor. Ausserdem hilft ein gutes vertrauliches Gespräch unter Freunden die Seele wieder freizuschaufeln
.) Gesundheit
Kranke Menschen sind zumeist nicht glücklich. Die körperliche und geistige Gesundheit ist eine wichtige Glücksvoraussetzung.
.) Materielle Sicherheit
Arme Menschen müssen zu viel bei allem an die Kosten und das Geld denken. Am glücklichsten sind jene, die von ihrem Einkommen gut und sorgenfrei leben können. Zuviel Geld jedoch ist ein Glückskiller.
.) Gesellschaftliche Faktoren
Am glücklichsten sind kinderlose Menschen, die in einer dezentralen Demokratie leben und einer selbständigen Arbeit nachgehen. Hinzu kommt die Eigenschaft, geben zu können und möglicherweise noch im Ehrenamt tätig zu sein. Menschen mit Kindern müssen sich weitaus mehr Gedanken über ihre finanzielle Situation, andere Wohnverhältnisse, ein grösseres Auto und schlaflose Nächte machen.
Viele Glücks-Trainer und Mental-Coaches bemühen sich, Menschen das offenbar verlernte Glücklichsein zurückzubringen. Gute Nachricht: Es ist machbar! Der ausschlaggebende Faktor ist die positive Einstellung. Nicht jedem ist es vergönnt, in seinem Traumberuf tagtäglich Glücksgefühle zu erleben. Dafür gibt es leider zu wenige Hotels an Traumstränden, die man managen könnte. Dennoch ist die Zufriedenheit im Beruf und die Glücksmomente während der Arbeit immens wichtig, da sie auch in’s Privatleben einspielen. Es besteht also eine immens wichtige Wechsel-wirkung. 20.000 Arbeitnehmer haben Jan-Emmanuel De Neve und George Ward von der London School of Economics europaweit im Rahmen der Studie „Happiness at Work“ befragt. Das Ergebnis: Mitarbeiter sind zufriedener und glücklicher, wenn sie selbst mitentscheiden und unter-schiedlichen Tätigkeiten nachgehen können. Chefs, welche die Stärken ihrer Mitarbeiter nicht einzusetzen wissen, sind keine guten Chefs! Kommt noch ein gutes Betriebsklima und das Gefühl hinzu, einen sicheren Job zu haben, so sind die Grundbausteine für zufriedene Arbeitnehmer gelegt. Sie nehmen in weiterer Folge quasi das Zufriedenheitsglück aus der Arbeit auch in ihr Privatleben mit, das für eine ausgezeichnete Work-Life-Balance sorgt. Dem verleihen sehr viele Glücksforscher einen sehr hohen Stellenwert. Andere wie De Neve/Ward sehen die Work-Life-Balance darin, wenn nach der Arbeit noch möglichst viel Elan für private Unternehmungen übrig bleibt. Welcher Typ sind Sie? Geschafft nach dem Job und ab auf die Couch? Freuen Sie sich darauf, nach der Arbeit noch mit den Kindern gemeinsam Fussball zu spielen? Lassen Sie nach der Arbeit die Sause so richtig abgehen? Oder gehen Sie auch gerne auf ein Feierabend-Bierchen mit Kollegen oder Freunden?
Glück zeigt sich für jeden anders! Doch in einem sind sich Glücksforscher einig: Ein zentraler Faktor ist die Charakterstärke! Das lasse ich nun einfach so im Raume stehen!

Gestatten Sie mir abschliessend zwei Fragen:
1. Wann waren Sie das letzte Mal wirklich glücklich (Dopamin)?
2. Sind Sie mit ihrem Leben generell zufrieden (auf einer Skala von 1 für nein bis 10 für ja) (Serotonin)!
Gibt es Nachholbedarf? Auf was warten Sie – es ist Ihr Glück! In Bhutan ist Glück wertvoller als alles Geld!

Lesetipps:

.) Ins Glück stolpern. Suche dein Glück nicht, dann findet es dich von selbst; Daniel Gilbert; Goldmann Verlag 2006
.) Lebenskunst und Moral. Oder macht Tugend glücklich?; Otfried Höffe; Beck 2007
.) Glück. Was ist das?; Günther Bien; Knecht 1999
.) Wo geht’s denn hier zum Glück. Meine Reise durch die 13 glücklichsten Länder der Welt und was wir von ihnen lernen können; Maike van den Boom; Fischer Krüger 2015
.) Psychologie des Glücks. Ein Handbuch; Anton Bucher; Beltz 2009
.) Glücksvorstellungen. Ein Rückgriff in die Geschichte der Soziologie; Alfred Bellebaum; Westdeutscher Verlag 1997

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Technologie der Zukunft – Wieso nicht schon heute damit beginnen?

„Das ist Unsinn!“
(Herbert Diess, VW-Vorstandschef)

