Archive for the ‘Allgemein’ Category

In eigener Sache

Woche für Woche klickt sich eine erfreulich hohe Zahl von interessierten Usern auf diese Seite. Dies erfüllt mich in zweifacher Hinsicht mit Freude und Stolz.

Einerseits wird damit die Themenauswahl honoriert. Dies war auch der ausschlaggebende Grund dafür, dieses Projekt ins Leben zu rufen: Probleme aufzuzeigen, die existent sind; den Nabel der Zeit zu treffen; Themen aufzugreifen, die von Medien nicht in gebührendem Ausmass gewürdigt werden und Diskussionen hierüber in Schwung zu bringen.

Andererseits haben viele Journalistenkollegen dem Blog keine grossen Chancen eingestanden. Zu viel Text, zu langatmig, zu ausführlich. Die Themen sollten knackiger auf den Punkt gebracht werden. Dies jedoch war niemals angedacht. Die Inhalte sind gut recherchiert und sollen alle Lesergruppen ansprechen – auch wenn es sich – wie etwa beim Atom-strom, dem Bohrinsel-Unglück oder der Putzchemie – um schweren Stoff handelt. Dies gibt es ansonsten im Berufsjournalismus nicht mehr. Hier zählt der Spruch „Zeit ist Geld!“ – dementsprechend lesen sich auch die Artikel, hören sich die Beiträge an und sind die Features anzusehen. Ich hingegen liebe das Spiel mit der Sprache. Schade, dass sich im täglichen Gebrauch der Wortschatz immer mehr einschränkt und Sätze nurmehr internettauglich, kurz und bündig formuliert werden. Doch verirren sich immer mehr Redakteure zur Themenfindung auf diese meine URL – das wiederum freut mich sehr. Die Zugriffszahlen bestätigen auch meine Annahme, dass diese Art des Schreibens, dieser schon mal da gewesene aber längst wieder verlorengegangene Journalismus, fehlt. Content-Spitzenbewertungen liefern für mich noch zusätzlichen Anreiz.

Apropos Zugriffszahlen: Die meisten Zugriffe verzeichneten wir in diesem Jahr beim Beitrag zur Traumdeutung, gefolgt von der Kinder- und Jugendkriminalität und der Schweinepest.

Doch genug der Worte! Ich möchte mich bei Ihnen in aller Form für Ihr Interesse und Ihre Treue bedanken. Tragen Sie bitte auch weiterhin die Probleme, die in diesem Blog angesprochen werden, nach aussen. Regen Sie Diskussionen an! Es ist meist immer nur ein kleiner Stein, der eine ganze Lawine ins Rollen bringt. Und: Probleme haben wir zuhauf! Lösungen müssen gesucht werden, da es ansonsten sehr rasch zu spät sein könnte!

Für die kommenden Tage sollte aber „Abschalten“ das Motto sein. Denn es gibt Menschen, Beziehungen und Kinder, die im täglichen Arbeits-kampf zu kurz kommen.

Deshalb wünsche ich Ihnen ein ruhiges, besinnliches Weihnachtsfest im Kreise derer, die Ihre Zuneigung verdienen, und einen guten Rutsch in ein menschliches, v.a. aber gesundes Jahr 2025!!!

Den nächsten Blog gibt es am 04. Januar im neuen Jahr!

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Die gekaufte Weihnacht‘

Nachdem ich in den letzten Jahren immer wieder zu Weihnachten alte Bräuche habe hochleben lassen, möchte ich heuer das Fest der Feste von einer anderen Seite betrachten – als Fest des rollenden Rubels, des schnöden Mammons, das weit an den Vorstellungen des Christentums vorbeigeht (soweit zu den christlichen Werten!!!)! Auf die Idee brachte mich ein Beitrag über den „Frankfurt Christmas Market in Birmingham“. Die Briten sind ganz hin und weg von diesem Weihnachtszauber – nach Dienstschluss wandern sie in Massen auf den German Market. Einige Preise, die aber dann doch einschlagen wie ein Meteorit: Eine Hofbräu-Hoibe (Pint) £7,00, eine Tasse Glühwein £6,50, ein Frankfurter Würstchen (ein Hot Dog) £5,50 – das ist happig! Den Markt gibt es übrigens seit 1997 – im letzten Jahr pilgerten rund 5 Mio Menschen zu dem Markt (7.100 Jobs). Birmingham hat 1,15 Mio Einwohner!

Doch geht es auch anders – beispielsweise beim Weihnachtszauber am Karer See in Südtirol. Ein kleiner Christkindles-Markt, vollständig natur-belassen inmitten einer herrlichen Landschaft mit durchwegs regionalen Anbietern und Produkten. Ein richtiggehendes: „Zurück zum Ursprung“! Ohne Dauerbedröhnung mit Mariah Carey’s „All I want for Christmas is you“ oder Elvis Presleys „Blue Christmas“, ohne Waren Made in Fernost und ohne täglichem Glühweinbesäufnis. Heuer findet er zum Bedauern vieler leider nicht statt! Oder auch beim „Weihnachtshimmel“ in der Ravennaschlucht im Hochschwarzwald.

Weihnachten ist sinngemäss ein Fest der Freude, schliesslich wurde in Bethlehem das kleine Christuskind geboren. In einem Stall unter mehr als ärmlichen Verhältnissen. Die Geschenke brachten erst später die drei Könige aus dem Morgenland: Gold, Myrrhe und Weihrauch! Wie es auch heute noch beispielsweise in Spanien der Brauch ist. So steht es seit nahezu zwei Jahrtausenden geschrieben. Die neueste Playstation, das I-Phone 22.427 oder der 2342k-Diamantring finden im Heiligen Buch von heute keine Erwähnung. Klar – kleine Geschenke erhalten die Freund-schaft. Doch: Muss ich mich tatsächlich jedes Jahr finanziell dermassen verausgaben um diese Freundschaften zu pflegen? Umfragen besagen, dass heuer jede(r) Österreicher/-in 386,- € für Weihnachtsgeschenke ausgibt (HV-Consumer-Checks), die Eidgenossen 373,- CHF (GFK), die Deutschen 533,20 € (Weihnachtsstudie der FOM-Hochschule) pro Kopf. Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass nach dem Sankt Martins-Report 2024 des IHaM 180.000 Haushalte in “Öster-Reich“ keinen finanziellen Spielraum für Weihnachtsgeschenke haben: Hohe Energie-kosten, Preistreiberei bei Gütern des täglichen Bedarfs, Inflation, … An der Spitze derartiger Listen waren bislang auch die Briten zu finden, die nach wie vor an den Folgen des Brexits zu leiden haben. Die 2022 verstorbene Queen Elizabeth II. verschenkte 2020 noch Geschenke für 33.000,- € – an allerdings 620 Personen.

Lieber Herr Gesangsverein – da muss ein Kartoffelbauer aber viele Erd-früchtchen für ernten, um diese Summe zu erhalten. Hinzu kommen die zusätzlichen Annehmlichkeiten, die man sich nun mal zu dieser Zeit des Jahres gönnt: Die Fahrt in’s Elternhaus, das gute Essen und Trinken und der eine oder andere Besuch des Christkindles-Marktes.

Apropos – der wohl bekannteste Christkindlesmarkt in Nürnberg lockt pro Tag rund 150 Reisebusse und insgesamt 2,5 Millionen Menschen aus allen Teilen der Welt an. Neben den vielen Besonderheiten und Wundersamkeiten wurden auch in diesem Jahr spezielle Erlebniswege präsentiert: „Nürnberger“, „Kreative“, „Die Region“, „Guter Zweck“, „Veganes“ und „Die Lizenzprodukte“. Daneben gibt es natürlich auch heuer wieder das historische Weihnachtspostamt und nicht zuletzt die Rundfahrten mit der historischen Postkutsche (um den Markt!). Die Nürnberg-Info beschreibt das Aussergewöhnliche mit folgenden Worten:

„Es ist seine einzigartige Atmosphäre, die sich in Worten nur schwer beschreiben lässt. Das ‚Städtlein aus Holz und Tuch‘ auf dem Hauptmarkt, direkt im Herzen der Altstadt, muss man erlebt haben. Eingebettet zwischen Schönem Brunnen und Frauenkirche bietet die Budenstadt ein Flair, dass individuell betrachtet, wirklich seines-gleichen sucht.“

Aaaah ja! Da fährt der Besucher über hunderte von Kilometer, um sich alsdann vor der ersten Bude stehend von den Massen durch den Markt schieben zu lassen. Mit viel Glück steht dann auch das Christkindle oben am Balkon und es konnte im Vorbeifluss noch eine Tasse Glühwein oder Punsch ergattert werden. Ein Foto – nein das geht bei diesem Gedränge und Geschubse nicht. Und die leere Tasse zurückgeben, unmöglich, schliesslich wartet der Bus! Nach jeder Runde erkämpft sich der Besucher einen Platz in einer Reihe weiter aussen, sodass er sich nach sieben bis achten Runden dem Sog entziehen kann und endlich wieder freikommt aus dem Getümmel. Deshalb ein heisser Tipp für diese grossen Märkte: Planen Sie Ihren Abstecher für die Abendstunden ein, wenn die Busse bereits wieder auf der Fahrt zurück sind. Der Nürnberger Christkindles-Markt eröffnet jedes Jahr am Freitag vor dem 1. Advent. Weltbekannt ist der Prolog des Christkindles:

„Ihr Herrn und Fraun, die ihr einst Kinder wart, Ihr Kleinen, am Beginn der Lebensfahrt, ein jeder, der sich heute freut und morgen wieder plagt: Hört alle zu, was Euch das Christkind sagt!“

Der Markt findet erstmals im Jahre 1628 auf einer Spanschachtel aus Nadel-Holz Erwähnung. 165 Buden lassen so manchen in’s Schwärmen geraten. Dabei stimmt natürlich auch die Kasse! Reden wir kurz Tacheles? Jeder Tagesbesucher gibt im Schnitt 33,-, der Übernachtungsgast 200,- € aus, der Umsatz- und Kaufkraftzufluss beläuft sich auf rund 180 Mio Euro, der sog. Einkommenseffekt liegt bei zirka 58 Mio Euro (Zahlen: Presse- und Informationsamt der Stadt Nürnberg). Somit also ein durchaus gewichtiger Imagefaktor für das Standort-Marketing!!! Ach ja – hinzu kommen zudem noch die unzähligen Knöllchen der Polizei: Falsch-parken, Trunkenheit am Steuer,… 2019 bestand das Produkt-Angebot zu 26 % aus Weihnachtsartikeln, 22 % weihnachtlichen Back- und Süßwaren, 6 % Spielzeug, 24 % handwerklichen Erzeugnisse, Bücher etc. und zu 21 % aus Speisen und Getränken. Angeblich alles aus der Region – heuer gar mit besonderem Vermerk auf Nachhaltigkeit und Bio – Einweggeschirr ist seit Jahren nicht mehr zugelassen, die Glühweintassen weisen keine Jahreszahlen mehr auf, sodass sie auch kommendes Jahr wieder verwendet werden können!

Und wenn es schneit oder kalt ist, dann wird auch viel Glühwein getrunken – und das ist wahrhaft ein Millionengeschäft: 64 % der Weih-nachtsmarkt-Besucher Deutschlands geben an, das eine oder andere Tässchen geschlürft zu haben. 50 Millionen Liter gehen jedes Jahr im Advent über den Tresen – alleine 10 Mio vom Marktführer Gerstacker aus Nürnberg. Heuer kostet die Tasse des begehrten Heissgetränkes in Nürnberg 4,50 € (auf dem grössten Weihnachtsmarkt Deutschlands, am Kölner Heumarkt 5,- €, in München gar bis zu 6,50)!

Im wohl schönsten Christkindlmarkt Österreichs, in Salzburg Stadt/St. Peter, zahlte man bereits 2008 3,40 € für die 0,2 Liter, heuer sind es 4,50. Jährlich strömen bis zu 1 Mio Menschen vor-nehmlich auf den Salzburger Dom- und Residenzplatz, um sich diesen Weihnachtstraum nicht entgehen zu lassen. 97 Christkindl-Hütten und rund 400 Beschäftigte sorgen dabei für eine Wertschöpfung von nicht weniger als 60 Mio € (inklusive der auch rund 230.000 Übernachtungen zu dieser Zeit). Ob die Verantwortlichen dermassen an den Umsatz gedacht haben, als der Markt angeblich 1491 seine Tore erstmals öffnete??? Kultur- und Brauchtumsveranstaltungen wie etwa Chorkonzerte, Turmbläser oder Krampus- und Perchtenläufe sorgen zudem für die Pflege des Brauch-tums – oder ist dies nur für die auswärtigen Besucher gedacht??? Auch in der Mozartstadt wird die regionale Handwerksqualität als wichtigstes Qualitätszeichen gesehen.

„Der Salzburger Christkindlmarkt am Dom- und Residenzplatz ist für die Stadt Salzburg ein weltweiter Sympathieträger. Vor allem die hochwertige Handwerkskunst ist bei den heimischen und inter-nationalen Gästen sehr begehrt.“

(DI Harald Preuner, Ex-Bürgermeister der Stadt Salzburg)

Der US-amerikanische TV-Sender CNN nennt Salzburg in einer Reihe mit New York, Barcelona, Rovaniemi, Honululu und Reykjavik bei den vor-weihnachtlichen Destinationen.

Der Glühwein ist erstmals übrigens beschrieben in einem 2000 Jahre alten Rezeptbuch der Römer. Offenbar sehr beliebt, wurde er neben den bekannten Gewürzen mit Honig gesüsst. Daneben waren auch Lorbeer-blätter, Koriander und Thymian enthalten (Rezept nach einem Kochbuch von Marcus Gaviius Apicius – 1. Jhdt. n. Chr.). Dieser Gewürzwein wurde allerdings zumeist kalt getrunken. Vorsicht übrigens ist mit sehr süssen seiner Sorte geboten – mit dem Zucker wird häufig über die schlechte Qualität des Weines hinwegkaschiert. Das sorgt für den schweren Kopf am nächsten Morgen und das eine oder andere Pfund mehr auf den weihnachtlichen Hüften.

Beim grössten schweizerischen Weihnachts- und Christchindli-Märt in Bremgarten sorgen jedes Jahr mehr als 320 Marktstände dafür, dass jeder Wunsch erfüllt wird. Wenn auch – wie in der Schweiz ohnehin üblich – wesentlich exklusiver als an anderen Orten.

„Öffnen Sie sich dem Charme Bremgartens und seines Weihnachts-marktes, sehen Sie sich um, entdecken Sie Neues und freuen Sie sich ab dem Altbewährten. Vergessen Sie den Glühwein nicht, denn dieser rundet die Palette an Feinem und Feinstem – herrlich wärmend – ab.“

(Stadtammann Raymond Tellenbach)

Auch hier wird mit der regionalen Handwerkskunst geworben – doch begleiten zudem viele Kulturveranstaltungen das weihnachtliche Markt-treiben (interessant ist, dass hier von Kultur und nicht unmittelbar vom Brauchtum die Rede ist!). Jedoch unterscheidet sich dieser Markt auch ansonsten von seinen Kolleginnen und Kollegen auf dieser Welt: Er findet nur in den ersten vier Tagen des Dezembers statt. Während die vielen anderen inzwischen meist sogar bis nach dem heiligen Fest andauern. Über 100.000 Menschen besuchten auch heuer wieder den Märt – über 5.000 Liter Glühwein verkauft – zum Preis schweigt sich der Schweizer aus. Schliesslich kommen die Einnahmen den Vereinen zugute. Im Vergleich dazu: In Zürich werden pro Tag 2.500 Liter verkauft – die Tasse bis zu 7,- CHF (umgerechnet 7,51 €) – viele Marktbesucher haben sich auch heuer über die horrenden Preise beschwert. Fakt aber ist, dass das Handwerk schon sehr bald vom Markt in Bremgarten verschwunden sein wird, da die Standpreise zuletzt eklatant erhöht wurden. Na ja – wird der deutsche Familienvater eben in der Schweiz tief in die Geldtasche greifen, wenn er dort Produkte kauft, die er zuhause günstiger bekommen hätte, da: Made in Germany!

Nicht, dass Sie mich nun falsch verstehen – es ist etwas tolles, nach der Arbeit mit den Arbeitskolleginnen und -kollegen auf eine Tasse Glühwein zu gehen oder mit der Familie den Turmbläsern zu lauschen. Doch tendieren immer mehr Märkte zum Umsatz-Grössenwahn.

Der schönste europäische Weihnachtsmarkt übrigens ist der Weihnachts-markt im Park Zrinjevac in Zagreb, gefolgt vom Christkindlmarkt in Strassburg (urlaubsguru.de). Reisereporter.de wählten den Budapester Weihnachtsmarkt zur Nummer 1, gefolgt vom rumänischen Craiova. Unter den ersten Zehn kein deutscher oder österreichischer Markt! Zu den am meisten besuchten Märkten zählt auch das „Winter Wonderland“ im Londoner Hyde-Park. Glaubt man den Rechenkünsten des Portals posterXXL, so sorgen 2,5 Mio Besucher pro Jahr für 15,8 Mio Einträge auf Instagram seit seiner Premiere 2005. Deutschlands Spitzenreiter, der „Striezelmarkt“ in Dresden findet sich in dieser Auflistung nur auf Platz sieben (trotz 3 Mio Besucher pro Jahr).

Insgesamt besuchen zwischen Flensburg und Berchtesgaden rund 160 Millionen Menschen die Weihnachts- und Christkindles-Märkte und sorgen für Gesamteinnahmen von nicht weniger als 2,9 Milliarden Euro (Angaben: ift Freizeit- und Tourismusberatung GmbH). Im Vergleich dazu sind es im Alpenstaat jeweils rund 10 % der deutschen Zahlen. Dennoch – eine millionenschwere Geselligkeit! Und es kommt noch viel schlimmer: Nach einer repräsentativen Umfrage der Marktforscher von GfK in Nürnberg feiern 17,6 % der Befragten Weihnachten nurmehr zuliebe der Kinder und Enkel. 71,6 % sind der Meinung, das Weihnachtsfest habe seine religiöse Bedeutung verloren. Stellt sich mir die Frage: Weshalb tun so wenige etwas dagegen? Lasst alte Bräuche auch zuhause wieder aufleben, lest mit den Kindern aus der Bibel, singt Adventslieder, … In dieser Studie im Auftrag der „Apotheken Umschau“ wurden 1015 Personen (älter als 14) befragt

Deshalb hier noch etwas Geschichte. Ebenso wie der Adventskranz und der Christbaum ist auch das Christkind eine evangelische Erfindung. 1545 liess erstmals der Reformator Martin Luther seine Kinder vom Christkind beschenken. Zuvor war es der Heilige Nikolaus. Freuten sich die Kinder damaliger Zeiten noch über Bratäpfel, Nüsse und Mandeln, über Plätzchen (Kekse) und Weihnachtsstollen oder Früchtebrot, so müssen es heute grosse und immer teurere Geschenke sein. Bescheidenheit und Demut? Wohl fehl am Platz. Stand früher der feierlich geschmückte Christbaum und das Essen mit der ganzen Familie im Mittelpunkt, so ist es heute die Bescherung und das Auspacken, das Ausprobieren und Vergleichen der Geschenke. Für viele bleibt gar nicht mal mehr die Zeit, sich auf das anschliessende Essen im Kreise der ganzen Familie zu konzentrieren. Weihnacht‘, wie es früher mal war – nun ja, das wird offenbar nurmehr dort gefeiert, wo man dem Christentum nicht viel Wert zollt: In den Staaten der Dritten Welt! Gibt es dort etwa die besseren Christen als in unseren Breiten, wo die weihnachtliche Andacht und der Advent, der früher zudem Fastenzeit war, der Geschenke- und Geschäftemacherei gewichen ist??? Lebkuchen oder sonstige Weihnachts-bäckerei interessiert zu Weihnachten niemanden mehr, gibt’s das doch bereits ab September im Supermarkt zu kaufen. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, als die ersten selbstgebackenen Kekse am Heiligen Abend ausgegeben wurden. Ein besonderer Höhepunkt neben dem Klingeln des Glöckleins durch das Christkind. Aus der andächtigsten, der stillsten Zeit des Jahres ist die hektischste Zeit des Jahres geworden. Und die meiste Last wird dabei auf den Müttern abgeladen: Hausputz, Backen, Geschenke besorgen und schliesslich stundenlang in der Küche stehen und kochen. Die Väter hingegen haben sich einmal mehr hemmungslos dem Lux-Wettkampf mit dem Nachbarn ergeben. Früher war es die Kerze im Küchenfenster – heute kilometerlange LED-Ketten. Und das mit dem Christbaum – dermassen beladen, dass vom Baum selbst nichts mehr zu sehen ist. Dafür wurde er abgehackt! Alsdann war da noch ein Song, der als Ohrwurm über knapp einen Monat allerorts zu hören ist: „Last Christmas, I gave you my heart, but the very next day, you gave it away“ – von George Michael und Andrew Ridgeley eigentlich für Ostern geschrieben. Wie wär’s denn mit etwas Ehrlichem, wie „Es wird scho glei dumper, es wird scho glei Nacht“ oder anderem aus unserer immer wieder dermassen hochgehaltenen Wertegesellschaft???

Ich dachte immer, hinter dem Geist der Weihnacht‘ steckt etwas anderes: Liebe, Besinnlickeit und die Gemeinschaft der Familie! Wäre es da nicht sinnvoller, diese Feierlichkeiten um des Feierns willen wieder auf den Jahreswechsel oder gar auf Dreikönig zu verschieben – so wie es in früheren Zeiten war, damit für den ursprünglichen Sinn von Weihnachten etwas mehr Platz bleibt???!!!

PS:

†Klar – auch ich war mal Kind und freute mich zu Weihnachten vor allem auf die Geschenke. Doch war mir nicht bewusst, dass sich dafür meine Eltern abschuften mussten! Bringt ja eh das Christkind! Hier liegt meines Erachtens das Übel heutiger Zeit – in der Erziehung! Nicht in der uner-schöpflichen Umsatzgier der Konzerne, die diesen Umstand nur aus-nutzen. Zeit füreinander zu haben ist doch viel wertvoller als jedes noch so teure Geschenk. Viele Kinder wünschen sich dies auch: Mama und Papa sollten mehr Zeit für sie haben!

Links:

www.thebfcm.co.uk

eggental.com/weihnachtszauber

www.hochschwarzwald.de/veranstaltungen-hochschwarzwald/weihnachtsmarkt-ravennaschlucht#weihnachtshimmel

www.christkindlesmarkt.de

christkindlmarkt.co.at

www.weihnachtsmarkt.ch/

hydeparkwinterwonderland.com

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Abzocke bei der ASFINAG?

Normalerweise schreibe ich nicht über derartige Dinge, da mir die weiteren Umstände zumeist nicht bekannt sind und viele Autofahrer aus eigenem Verschulden in eine solche Situation geraten. Doch dieses Mal erfuhr ich es am eigenen Leib und war unschuldig! Deshalb möchte ich Ihnen diese Geschichte nicht vorenthalten.

Am 27. November dieses Jahres weilte ich geschäftlich in Tirol. Auf der Hinfahrt beglich ich die Maut für den Arlbergtunnel in Münzen. Die Kassiererin meinte erfreut: “Endlich mal jemand, der in Münzen bezahlt!”

Ich merkte mir das und hatte die Münzen bereits abgezählt, bevor ich bei der Rückfahrt zur Mautstelle kam. Von Tirol aus gesehen gibt es fünf Fahrspuren. Die äusserst rechte war für den LKW-Verkehr freigegeben, die zweite von rechts für den PKW-Verkehr. Also fuhr ich auf diese zu. Rund 50 Meter vor der Mautstelle kam mir ein Mann in gelber Schutzjacke entgegen. Wild mit den Armen gestikulierend und – von ihm aus gesehen – vehement nach rechts zeigend. Ich reagierte rasch – die beiden nächsten Mautkassen waren nicht besetzt. Also nutzte ich die grüne Spur. Der mir nachfolgende LKW, der ebenfalls angesichts dieser Szene stehen geblieben ist, quittierte die Szene mit einem langen Hupen.

Ich dachte mir, dass es vielleicht Computerprobleme oder dergleichen gebe, da der Arlbergtunnel einige Tage zuvor erst wieder nach langer Umbauphase geöffnet wurde. Die Münzen behielt ich in der Hand – möglicherweise würde auf Vorarlberger Seite (Langen am Arlberg) kassiert. Dem war aber nicht so.

Dieser Tage nun erhielt ich einen Einschreibebrief von der ASFINAG (für alle nicht-österreichischen Leser dieses Blogs: Die Autobahngesellschaft, die ebenfalls für viele Autobahntunnels zuständig ist). Eine Rechnung und gleichzeitige Zahlungsaufforderung für eine Ersatzmaut über 100,- € (plus 20 % MwSt.). Zahlbar innerhalb vier Wochen nach Ausstellung, ansonsten würde bei der BH Landeck ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.

Da das Schreiben kein Bescheid ist, kann dagegen auch nicht berufen werden. Zudem wüsste ich aufgrund meiner Ausbildung, dass eine Berufung gegen einen Bescheid auch keine aufschiebende Wirkung hätte. Soll heissen: Bezahlen – alles andere kann danach geregelt werden. In den meisten Fällen jedoch erfolglos!

Hoppla – mir zog’s den Boden unter den Füssen weg, schliesslich war ich mir keiner Schuld bewusst. Gottlob hatte ich noch am 27. November eine Gegendarstellung geschrieben, ansonsten wäre mir das alles nicht mehr in Erinnerung geblieben. Diese schickte ich am Samstag nach Erhalt des Schreibens an die ASFINAG.

Leider hatte ich mein Handy nicht griffbereit – während des Autofahrens ist dies bei mir tabu. In diesem Falle hätte ich dies mittels Fotos dokumentieren können, dabei allerdings aus meiner Sicht gegen geltendes Gesetz verstossen (Recht am eigenen Bild, Vorteilsnahme, …).

Mir stellen sich nun folgende Fragen: Welche der beiden anderen Kassen hätte ich wählen sollen – waren beide nicht besetzt! Steckt hinter dem Ganzen vielleicht ein System? Abzocke? Erhält der Mitarbeiter mög-licherweise gar eine Provision? Oder war es ein Irrer, der sich als ASFINAG-Mitarbeiter ausgab? Doch denke ich, letzteres kann ausge-schlossen werden, da in diesem Bereich der Autobahn eigentlich keine Unbefugten zu Fuss unterwegs sein dürfen! Schliesslich kam er direkt aus der PKW-Spur auf mich zu.

Ich muss zugeben: Fühle mich sehr verar…! Ein teurer Spass – das Zehn-fache der Maut, obgleich ich zahlungswillig war! Eine Antwort der Auto-bahngesellschaft ist freilich noch ausständig. Jedoch möchte ich dies der Öffentlichkeit nicht vorenthalten – dieser Blog ist – wenn erforderlich – nur der Anfang dafür!