Als ich dieser Tage hinter dem Tankzug eines grossen Gase-Produzenten herfuhr, dachte ich mir so nebenbei: „Was wäre wohl, hätte ich zuhause und im Auto jeweils eine Brennstoffzelle? Wäre das vor mir mein Jahresbedarf?“ Dann kehrte ich jedoch zu meiner früheren Ansicht zurück und verwarf den Gedanken sofort wieder. Im Chemie-Unterricht der Oberstufe demonstrierte der Lehrer damals die Gefahr von Knallgas (Oxyhydrogen). Dieses hochexplosive Gas entsteht, sobald sich Wasser-stoff (H2) und Sauerstoff (O2) vermischen. Es reicht nun bereits ein kleiner Funken, um das Ganze mit einem lauten Knall detonieren zu lassen! Somit wäre mir dieser Energielieferant also auf jeden Fall zu gefährlich, da jede Autofahrt einem Ritt auf einem Fass Dynamit gleich käme. Das ist wohl auch die Meinung vieler Anderer, weshalb die Möglichkeit einer Brennstoffzelle von vornherein ausgeschlossen wird.
Was aber viele nicht wissen: Liegen die Volumensanteile des Wasserstoffs in der Luft bei unter 18 oder über 76 % (bei atmosphärischem Druck), so ist diese Verbindung nicht mehr explosiv! Da jedoch der obere Grenzwert rasch sinken kann, wäre dies wohl erneut ein zu grosses Risiko! Also kommt für die Nutzung von Wasserstoff nur die erste Variante in Frage. Luft-Wasserstoffgemische mit einem Wasserstoffanteil von 4-18 % sind brennbar, aber nicht detonationsfähig! Erfolgt die Verbrennung kontrolliert über eine Mischdüse, so kann eine dauerhafte Knallgas-Flamme (keine Explosion) entstehen. Während das Knallgas bereits im Jahr 1620 durch Théodore Turquet de Mayerne entdeckt wurde, ist die Entdeckung der Knallgasflamme etwas jüngeren Datums. Aufgrund der hohen Temperatur von bis zu 3.000 Grad Celsius eignet sich diese Flamme für Schweiss- oder Schneidarbeiten bzw. findet Anwendung in einer Goldschmiede oder bei der Herstellung oder der Schmelze von Glas.
Der deutsche Chemiker Christian Friedrich Schönbein führte 1838 erstmals in Basel einen Versuch mit zwei in Salzsäure eingelegten Platindrähten durch, die er mit Wasser- und Sauerstoff umspülte. Dabei entstand elektrische Energie und Wärme. Sir William Grove präsentierte 1839 die sog. „Galvanische Gasbatterie“ und damit den Vorgänger der Brennstoffzelle. In dieser galvanischen Zelle erfolgt die sog. „Kalte Verbrennung“. Dabei werden Wasser- und Sauerstoff zusammengefügt – es entsteht elektrische Energie und Wärme, die auf unterschiedlichste Weise genutzt werden können. Das Abfallprodukt ist Wasserdampf. Eine solche Brennstoffzelle besteht aus zwei Teilen, die durch einen Elektrolyt voneinander getrennt sind, der Ionen-durchlässig und somit für den Ionen-Transport zuständig ist. In Teil 1 wird über die Kathode Sauerstoff eingeleitet, in Teil 2 umströmt Wasserstoff die Anode. Zwischen Kathode (Minuspol) und Anode (Pluspol) baut sich aufgrund der ablaufenden chemischen Prozesse (auf die ich im Detail nicht eingehen möchte) eine geringe elektrische Spannung auf. Werden nun mehrere solcher Brenn-stoffzellen in Serie aneinandergebaut, so erhöht sich dadurch die Spannung.
Derzeit sind vor allem zwei Brennstoffzellen im Einsatz, die sich einzig durch den Elektrolyten unterscheiden: In der Polymerelektrolyt-Brenn-stoffzelle (PEMFC), besteht dieser Elektrolyt aus der Polymer-Membran, einer dünnen, aber festen Kunststoffhaut. In der Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) aus der Hightech-Keramik Zirkondioxid, die hitze- und korrosionsbeständiger ist.
Der grosse Vorteil dieser Brennstoffzellen liegt im Wirkungsgrad: Er bewegt sich um die 60 %! Soll heissen, dass 60 % der verwendeten Energie in Strom umgewandelt werden kann. Bei einer Gasturbine etwa liegt dieser nur bei rund 40 %. Wird nun der Wasserstoff mit Hilfe von Photovoltaik-Strom produziert, so ist die Brennstoffzelle die umweltfreundlichste Art, Energie zu produzieren. In der Raumfahrt kam die Brennstoffzelle bereits in den 1960er-Jahren zum Einsatz.
Bleibt das Problem, wie ich den Wasserstoff in den Tank bekomme, da es eines unheimlichen Mehraufwandes bedarf, den Wasserstoff pur zu tanken. In gasförmiger Form wird ein Druckbehälter von 700 bar benötigt – hier bleibt das Problem mit der geringen Reichweite. Möglich ist also nur das Tanken von flüssigem Wasserstoff. Dieser aber muss in einem Tiefsttemperaturtank auf -253 Grad Celsius gekühlt werden. So wiegt ein Liter Wasserstoff gerade mal 70 Gramm. Beides nicht wirklich wirt-schaftliche Lösungen.
Es muss also eine Verbindung gefunden werden, die sich rasch und leicht tanken lässt, die nicht explosiv oder brennbar ist und die sich rasch wieder trennen lässt. Dibenzyltoluol lautet eine mögliche Lösung: Eine substituierte, aromatische Kohlenwasserstoffverbindung. Diese Flüssig-keit lässt sich mit Wasserstoff „aufladen“ (LOHC). An der Tankstelle lässt es sich wie Benzin oder Diesel tanken. Im Auto wird der Wasserstoff von seinem Trägermedium abgespaltet (endotherme Dehydrierungsreaktion), das beim Tankvorgang abgepumpt und beispielsweise in sonnigen Gebieten mit Photovoltaiktechnologie durch eine exotherme Hydrierungsreaktion wieder „aufgeladen“ wird. Da Dibenzyltoluol jedoch wasser- und gesundheitsgefährdend ist (Wassergefährdungsklasse 2), wird derzeit vornehmlich auf eine andere Art der Wasserstoffgewinnung zurückgegriffen: Aus Erdgas durch einen sog. „Reformer“. Damit sind wir aber erneut bei den fossilen Brennstoffen angelangt, da der Reformer mit Erdgas beheizt werden muss. Allerdings kann hierfür auch CO2-neutrales Bio-Erdgas verwendet werden. Dennoch finden sich mehr Erdgas-Zapfanlagen als Wasserstofftankstellen (in Deutschland 75/in Österreich 5). Auf 100 km wird rund 1 kg H2 benötigt.
Die Vorteile der Brennstoffzellen liegen also ganz klar auf der Hand:
– hoher Wirkungsgrad
– praktisch schadstofffrei
– wartungsarm
Allerdings gibt es auch Nachteile:
– hohe Kosten
– hohe technische Anforderungen
– begrenzte Brennstoffzellen-Lebensdauer
Die Lebensdauer einer Brennstoffzelle liegt bei knapp über 10.000 Stunden – das kommt einer Reichweite von 400-450.000 Kilometern gleich. Als Heizung im Haus kann eine Brennstoffzelle für rund zehn Jahre verwendet werden – sie wird zumeist mit einer Gasheizung kombiniert. In Japan finden solche Heizsysteme aufgrund einer hohen staatlichen Subventionierung reissenden Absatz – seit 2010 ist das System auch für Einfamilienhäuser erhältlich. Hierzulande gilt das „Langweid-Village“ als federführend. In Langweid bei Augsburg werden 62 Wohneinheiten in 30 Doppel- und Reihenhäuser durch Brennstoffzellen beheizt und mit Strom ausgestattet. In Deutschland wird die Brennstoffzellenheizung mit bis zu 16.500,- € gefördert.
Folgende Autohersteller haben das Brennstoffzellen-Auto bereits zur Serienreife gebracht:
– Honda (Clarity Fuel Cell ca. 57.000 US-Dollar)
– Hyundai (Nexo ca. € 78.000)
– Toyota (Mirai ca. € 78.000)
– Renault (Fever – kein Preis entdeckt)
– Mercedes-Benz (GLC Fuel Cell nur zur Miete ab 799 € im Monat)
BMW führte als erster eine Weltumrundung mit einem solchen Prototypen (BMW i Hydrogen Next) durch – das Modell soll 2022 auf den Markt kommen..
Brennstoffzellenautos werden in Österreich mit 1.500,- € vom Staat gefördert (Bundesländerförderungen sind unterschiedlich – in Oberöster-reich beispielsweise 3.500,- €)) sowie mit einem E-Mobilitätsbonusanteil des Fahrzeughändlers in der Höhe von 1.500,- €.
Im Vergleich zu Elektrofahrzeugen entstehen alsdann bei der Produktion weniger umweltschädliche Abfallstoffe, da der Strom für den Elektro-motor nicht aus Batterien stammt, sondern direkt erzeugt wird. Zudem kann durch das Abfallprodukt Wasser auch der Boden gekühlt und das Klima verbessert werden – es wird zu mehr Regenfällen kommen.
Brennstoffzellen-Fahrzeuge werden künftig vor allem im Personen- und Gütertransport eine gewichtige Rolle spielen. Auch sind bei der Deutschen Bahn (seit 2016 zwischen Cuxhaven, Bremerhaven, Bremervörde und Buxtehude) und der ÖBB bereits Züge im Testeinsatz – sehr zufriedenstellend übrigens. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelte im Jahre 2016 einen Flugzeugprototyp mit PEMFC-Brennstoffzellen („HY 4“) – derzeit wird an einer Passagier-maschine für bis zu 20 Fluggästen gearbeitet.
Während die Heizung mit Brennstoffzellen immer interessanter wird, besteht nach Brennstoffzellenautos kaum Nachfrage – wie auch auf der IAA 2019 in Frankfurt zu sehen. Der Hauptgrund hierfür sind vornehmlich die hohen Anschaffungs- und Betriebsmittelkosten.

Lesetipps:

.) Wasserstoff & Brennstoffzellen – Die Technik von morgen; Sven Geitmann; Hydrogeit Verlag 2004
.) Brennstoffzellentechnik; Peter Kurzweil; Vieweg 2003
.) Brennstoffzellen in der Kraft-Wärme-Kopplung – Ökobilanzen, Szenarien, Marktpotenziale; Krewitt, Pehnt, Fischedick, Temming; Erich Schmidt Verlag 2004
.) Fuel Cells; Noriko Hikosaka Behling; Elsevier B. V. 2013

Links:

– diebrennstoffzelle.de
– www.energieagentur.nrw
– www.energiesparverband.at
– www.hydrogeit.de
– h2.live
– www.mobilitaet-von-morgen.de
– www.co2online.de
– www.fz-juelich.de
– www.wbzu.de
– tugraz.at
– www.viessmann.de/de/architekten/projekte/langweid-village.html
– www.new-energy-power.de
– www.calepa.ca.gov

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Wenn das Sozialsystem versagt!

Mal ganz ehrlich: Wann ging es Deutschland dermaßen gut wie heute? In den 60er? Den 70er? Oder einem anderen Jahrzehnt? Gemessen an den weggeworfenen Nahrungsmitteln dürften wir (auch in Österreich) die Spitze erreicht haben. Jährlich landen alleine in Deutschland zwischen 15 bis 18 Millionen Tonnen davon im Müll (weltweit 1,3 Mrd – nach Angaben der FAO/in Österreich 760.000 Tonnen nach Angaben des Ökologie-Institutes)! Ein unglaublicher Berg, mit dem sicherlich dem Welthunger der Kampf angesagt werden könnte. Die meisten dieser Produkte wären gar noch zum Verzehr geeignet. Es handelt sich in vielen der Fälle um das Mindesthaltbarkeitsdatum, zu grosse Einkäufe oder auch Aufräum-aktionen in den Kühl- und Vorratsschränken. Doch beginnt die Wegwerf-kultur nicht etwa erst in den heimischen vier Wänden! Auch der Handel und Grosshandel entsorgt in grossen Mengen: Falsch etikettiert, Laden-hüter oder ebenfalls das MHD!
Viele Menschen würden sich glücklich schätzen, solche Nahrungsmittel oder Verbrauchsgüter bekommen zu können. Es liesse sich wohl ausge-zeichnet davon leben. Doch ist das alles nicht wirklich ganz so einfach. Containern bzw. Mülltauchen ist in den meisten Fällen verboten, da das wegwerfende Unternehmen auch dort haftet, sollte etwas geschehen. Deshalb versehen sehr viele Supermärkte ihre Müllcontainer inzwischen mit Ketten und Schlössern.
Wirklich bedürftige Menschen können dennoch von dieser Wegwerf-Gesellschaft profitieren: Über die Tafeln. Die Tafeln sind gemeinnützige Hilfsorganisationen, die bedürftige Menschen mit Waren versorgen, die vom Handel ansonsten entsorgt werden würden, da sie im Wirtschafts-kreislauf keine Verwendung mehr haben. Die erste Tafel öffnete im Jahr 1993 in Berlin ihre Pforten – initiiert durch Sabine Werth (in Österreich mit der Wiener Tafel 1999/in der Schweiz 2001 in Kerzers). Inzwischen sind es 947 in Deutschland (bei insgesamt 3.000 Ausgabestellen – auch in sozialen Einrichtungen). Die meisten der 60.000 Mitarbeiter versehen diesen Dienst am Menschen ehrenamtlich, also ohne Gehalt.

Jährlich werden rund 265.000 Tonnen Lebensmittel gesammelt. 1,65 Mio Menschen erhalten dadurch ein lebenswerteres Dasein. Gegen Nachweis der Bedürftigkeit (Hartz IV oder Sozialhilfe) können diese dort Nahrungs-mittel wesentlich günstiger einkaufen oder erhalten sie gar kostenlos. Viele der Tafeln sind Vereine, andere werden von Organisationen wie der Caritas oder der Diakonie betrieben. In Österreich gibt es 41 Ausgabe-stellen mit 2.205 ehrenamtlichen Mitarbeitern. 2018 wurden im Alpenland rund 3 Tonnen Lebensmittel gerettet um 42.620 von der Armut betroffenen Menschen damit zu helfen (Zahlen Jahresbericht 2018).
Dieser Tage nun richtete sich Jochen Brühl, der Vorstand des deutschen Dachverbandes, eindringlich an die Medien. Im Jahr 2007 waren zwischen Flensburg und Berchtesgaden gerade mal 700.000 Menschen auf die Hilfe der Tafeln angewiesen. Innerhalb von nur 12 Jahren hat sich die Zahl somit mehr als verdoppelt. Besonders tragisch ist der Anstieg bei den Senioren und den Kindern.
Es ist eine Schande, dass sich jene Menschen, die für den Aufbau Deutschlands und dessen heutigen Wohlstand verantwortlich zeichnen, auf Almosen verlassen müssen. Innerhalb kürzester Zeit explodierte förmlich die Zahl der bedürftigen älteren Tafelbesucher um 20 %! Inzwischen ist jeder Vierte ein Rentner. Zu geringe Renten, zu hohe Mieten oder gar die niedrige Grundsicherung lassen die so manche unserer Eltern und Grosseltern am Hungertuch nagen. Über die Altersarmut habe ich an dieser Stelle bereits berichtet. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung warnt lautstark davor: Werden nicht sofort Massnahmen dagegen gesetzt, wird die Altersarmut ein riesiges Problem der Gesellschaft werden. Schliesslich erreichen immer mehr jener Menschen das Pensionsalter, die in Teilzeit oder gar nur neben dem Haushalt in Geringfügigkeit beschäftigt waren. Sie wechseln dann mit der Mindestrente oder der Grundsicherung in den „wohlverdienten Ruhe-stand“. Nach Angaben des Sozialverbandes VdK ist die Zahl jener, die Anspruch auf Unterstützung hätten, sogar noch weitaus höher. Doch trauen sich 40-50 % nicht, diese zu beantragen, weil es entweder ihr Stolz nicht zulässt oder sie den staatlichen Zugriff auf das Vermögen ihrer Töchter und Söhne befürchten.

https://www.youtube.com/watch?v=3EcAqRM086U

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen hat ebenfalls zugenommen: Innerhalb nur eines Jahres sind es 50.000 (10 %) mehr geworden – derzeit insgesamt 500.000. Jochen Brühl warnt auch hier: Viele können oder wollen sich einen Schulabschluss oder eine Ausbildung nicht leisten. Sie schlagen sich als Hilfsarbeiter oder noch schlimmer mit Gelegenheitsjobs durch’s Leben. Dadurch wird die Altersarmut von morgen heran-gezüchtet. Diese Kinder und Jugendliche haben fast keine Chance, dem Teufelskreis zu entkommen.
Aber auch viele Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose, körperlich Eingeschränkte und auch Migranten sind auf die Hilfeleistungen der Tafeln angewiesen. Viele frieren zuhause, um sich Heizkosten einsparen zu können. Auch der Strom für den Kühlschrank oder die Gefriertruhe ist teuer. Damit können sie bei Schnäppchen in den Supermärkten oder Diskontern nicht reagieren.
Über Armut wird nicht gerne geredet – doch ist sie überall und steigt ständig an. Viele Organisationen fordern deshalb, die Armutspolitik ganz oben auf die Agenda zu setzen. Wer über seinen Verhältnissen lebt, ist selbst schuld. Dennoch gibt es viele, die unverschuldet in die Armutsfalle tappen: Trennung vom Lebenspartner, Verlust der Arbeitsstelle, Krankheit oder Unfall. Beim untersten Rand der Gesellschaft versagt zumeist das staatliche Sozialsystem. Nicht nur direkt, bei den Betroffenen. So berichtete die ehemalige Vorsitzende der Linkspartei, Sahra Wagen-knecht, in einem Round-Table-Gespräch in der ARD, dass einem Arbeitslosen, der sich über die Höhe des Arbeitslosengeldes erstaunt zeigte und meinte, wie er davon leben solle, vom Jobcenter-Mitarbeiter gesagt bekam, er könne ja zu den Tafeln gehen! ALG I berechtigt jedoch nicht zum Warenbezug bei den Tafeln.
Nein auch bei solchen Hilfsorganisationen wie den Tafeln versagt der Staat. Was in anderen Mitgliedsländern der EU selbstverständlich ist, nämlich solche Organisationen auch mit öffentlichen Geldern zu unterstützen, stösst in Deutschland auf taube Ohren. Die Tafeln Deutschland haben 2018 laut Jahresbericht gerade mal eben 130.781,- € (2017 waren es noch 282.829,- €) erhalten – 36.581,- € mussten allerdings an Steuern bezahlt werden – damit verringerten sich die Netto-Zuschüsse der öffentlichen Hand auf knapp 94.000,- €! Nur einmal gab es einen höheren Betrag für das Sammeln regionaler Waren. In Österreich konnte ich bei meiner Suche nach staatlichen Subventionen gar nichts finden!
Die Tafeln Deutschland arbeiten schon seit geraumer Zeit an ihren personellen Grenzen. Aber auch der Lager- und Kühlraum sowie die Beförderungsmittel bereiten inzwischen große Sorgen. So hätten im vergangenen Jahr noch wesentlich mehr Lebensmittel gerettet werden können – einzig: Es fehlte an Transportern und Lagermöglichkeit.

Obgleich der Anteil an Migranten im vergangenen Jahr um 6 % zurück ging, sorgte v.a. die Essener Tafel für bundesweite Schlagzeilen. Der dortige Leiter, Jörg Sartor, entschloss sich, die Abgabe der Waren für einen gewissen Zeitraum nurmehr an deutsche Bedürftige durchzuführen. Als Grund gab er den Anteil von ausländischen Kunden mit 75 % an. Darunter waren offenbar auch viele Russlanddeutsche und Syrer, die sich offenbar nicht wie alle anderen auch anstellen wollten, drängelten und schubsten, sodass viele vor allem ältere Menschen nicht mehr kamen. Für die Politik jedoch war es offenbar nur eine Tagesschlagzeile, heisst es aus den Tafeln. Geändert habe sich seither nicht wirklich etwas. Der Soziologe Stefan Selke formulierte es in der Zeitung „Tagesspiegel“ drastisch aber durchaus korrekt:

„Sie (die Tafeln, Anmerkung des Schreiberlings) sind der Pannendienst einer sozial erschöpften Gesellschaft, die immer mehr ihrer Mitglieder als Überflüssige abspeist!“

Lesetipps:

.) Fast ganz unten – Wie man in Deutschland durch die Hilfe von Lebensmitteltafeln satt wird; Stefan Selke; Westfälisches Dampfboot 2009
.) Tafeln im flexiblen Überfluss. Ambivalenzen sozialen und ökologischen Engagements; Stephan Lorenz; transcript Verlag 2012
.) TafelGesellschaft. Zum neuen Umgang mit Überfluss und Ausgrenzung; Hrsg.: Stephan Lorenz; transcript Verlag 2010

Links:

– www.tafel.de
– dietafeln.at
– www.schweizertafel.ch/de/
– www.tischlein-deckdich.at
– www.tischlein.ch
– regionalbuero-zuerich.heilsarmee.ch

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Wahlen in Österreich – schlechte Inszenierung

Es wird wahrhaft ein heisser Herbst werden im Alpenstaat. Am 29. September wählt Österreich seinen neuen Nationalrat, am 13. Oktober Vorarlberg und am 24. November die Steiermark ihre Landtage. Während die beiden Bundesländer-Wahlen im Zeitplan liegen, sind die Nationalratswahlen vorgezogene Neuwahlen, nachdem aufgrund des „Ibiza-Videos“ die Koalition zwischen bürgerlicher ÖVP und rechts-populistischer FPÖ zerbrach. Beide Parteien beschimpften sich bis auf’s Blut, einer hingegen soll von alledem nichts gewusst haben! Doch nun fahren die beiden Spitzenkandidaten Sebastian Kurz (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) wieder auf Kuschelkurs: Die Regierungsarbeit habe ja ohnedies bestens funktioniert! Damit ist also vor der Wahl, nach der Wahl! Oder nach der Wahl, vor der Wahl? Kennt sich ja niemand mehr aus!
Da die Alpenrepublik eine „semipräsidentielle-repräsentative Republik“ ist, sind alle fünf Jahre Herr Worlitschek und Frau Navratil aufgefordert, ihre Volksvertreter in’s Hohe Haus zu wählen. Das macht – sofern mir meine Mathematiklehrer etwas Sinnvolles mit auf den Weg gegeben haben, innerhalb von 74 Jahren 14 Regierungen, ordnungsgemäss würde 2020 erneut gewählt werden. Tatsächlich sind es jedoch schon 22 Gesetzgebungsperioden (Legislaturperioden) seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Man muss nicht auf ein Studium zurückgreifen um zu behaupten, dass da etwas nicht stimmt! Nur die Zahl der Abgeordneten ist seit der ersten Nationalratswahl in der Ersten Republik im Jahr 1920 (mit kurzer Unterbrechung) gleich geblieben: 183!
Da haben dann wohl einige die Definition des Wortes „Politik“ etwas zu wörtlich genommen. Im Duden steht:

„Auf die Durchsetzung bestimmter Ziele besonders im staatlichen Bereich und auf die Gestaltung des öffentlichen Lebens gerichtetes Handeln von Regierungen, Parlamenten, Parteien, Organisationen o. Ä..“

Klingt zugegebenermaßen gut, ist es aber schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Ich würde da besser eine andere Definition bevorzugen:

„Methode, Art und Weise, bestimmte eigene Vorstellungen gegen andere Interessen durchzusetzen.“

Denn öffentliches Leben heisst unser aller Leben. Und da muss man Kompromisse eingehen, sagt uns schon die „Konstruktive Konflikt-lösung“. Der Philosoph Immanuel Kant bezeichnete es so:

„Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.“

Das jedoch gehört offenbar nicht mehr zur politischen Ausbildung. Bestes Beispiel hierfür war das Gewürge bei der versuchten Bildung der Jamaika-Koalition nach den deutschen Bundestagswahlen. Einzig das Bündnis 90/Die Grünen zeigte sich dermassen kompromissbereit, sodass es beinahe sogar auf einige seiner Parteigrundsätze verzichtet hätte.
In Österreich erklärten im November 2017 die damaligen beiden Spitzenkandidaten von ÖVP und FPÖ, Sebastian Kurz und H.C. Strache, was vielen vor den Wahlen schon bekannt war: Die Verbrüderung des etwas nach rechts verirrten bürgerlichen Lagers mit den Rechts-populisten. Friede, Freude, Eierkuchen!!! In Österreich wurde ab sofort gearbeitet und alles erneuert! Damit strafte jedoch Kurz auch seine Vorgänger aus den Reihen der Schwarzen Lügen, da die ÖVP ja in den Jahren zuvor bereits Regierungsbeteiligung hatte und durchaus hätte einiges bewegen können. Auch Kurz selbst sass als Minister bzw. zuvor als Staatssekretär in zwei dieser Regierungen. War also alles zuvor umgesetzte schlecht, alle Entscheidungen falsch? Gemeinsam winkte die schwarz-blaue Regierung Gesetze durch, die oftmals die Frage aufwarfen, ob die Volksvertreter denn tatsächlich für ihr Volk oder aus eigenen Interessen heraus regierten: Interessensvertretungen wurden nicht eingebunden, Begutachtungen gab es nicht, in vielen Fällen mussten die bereits beschlossenen Gesetze im Nachhinein auf ihre Verfassungskonformität hin überprüft werden. Nicht weniger als drei Volksbegehren wurden abgesägt, obwohl die direkte Demokratie zum Wahlprogramm der FPÖ gehörte und sie selbst schon ein Volksbegehren gegen die ORF-Zwangsgebühren durchgeführt hatte. Das Frauenvolks-begehren schaffte es auf beinahe 482.000 Unterschriften, das Anti-Raucher-Volksbegehren gar auf nahezu 882.000 Unterschriften – beide Inhalte lagen vor Kurz auch im Interesse der ÖVP.
Und dann wird ein Video veröffentlicht, das drei Personen (möglicher-weise auch mehr) zeigt, die in Alkohollaune (möglicherweise auch etwas anderem) über Korruption und Amtsmissbrauch (möglicherweise auch etwas anderes) reden. Plötzlich sind sich beide Parteien spinnefeind, die sich ansonsten zu den Ministerratssitzungen mit Freundschaftsbusserl begrüssten. Als dann die umstrittenste Figur der Regierung, Innen-minister Herbert Kickl (FPÖ), auf Antrag des Bundeskanzlers durch den Herrn Bundespräsidenten seines Amtes enthoben wird, explodiert das Pulverfass.
Es war übrigens nicht das erste Mal in der näheren Vergangenheit: 1995 liess Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die Koalition mit der SPÖ platzen, 2002 löste derselbe die Koalition mit der FPÖ, 2008 machte Wilhelm Molterer mit den bekannten Worten „Es reicht mir mit der SPÖ!“ eine Regierungskrise aus und schliesslich 2017 Sebastian Kurz. Stellt sich einem Normaldenkenden die Frage: Ist diese ÖVP denn überhaupt koalitionstauglich? Schliesslich vertritt sie durch ihre Bünde durchaus auch gegenteilige Wählerinteressen, weshalb etwa Reinhold Mitterlehner 2017 als Bundesparteiobmann der ÖVP die Segel strich. Sebastian Kurz verpasste den Bünden als Bedingung für dessen Nachfolge einen Maulkorb – doch auch damit war das Problem offenbar nicht gelöst.
Die SPÖ unter Pamela Rendi-Wagner hat einer möglichen Koalition mit der ÖVP nach den Wahlen bereits vorzeitig eine Abfuhr erteilt – da träfen ansonsten zwei Alphatierchen direkt aufeinander. Mit Norbert Hofer wird bereits wieder seit der TV-Konfrontation ein Tête-à-Tête vereinbart, die Grünen unter Werner Kogler möchten wieder zurück in’s Parlament und natürlich erstmals in der Geschichte in die Bundesregierung. Doch sind auch hier die Reibungsflächen zur Kurz’schen Politik zu gross, obgleich es auf Landesebene ausgezeichnet funktioniert. Die restlichen Parteien spielen wohl für eine Regierungsbildung nur eine untergeordnete Rolle. Wird es also nach dem 29. September wieder die alte Regierung geben? Sehr viel hat sich jedoch nicht bei den Freiheitlichen getan: Bundespartei-obmann H.C. Strache wurde in die Wüste geschickt – er versprach jedoch, dass er seinen Fehde-Handschuh wieder auf den Tisch werfen werde. Auf den ersten zehn Plätzen der Bundesliste finden sich 9 Personen, die bereits zuvor im Parlament sassen, nur auf Platz acht gibt es mit dem Juristen Robert van Handel einen Quereinsteiger. Und: Der von Kurz offenbar so abgrundtief verhasste Herbert Kickl kandidiert auf dem 2. Platz der Bundesliste. Kurz schloss schon des öfteren eine VP/FP-Regierung mit Kickl aus. Übrigens: Nach einer Umfrage der Meinungs-forscher von Public Opinion Strategies im Auftrag des TV-Senders ATV unter 2.402 Wahlberechtigten spielt das Ibiza-Video keine Rolle bei ihrer Wahlentscheidung (63 %). Es gleicht also einem schlechten Komödienstadel, was in diesen Tagen durch die Medien geistert. Die Wahlen werden wohl aufzeigen, ob die nächsten Jahre über tatsächlich Politik für Österreich gemacht werden wird, oder ob es den Antagonisten nur um den persönlichen Machterhalt geht.
Der Vollständigkeit halber auch ein kurzer Einblick in die anderen Bundeslisten: In der ÖVP-Bundesliste finden sich nahezu dieselben Gesichter unter den ersten zehn Kandidaten wie 2017 – fünf davon waren gar Minister. Nichts wirklich neues auch bei der SPÖ – es gab also keine grosse Umstellung nach Kern durch die neue Bundespartei-Chefin. Nur die Grünen stechen hervor: Einziger wirklicher Kapazunder ist Spitzenkandidat Werner Kogler. Ansonsten können nur Ex-Europaparlamentarier Michel Reimon (Platz 4) und die von der Liste Pilz zurückgeholte Alma Zadic (Platz 5) auf nationale bzw. internationale politische Erfahrung zurückblicken, alle anderen kommen aus der Bundesländer-Politik oder sind Quereinsteiger, wie etwa die für die Piraten-Partei in der grünen Bundesliste startende Maria Chlastak (Platz 10).
Sehr interessant wird’s hingegen bei der Klimapolitik, die in Deutschland eine gewichtige Rolle für den Aufstieg von Bündnis 90/Die Grünen spielt: Fridays for Future beauftragte Wissenschaftler zur Überprüfung der Klimaprogramme der Parteien im Alpenstaat. Grosse Ernüchterung brachte das Resultat: Nicht ausreichend! Nur die Grünen schnitten etwas besser ab – aber auch sie haben Nachholbedarf! Bei allen anderen Parteien ist von vernünftiger Klimapolitik keine Spur – auch wenn sie im gutklingenden Wahlprogramm steht. Worte sind geduldig – einzig: Es scheitert an der Umsetzung! Der Weltklimatag jedoch hat es bewiesen, dass die Migration nicht mehr das vordringlichste Problem ist, das es zu bewältigen gilt. Denn: Sollten die Prognosen tatsächlich eintreten, wird sich das Flüchtlingsproblem verfünffachen, da ganze Länder nicht mehr bewohnbar sind, weil die Temperaturen langfristig auf über 50 Grad ansteigen oder Inseln und meeresnahe Gebiete unter Wasser liegen.
Auch Österreichs Parteien sind auf der Suche nach charismatischen Chefs. Menschen mit Handschlagqualität, die nicht nur die eigenen Interessen (oder jene ihrer Sponsoren) durchsetzen, sondern zudem Kompromisse eingehen können, ohne das Gesicht zu verlieren. Dabei wäre die Lösung gar nicht mal so weit entfernt zu finden: In Baden-Württemberg knabbert Bündnis 90/Die Grünen bereits an der 40 %-Marke. Verantwortlich dafür zeichnet der charismatische Landeschef und Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Wieso schafft er den Spagat zwischen den Interessen der Wirtschaft und den Interessen des Volkes? Wieso empfehlen die wenigsten, durchaus mehr als gut bezahlten PR-Berater nicht, sich an ihm ein Beispiel zu nehmen? Wieso wird seine Arbeit nicht analysiert und umgelegt? Übrigens ist auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auf dem besten Weg, ein Vertreter für Volk und Wirtschaft zu werden. Muss das eine das andere immer ausschliessen, wie in Österreich?
Fragen über Fragen, die auch nach diesen bevorstehenden Nationalrats-wahlen in Österreich nicht beantwortet werden können. Denn: Herr und Frau Österreicher vergessen leider viel zu schnell! Und jene, die nicht vergessen, gehen nicht mehr zur Wahl! Es wäre vieles machbar, wenn es das Volk so haben möchte, nicht die Politiker! Österreich ist zu schön und zu wertvoll für Stammtischpolitik!!!