Allerdings hätte ich einen Tipp an Sie: Sollten Sie jemals in eine derartige Lage kommen – bleiben Sie besser stehen und klären eine solch‘ abstruse Situation vorort (andererseits ist dies auf der Autobahn bzw. an einer Mautstation auch nicht empfehlenswert!), bevor Sie irgend eine grüne Spur benutzen!

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Mercosur – Erneute Pleite für heimische Produzenten?

Ein Handelsabkommen jagt das andere – bei den meisten auf Kosten der heimischen Produzenten. Doch zumeist interessiert dies die Verhandler nicht – sie haben nur das Dollar-Zeichen in den Augen, wenn es um Exportmöglichkeiten geht. Erst bei der Ratifizierung durch die nationalen Parlamente kann dieser eine Moment des kurzen Überlegens einsetzen, sofern derartige Abkommen abgelehnt werden. Oftmals allerdings ist den Volksvertretern gar nicht bewusst, über was sie da abstimmen. Schliess-lich gilt der Fraktionszwang! Zudem bedarf es eines Master-Titels in Volkswirtschaft, v.a. aber in Wirtschaftsenglisch um derartige Werke überhaupt lesen zu können. Oder – man darf sie gar nicht lesen – wie im gottlob nicht zustande gekommenen Handelsabkommen TTIP mit den USA!

JEFTA – das Handelsabkommen mit Japan trat am 01. Februar 2019 in Kraft, CETA – das Handelsabkommen mit Kanada am 21. September 2017 – Langzeitauswirkungen sind somit noch nicht ausmachbar. TTIP – die „Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“ wurde 2019 durch die EU als „obsolet und nicht mehr relevant“ erklärt. Vorsehung? Schliesslich ist Donald Trump einer jener, der sich nicht an Verträge hält oder sie vorzeitig kündigt. Das werden ab 2025 auch Mexiko und Kanada zur Kenntnis nehmen müssen, wenn die Trump’sche Regierung Strafzölle auf Waren der beiden Länder erheben wird – trotz des Nordameri-kanischen Freihandelsabkommen NAFTA.

Und schon unterzeichnete dieser Tage Brüssel das nächste Abkommen: Mercosur! Ein Freihandels-Abkommen mit den lateinamerikanischen Mercosur-Mitgliedsstaaten. Für einen Markt mit zehn Prozent der Weltbevölkerung und 20 % des weltweiten BIPs. Seit zwei Jahrzehnten wird an diesem gefeilt – 2019 hätte es endlich unterschrieben werden sollen. Da legte Österreich ein Veto ein. Doch – dass dies nicht die einzige Kritik an einer künftigen Zusammenarbeit ist – das will ich in diesen heutigen Zeilen aufzeigen.

Die Geschichte von Mercosur („Mercado Común del Sur“ – Gemeinsamer Markt des Südens) begann am 26. März 1991 mit der Unterzeichnung des „Vertrages von Asunción“ mit dem Ziel eines südamerikanischen Binnenmarktes ohne Grenzen. Die Unterzeichnerstaaten damals waren Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Hinzu kam 2006 Venezuela. Drei Jahre später wurde das Abkommen mit dem „Protokoll von Ouro Preto“ konkretisiert. Trotzdem führte das Ende der 1990er-Jahre zu einem Stillstand. Zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde deshalb ein „Neustart“ mit einer einhergehenden Stärkung der Zollunion nach innen und nach aussen durchgeführt.

Inzwischen hat sich einiges getan: Bolivien wurde 2023 Vollmitglied, Venezuela wurde am 1. Dezember 2016 dauerhaft suspendiert, Chile, Peru, Kolumbien, Ecuador, Suriname und Guyana geniessen als assoziierte Mitglieder nahezu Mitgliederstatus. Als Beobachterstaaten agieren Mexico und Neuseeland. Mercosur steht für über 260 Mio Menschen, steht aber auch für politisch sehr unsichere Mitgliedsstaaten, wie zuletzt Brasilien unter dem Rechtspopulisten Bolsonaro aufzeigte. Oder die Absetzung des Staatspräsidenten von Paraguay, Fernando Lugo 2012, die zu einer vorüber-gehenden Suspendierung des Landes führte. Mitglieder des Mercosur können nämlich nur demokratische Staaten sein bzw. werden („Protocolo de Ushuaia sobre Compromiso Democrático“). Zudem geht es auch zunehmend um eigene Interessen der Mitgliedsstaaten. So fühlt sich etwa Uruguay, aber auch Paraguay, durch die Statuten des Mercosur vor allem bezüglich bilateraler Handelsab-kommen mit anderen Ländern eingeschränkt. Diese sind laut Statuten eigentlich verboten.

Und es kriselt zudem in anderer, geschichtlicher Hinsicht: Immer wieder prallen Argentinien und Brasilien aufeinander, aber auch Chile und Bolivien („Salpeterkrieg“) sind sich sehr ans Herz gewachsen. Tja und dann wäre da noch Venezuela. Dort regiert seit 2013 der damals frei gewählte Staatspräsident Nicolás Maduro Moros, der sich jedoch (etwa durch die Entmachtung der Nationalversammlung) immer mehr zum Despoten bzw. Diktator entwickelt hat. Daraufhin beschlossen am 02. Dezember 2016 die Gründungsmitglieder die dauerhafte Suspendierung des Landes. Delcy Rodriguez, die damalige Aussenministerin Venezuelas, wollte noch am 14. Dezember 2016 am Mercosur-Treffen in Buenos Aires teilnehmen, wurde aber mittels Polizeieinsatz daran gehindert. Ein Vorgang, der jederzeit auch in anderen Mitgliedsstaaten vor sich gehen könnte. So spricht etwa die Deutsche Forschungsgemeinschaft in ihrer Demokratiematrix 2021 von einer defizitären Demokratie in Uruguay und einer moderaten Autokratie in Venezuela.

Jedes halbe Jahr findete ein Gipfeltreffen der Präsidenten der Mercosur-Staaten statt.

„Der Rat des Gemeinsamen Marktes tritt jedes Mal zusammen, wenn er es für sinnvoll erachtet, verpflichtend ist mindestens eine Sitzung im Semester unter der Beteiligung der Präsidenten der Mitgliedstaaten.“

(Art. 6 des Protokolls von Ouro Preto)

Mit den USA wird schon seit langer Zeit über eine gesamtamerikanische Freihandelszone (FTAA) verhandelt – doch wer Washington kennt, weiss: Unter Vorgaben der US-Amerikaner! Mit der EU besteht seit dem 15. Dezember 1995 ein Assoziierungsabkommen. Zu Beginn erschwert wurde das Prozedere, da es kein einheitliches Mercosur-Verhandlungsteam gab, sondern die Gründungsstaaten jeweils ein eigenes Team abstellten. Durch neue Regierungen dort kam es immer wieder zu teils gegen-sätzlichen Interessen. 2004 schliesslich wurde mit dem Abschluss der Verhandlungen gerechnet – jedoch forderten die Mercosur-Staaten für ihre Agrarprodukte den Zugang zum europäischen Markt. Dies reduzierte die Gespräche auf eine rein technische Ebene. In der DOHA-Runde versuchte die WTO zu vermitteln, was jedoch nicht wirklich von Erfolg gekrönt war. 2017 stimmte die EU laxeren Kontrollstandards bei Lebensmittelimporten zu, wenn im Gegenzug dafür mehr Autos nach Südamerika exportiert werden dürfen. Ende Juni 2019 schliesslich lenkte die EU ein („agreement in principle“). Vornehmlich die deutsche Auto-industrie jubelte, die Bauernverbände hingegen kritisierten lautstark die Entscheidung, da es eine Wettbewerbsverzerrung zu Ungunsten der heimischen Bauern bedeute. Der damalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz legte daraufhin sein Veto ein. War Kurz zumindest politisch alleine, so erhielt er durch wissenschaftliche Einrichtungen Zustimmung: Das Abkommen widerspräche den drei Grundprinzipien des „European Green Deals“:

.) Bis 2050 keine weiteren Netto-Treibhausemissionen

.) Entkoppelung des Wirtschaftswachstums von der Ressourcennutzung

.) Keine Benachteiligung von Gruppen oder Regionen durch die wirt-schaftliche Entwicklung.

Der Meinung schlossen sich das Helmholtz-Zentrum für Umwelt-forschung, das Senckenberg Biodiversität und Klima-Forschungszentrum und auch die Humboldt-Universität Berlin an.

Durchaus nach wie vor ein schwergewichtiger Streitpunkt. Agrarprodukte bedeutet für die lateinamerikanischen Länder heute vornehmlich Soja, Rindfleisch und Mais. Für den Anbau von Soja und Mais, aber auch für Grünfläche in der Rinderzucht wird wertvoller Regenwald zumeist brand-gerodet. Daneben hat die EU genug Rindfleisch, wie die grauenvollen Rindertransporte in den Nahen Osten immer wieder aufzeigen. Und zuguterletzt scheren sich die südamerikanischen Produzenten nicht im geringsten um die Rechte ihrer Arbeiter – hier kommt es zu enormem Sozial- und Lohndumping. Doch nicht nur in der EU gab es kritische Stimmen – auch die Schweiz sah sich mit ähnlichen Fragen konfrontiert, verhandelte Mercosur doch parallel dazu auch mit den EFTA-Staaten. So titelte am 23. Dezember 2017 die eidgenössische Bauernzeitung: „Wer will Fleisch aus Südamerika?“

Zu den Punkten im Einzelnen:

.) Abholzungen und Rodungen

Unter der Regierung des rechtspopulistischen Bolsonaro wurde in Brasilien so viel Amazonas-Regenwald wie noch nie gerodet. Die dadurch freigesetzte Anbaufläche ist aber nur für wenige Jahre nutzbar und liegt schliesslich brach. Der Regenwald jedoch hat eine enorme Bedeutung für das Weltklima. Wird nun der Absatz von Soja, Mais und Rindfleisch erhöht, so wird wohl noch mehr Regenwald zerstört werden, auch wenn dies wie vor Bolsonaro gesetzlich verboten ist. Aber auch die Savannen-wälder am brasilianischen Cerrado und die Trockenwälder des argen-tinischen Gran Chaco werden dies wohl nicht überstehen. Das EU-Gesetz vom Dezember 2022, wonach Waren in der EU nicht verkauft werden dürfen, wenn für deren Herstellung Regenwald geopfert wurde, sei mit einem lautstarken Lachen quittiert. Schliesslich wird Soja nach wie vor verkauft – auch Hühnerfleisch oder Zuckerrohr. Zudem stehen bereits Bergbau-Unternehmen Schlange, die an die Rohstoffe unter den Wäldern wollen und dabei keinen Wert auf Klima- und Regenwaldschutz legen. Ähnlich wie das Klima nähert sich auch der Amazonas Regenwald einem Punkt, an dem er zu kippen droht – das eigentlich selbsterhaltende Öko-system bricht zusammen. Dann wird es kein Zurück mehr geben.

.) Agrarprodukte

Mais und Rindfleisch werden auch in Deutschland und Österreich „produziert“. Sogar mehr, als regional gebraucht wird. So weist die Statistik Austria zum 01.12.2023 einen Rinderbestand von 1,84 Mio (25.600 Tiere weniger als im Jahr zuvor) auf, das Statistische Bundesamt Deutschland zum 01.11.2023 10,8 Mio (Tendenz ebenfalls sinkend). Gründe dafür sind sicherlich u.a. das Bauernsterben und die Neu-orientierung bei den Ess- und Lebensgewohnheiten. Neben den unmenschlichen Rinderexporten zeigt auch die Vergasung von Mais anstelle der Einbindung in die Nahrungskette auf, dass zuviel davon da ist. Kommen nun noch mehr Billigfleisch, Soja und Mais über den grossen Teich nach Europa, so muss durchaus mit einer Existenzbedrohung der verbliebenen Vieh- und Ackerbauern gerechnet werden. Eine gemein-same Studie von Greenpeace und Misereor geht davon aus, dass durch Mercosur der Import von Rind- und Hühnerfleisch jeweils um die Hälfte zunehmen wird.

.) Bioethanol

Dieser wird in Lateinamerika massenweise aus Zuckerrüben gewonnen. Sollte nun Europa damit überschwemmt werden (die zuvor ange-sprochene Studie von Greenpeace und Misereor geht von einer Versechs-fachung aus), so wird sich dies durchaus kontraproduktiv auf die weitere Nutzung von Biogas aus Gülle und Mist auswirken. Bereits heute könnte wesentlich mehr davon produziert und genutzt werden – das billige Erdgas aus Russland hatte dies bis zum Ukrainekrieg unterbunden. Anstatt dessen entweicht Methan einfach nach wie vor in die Umwelt, wo es wesentlich aggressiver als CO2 das Klima beeinflusst.

.) Standard und Arbeitsschutz

Viele der Produkte aus Lateinamerika entsprechen nicht den EU-Standards, die jedoch von hier ansässigen Produzenten eingehalten werden müssen. Hierzu zählen neben dem vermehrten Einsatz von Pestiziden (die in der EU nicht mehr zugelassen sind) selbstverständlich auch die gerechte Entlohnung und zumutbaren Verhältnisse der Arbeiter. Während hierzulande Mindestlöhne eingehalten werden müssen, liegt die Entlohnung der lateinamerikanischen Landwirtschaftsarbeitern weit darunter. Dies führt zu einer enormen Wettbewerbsverzerrung, die durch qualitative Unterschiede schlussendlich auch den Konsumenten treffen wird.

.) Klimaschutz

Wenn auch der Klimaschutz in Südamerika möglicherweise eingehalten wird, so wird dies durch den Transport über tausende von Kilometern wieder zunichte gemacht. So hat ein Apfel aus brasilianischer Erzeugung, ein Steak aus argentinischer oder gar Grillkohle aus Paraguay einen wesentlich grösseren CO2-Fussabdruck als dieselben Produkte aus heimischer Erzeugung. Ja – richtig gelesen: Grillkohle! Paraguay exportiert jährlich Grillkohle im Wert von 40 Mio US-Dollar, damit Herr Schmidt in Buxtehude seiner samstäglichen Lieblingsbeschäftigung nachgehen kann.

Für die neue Verhandlungsrunde forderte Brüssel eine beschleunigte Durchsetzung durch ein Splitting der Assoziierungsabkommen. Am 06. Dezember hat Kommissionspräsidentein Ursula von der Leyen den Vertrag unterschrieben. Soll heissen, dass die EU-Mitgliedsstaaten vor vollendete Tatsachen gestellt werden und keinerlei Mitspracherecht mehr besitzen. Die Meinungen hierzu sind unterschiedlich: Während die kränkelnde deutsche und österreichische Industrie den Vertrag befür-worten, weinen die Landwirtschafts- und Arbeitnehmervertretungen bittere Krokodilstränen.

Unterstützt wird dies alsdann vom „Trend zur Deglobalisierung“. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass eine zu grosse Abhängigkeit von weltweiten Handelsströmen existenzbedrohend werden kann. Die Produktionen werden wieder zurückgeholt. Dies bescheinigt das Kieler Institut für Weltwirtschaft anhand der harten Wirtschaftsdaten. Die Tatsache blieb auch Buenos Aires und Brasilia nicht verborgen: Seit 2021 stagnieren die argentinischen Exporte und auch Brasilien musste zuletzt einen spürbaren Rückgang verzeichnen. Durch eine rasche Umsetzung der Freihandelszone mit der EU könnte dem entgegen gewirkt werden.

Trotzdem gab es zuletzt in der EU einen spürbaren Gegenwind. Den Bedenken Österreichs haben sich Frankreich und Belgien angeschlossen. Für den Vertrag hingegen ausgesprochen hat sich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz. Kein Wunder, machen doch die Exporte von Produkten aus dem Maschinen- und Fahrzeugbau rund ein Drittel der Gesamtexporte aus. Das käme der bundesdeutschen Industrie sehr zugute. Allerdings besteht eine Zwickmühle für den Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen, die noch 2019 lautstark zum Ausdruck brachten: „… fatale Entscheidung für Klimaschutz und Menschenrechte“ – nachzulesen etwa in „Der Stern“ vom 29. Juni 2019.

In anderer Richtung ist die EU schon jetzt der wichtigste Absatzmarkt der Mercosurstaaten. Sie liefern vornehmlich Produkte aus der Landwirt-schaft, Lebensmittelindustrie und dem Bergbau. Zudem will Argentinien auch einen verlässlichen Abnehmer für das aus Fracking gewonnene Flüssiggas – inzwischen ein entscheidender Köder für die EU!

Nicht, dass Sie mich nun falsch verstehen: Eine intensivere Zusammen-arbeit zwischen Lateinamerika und Europa ist durchaus wünschenswert. Allerdings hat gerade der Fall Bolsonaro aufgezeigt, dass das politische Abkommen zwischen beiden Kontinenten, die „biregionale Partnerschaft der EU mit den Staaten Lateinamerikas und der Karibik („Comunidad de Estados Latinoamericanos y Caribeños“, CELAC)“, sehr rasch zu Schall und Rauch werden kann und das Papier mehr wert ist als die darauf enthaltene Unterschrift. Zudem – wenn ein Abkommen auf dem Rücken und zu Ungunsten der Bevölkerung geschlossen wird – sollten die Volks-vertreter lautstark auf ihre eigentliche Funktion hingewiesen werden.

Lesetipps:

.) Lateinamerika im internationalen System. Zwischen Regionalismus und Globalisierung; Hrsg.: Bodemer/Gratius; VS Verlag für Sozialwissen-schaften 2003

.) Die Freihandelszone zwischen Mercosur und EU. Eine von Hindernissen geprägte Kooperation; Silvia Hunger; VDM Verlag Dr. Müller

.) Der Mercosur. Wirtschaftliche Integration, Unternehmer und Gewerk-schaften; Wolfram Klein; Arnold-Bergstraesser-Institut 1996

.) Der Mercosur in der Weltökonomie. Eine periphere Handelsgemein-schaft in der neoliberalen Globalisierung; Ingo Malcher; Nomos 2005

.) Der Mercosur. Rechtsfragen und Funktionsfähigkeit eines neuartigen Integrationsprojektes und die Erfolsaussichten der interregionalen Kooperation mit der Europäischen Union; Ulrich Wehner; Nomos 1999

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Wildkräuter – Aus Omas Küche

Die Zeiten ändern sich: Wusste Grossmuttern in früheren Zeiten für jedes Plesierchen ein Hausmittel, so greift man heutzutage auf zumeist chemische Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel zurück, die nicht selten ebenfalls chemisch produziert wurden und viel Geld kosten.

Über heimisches Superfood habe ich an dieser Stelle ja bereits berichtet. Dafür braucht es nicht wirklich Früchte oder Gemüse aus allen Ecken dieser Erde, mit tausenden Kilometern auf dem Buckel. Doch leider noch zuhauf unterbewertet sind die Kräuter! Und insbesondere Wildkräuter, die man zumeist während eines Spazierganges fast direkt vor der Haustüre finden kann. Und das beinahe zu jeder Jahreszeit. Deshalb möchte ich heute gemeinsam mit Ihnen in die Traditionelle Europäische Medizin (TEM) hineinschnuppern.

Die TEM kennt vier Charaktertypen:

– den Choleriker

– den Melancholiker

– den Phlegmatiker

– den Sanguiniker

Während die ersten drei Typen wohl jedem geläufig sein dürften. handelt es sich beim Sanguiniker um das lebenslustige, kreative und voller Taten-drang steckende Temperament. Unter “Sanguis” versteht man die Kraft des Blutes. Dies kann verglichen werden mit dem Chlorophyll der grünen Pflanzen. Es wird in der Photosynthese gebildet und ist für die grüne Farbe der Pflanzen verantwortlich. Doch nicht nur dies: Chlorophyll besitzt antioxidative Eigenschaften, beugt durch Freie Radikale verur-sachten Zellschäden vor und überbrückt einen etwaigen Eisen- bzw. Magnesiummangel. Besonders viel des Chlorophylls enthalten grüne Wildkräuter. Jener Mensch, der besonders viel des Chlorophylls vornehm-lich durch solche Wildkräuter oder grünes Gemüse zu sich nimmt, beugt dadurch vielen Krankheiten vor und trägt in ganz entscheidendem Maße seinem Wohlbefinden bei. So unterstützt es nicht nur den Blutaufbau, sondern beinhaltet Carotinoide und Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe, Ballast- und Nährstoffe sowie die angesprochenen Antioxidantien. Und ja – auch die grüne Farbe zeigt ihre Wirkung! Das wusste bereits Hildegard von Bingen: Grün wirkt beruhigend und fördert die Konzentration.

Bevor Sie nun hinaus in die Natur gehen um zu ernten, gibt es noch einen ausserordentlich wichtigen Tipp: Meiden Sie Kräuter von gedüngten Wiesen, entlang von Strassen oder auf Hunde-Gassirouten. Vor dem Gebrauch sollten sie stets ordentlich gewaschen und trockengeschleudert werden!

Und damit anhand einiger weniger Beispiele mitten hinein in’s Detail!

.) Löwenzahn

Das Bitterkraut ist ein wahres Gesundheitstonikum für den menschlichen Körper. So regen die Bitterstoffe den Gallenfluss und die Leber an (toni-sierend). Hierdurch beginnt die Entgiftung aufgrund des Abbaus der Stoffwechselendprodukte. Die Verdauung (v.a. Fettverdauung) wird ange-regt, die Mineralstoffe wirken zudem entwässernd. Geht es der Ver-dauung gut, steigt auch die Laune des Betroffenen oder haben Sie schon mal einen lebenslustigen Menschen mit Magen-Darm-Problemen gesehen? Löwenzahn ist besonders empfehlenswert bei chronischen Leberentzündungen, Problemen mit der Bauchspeicheldrüse, Störungen der Milz, Diabetes und nicht zuletzt ständiger Abgeschlagenheit.

.) Gänseblümchen

Naturmediziner bezeichnen das Gänseblümchen gerne als “Immun-Booster”, da es viele Stoffe enthält, die das menschliche Immunsystem ankurbeln. Daneben fördert es den Stoffwechsel und wirkt appetit-anregend. Die Blüten können getrocknet und als Tee getrunken werden. Zur Blütezeit können sie frisch über Salate oder Suppen verteilt werden, damit auch das Auge etwas davon hat. Übrigens: Schliesst das Gänse-blümchen die Knospen, wird es Regen geben.

.) Brennessel

Hier ist Fingerspitzengefühl erforderlich – ansonsten wird es sehr schmerzhaft (die Brennhaare verursachen Quaddeln). Meist wird die Brennessel als Unkraut mit dem Drimmer weggeschnitten. Ein grosser Fehler! So hilft sie nicht nur im Garten als Schädlingsfeind, sondern auch beim Menschen. Die Pflanze wirkt blutreinigend, entgiftend und ent-wässernd und regt die Verdauung an. Das bewirken die Flavonoiden, die die Pflanze in grosser Menge besitzt. Schon im Mittelalter wurden die Samen für das besondere Wohlempfinden in so manchem Schlafzimmer verwendet.

.) Schafgarbe

In früheren Zeiten nannte man sie aufgrund ihres Aussehens auch „Augenbrauen der Venus“. Sie wächst bevorzugt am Wegesrand und auf Wiesen. Schon unsere UrUrUr…-Grosseltern wussten ihre Heilwirkung zu schätzen. So wirkt sie entzündungshemmend, krampflösend und anti-septisch. Daneben ist die Schafgarbe eine Wohltat für den Verdauungs-trakt: Verdauungsfördernd, stoffwechselanregend, harntreibend. Die ätherischen Öle bewirken, dass Gase, die bei der Verdauung entstehen, rasch entweichen können.

.) Johanniskraut

An Weg- und Waldesrändern fühlt sich das Johanniskraut so richtig wohl. Um es von anderen Pflanzen zu unterscheiden: Die Finger verfärben sich rot, wenn man die Blüten zerquetscht! Dafür verantwortlich ist der Inhaltsstoff Hypericin. Er beeinflusst vornehmlich die Stimmung des Menschen und wird deshalb therapiebegleitend bei Depressionen einge-setzt. Negativ: Es beeinflusst auch die Lichtempfindlichkeit! Deshalb: Vorsicht vor direkter Sonne, sollten Sie eine entsprechende Behandlung mit Johanniskraut durchführen.

.) Brombeerblätter

Die Brombeere ist ein Strauch, gehört somit nicht zu den Wildkräutern. Der Vollständigkeit halber möchte ich sie in diesem Zusammenhang aber nicht unerwähnt lassen. Durch die enthaltenen Flavonoiden, Gerbstoffe und organischen Säuren (Apfelsäure, Ascorbinsäure, Bernstein- und Zitronensäure) werden Brombeerblätter zur innerlichen Anwendung als Tee bei Durchfallerkrankungen und zur äusserlichen als Gurgelmittel bei Entzündungen des Mund- und Rachenraumes eingesetzt. Die Gerbstoffe wirken antibakteriell, antiviral, entzündungshemmend und zusammen-ziehend (adstringierend). Dabei übergiesst man die frischen oder getrockneten Blätter mit siedendem Wasser und lässt dies über 10 Minuten lang ziehen. Der Tee kann mehrmals am Tag getrunken werden. Ein solcher Aufguss findet auch bei Durchfallerkrankungen von Pferden, Kühen, Hunden und Kleintieren Verwendung.

Neben diesen Kräutern hatte der grossmütterliche Garten noch vieles mehr im Angebot! Das aber findet sich in den heutigen Gärten so gut wie gar nicht mehr! Hier sollte ein grosses Umdenken erfolgen: Weg von den englischen, geschniegelten Gärten, hin zu den Bauerngärten früherer Zeiten, in denen sich übrigens auch die Nützlinge unter den Insekten und die Vögel sehr wohl fühlten! Sie waren nicht nur nachhaltiger, sondern beinhalteten auch viele Pflanzen, die heute fast bereits ausgestorben scheinen!

Bleiben Sie gesund!

Hinweis:

Kräuter ersetzen nicht den Arzt, wenn Sie wirklich krank sind! Sie können begleitend oder präventiv eingesetzt werden.