Links:

– www.oesterreich.gv.at
– www.parlament.gv.at
– www.bmi.gv.at
– wahlkabine.at
– www.oegpw.at
– www.uibk.ac.at/gfpa
– www.sebastian-kurz.at
– www.pamelarendiwagner.at
– www.norberthofer.at‎
– www.gruene.at/werner-kogler
– beatemeinl.com
– peterpilz.at
– www.wirkoennen.at/ivo-hajnal/
– www.derwandel.at/author/fayad/

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Der Amazonas ist ihm scheissegal!!!

„Amazonien ist unser Erbe, unterliegt unserer Souveränität, aber wir können es mit der Welt teilen. … Es ist ein Schatz, den wir alle gemeinsam hüten müssen.“
(Kolumbiens Präsident Iván Duque)

Die Bilder sind verheerend und rühren auch die Hartgesottensten unter uns zu Tränen! Die grüne Lunge unseres Planeten, der Amazonas-Regenwald, steht in Flammen. Milliarden Tonnen CO2 werden dadurch freigesetzt – das Land, das durch die Rodungen und anschliessenden Brandrodungen freigemacht wird, kann für maximal zwei Jahre verwendet werden, dann ist der Boden ausgelaugt und liegt brach! Der Schaden wird also nicht mehr gutzumachen sein. Was dies für die ohnedies schon angeschlagene Mutter Erde bringen wird, zeigt uns wohl in aller Härte die Zukunft.
Regierungschefs aus sechs südamerikanischen Ländern haben sich vergangene Woche getroffen, um den für uns alle so wichtigen Regenwald künftighin zu schützen. Nur einer fehlte – er war allerdings zumindest mittels Videoleitung zugeschaltet: Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro. Offiziell aufgrund der Vorbereitungen für eine Operation eines Narbenbruches, bei jener Verletzung, die ihm ein Fanatiker mittels Messer während des Präsidentschaftswahlkampfes zugefügt hatte.
Ihm schien jedoch der Urwald schon vor seiner Wahl im Weg zu stehen – Brasilien soll mit Soja und Rindfleisch nach seinen Plänen zur Spitze der führenden Wirtschaftsmächte aufschliessen und das Naturschutzgebiet Estação Ecológica Tamoios südlich von Rio de Janeiro ein Urlauber-paradies werden. Am dortigen Strand wurde er 2012 beim illegalen Angeln erwischt, was er auch heute noch abstreitet, obwohl Fotos vorliegen. Die Strafe hat er selbstverständlich nicht bezahlt – der Beamte der Umweltbehörde, der ihn damals fotografierte und anzeigte, wurde gekündigt. Wer nun ist dieser Mann, dem das Wohl seines Landes offenbar so gar nicht am Herzen liegt?
Bolsonaros Familie besitzt italienische Wurzeln – seine Vorfahren sind im auslaufenden 19. Jahrhundert nach Brasilien ausgewandert. Durch seine derzeitige dritte Frau, die im Übrigen um 27 Jahre jünger ist als er (muss auch er sich künftig vor den beiden jungen Präsidenten Macron und Trudeau in Acht nehmen?), kam der römisch-katholische Politiker in Kontakt mit den Baptisten und den evangelikalen Freikirchen, die ihn auch entscheidend unterstützen. Von den vier Söhnen haben drei ebenfalls den politischen Berufsweg eingeschlagen. Seine Tochter aus der derzeitigen Ehe durfte wohl nicht, wie es bei den Rechtspopulisten üblich scheint.
Die politische Laufbahn begann im Jahr 1988, als sich Bolsonaro für die Christdemokraten (PDC) in den Stadtrat von Rio de Janeiro wählen liess. Zwei Jahre später zog er in die Abgeordnetenkammer des Parlamentes ein. Seither wechselte er die Parteien wie andere ihre Autos – bislang acht mal. 2018 kandidierte er für die in’s rechts-konservative Lager abdriftenden Sozial-Liberalen (PSL) für die Präsidentschaftswahlen. Dabei erhielt er auch die Unterstützung der Rechtsextremen. Sein Programm gleicht dem aller rechts von der Mitte stehenden Volksvertretern: Kampf gegen die Kriminalität, die Korruption und die Wirtschaftskrise und das Recht auf Waffenbesitz, sowie eine Minimierung des Einflusses der Gerichte und damit des Rechtsstaates. Starker Tobak sind seine rassistischen, frauenfeindlichen und homophoben Aussagen.

„Sie verdient es nicht, weil sie sehr hässlich ist. Sie ist nicht mein Typ. Ich würde sie nie vergewaltigen.“
(Bolsonaro über die Abgeordnete Maria do Rosario)

Bei der Stichwahl am 28. Oktober des vergangenen Jahres schliesslich erhielt er 55,1 % der Stimmen.
Seit seinem Amtsantritt eifert er seinem grossen Vorbild in den USA nach: Mehr Macht für das Militär, Ausschaltung kritischer Medien, weg mit dem Umwelt- und Klimaschutz, … Diese Woche veröffentlichte Geheimdoku-mente zeigen alsdann, dass er gar ein Anden-Amazonas-Schutzgebiet verhindern wollte. Dieses hatte der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos vor der Weltklimakonferenz 2015 in Paris auf’s Tapet gebracht, blitzte damit aber bei Brasilien und Venezuela ab.
Als der Wald zu brennen begann, leugnete der Präsident dies. Nachdem die Feuer immer mehr wurden und sich nicht mehr verheimlichen liessen, schob Bolsonaro die Schuld der Sonne, den Winden und v.a. den Umweltschützern zu, die ihn dadurch angeblich verunglimpfen wollten. Totaler Humbug – es wird gar gemunkelt, dass die Brandstifter durch den Präsidenten motiviert waren. Bevor nun wieder die ersten Rufe nach Verschwörungstheorie laut werden – hier der Hergang: Die B-163 soll vom Süden des Amazonas bis in den Norden an die Grenze von Surinam führen. Dazu muss eine grosse Brücke über den Strom gebaut werden und zudem ein Wasserkraftwerk entstehen. Zufälligerweise brachen entlang dieser Route der B-163 die meisten Brände aus, die zuvor auf einer Webseite mit dem Vermerk „gestützt auf die Worte des Präsidenten“ angekündigt waren. Als „Feuertag“ wurde von den Farmern der 10. August festgelegt. Die Regierung in Brasilia reagierte gar nicht darauf, obgleich sie von der Umweltbehörde informiert wurde.
Erst als der Präsident aus den eigenen Reihen (durch die starke Landwirtschaftslobby) kritisiert wurde und die Menschen lautstark mit Kochtöpfen und Löffeln auf die Strassen gingen, riskierte er eine Kehrtwende und stellte den Schutz des Waldes voran. Angeblich sollten 44.000 Soldaten im Kampf gegen die Brände helfen – eine Woche nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung waren es gerade mal einige hundert. Auch ist bislang nur sehr wenig bekannt über die Verfolgung und Bestrafung der Feuerleger, obgleich die Generalstaatsanwältin Raquel Dodge nach dem OK aus Brasilia vom „Verdacht auf eine orchestrierten Aktion“ sprach.