Lesetipps:

.) Wildkräuter im Herbst und Winter; Janine Hissel/Riesa Rechenburg; Ulmer Verlag 2022

.) Wildkräuter vor Deiner Haustüre; Marion Reinhardt; Ars Vivendi 2022

.) Wildkräuter entdecken, erkennen und verarbeiten: Der praktische Wegbegleiter; Marjolein Holtkamp; Landwirtschaftsverlag Münster 2018

.) Wildkräuter – meine Lebensretter; Ralf Brosius; Bassermann 2022

.) Wildkräuter – bestimmen, sammeln, zubereiten; Martina Merz; Becker Joest Volk Verlag 2022

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Das Kabinett des Grauens

Der nächste US-Präsident heisst Donald Trump! Das ist inzwischen klar. Bei seinem ersten Wahlkampf frohlockten seine Anhänger: Endlich ein US-Präsident mit (mehr oder weniger) Erfahrungen aus der Wirtschaft! Die Ernüchterung folgte auf dem Fusse: Die USA waren einst Weltmacht – während seiner Amtszeit verloren sie das Privileg – auch wirtschaftlich. Der auf den Thron gesetzte Egomane (ich verwende hier absichtlich nicht den Ausdruck „Narzisst“!) versagte auf allen Ebenen. Jetzt wurde er wiedergewählt und wird das Amt im Januar antreten. Vorweg gab er seine politische Richtung vor und stellte ein Kabinett zusammen, das wohl einer Verhohnepippelung jeglichen gesunden Menschenverstandes gleichkommt. Doch eines haben sie allesamt gemein: Sie sind ihrem Herrn in jeglicher Hinsicht treu und ergeben! Einzig beim reichsten Mann der Erde, Elon Musk, könnte es möglicherweise zu Reibereien kommen, da er ebenso wie sein Boss von Minute zu Minute seine Meinung ändert. Doch ist Musk geborener Südafrikaner und kann alsdann nicht am Stuhl seines Präsidenten sägen, da nur geborene US-Bürger auch Präsident werden können. Im folgenden werde ich Ihnen dieses „Kabinett des Grauens“ (die Bild z.B. bezeichnet sie als „schwurbelnde Wirrköpfe“) etwas genauer vorstellen!

.) Vizepräsident J.D. Vance

James Donald Bowman wurde am 02. August 1984 in Middletown/Ohio geboren – später benannte er sich selbst um. Aufgewachsen bei den Grosseltern mütterlicherseits (sein Vater hatte die Familie früh verlassen, seine Mutter war drogenabhängig), verpflichtete er sich bei den Marines. Zwischen 2003 und 2007 war er dort auch als Kriegsberichterstatter tätig. Danach studierte er an der Ohio State University Politikwissen-schaften und Philosophie und schloss den Bachelor summa cum laude ab. Im Anschluss daran absolvierte er zudem in Yale Jura. Später arbeitete er als Anwalt bei mehreren Investmentunternehmen. 2016 (während des Wahlkampfes I von Donald Trump) erschien sein autobiographisches Buch „Hillbilly Elegy“, in dem er die Geschichte seiner Familie und ihre sozialen und ökonomischen Probleme aufarbeitete. Im selben Jahr meinte Vance in einem Artikel für „The Atlantic“, dass Trump „ungeeignet für das höchste Amt der USA“ sei, da dieser selbst nie seine populistischen Pläne erklären konnte. Das Buch wurde zum Bestseller, über den auch die Trump nicht sonderlich zugeneigten Zeitungen New York Times und Washington Post in höchsten Tönen schrieben. 2022 kandidierte er als Senator für Ohio und widerlegte seine einstige Meinung über Trump. Vance steht für die weisse US-Unterschicht. Ein enormes Wählerpotential! Deshalb machte ihn Trump auf dem Parteitag der Republikaner am 15. Juli 2024 zum Vizepräsidentschaftskandidaten („Running Mate“). Vance gehört nach den Wahlen zum engsten Beraterkreis Trumps. Er könnte durchaus Trumps Thronfolger werden.

.) Aussenminister Marco Rubio

Der 1971 in Miami/Florida geborene Rubio wird ein international sehr wichtiges Ressort leiten. Als Sohn kubanischer Exilanten studierte er an der University of Miami Jura, das er cum laude abschloss. Im Jahr 2000 wurde er in das Repräsentantenhaus Floridas gewählt, wo er von 2006 bis 2008 als Sprecher des Hauses agierte. 2011 wurde er Senator für Florida. Fünf Jahre später stellte er sich der parteiinternen Vorwahl gegen Trump, der ihn damals als „Little Marco“ verspottete. Rubio wird von der Tea-Party unterstützt – er steht für den Waffenbesitz, steht hinter der israelischen Regierung, befürwortet die NATO und gilt als Hardliner gegen den Iran und China. Zuletzt allerdings stimmte er gegen die weitere Unterstützung der Ukraine.

.) Verteidigungsminister Pete Hegseth

1980 in Minneapolis/Minnesota geboren, absolvierte Hegseth 2003 Princeton mit dem Bachelor of Arts. Nach seinem Militärdienst auf Kuba, im Irak und Afghanistan machte er 2013 auch den Master of Public Policy an der Harvard University. 2014 heuerte er bei Trumps Lieblingssender Fox News an. Dort interviewte er Trump auch des öfteren. Trotzdem unterstützte er zunächst Rubio, dann Ted Cruz und schliesslich erst Donald Trump. In seinen Sendungen gab er sich betont Trump-freundlich und kritisierte auch lautstark den Sonderermittler Robert Mueller zu seinen Untersuchungen über die Einflussnahme Russlands auf die Wahlen 2016. 2020 forderte er Trump auf, den Iran zu bombardieren. Hegseth steht für eine „männlichere Armee“ – Offiziere, die sich für das sog. „DEI-Programm“ (Diversity, Equity and Inclusion) einsetzen, will er aus dem Dienst entlassen. Seine dritte Frau (das aussereheliche Verhältnis mit einer Fox-Kollegin) heiratete er im August 2019 im Golf-Club Colts Neck von Donald Trump.

.) Innenminister Doug Burgum

1956 in Arthur/North Dakote geboren, ist Burgum eines der älteren Semester im Kabinett. 1978 schloss er die North Dakota State Univeristy mit einem Bachelor in University Studies ab und erhielt zwei Jahre später den MBA an der Stanford University. 1983 gründete er das Unternehmen Great Plains Software in Fargo, das er 2001 um 1,1 Mrd. Dollar an Micro-soft verkaufte. Nachdem er in verschiedenen Unternehmen tätig war, gewann er 2016 die Wahl zum Governor von North Dakota. Der Milliardär gilt als einer der wenigen als besonnen auftretend. Übrigens fällt in sein Ressort auch ein für Trump immens wichtiger Bereich: Die Öl- und Gas-Förderung!

.) Justizminister Matt Gaetz – Justizministerin Pam Bondi

Seine Nominierung löste auch parteiintern einige Diskussionen aus. Schliesslich war Gaetz federführend an der Absetzung des damaligen republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, beteiligt. Der 1982 in Hollywood/Florida geborene Gaetz bezeichnet sich selbst als „Aussiedler und Unruhestifter“. Gegen ihn wurde bereits wegen Menschenhandels und Unzucht mit Minderjährigen ermittelt. Gaetz studierte von 2000 bis 2003 Geschichte und Politik-wissenschaft an der Florida State University, danach Jura am College of William and Mary. Einige Jahre arbeitete er als Anwalt. Ab 2010 war er Mitglied des Repräsentantenhauses Floridas, ab 2016 im US-Repräsen-tantenhaus. Noch im November sah ihn Trump als Kandidaten für den Posten des US-General-Staatsanwaltes. Jetzt sollte er Justizminister werden! Kritiker Trumps vermuten, dass er den juristischen Rachefeldzug seines Meisters durchwinken sollte. Aufgrund der Vorwürfe zog Gaetz aber seine Kandidatur zurück. Er wird ersetzt durch die frühere General-staatsanwältin für Florida, Pam Biondi. Die 59-jährige vertrat Trump bereits bei seinem ersten Amtsenthebungsverfahren. Sie ist grundsätzlich von der Unschuld ihres Mandanten in allen Punkten und Vorwürfen überzeugt.

.) Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr.

Der nächste Paukenschlag! Trump bezeichnete ihn einst als „dümmsten aller Kennedys“! Jetzt sind sie ein Herz und eine Seele. Robert F. Kennedy Jr. ist der Neffe des ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy; sein Vater Robert F. Kennedy fiel ebenso später einem Attentat zum Opfer. 1954 geboren, schloss er an der Harvard University Politikwissenschaften ab, studierte zudem an der Londoner School of Economics und besitzt einen Abschluss in Jura. In den 1980er Jahren fiel er wegen Drogen-besitzes mehrfach auf. Kennedy trat zunächst als unabhängiger Kandidat zur letzten Wahl an. Als dies erfolglos schien, schloss er sich Trump an, der sich dadurch die eine oder andere demokratische Stimme erhoffte. Kennedy gilt als allgemeiner Impfgegner (Masern-Vakzine würden Autis-mus auslösen!) – er verbreitete jede Menge Verschwörungstheorien (Bill Gates würde bei Impfungen Chips implantieren, WLAN verursache Krebs, CoVid19 soll durch die 5G-Technologie verbreitet werden, …) und wird künftig auf folgende Schwerpunkte setzen: Psychedelika, Stammzellen, Rohmilch, Vitamine, Sonne und Bewegung.

.) Finanzminister Scott Bessent

Auch diese Nominierung sorgt für einiges Rauschen im Blätterwald. Einerseits ist Bessent bekennend homosexuell. Andererseits war der 62-jährige als Hedgefonds-Manager und Investor tätig – zuletzt als Gründer und CEO der Key Square Group. Trump sieht ihn als „einen der weltweit führenden internationalen Investoren und geopolitischen und wirtschaft-lichen Strategen“! Er wurde zuvor auch bereits mehrfach durch Bessent wirtschaftlich beraten. 1984 schloss Bessent sein Politikwissenschafts-studium an der Yale University mit dem Bachelor of Arts ab. Danach arbeitete er für unterschiedliche Firmen, so auch für Soros Fund Management. Als Fundraiser war Bessent auch für die Demokraten Al Gore, Hillary Clinton und Barack Obama tätig. 2016 spendete er schliesslich 1 Mio $ an das Presidential Inaugural Committee von Donald Trump. Im Wahlkampf 2024 war er massgeblich an der Wahlkampfkasse seines Herrn beteiligt.

.) Arbeitsministerin Lori Chavez-DeRemer

Die 56-jährige trägt eine grosse Verantwortung. Schliesslich hat ihr Chef den Aufschwung der Wirtschaft und damit jede Menge neuer Arbeits-plätze versprochen. Die 1968 in Santa Clara County/Kalifornien Geborene schloss ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Bachelor of Science an der California State University. Danach war sie als Lehrerin und Unternehmerin tätig. Politisch arbeitete sie sich von der Lokalpolitikerin hinauf bis ins US-Repräsentantenhaus2023. Mit den letzten Wahlen zum Kongress aber verlor sie ihren Sitz.

.) Wohnungsbauminister Scott Turner

Der bislang einzige schwarze Minister in Trumps Regierung könnte auch der bislang einzige wirklich qualifizierte Minister sein. Neun Saisonen lang spielte der heute 52-jährige als Cornerback in der NFL. Danach versuchte er es erstmals 2006 bei den Kongresswahlen für den 50sten kalifornischen Distrikt – erfolglos. 2012 wurde er jedoch in das texanische Repräsentantenhaus gewählt. Während der ersten Amtszeit Trumps hatte er die Geschäftsführung des White House Opportunity and Revitalization Council inne. In dieser Einrichtung geht es um die Schaffung bezahlbaren Wohnraumes. Ein durchaus heikles Thema, da viele Häuslebauer beim Platzen der Immobilienblase 2007/08 ihr mehr-fach beliehenes Haus verloren haben und auf solche leistbare Wohnungen angewiesen waren und nach wie vor sind.

.) Verkehrsminister Sean Duffy

1971 in Hayward/Wisconsin geboren, besuchte er das Saint Mary’s College in Winona/Minnesota, das er mit dem Bachelor abschloss. Danach studierte Duffy am William Mitchell College of Law in Saint Paul Jura. Währenddessen agierte er als Darsteller in einem Reality-Format des Musiksenders MTV. Nach seinem Studium war Duffy zunächst Rechts-anwalt, dann Bezirksstaatsanwalt und Moderator beim Sportkanal ESPN. Zwischen 2011 und 2019 sass er im US-Repräsentantenhaus, legte sein Mandat aber selbst nieder und begann als Moderator beim Fox Business Network. Mit seiner Frau Rachel Campos-Duffy hat er nicht weniger als neun Kinder!

.) Bildungsministerin Linda McMahon

Die ehemalige Wrestling-Unternehmerin soll die USA zur „Nummer eins bei Bildung in der Welt machen“, meint Trump. Sie erhält damit den Vorsitz über ein Ministerium, das der künftige Präsident eigentlich ab-schaffen wollte. Die 1948 in New Bern/North Carolina geborene McMahon studierte Französisch im Lehramt, war jedoch nie an einer Schule tätig. Sie heiratete sehr früh Vince McMahon und gründete mit ihm das Unter-nehmen World Wrestling Entertainment. Ab 2009 war sie im Schulaus-schuss für Connecticut tätig. Danach kandidierte sie zweimal für den Senat, unterlag jedoch beide Male, trotz des Einsatzes von rund 100 Mio Dollar aus ihrem Privatvermögen. Forbes schätzte übrigens das Vermögen des Ehepaares McMahon 2017 auf 2,8 Mrd. Dollar. 2016 schliesslich holte Trump sie als Leiterin der Small Business Administration in sein erweitertes Team. Zuvor hatten die McMahons übrigens 6 Mio Dollar für dessen Wahlkampf gespendet. Eigentlich wollte McMahon Handelsministerin werden.

.) Handelsminister Howard Lutnick

Das Ziel des Wallstreet-Managers und Milliardärs war eigentlich das Finanzministerium. Der 1961 geborene Finanzexperte konnte gleich ein zweites Mal Geburtstag feiern. Als Chef des Finanzdienstleisters Cantor Fitzgerald befand sich das Unternehmen in den oberen Stockwerken im World Trade Center. Er überlebte 9/11 nur deshalb, weil er an diesem Morgen seinen Sohn in den Kindergarten brachte. Lutnick war Fundraiser für die Trump-Wahlkämpfe 2020 und 2024.

.) Energieminister Chris Wright

Mit seiner Nominierung setzte Trump ein klares Zeichen: Nein zu alter-nativen Energien, Ja zu fossilen Brennstoffen. Der 1965 in Colorado geborene Wright ist Fracking-Unternehmer und Klima-Skeptiker. Zuletzt war er CEO des Unternehmens Liberty Energy. Mit ihm erwartet sich Trump ein „Goldenes Zeitalter des amerikanischen Wohlstands und des Weltfriedens“. Welche Innovationen er dabei allerdings vorantreiben wird – diese Überlegung überlasse ich gerne Ihnen!

Um heute den Rahmen nicht zu sprengen, hier noch die weiteren Mitglieder:

.) Stabschefin: Susan Wiles – Aufgabe: Vorzimmer-Bulldogge Trumps

.) Vize-Stabschef Stephen Miller – Aufgabe: Enge Beratung des Präsidenten mit grossem Einfluss

.) Nationaler Sicherheitssprecher im Weissen Haus Mike Waltz – Aufgabe: U.a. rasche Beendigung des Ukraine-Krieges

.) Heimatschutzministerin Kristi Noem – Aufgabe: U.a. Aufsicht über Einwanderung und Grenschutz

.) Regierungssprecherin Karoline Leavitt

.) Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard (ehemalige Demokratin)

.) CIA-Direktor John Ratcliffe

.) Haushaltsdirektor Russel Vought – Aufgabe: Kostensenkung und Deregulierung

.) Grenzschutzbeauftragter Tom Homan – Aufgabe: Massenab-schiebungen und Grenzaufsicht

.) UNO-Botschafterin Elise Stefanik

.) NATO-Botschafter Matthew Whitaker – Aufgabe: Stärkung der Beziehungen zu den anderen NATO-Mitgliedern

.) Telekommunikationsaufsicht Brendan Carr – Aufgabe: Beenden der Regularien, die die Wirtschaft der USA eingebremst hat

.) Chef der US-Umweltbehörde Lee Zeldin – Aufgabe: „die sauberste Luft und das sauberste Wasser der Welt für die USA“

.) Department of Government Efficiency Elon Musk und Vivek Ramaswamy – Aufgabe: Kürzung der Regierungsausgaben bis 2026

Alle genannten Ministerkandidaten müssen noch durch den Senat bestätigt werden. Dort haben die Republikaner die Mehrheit. Allerdings könnten wohl auch einige Republikaner gegen die eine oder andere Personalentscheidung stimmen. Die Demokraten sprechen von zum Teil „unqualifiziert“ bis gar „gefährlich“! Um eine solche Ablehnung eines Kandidaten zu verhindern, könnte Trump seine Kandidaten in der Parlamentspause ernennen („recess appointments“). Auch die Demokraten machten von diesem oftmals Gebrauch – allerdings jeweils für politische Beamte der unteren Ebene – niemals für Ressort-verantwortliche!

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Todesfahrer auf der Autobahn

Beruflich musste ich dieser Tage in den Osten Österreichs nahe Wien. Ich machte mir bereits im Vorfeld so meine Gedanken, da ich des nächtens zumeist die ARD-Hitnacht höre, bei der nahezu alle zwei Stunden eine Geisterfahrer-Meldung durchgegeben wird und ich sieben der acht-stündigen Rückfahrt bei Dämmerung bzw. Dunkelheit zurücklegen musste. Dabei führte mich mein Weg auch über das deutsche Eck! Auf der Hinfahrt über das kleine. Allerdings war ich bis München unschlüssig, ob ich nicht doch über Passau (also über das grosse) fahren sollte. Ich entschied mich jedoch für Salzburg – im Nachhinein betrachtet mein Glück! Rund eine Viertel Stunde, nachdem ich München-Süd passiert hatte, kam eine Unfallmeldung für München-Süd! Grossen Dank an die schützende Hand des über mich wachenden Kumpels mit den grossen Flügeln. Dann wurde es so richtig interessant: Wenige Minuten später erneut eine Verkehrsmeldung: „… Autobahn A 94 Passau-München kommt Ihnen zwischen … ein Geisterfahrer entgegen…!“ Soll ich dies nun Glück oder Vorsehung nennen? Auf der Rückfahrt hörte ich von einem Unfall beim kleinen deutschen Eck mit einem Zeitverlust von einer drei-viertel Stunde. Offenbar hatte es mein Schutzengel auch dieses Mal gut mit mir gemeint, schliesslich wäre dies meine Strecke gewesen – 1,5 h später hätte es möglicherweise mich erwischt! Ich entschied mich spontan für das grosse deutsche Eck und quälte mich in Dunkelheit und Schneegestöber über die Autobahn-Kilometer. Nachdem ich Deggendorf passiert hatte, fesselte mich erneut eine Verkehrsmeldung an die Lautsprecher: „…A 94 München-Passau kommt Ihnen auf Höhe Deggendorf ein Geisterfahrer entgegen!…“ Scherzhalber dachte ich noch für mich: „Ich war’s nicht!“ Doch – wie soll ich diesen meinen Betriebs-ausflug benennen? „Schwein gehabt!“ vielleicht? Ist eine Autobahnfahrt inzwischen der Fingerzeig dafür, wie kurz das Leben doch ist und wie schnell es vorbei sein kann?

Tatsächlich – ich kann es nicht leugnen: Als ich nun für diesen Blog recherchierte, lief es mir eiskalt den Rücken runter! Vor Jahren kam ich selbst auf der Brenner-Autobahn/Tirol in einen Unfall. Es handelte sich allerdings nicht um einen Geisterfahrer-Crash. Ein PKW-Lenker wollte die Spur wechseln, übersah jedoch dabei ein überholendes Fahrzeug. Der Lenker dessen krachte gegen die Leitschiene. Während er und die beiden Kinder zwar verletzt aber vergleichbar glimpflich davon kamen, durch-bohrte die Mittelleitschiene ein Bein der Mutter am Beifahrersitz – es musste amputiert werden. Ausserdem verlor sie ihr ungeborenes Kind. Ein solches Bild vergisst man nicht so schnell. Zudem war ich damals an drei Tagen der Woche auf der Autobahn unterwegs. Beim Anschauen der Videos kamen all die Erinnerungen wieder hoch.

Neben dem in grossen Teilen Deutschlands durchgeschaltetem Radio-programm der ARD (gut als Hintergrundbeschallung bei der Arbeit) wechsle ich des nächtens auch gerne mal auf SWR 1 (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Bremen, Hessen und Teile Nordrhein-Westfalens). In beiden Programmen ist mir die dramatische Zunahme solcher Falsch- oder Geisterfahrermeldungen aufgefallen. Nicht nur während der Nachtstunden, sondern vor allem tagsüber! Inzwischen muss wohl jederzeit mit einem solchen entgegenkommenden „lebensgefähr-lichen Vollpfosten“ (verzeihen Sie mir bitte diesen Ausdruck – er kommt allerdings von Herzen!) gerechnet werden. Obgleich derartige Meldungen oberste und rascheste Priorität bei den Radiostationen haben, können sie nicht immer frühzeitig warnen. Zudem gibt es auch Autofahrer, die die ARI-Kennung ausgeschaltet und bei Wagners „Ring der Niebelungen“ oder Strauss’ „Also sprach Zarathustra“ mit 200 Sachen ihrem Ziel entgegenrasen! Für alle, die es nicht kennen sollten: Durch dieses ARI mit dem sog. „Hinz-Triller“ wird das laufende Programm (egal ob Stream, MP3, CD oder auch ein anderes Radioprogramm) durch eine möglicher-weise lebensrettenden Verkehrsmeldung unterbrochen. Eine mehr als wichtige technische Einrichtung, die stets eingeschaltet sein sollte!!!

Die Unfallbilanz mit Geisterfahrern ist nämlich sehr blutig!!!

Am 23. März dieses Jahres gerät ein vollbesetzter PKW bei Emstek/Niedersachsen auf der B72 auf die andere Fahrspur und prallt gegen ein entgegenkommendes Fahrzeug aus den Niederlanden. Neben dem Geisterfahrer selbst sterben auch dessen Beifahrer und der Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges. Acht weitere Personen werden teils lebensgefährlich verletzt. Unfallzeit: 18:30 Uhr!

Am 29. Oktober 2023 kollidierte ein 77-jähriger Mann aus dem Raum Deggendorf auf der A92 auf Höhe von Dingolfing mit einem richtig fahrenden Auto. Der Senior hatte sich nicht angeschnallt – er verstarb noch an der Unfallstelle. Die beiden Insassen des anderen Fahrzeuges wurden nur leicht verletzt.

In Deutschland kommt es nach einer Studie des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV – veröffentlicht im August 2023) zu durchschnittlich 2.000 Geisterfahrermeldungen pro Jahr – rund sechs pro Tag. Etwa 80 Unfälle mit Geisterfahrerbeteiligung gibt es per anno. Knapp die Hälfte der Falschfahrer waren 60+, 41 % 75+ Jahre alt. Erschreckende 45,9 % der Falschfahrten erfolgten bewusst. Die Studie untersuchte 288 Unfälle aus dem Jahr 2015! Leider konnte ich trotz intensiver Suche keine exakten bundesweiten Zahlen für das Jahr 2023 finden. Deshalb konzentriere ich mich auf das Datenmaterial des Bayerischen Landesamtes für Statistik – 2023 kam es in Bayern zu 45 Geisterfahrerunfällen mit vier Todesopfern – und auf das Datenmaterial, welches das Bayerische Innenministerium auf Anfrage des Bayerischen Rundfunks 2020 für den Freistaat veröffentlichte. Insgesamt kam es im Jahr 2019 im Freistaat zu 335 Falschfahrermeldungen (2018 waren es noch 285). Die meisten davon entfallen mit jeweils 44 Meldungen auf die A3 und die A73. Knapp 20 % der Geisterfahrer konnten gestellt werden. Dabei stellte sich heraus, dass der überwiegende Teil davon männlich war und die Senioren ab 70 Jahren eine erhöhte Risikogruppe darstellen. Bei 14 Unfällen mit Falschfahrern gab es 19 Verletzte und 4 Todesopfer. Soweit zum Jahr 2019!

In der Nacht auf den 07. September 2024 knallt ein 47-jähriger kurz vor der Ausfahrt Vorchdorf auf der Westautobahn auf das Fahrzeug eines 19-jährigen, der in richtiger Fahrtrichtung unterwegs war. Dabei wurde das Auto des jungen Oberösterreichers †auf die Fahrerseite geworfen und komplett demoliert. Der Mann erlag etwas später im Krankenhaus seinen Verletzungen.

Am 19.10.2023 fährt ein Lenker in Niederösterreich in verkehrter Richtung zwischen Stockerau und Krems auf die S5 auf. Bald wird bekannt, dass es sich bei dem Falschfahrer um den betrunkenen früheren Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek gehandelt haben soll, dessen späterer Tod nach wie vor noch nicht aufgeklärt ist.

Am 13. Februar 2023 gibt es zwei Schwerverletzte bei einem Geister-fahrerunfall auf der A9 bei Rottenmann/Stmk. Ein 81-jähriger war zuvor bei der Mautstelle Ardning falsch aufgefahren und krachte nach acht Kilometern gegen einen anderen PKW. Die Pyhrnautobahn musste für zwei Stunden gesperrt werden.

Besonders spektakulär verlief die Geisterfahrt eines 19-jährigen Kroaten mit Begleiterin am 04. Februar 2023 auf der Welser Westspange der A8. Der Mann kehrte bei einer Vignettenkontrolle um und flüchtete gegen die Fahrtrichtung. Bei Sattledt verunfallte der Wagen. Die beiden Insassen flüchteten zu Fuss, wurden durch einen Hubschrauber entdeckt und später festgenommen. Das Auto war bei der slowenischen Polizei als gestohlen gemeldet. Personen kamen gottlob keine zu Schaden.

Insgesamt 444 Geisterfahrermeldungen wurden im Jahr 2023 auf dem österreichweiten Radiosender Ö3 durchgesagt. Die höchste Zahl seit Jahren – 54 Meldungen mehr als noch im Jahr zuvor. Bei vierzehn Unfällen mit Geisterfahrerbeteiligung gab es acht Schwer-, fünfzehn Leicht-verletzte und zwei Todesopfer. Auf der A2 bei Krumpendorf in Kärnten kracht am 26. Januar eine 48-jährige, alkoholisierte Lenkerin frontal gegen einen LKW. Am 04. November prallen auf der Westautobahn auf Höhe Pucking/OÖ zwei PKW aufeinander – der 26-jährige Geisterfahrer aus Ungarn erliegt noch an Ort und Stelle seinen Verletzungen.

Im Bundesländer-Ranking führt Niederösterreich (93 Meldungen), bei den Strecken die Südautobahn A2 mit 73. Übrigens ist die A22 Donauufer-autobahn mit einer Geisterfahrerdichte (Falschfahrer im Verhältnis zum Jahr und Kilometer) von 0,37 die gefährlichste Strecke. Der geisterfahrer-trächtigste Tag ist der Samstag (86 Meldungen an diesem Wochentag), die meisten Meldungen an einem Tag gab es am 23. Dezember mit nicht weniger als acht!