„Vater, der Fluss ist kein Fluss mehr. Der Wald ist kein Wald mehr. Wo es keine Bienen mehr gibt, gibt es auch kein Wachs und keinen Honig!“
(Der ecuadorianische Präsident Moreno stimmte dieses Lied „Pare“ des katalanischen Liedermachers Joan Manuel Serrat während des Amazonas-Treffens in Kolumbien an)

International wollen nurmehr wenige mit Bolsonaro zusammenarbeiten. Vor allem der französische Ministerpräsident Macron boykottiert gemeinsam mit Irland das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Brasilien. Es wäre eine schlimme wirtschaftliche Ohrfeige in das rechtspopulistische Gesicht, da das Land dann auf den beiden wichtigsten Exportgütern Rindfleisch und Soja sitzen bleiben würde (der Gesinnungs-bruder in Nordamerika produziert selbst genug davon, wie der Fessel-vertrag mit der EU zur Abnahme von Rindfleisch beweist). Doch ausgerechnet dafür wurde ja der Regenwald angezündet: Für mehr Weideflächen und mehr Soja-Äcker.
Manche bezeichnen Bolsonaro bereits als „politischen Pyromanen im Präsidentenpalast“. Schliesslich hat er seit seinem Amtsantritt daran gearbeitet, die Voraussetzungen für das aktuelle Geschehen im Amazonas-Gebiet zu schaffen: Leugnung der Satellitenbilder der nationalen Weltraumbehörde und damit Leugnung der grossflächigen Abholzungen (den Leiter des brasilianischen Instituts für Weltraum-forschung INPE, Ricardo Magnus Osório Galvão, warf Bolsonaro raus, als dieser meinte, dass sich die Zahl der Rodungen des Regenwaldes seit dem Amtsantritt des Staatspräsidenten mehr als verdoppelt haben), militärische Härte gegen die Beschützer des Regenwaldes und der indigenen Völker, keinerlei Strafverfahren gegen die Täter, Hörigkeit gegenüber der Landwirtschaftslobby, … Viele Länder zahlten bislang Millionenbeträge in den Amazonas-Fonds ein – ein Schelm, der genaues weiss, wofür diese Gelder verwendet wurden. Erst als die Zahlungen versiegten, fühlte sich der Präsident in seiner Ehre gekränkt und zog sich schmollend und laut schreiend in seinen Palast zurück. Gegenüber der deutschen Kanzlerin Merkel etwa betonte er, sie solle mit dem Geld ihr eigenes Land aufforsten.
Und dennoch steht das Volk hinter seinem Präsidenten. Schliesslich behauptet er, dass vornehmlich die Europäer aber auch die Nordamerikaner (sicherlich meinte er die Zeit vor Trump) dem brasilianischen Volk das Eigentum vorenthalten wollen. Im Rahmen dieser „globalistischen Kampagne“ würden auch die Umweltorganisationen und Geheimdienste missbraucht, um dieses Ziel zu erreichen. Immer wieder versucht Bolsonaro seine Leute mit Sprüchen wie „Angriff auf die Freiheit und Unabhängigkeit des Landes“ bei der Stange zu halten. Seinen Widersachern gab er unmissverständlich zu verstehen, dass er sich aus dem Ausland keine Einmischung wünsche. Brasilien gehöre den Brasilianern – er ist der oberste Brasilianer!
Nun hat sich auch Papst Franziskus aus Argentinien als Vermittler eingeschaltet. Auf seine Initiative hin wird im Oktober im Vatikan eine päpstliche Amazonas-Synode stattfinden. Nicht wirklich nach Bolsonaros Geschmack. Der G7-Gipfel sagte den Amazonas-Anrainerstaaten eine Sofort-Brandhilfe in der Höhe von 20 Mio US-Dollar zu! Bolsonaro hingegen stellte Bedingungen für die Annahme. Durchaus als sicheres Zeichen zu bewerten, dass es ihm schon längst nicht mehr um das Volk, sondern nurmehr um seinen Machtanspruch geht.

Links:

– www.bolsonaro.com.br
– www.brazil.gov.br
– www.gov.br/pt-br
– www.camara.leg.br
– www.senado.gov.br
– kas.de

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Die E-Lüge?

Eigentlich sind es ja gute Nachrichten, die nahezu jeden Tag auf meinen Schreibtisch flattern:
.) Mercedes baut an einem E-Van, der eine Reichweite von 400 Kilometer besitzen soll
.) Ein Porsche Taycan schaffte in einem 24-h-Test nicht weniger als 3.425 km
.) E-5er von BMW innerhalb von 2 Sekunden von 0 auf 100
.) VW erwartet sich einen Run auf den neuen ID.3
.) Fiat wird 2020 seinen Kult-Klassiker 500 auch als E-Car auf den Markt bringen
.) Ionig Elektro von Hyundai mit 136 PS und einem Drittel mehr Reichweite
Nur einige wenige Schlagzeilen, die das Herz eines klimafreundlichen Autofahrers höher schlagen lassen. Und, die beweisen, dass sich nun endlich auch die in fossile Treibstoffe verliebte deutsche Autoindustrie auf dem richtigen Weg wähnt. Doch – wieso erst jetzt? Schliesslich ist der Verkehr EU-weit für 20 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Und das meiste davon wiederum geht als Wärme verloren, liegt doch der Wirkungsgrad eines konventionellen Kraftfahrzeuges mit Verbrennungs-motor bei 25% (Tank to Wheel), jener eines E-Cars jedoch bei 85 % (Plug to Wheel). Würden in Österreich 20 % (1 Mio Autos) aller Fahrzeuge in Form eines E-Cars über die Strassen flitzen, könnten rund 8,4 TWh Energie eingespart werden – im Jahr 2017 wurden in der Alpenrepublik 1,2 Mio E-Cars verkauft. Dies sind 1,5 % der Neuzulassungen. In Norwegen geht jede 5. Neuzulassung an ein E-Car.
Allerdings gesellen sich auch immer mehr negative Meldungen zur E-Mobilität hinzu:
.) Umweltsünder in Herstellung und Entsorgung
.) Lithium- und Kupfer-Lagerstätten werden ausgebeutet
.) Brandgefährlich bei Unfällen
.) Kein Recycling der Akkus möglich
Fakt ist, dass seit 1990 die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen um nicht weniger als 60 % angestiegen sind (in Österreich um 66 %). Das im Vergleich kleine Land Österreich ist derzeit verantwortlich für einen jährlichen Ausstoss von 67 Mio Tonnen! Hier ist also dringender Handlungsbedarf vonnöten. Doch: Ist ausgerechnet die E-Mobilität der richtige Lösungsansatz für die Klimaproblematik? Schlussendlich ist auch sie nicht komplett emissionsfrei und ressourcenschondend.
Strom muss produziert werden. Geschieht dies mit erneuerbaren Energien wie der Sonne, Wind oder Wasser, so ist dies durchwegs als sehr gut zu beurteilen. Dennoch wird ein erheblicher Teil des Strombedarfs nach wie vor durch Kohle- oder Gaskraftwerke getilgt. Vornehmlich erstere sind wahre Klimakiller: So stösst ein Braunkohlekraftwerk nahezu 1,2 kg CO2 pro erzeugter kWh in die Luft aus, ein Steinkohlekraftwerk rund 0,9 und ein Gaskraftwerk 0,4 kg. Damit konzentriert sich der Ausstoss von Treibhausgasen zwar auf die Regionen rund um die Produktionsstätten – dennoch bleibt der Umweltaspekt im Hintertreffen. Käme der Strom ausschliesslich aus Kohlekraftwerken, so wäre die Klimafreundlichkeit der E-Cars defacto eine Lüge!
Machbar jedoch ist alles – man muss nur wollen! Das zeigt am ehesten die Deutsche Bahn, die den Strom für den kompletten Fernverkehr als Ökostrom bezieht – in Österreich werden 92 % des kompletten Bahn-stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen. In einer kWh deutschen Stromes stecken rund 550 g CO2 – in norwegischem Strom jedoch nur rund 60 g. Norwegen deckt das Gros seines Strombedarfs durch Öko- bzw. Atom-Strom ab.
Die Produktion der Akkus verbraucht Unmengen von Lithium, Kupfer und Strom. Der CO2-Fussabdruck ist deshalb katastrophal. Dies amortisiert sich – nach unterschiedlichen Berechnungen – im Vergleich zum Diesel-auto erst nach frühestens 100.000 Kilometern. Allerdings ist die Lebens-dauer der Akkus beschränkt. Ähnlich auch das Ergebnis einer ifo-Studie. Dort erhält der Mercedes C220 eine bessere CO2-Bilanz als der Tesla Modell 3: 141 g CO2 pro gefahrenem Kilometer zu 155 bis 180 g (je nachdem, wo die Akkus produziert wurden). Diese Studie jedoch ist viel kritisiert, da bei der Berechnung des Strommixes 35% Kohlestrom einflossen und die Herstellung mit hohen Emissionswerten berücksichtigt wurden. So fällt bei der Produktion der Hauptbatterie des Tesla mit 75 kWh eine CO2-Emission von 11-15 Tonnen an. Aufgeschlüsselt auf 150.000 km sind dies 73-98 g pro gefahrenem Kilometer – nur für diese eine Batterie (Studie des IVL Swedish Environmental Research Institutes aus dem Jahre 2017). Diese Daten dienten als Grundlage der Berechnungen. Normalerweise verwendet auch Tesla kleinere Batterien. Zudem besitzt der Tesla rund 350 PS Motorleistung, der Mercedes jedoch nur rund 190 – ein Vergleich der beiden Kategorien ist also nicht zulässig. Dennoch ist Tesla sicherlich ein Vorzeigehersteller. Schliesslich fertigt das Unternehmen seine Akkus selbst und verwendet dabei am Standort im US-Bundesstaat Nevada einen sehr hohen Anteil an Solarstrom. Ansonsten werden die meisten Akkus für die unterschied-lichsten Automarken in China produziert. Dort gelangt nach wie vor viel Strom aus Kohlekraftwerken in’s Netz, sodass die Ökobilanz um zirka 30 % schlechter ausfällt. Berechnungen des Verkehrsclubs Österreich hingegen kommen auf Emissionen von rund 185 g CO2-Äquivalent pro gefahrenem Personenkilometer bei einem benzinbetriebenen Kompakt-klassewagen, bei einem vergleichbaren E-Car hingegen nur auf 90 g (bei 100 % Ökostrom gar auf 25 g).
Die Entsorgung der Akkus wirft ebenfalls grosse Probleme auf, da sie nicht zu 100 % recycelt werden können. Die durchschnittliche Laufleistung wird auf 150.000 km beschränkt. Tesla gewährt für die grosse Batterie auf bis zu 192.000 km Garantie. Danach können die Akkus noch eingeschränkt als Speicher verwendet werden. Interessantes Detail übrigens am Rande: Je häufiger Schnellladestationen verwendet werden, umso kürzer ist die Lebensdauer der Akkus, da sie bei jedem Ladevorgang stark in Anspruch genommen werden. Einige wenige Unternehmen haben sich auf das Teilrecycling der Akkus spezialisiert. So verbrennt etwa der Akku-Recycling-Weltmarktführer Umicore aus Belgien die Akkus. Danach werden sie zermahlen. Dadurch können zumindest die Bestandteile Kobalt, Kupfer und Nickel wiedergewonnen werden. Verloren gehen Lithium, Graphit, Aluminium und der Elektrolyt. Die schweizerische Batres Industrie AG verwendet ebenfalls die thermische Bearbeitung – danach wird der Rückstand einer Abgas-Nass- und -Trockenreinigung unterzogen und in die einzelnen Elemente zerteilt. Konkurrent Duesenfeld aus Deutschland schreddert die Akkus im Stickstoffumfeld, da sie ansonsten leicht entzündlich sind. Dadurch kann der Elektrolyt ebenso wie Graphit, Kobalt, Lithium, Mangan und Nickel rückgewonnen werden. Durch derartiges Recycling verringert such der CO2-Fussabdruck der Produktion um 40 %. Trotzdem sind derzeit noch keine Informationen bekannt, wieviel Recycling-Material bei der Neuproduktion eingesetzt wird.
Die europäischen Autohersteller verweigern bislang alternative Batterien und setzen auch weiterhin auf die Lithium-Ionen-Akkus. Dabei könnten wesentlich umweltfreundlichere ebenso eingesetzt werden – etwa mit einem Metall oder Schwefel an der Kathode.
Ob nun ein E-Car zu Ihnen passt – hier erhalten Sie mehr Informationen:

https://www.energiesparverband.at/fileadmin/redakteure/ESV/Info_und_Service/Publikationen/E-Auto-Broschuere.pdf

Was jedoch könnte anstelle der E-Cars Verwendung finden? Ich bin ein begeisterter Anhänger der Brennstoffzelle. Mit Wasserstoffantrieb liegen auch weite Strecken im Bereich des Möglichen. Angetrieben wird ein Elektromotor, aus dem Auspuff tropft Wasser. Das wiederum kann ausgezeichnet den Boden kühlen und für mehr Regen sorgen. BMW schickte vor einigen Jahren den ersten Prototyp mit Brennstoffzelle auf Weltumrundung. Nachteil auch hier ist die derzeit noch aufwendige Produktion von Wasserstoff. Grosser Vorteil: Die Produktion aus natürlichen Beständen ist unerschöpflich. Ausserdem kann in nahezu derselben Zeit wie beim Benzin- oder Dieselmotor nachgetankt werden. Experten allerdings sehen die Akkus auf kürzeren Strecken als effizienter. Wo hingegen diese Motorart richtiggehend revolutionieren wird, ist der Gütertransport und die Personenbeförderung.
Zuletzt noch ein kurzes Wort zu den Hybridfahrzeugen. Normale Hybridfahrzeuge stossen nur unwesentlich weniger Emissionen wie ihre Benzin- oder Dieselkollegen aus. „Plug-in-Hybridautos“ (PHEV) allerdings verfügen über stärkere Batterien, die zusätzlich über das Stromnetz geladen werden können und dadurch tatsächlich E-Kilometer ermög-lichen. Der Verbrennungsantrieb ist somit vornehmlich für die Lang-strecke konzipiert.

Lesetipps:

.) Elektromobilität. Grundlagen einer Zukunftstechnologie; Hrsg.: Achim Kampker/Dirk Vallée/Armin Schnettler; Springer Vieweg 2018
.) Elektromobilität: Im Spannungsfeld technologischer Innovation, kommunaler Planung und gesellschaftlicher Akzeptanz; Hrsg.: Nadine Appelhans/Jürgen Gies/Anne Klein-Hitpaß; Deutsches Institut für Urbanistik 2016
.) Das Elektroauto: Mobilität im Umbruch; Marcus Keichel/Oliver Schwedes; Springer-Verlag 2013
.) Mit dem Elektroauto in die Sackgasse: Warum E-Mobilität den Klimawandel beschleunigt; Winfried Wolf; Promedia 2019
.) Schlaue Netze: Wie die Energie- und Verkehrswende gelingt; Waert Canzler/Andreas Knie; oekom verlag 2013
.) Chancen und Risiken der Elektromobilität in der Schweiz; Peter de Haan/Rainer Zah; Vdf Hochschulverlag AG 2013

Links:

– bem-ev.de
– bemvi.de
– dcti.de
– www.beoe.at
– www.biem.at
– www.forum-elektromobilitaet.ch
– vcoe.at
– www.elektroauto-news.net
– e-connected.at
– www.klimafonds.gv.at
– www.energiesparverband.at
– ladenetz.de
– kraftwerkforschung.info
– www.unendlich-viel-energie.de
– www.umweltbundesamt.de
– www.umweltbundesamt.at
– www.digitale-technologien.de
– www.iea.org/weo/
– www.ivl.se
– www.globalcarbonproject.org

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CO2-Fussabdruck

Ich kann es nicht verhehlen: Ich bin entsetzt! Ehrlich entsetzt! Bislang – so dachte ich – führte ich mein Leben anhand einer hohen Umweltver-träglichkeit nachhaltig. Klimaneutral sozusagen. Nun stolperte ich über den WWF-Rechner zur Bestimmung meines CO2-Fußabdruckes. Das Ergebnis: 10,4 Tonnen CO2 pro Jahr. Damit liege ich zwar noch unter dem deutschen Durchschnitt von 12,3 Tonnen – dennoch ist es zu viel. Der wohl grösste Brocken dabei ist die tägliche Fahrt zur Arbeit. Die Öffis brauchen mit viermaligem Umsteigen nahezu doppelt so lange, zudem lehne ich es ab, verschwitzt in einen übervollen Bus einzusteigen. Einiges wett mache ich allerdings durch meine Essgewohnheiten: Fleisch nur am Wochenende. Dafür allerdings habe ich einen hohen Käsekonsum! Das deutsche Umweltbundesamt geht für die Zukunft von einer Tonne pro Jahr und Person aus! Ich muss also an mir arbeiten!
Das sollte sich übrigens jeder vornehmen. Den Beginn macht sicherlich ein solcher Test über den persönlichen CO2-Fussabdruck. Dieser, auf englisch „Carbon Foodprint“, beziffert die Menge an Kohlendioxid-Emissionen, die ein Mensch im Laufe einer Woche, eines Monats oder eines Jahres verursacht. Ein kleiner Fußabdruck wäre empfehlenswert, da nicht nur die Industrie und die falsche Umweltpolitik einer Regierung für derartige Emissionen verantwortlich zeichnet. Nein – es beginnt bereits bei jedem Einzelnen! Im Laufe dieser heutigen Zeilen möchte ich deshalb versuchen, Wissenswertes und einige Anstösse zu vermitteln, wie ein solcher Fussabdruck möglichst klein gehalten werden kann.
Entwickelt haben die Berechnungen die beiden Wissenschaftler Wackernagel und Rees anno 1994. Der CO2-Fussabdruck setzt sich aus einer ganzen Menge an Komponenten zusammen: Essgewohnheiten, Heizbedarf, Konsumverhalten, Stromverbrauch und Transport – um nur einige in alphabetischer Reihenfolge zu nennen.

.) Essgewohnheiten
Die westliche Gesellschaft weist einen viel zu hohen Fleischkonsum auf. Nicht nur die Massentierhaltung, sondern auch die Kühlung des Fleisches sorgt für viele Emissionen. Weniger Fleisch oder Wurst in der Woche tut übrigens auch der Gesundheit gut. Das wissen v.a. die Diabetes- und Gichtpatienten. Zudem werden die Wasserreserven dadurch geschont – für ein Stück Rindfleisch zum Mittagessen muss schon mal mit 1000 Liter Wasser (in der Aufzucht der Tiere) gerechnet werden.
Regional ist zwar gut – saisonal-regional jedoch umso besser. Saisonales Obst und Gemüse erspart die Kühlung. So kann ein heimischer Apfel im Winter einen schlechteren CO2-Fussabdruck aufweisen, als sein importierter Kollege aus Chile, der tausende Kilometer Transportweg hinter sich hat.
Leitungswasser ist besser als Mineralwasser aus der PET-Flasche. Nicht nur, da die unzähligen Transport-Kilometer wegfallen – Leitungswasser muss nicht abgepackt werden und ist zumeist überall verfügbar.