In den frühen Morgenstunden des 17. März 2024 fuhr ein 25-jähriger aus dem Bezirk Jura-Nord auf der A1 zwischen Estavayer-le-Lac und Yverdon mit seinem Fiesta in falscher Richtung. Im Tunnel des Bruyères krachte er auf den PKW eines 24-jährigen. Der Geisterfahrer erlag noch an der Unfallstelle seiner Verletzungen, der andere Mann wurde mit Ver-letzungen unbestimmten Grades ins Krankenhaus geflogen.

Kurz nach 17.30 Uhr kollidierten am 25. Juli 2023 zwei Fahrzeuge auf der A2 beim Plattitunnel auf Höhe Silenen/UR seitlich miteinander. In Folge verwickelten sich weitere zwei PKW in den Unfall. Dabei wurde ein Lenker schwer, ein weiterer leicht verletzt. Der Geisterfahrer flüchtete zu Fuss, wurde jedoch kurz danach durch die Kantonspolizei Uri dingfest gemacht. Es stellte sich heraus, dass das Fahrzeug mit Luzerner Kontroll-schildern zuvor entwendet worden ist.

In vielen Fällen kommen der Polizei beim Stoppen von Falschfahrern Trucker zur Hilfe. Sie fahren mit ihren LKW entweder nebeneinander oder stellen den Sattelzug zur Gänze quer.

Untersuchungen haben ergeben, dass rund 50 % der Falschfahrer unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen. Danach folgen mit Fahranfängern, älteren Menschen oder auch Ortsunkundigen die überforderten Lenker. Dies geschieht vor allem in den Nachtstunden, wenn andere Orientierungshilfen aufgrund der Dunkelheit nicht oder zu spät wahr-genommen werden. Schliesslich folgen jene Fahrzeughalter, die das Risiko bewusst in Kauf nehmen und wenden, weil sie etwas vergessen haben oder sie sich mit einem grossen Crash aus dem Leben verabschieden wollen.

Eine Wahnsinnstat, die mir partout nicht in den Kopf will: Weshalb soll ich bei meinem Selbstmord unschuldige Menschen mit in den Tod reissen?! Diese können ja schliesslich am wenigsten dafür, dass ich mein Leben nicht in den Griff bekommen habe und deshalb feige aus diesem scheide (schwere, unheilbare Krankheiten ausgeschlossen – jedoch nicht auf diese Art!). Psychiater, die sich mit dem Thema intensiver befassen, nennen vornehmlich zwei Gründe: Verschleierung der wahren Suizid-Hinter-gründe oder Inszenierung des eigenen Abganges. Zweiteres ist immer wieder auch bei Amokläufern zu erkennen. Dadurch soll darauf hingewiesen werden, dass das Umfeld dem Betroffenen ein grosses Unrecht zugefügt hat. Experten sprechen vom F60.8 im ICD 10 oder einer Cluster-B-Störung nach DSM-IV – einer narzißtischen Persönlichkeits-störung. Perfekt übrigens durch Michael Douglas auf die Leinwand gebracht („Falling down“). Auslösender Reiz in diesem Fall war dessen Kündigung. Durch einen aufwendigen oder aussergewöhnlichen Selbst-mord versucht der Betroffene ein letztes Mal Aufmerksamkeit zu erhaschen. Das gekränkte Ego soll mit einem lauten Knall besänftigt werden. Die Anderen – Pech: Zur falschen Zeit am falschen Ort! Eine Studie der Universität Würzburg zeigt beispielsweise auf, dass sehr viele, die schon einen Suizid-Versuch unternommen, diesen jedoch überlebt haben, tatsächlich bei Verkehrsunfällen um’s Leben kommen. Gibt es etwa einen kausalen Zusammenhang? Verkehrsexperten sind sich einig: Gegen Amokfahrer helfen keine Hinweisschilder, keine Fangnetze und keine hochfahrende Barrieren. Sie finden immer eine Möglichkeit.

Falschfahrer durchbrechen den Vertrauensgrundsatz. Deshalb sind solche Unfälle zumeist die schlimmsten. Doch nicht immer steckt ein Selbst-mordversuch dahinter. Im Folgenden wollen wir dies etwas genauer beleuchten.

Bei einem Unfall auf der A 1 in Rheinland-Pfalz (ein Vater und zwei Kinder starben), behauptet die Unfalllenkerin, eine damals 60-jährige Frau, felsenfest, dass ein Monster sie verfolgte. Unfassbar ist auch der Anruf einer Lenkerin von der A8 (Salzburg-München). Sie meldet am 17. März 2006, dass ihr „jede Menge Geisterfahrer“ entgegen kämen. Die Polizei konnte die Frau stoppen – offenbar hatte die psychisch Verwirrte ihre Medikamente nicht genommen.

Riesige Autobahnkreuze machen es so manchem Autofahrer nicht unbedingt einfach. Einmal falsch abgebogen befindet sich die nächste Abfahrt mit viel Glück schon nach nur 10 Kilometern, sehr häufig jedoch sind es mehr. Panik greift um sich. Dabei geht es weniger um die verlorene Zeit und das Mehr auf dem Kilometerstand. Vielfach setzt das logische Denken des Einzelnen aus – es wird schlicht und einfach auf offener Strecke gewendet.

Auch Baustellen können dies verursachen. Als auf der A3 bei Würzburg gebaut wurde, bog ich falsch ab und befand mich plötzlich auf der Route Nürnberg-München (A 9), obwohl ich in Richtung Ulm-Lindau (A 7) musste. Sh… happens!, dachte ich mir und wartete auf die nächste Abfahrt. Fazit: 25 km mehr! Doch wäre mir niemals ein Umkehren oder Rückwärtsfahren auf dem Pannenstreifen in den Sinn gekommen.

Für solche orientierungslose Autofahrer haben die Verkehrsplaner eigens grosse Hinweisschilder an besonders schwierigen Stellen angebracht. Doch helfen diese bei Nebel oder schlechter Sicht durch starken Regen bzw. in der Nacht vergleichbar wenig. Hier können Navigationsgeräte recht sinnvoll sein. Allerdings sollte man auch diesen nicht unbedingt blind vertrauen: so wurde beispielsweise eine Lenkerin zum Umdrehen aufgefordert – mitten im Tunnel (und sie tat es auch noch!!!).

Ein weiterer Grund ist Alkoholeinfluss bzw. Drogenkonsum. Oder auch eine Mutprobe/Stammtischwette. Hintergründe, die an einer grundsätz-lichen Fahrtauglichkeit eines Autofahrers zweifeln lassen. Denn: Gemäss § 315 c StGB ist das Falschfahren in Deutschland eine Gefährdung im Strassenverkehr und stellt einen Angriff auf das Leben anderer dar. Das Urteil lautet auf Freiheitsentzug bis zu fünf Jahre bzw. eine Geldstrafe und der Entzug der Fahrerlaubnis (Führerschein). In Österreich ist dies nach § 177 StGB fahrlässige Gemeingefährdung (1 Jahr Freiheitsentzug, hohe Verwaltungsstrafen und Entzug der Lenkerberechtigung), in der Schweiz nach Art. 90 Satz 2 Strassenverkehrsgesetz ein abstraktes Gefährdungsdelikt und bringt bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe. Kommt es zu einem Unfall, so greift noch jeweils eine Vielzahl an anderen Gesetzen.

Wie aber kann nun der Strassenerhalter bei solchen Lenkern reagieren, die nicht nur schwerwiegend gegen geltende Gesetze verstossen, sondern auch die Hoffnung auf einen gesunden Menschenverstand verpuffen lassen. 2009 und 2010 wurden Versuche mit Fangnetzen absolviert. Hier dachten zunächst die Verantwortlichen, auf das Ei des Columbus gestossen zu sein. Stellte sich dann doch nicht als die Lösung par excellance dar. In Österreich wurden sog. „Krallen“ an exponierten Stellen angebracht. Diese werden bei Druckkontakt durch falsches Auffahren ausgefahren und zerstörten die Reifen. Solche Metallzacken kommen auch in den USA und der Türkei zum Einsatz. In dieser Hinsicht sehr effektiv. Was jedoch, wenn Feuerwehr- oder Rettungsdienste auf einem gesperrten Teilstück entgegengesetzt auffahren müssen? Daneben kam es durch Eis oder Schnee zu Funktionsausfällen. Und schliesslich ist diese Massnahme aus Kostengründen nicht realisierbar: Rund 2.000 Auffahrten gibt es in Deutschland, hinzu kommen Parkplätze und Raststationen – ein unmögliches Unterfangen! Im Alpenstaat sowie auch in Bayern setzt man deshalb seit 1997 auf übergrosse Warntafeln. Sie sollen zumindest die unachtsamen oder orientierungslosen Kraftfahrer am Weiterfahren hindern. Auf der Rückseite ist Werbung angebracht, die normalerweise im Autobahn-Bereich verboten ist, jedoch die Hinweis-tafeln finanziert. Der normale Autolenker sieht also die Werbung, der Falschfahrer hingegen die grosse Hand mit dem Fahrverbotsschild. Immer mehr gelangt auch das „Ghost Rider Information System“ (GRIS) zur Diskussion. Durch elektronische Sensoren sollen Geisterfahrer bereits an den Auffahrten ertappt und direkt an die Exekutive bzw. den Verkehrs-funk gemeldet werden.

Wie reagiere ich – als normaler Autobahn-Benutzer?! Wichtig ist zu allererst, dass der Verkehrsfunk aktiviert ist. Wird nun tatsächlich eine Geisterfahrermeldung durchgegeben, sollte so rasch als möglich die äusserst rechte Fahrspur aufgesucht und das Tempo gedrosselt werden. Der Abstand zum Vordermann sollte erhöht und im besten Falle ein Parkplatz bis zur Entwarnung angefahren werden.

Passiert dann tatsächlich ein Fahrzeug in verkehrter Richtung, bleibt das Herz des Fahrers erstmal kurz stehen: „Was wäre geschehen, wenn ich nun überholt hätte?!“ Sehen Sie zwei Lichter auf sich zukommen, so können Sie die Lichthupe betätigen – doch auf gar keinen Fall aufblenden. Dadurch könnte der Falschfahrer die Sicht verlieren. Sollte es ihnen selbst nun geschehen sein (durch einen Verkehrsunfall etwa), dass sich das Auto gedreht hat, muss die Warnblinkanlage eingeschaltet und der nächste Fahrbahnrand aufgesucht werden. Niemals die Fahrbahn kreuzen oder rückwärts fahren bzw. wenden. Ansonsten empfiehlt die Polizei, das Fahrzeug an der Mittelleitplanke stehen zu lassen. Die Insassen sollten sich auf den Grünstreifen retten und sofort die Polizei alarmieren.

In Österreich wurde mit dem Gefahrenzeichen „Achtung Falschfahrer!“ (StVO § 50 Abs. 14a) unter dem damaligen Infrastrukturminister Hubert Gorbach (FPÖ) auch eine Hinweistafel aufgenommen, die etwa durch das Overhead-Autobahn-Informationssystem oder Wechselverkehrszeichen-anlagen direkt an den Lenker weitergegeben werden kann.

Weniger Probleme mit Falschfahrern haben mautpflichtige Autobahnen wie jene in der Schweiz, Italien oder auch Frankreich. Und übrigens: Die meisten der Geisterfahrermeldungen sind Scherze. Die Polizei in Deutschland geht davon aus, dass nur rund 300 pro Jahr ernstzu-nehmende Meldungen sind. Herzlichen Dank an all die Scherzbolde, die eine Notfall-Einrichtung, die Leben retten kann, derart missbrauchen.

Links:

– www.stmi.bayern.de

– oe3.orf.at/verkehr/

– www.adac.de

– www.oeamtc.at

– www.tcs.ch

– www.asfinag.at

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Sport steigert die Hirnleistung

Als ich noch jeden Tag meine 12 Kilometer runterspulte, dachte ich während des Laufens zumeist an gar nichts, fühlte mich jedoch danach auch geistig fit wie ein Turnschuh. Zurecht, gilt es inzwischen als erwiesen, daß sich Sport sehr positiv auf die Leistungen unseres Gehirns auswirkt. Vielleicht mit Ausnahme des Boxens oder zu vieler Kopfbällen! Neueste Studien haben gar ergeben, daß die körperliche Betätigung (insbesondere das Ausdauer- oder Cardiotraining) gegen Demenz schützen kann indem das sehr komplexe Zusammenspiel hämodyna-mischer, neurohumoraler und neurometabolischer Veränderungen positiv beeinflusst wird, wodurch das Gehirn plastischer, adaptiver und effi-zienter wird (siehe hierzu die SMART-Studie der Goethe- Universität Frankfurt zur Cholinkonzentration im Gehirn). Sehr schlechte Nachrichten also für Couch-Potatoes – doch die haben das soeben gelesene ohnedies bereits schon wieder vergessen.
Die beiden Mediziner Hans-Jürgen Grabe und Katharina Mittfeld von der Universität Greifswald entdeckten bei Ihren Versuchen, je besser die körperliche Fitness ist, desto grösser war das Hirnvolumen der von Ihnen untersuchten Studienteilnehmer. Alsdann kann daraus geschlossen werden, daß in einem sportlich durchtrainierten Körper der altersbedingte Abbau der Hirnmasse verlangsamt wird. Das Gehirn ist also gesünder! Insgesamt untersuchten sie nicht weniger als 2.103 Personen zwischen 21 und 84 Jahren. Bei diesen wurde zuerst die maximale Sauerstoff-aufnahme pro Minute unter Höchstbelastung gemessen (Fahrradergo-meter). Dies gab Auskunft über die Fitness der Probanden. Daneben wurde mit Hilfe der Magnetresonanztomographie die Grösse des Gehirns sowie der grauen und weißen Hirnsubstanz im Speziellen gemessen. Die graue Substanz enthält die Axone der Nervenzellen, also ihre Zellkörper, während die Neuriten und Dendriten, also die Zellfortsätze, in der weißen Substanz zu finden sind. Experten nun schließen daraus, daß in einem sportlichen Körper mit häufiger körperlicher Höchstbelastung nicht nur der Körper von der vermehrten Sauerstoffaufnahme profitiert, sondern auch das Gehirn. Zudem erhält es bei besserer Durchblutung mehr Energiestoffe mitgeliefert. Allerdings ist diese These noch nicht wissen-schaftlich untermauert. Interessant jedoch scheint in diesem Zusammen-hang das Wandeln der Philosophen im Altertum. Egal ob Sokrates oder Aristoteles bei den Griechen, Seneca bzw. Cicero bei den Römern: Sie philosophierten zumeist im Gehen, da sie der Überzeugung waren, die Bewegung halte die Gedanken im Fluss! Diese Meinung vertritt alsdann Jennifer Raymond von der kalifornischen Stanford University: Menschen, die ein Problem zu lösen haben oder angestrengt nachdenken müssen, erledigen dies zumeist im Gehen.
Etwas genauer wird der Zusammenhang an der Sporthochschule in Köln erforscht. Stefan Schneider vom Institut für Bewegungs- und Neuro-wissenschaft erklärt dieses Phänomen wie folgt: Bei körperlicher Bewegung wird im Gehirn der motorische Kortex aktiviert, während gleichzeitig der präfrontale Kortex (ein Teil des Frontallappens der Grosshirnrinde) heruntergefahren wird. Ersterer steuert und koordiniert die Bewegungsabläufe im Körper, während zweiterer für das logische Denken und Planen zuständig ist.