.) Heizbedarf
Im Winter dermaßen einzuheizen, daß im Wohnzimmer mit T-Shirt Fernsehen geschaut werden kann, ist einfach nur dumm. Die Raum-temperatur tagsüber um 1-2 Grad und am Abend stark gesenkt, spürt nicht nur die Geldtasche, sondern auch das Klima. Zudem sollten nach-haltige Heizstoffe wie Holz, Hackschnitzel oder Pellets bzw. Wärme-pumpen verwendet werden, da die Emissionen von fossilen Brennstoffen (Kohle, Öl, Gas) eigentlich nichts in unserer Atmosphäre zu suchen haben und somit nicht kompensiert werden können.

.) Konsumverhalten
Ist es wirklich notwendig, stets up-to-date zu sein? Produkte, die noch funktionieren, gehören nicht in den Müll. Gilt auch für die Bekleidung. Ist der jährliche Garderobenwechsel wirklich vonnöten? Inzwischen lassen auch Markenhersteller durch Billigstarbeiterinnen produzieren. Somit wäre auch den Niedrigstlöhnern geholfen, wenn nicht dermaßen viel eingekauft werden würde.
Zudem werden beispielsweise für die Produktion nur einer Jeans rund 8000 Liter Wasser benötigt! Wiederverwenden ist hier das grosse Stichwort!

.) Stromverbrauch
Der Strom muss produziert werden. Deshalb ist die E-Mobilität nicht wirklich die beste Lösung für das Klima. Photovoltaik-Anlagen funktionieren nur bei Licht, Windräder nur bei Wind. Bei Pumpspeicher-kraftwerken wird zwar die Wasserkraft als vermeintlich umweltfreund-liches Produktionsmittel verwendet, dennoch muss das Wasser wieder in den Stausee hinaufgepumpt werden. Haben Sie gewusst, dass 1 Sekunde googeln die Energie von 23 Bäumen erforderlich macht? Es ist ja nicht nur die Rechenleistung des eigenen PCs. An allen internetbezogenen Aktivitäten hängt eine ganze Armada von Rechenzentren und Gross-rechnern.
Zudem: Frisch besorgt und angerichtet ist alle mal besser als gekauft und eingefroren. Die Gefriertruhe erweist sich in vielen Fällen als wahrer Stromfresser!

.) Transport
Das österreichische Bundesland Tirol kann ein Lied davon singen: Millionen LKW jedes Jahr auf der Inntal- und Brennerautobahn. Da kommt es schon mal vor, dass die italienische Milch zur Abpackung nach Deutschland gefahren, dann wieder nach Italien retour verfrachtet und für den Verkauf erneut nach Deutschland geführt wird. Eine Flasche Chardonnay aus Australien kostet nach Europa geliefert 50 Cent im Transport – riesige Containerschiffe machen es möglich. Schmeckt dieser wirklich besser als der deutsche oder österreichische? Güter, die weniger transportiert und v.a. geflogen werden müssen, sind eine Wohltat für die Umwelt. Perversionen gehören eingestellt: Landwirtschaftliche Produkte, die angeblich nicht verkaufbar sind, weil die Gurke zu krumm oder die Zwiebel zu klein ist, werden wieder in den Acker eingepflügt. Dafür ordern viele Heim- oder Grosskantinen ihre Lebensmittel von Firmen, die hunderte Kilometer weit entfernt sind!
Auch die tägliche Autofahrt zum Einkaufen ist nicht notwendig. Wer gut plant, kommt mit einem Wocheneinkauf durchaus zurecht. Oder: Man fährt noch kurz nach der Arbeit im Supermarkt vorbei, da der ohnedies auf der Strecke liegt.

In dieser Auflistung habe ich eines ganz absichtlich außer acht gelassen: Die Urlaubsreise! Der Urlaub ist für jeden Einzelnen unter uns die wohl schönste Zeit des Jahres. Dafür gibt es auch traumhafte Urlaubs-destinationen. Einziger Nachteil: Die meisten davon müssen angeflogen werden. So verursacht beispielsweise der Hin- und Rückflug von München nach Bangkok über die rund 17.800 km nicht weniger als 2,9 to CO2 – für jede einzelne Person! Von Frankfurt/Main bis nach Lignano sind es 895,5 Kilometer. Ein Diesel-PKW, Baujahr 2017, verbraucht im Schnitt 7 Liter auf 100 km (ich weiss: Auf der Autobahn sind es aufgrund der höheren Geschwindigkeit wesentlich mehr!). Hin und retour produzieren Sie 0,494 to CO2 – ebenfalls pro Person. Gerade beim Urlaub kann sehr viel Ausstoss vermieden werden. Und mal ganz ehrlich: Was nutzt es mir, wenn ich die kleine Jazz-Kneipe in New Orleans kenne, dafür aber nicht weiss, was sich innerhalb eines Radius von 20 km rund um mein Zuhause abspielt?
Ich habe es kurz angesprochen: Die E-Mobilität ist nicht wirklich das Gelbe vom Ei! Diese Fahrzeuge sind in der Produktion wahre Umwelt-sünder. Deshalb sorgt erst eine hohe Kilometerleistung für die gewünschten Vorteile. Besser wäre die Brennstoffzelle. Wenn aus dem Auspuff Wasser tropft, könnte das zudem unseren Boden kühlen und kleine Klima-Biotope schaffen, in welchen es mehr regnet und kühlere Temperaturen bestehen. Doch ist auch die Herstellung von Wasserstoff sehr teuer und zudem werden alsdann damit Elektromotoren ange-trieben.
Die Politik hat lange Zeit zugesehen und Forschungsprojekte nur sehr zögerlich subventioniert, wenn sie nichts mit fossilen Treibstoffen zu tun hatten. Jetzt will sie strafen. Alle! Manche können zwar Teile der CO2-Steuer wieder zurückholen, dennoch ist es eine zusätzliche Steuer, die gerade die Klein- und Kleinstverdiener, Alleinstehende und Mindest-rentner hart treffen wird. Wäre es da nicht viel sinnvoller gewesen, peu à peu Massnahmen zur Energiewende in Angriff zu nehmen? Andere Staaten haben dies gemacht und stehen jetzt wesentlich besser als Deutschland oder Österreich da! Wieso etwa wurden Hybridzüge durch die DB und die ÖBB erst vor kurzem getestet? Nach den ersten 100.000 Kilometer herrscht ei den Testern jetzt grosse Begeisterung! Wieso gibt es immer weniger Einheimischen-Tarife, dafür übernachten Bus-Touristen und Pauschalreisende fast zum Nulltarif?
Bei diesem heutigen Blog habe ich absichtlich Unternehmen außen vor gelassen, da es mir darum ging, die Meinung und Einstellung eines jeden Einzelnen zur Klimaproblematik hoffentlich positiv zu verändern. Alles andere würde wohl den Platz und das Thema sprengen. Eines sei erwähnt, dass bereits viele Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen einen „Product Carbon Foodprint“ (PCF) erstellen lassen um damit die CO2-Emissionen entlang der kompletten Wertschöpfungskette analysieren zu können. Ein sehr wertvoller Beitrag, den auch jeder Konsument in seine Kaufentscheidung einfliessen lassen sollte. Doch das ist wieder ein ganz anderes Thema.

Lesetipps:

.) Vier fürs Klima: Wie unsere Familie versucht, CO2-neutral zu leben; Petra Pinzler/Günther Wessel; Droemer HC 2018
.) Und jetzt retten wir die Welt: Wie du die Veränderung wirst, die due dir wünscht; Marek Rohde/Ilona Koglin; Franckh Kosmos Verlag 2016
.) Nachhaltig leben: Bewusst kaufen, sinnvoll nutzen. Alternativen zum Wegwerfen; Susanne Wolf; Verein für Konsumenteninformation VKI 2013
.) Foodprint: Die Welt neu vermessen; Mathis Wackernagel/Bert Revers; CEP Europäische Verlagsgsanstalt 2016
.) Das Weltretter-Wprkout: In 6 Wochen zum Weltretter; Philipp Appenzeller; rap verlag 2015
.) Dein Weg zur Nachhaltigkeit: 350 praktische Tipps für den Alltag; Florian Schreckenbach/Leena Volland; Books on Demand 2016
.( Der Ökologische Fußabdruck: Fachliche Grundlagen und didaktisch methodische Potenziale; Johannes Schulz; GRIN Verlag 2010

Links:

– www.co2-rechner.at
– www.mein-fussabdruck.at
– www.bmu.de
– www.umweltbundesamt.de
– uba.co2-rechner.de
– www.fussabdruck.de
– www.bafu.admin.ch
– www.carbonfootprint.com
– carbonfootprintofnations.com
– www.wri.org
– www.oeko.de
– co2.myclimate.org
– www.climatepartner.com/de
– www.wwf.de
– www.greenpeace.de
– reset.org

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