„Man kann sich das wie bei einem Reset eines Computers vorstellen, dessen Arbeitsspeicher überlastet ist!“
(Apl-Prof. Dr. Dr. Stefan Schneider , DSHS Köln)

Danach läuft nicht nur der PC wieder besser, sondern auch das menschliche Gehirn. Für seine Untersuchungen verwendete Schneider EEG-Messgeräte und Infrarot-Sensoren, um durch diese Gehirnströme und die Durchblutung des Gehirns festzustellen. Diese These wird alsdann von Arne Dietrich von der American University of Beirut bestätigt.
Depressionsforscher (etwa der Jacobs University Bremen) gehen gar noch einen Schritt weiter, indem sie dem Sport eine ähnliche Wirkung zuschreiben wie den Antidepressiva. Sie entdeckten bei Patienten mit einer rezidivierenden Depression (F33), also wiederholten depressiven Schüben, einen starken Gewebeschwund (Atrophie) spezieller Hirn-strukturen im Hippocampus und dem präfrontalen dorsolateralen Kortex. Zurückgeführt wird dies auf die Abnahme von Nervenwachstumsfaktoren (Neurotrophine wie das Eiweiß BDNF) und damit auch der neuronalen Konnektivität („Neurotrophin-Hypothese“). Derartige Neurotrophine sorgen für neue Verbindungen zwischen bestehenden Nervenzellen. Auslöser für einen Rückgang ist zumeist negativer Stress. Sport bzw. Bewegung ganz allgemein bauen ein erhöhtes Stressniveau ab und führen zu einer Zunahme von Neurotrophinen. Bei Probanden mit einem hohen BDNF-Gehalt im Blut ist der Hippocampus wesentlich grösser. Diese Neurotrophin-Hypothese bestätigte etwa der Psychologe Kirk Erickson von der University of Pittsburgh im Jahre 2010, der ebenfalls die Grösse des Hippocampus mit Hilfe eines Kernspintomographen gemessen hatte. Aus diesem Grunde wird immer mehr die Bewegung in die Depressions-therapie eingebaut.
Allerdings – und damit wieder zurück zum Sport-Neurologen Schneider aus Köln – muss die Sportart Spass machen und die Belastungsintensität direkt auf die jeweilige Person abgestimmt sein. Dauert beispielsweise eine starke Ausdauerbelastung über mehr als ein bis zwei Stunden an, können sich durch das Anschwellen der Vorhöfe und der rechten Herz-kammer im Herzmuskel feine Risse bilden. Schliesslich pumpt das Herz bei starker Belastung bis zu siebenmal mehr Blut durch den Körper als im Ruhezustand. Wird dem Körper nun keine Ruhephase gegönnt, damit diese Risse selbst ausheilen können, so kommt es durch Gewebeschäden und Verhärtungen zu einem chronischen Herzleiden, das mit Herz-rhythmusstörungen bzw. dem plötzlichen Herztod enden kann. Deshalb sind zumeist 30-40 Minuten Ausdauersport vollends ausreichend. Die Studienteilnehmer Schneiders konnten sich bis zu 30 Minuten nach dem Sport wesentlich besser konzentrieren. Schneider selbst meint gar, bei ihm wirke dies noch mehrere Stunden nach.
Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten die Experten der Universität Ulm rund um die Neurowissenschaftlerin Sanna Stroth. Sie testeten 80 Personen im Alter von 17 bis 47 auf deren Konzentrationsfähigkeit, das Gedächtnis sowie das räumliche Vorstellungsvermögen. Die Test-Gruppe musste über vier Monate hinweg jeweils dreimal die Woche Ausdauersport, die Kontroll-Gruppe keinen Sport betreiben. Während sich der Sport nicht auf das Gedächtnis auswirkte, zeigte die Sportgruppe jedoch deutliche Verbesserungen in den beiden anderen Untersuchungs-bereichen. Die Studienleiter erklären sich dies einerseits mit der Reset-Theorie Schneiders, andererseits jedoch mit dem menschlichen Hormon-haushalt. Ständige Bewegung verlangsame den Abbau des Botenstoffes Dopamin, der für entscheidende Prozesse im präfrontalen Kortex benötigt wird. Zudem gilt Dopamin als Stimmungsaufheller („Glücks-hormon“). Sinkt der Dopamin-Spiegel, so lassen viele geistige Fähigkeiten nach – etwa die Konzentration oder die Aufmerksamkeit. Allerdings ist diese Dopamin-These ebenso noch nicht wissenschaftlich bestätigt worden. Eine Studie der Colombia University New York gelangte hingegen zum selben Ergebnis.
Sport ist somit nicht nur für den Körper, sondern auch für den Geist durchaus gesund. Allerdings neigt der Mensch zum „Delay discounting“, also dem Abwerten zeitlich verzögerter Belohnungen. Soll heissen, wir ziehen kurzzeitige Genüsse den längerfristigen vor – der innere Schweinehund gehört dazu! Für das Planen und abstrakte Denken ist der präfrontale Kortex zuständig, für die kurzzeitigen Genüsse hingegen das limbische System. Gewinnt stets das limbische System, so werden diese Denkmuster zur Gewohnheit. Hier herauszukommen kostet weitaus mehr Energie und Überwindung. Wer also regelmässig Sport betreibt, wird nicht nach den unterschiedlichsten Ausreden suchen, die nächste Laufrunde auszulassen. Deshalb ist es auch dermaßen wichtig, dass die gewählte Sportart Freude bereitet. Denn: Spass macht, was unsere Bedürfnisse befriedigt! Ein immens wichtiger Teil der Sportpsychologie – das erspart Ihnen den Kauf vieler teurer Ratgeber!

„Oft reicht es schon, sich selbst eine Backpfeife zu verpassen oder ‚Los jetzt!‘ zu rufen, um sich zu aktivieren.“
(Jens Kleinert, Sportpsychologe an der DSHS)

Lesetipps:

.) Die Veränderung psychischer Zustände, Stimmungen und Dispositionen durch sportliche Aktivität; M. Gomer; Verlag Harri Deutsch 1995
.) Effects of aerobic exercise on brain metabolism and grey matter volume in older adults: results of the randomised controlled SMART trial; Matura S/ Fleckenstein J/Deichmann R/Engeroff T/Fuzeki E/Hattingen E et al; Transl Psychiatry 2017
.) Cardiovascular fitness, cortical-plasticity, and aging; Colcombe SJ/Kramer AF/Erickson KI/Scalf P/McAuley E/Cohen NJ et al; Proc Natl Acad Sci USA 2004
.) Exercise training increases size of hippocampus and improves memory; Erickson KI/Voss MW/Prakash RS/Basak C/Szabo A/Chaddock L et al; Proc Natl Acad Sci USA 2011
.) SMART: physical activity and cerebral metabolism in older people: study protocol for a randomised controlled trial; Fleckenstein J/Matura S/Engeroff T/Fuzeki E/Tesky VA/Pilatus U et al; Trials 2015
.) Comparison of the peak exercise response measured by the ramp and 1-min step cycle exercise protocols in patients with exertional dyspnea; Revill SM/Beck KE/Morgan MD; Chest 2002
.) Auswirkungen des Sporttreibens auf Selbstkonzept und psychisches Wohlbefinden; Metzenthin, S./Tischhauser, K.; Gesellschaft zur Förderung der Sportwissenschaften an der ETH Zürich 1996
.) Einführung in die Sportpsychologie; Hrsg.: H. Gabler/J.R. Nitsch/R. Singer; Hofmann 2004
.) Handbuch Gesundheitssport (2. vollst. neu bearb. Aufl.); Jtsg.: K. Bös & W. Brehm; Hof mann 2007
.) Physical activity and psychological well-being; Hrsg.: Boutcher; Routledge. Thelwell, R.C., Lane, A.M., & Weston 2007
.) Training in der Therapie. Grundlagen und Praxis (3. Aufl.); I. Froböse/G. Nellessen-Martens/C. Wilke; Urban & Fischer 2005
.) Zum Stellenwert von Sport in der Behandlung psychischer Erkrankungen; Broocks, A./Meyer, T./George, A./Pekrun, G./Hillmer-Vogel, U./Hajak, G./Bandelow, B./Rüther, E.; Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie 1997

Links:

– www.uni-frankfurt.de
– www.uni-greifswald.de
– www.stanford.edu
– www.dshs-koeln.de
– www.aub.edu.lb
– www.uni-ulm.de
– www.columbia.edu

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Mauerfall – gut oder schlecht?

Als in den frühen Morgenstunden des 13. August 1961 die Baumaschinen auffuhren und hunderte Menschen mit dem Bau einer Mauer rund um die drei Westsektoren Berlins begannen, konnte wohl noch niemand die weitreichenden Folgen des Ganzen absehen. Die Berliner Mauer wurde zum Symbol für die Abgrenzung des Ostens zum Westen!

Der Bau des „Faschistischen Schutzwalls“ wurde nur wenige Tage zuvor zwischen dem Generalsekretär der KPdSU, Nikita Chrustschow und dem Vorsitzenden des Staatsrats der DDR, Walter Ulbricht, bei einem Treffen der Staaten des Warschauer Paktes in Moskau beschlossen. Sie war der Abschluss der Teilung Deutschlands, da in den Jahren zuvor bereits die 1.378 Kilometer lange Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland regel-recht „befestigt“ wurde. Offiziell sollte dieses nahezu unüberwindbare 3,60 Meter hohe und 400 Millionen Ostmark teure Bauwerk die Einwohner der DDR vor dem Kapitalismus des Westens schützen. Inoffiziell jedoch mussten dadurch jene DDR-Bürger zurückgehalten werden, die ihre Zukunft lieber im Westen als im Osten sahen. Alleine im Juni 1961 sind über 30.000 Menschen in den Westteil der Stadt geflüchtet, danach über 3.000 – täglich! Der neugegründete Staat drohte auszudünnen. An der restlichen Grenze galt schon seit 1960 der Schiessbefehl für die Grenz-soldaten, er sollte schliesslich auch auf Berlin ausgedehnt werden. Bis zu 245 Menschen wurden beim Versuch, die Berliner Mauer zu überwinden, getötet – offizielle Zahlen gibt es allerdings nicht.

Als Michail Gorbatschow Staats- und Parteichef in der Sowjetunion wurde, musste er grossflächig reformieren, da die UdSSR wirtschaftlich am Boden lag. Dies aber konnte er nur mit der Bevölkerung, nicht gegen sie umsetzen. Also gewährte er Meinungs- und Pressefreiheit, öffnete das Land für Investoren und versprach Reisefreiheit. Es begann eine Zeit der Entspannung zwischen den Blocks aus West und Ost. Im August 1989 nutzten tausende DDR-Bürger ihren Urlaub in der Tschechoslowakei für eine Flucht in die bundesdeutsche Botschaft in Prag. Auch über die ungarisch-österreichische Grenze flüchteten tausende Menschen. Das Regime in Ost-Berlin musste reagieren, da diese Menschen dem sozia-listischen Arbeitsmarkt und seinem Fünf-Jahres-Plan fehlten – betroffen davon waren alle Schichten: Vom Kraftfahrer, über die Krankenschwester bis hin zum Hochschulprofessor. Nach dem offiziellen Teil einer Presse-konferenz meinte Günter Schabowski vor 35 Jahren am 09. November 1989, dass für alle Bürger der DDR künftig die Reisefreiheit gelte. Damit wollte die SED die Massenflucht in der Annahme verhindern, dass zwar viele in den Westen rüber wollen, danach aber wieder zurückkommen würden. Als ein Reporter den treuen Kader-Soldaten Schabowski fragte, ab wann diese Reisefreiheit gelte, kramte dieser in seinen Unterlagen, da er bei der Abstimmung des Zentralkomitees nicht selbst dabei war und den Entwurf dieses Gesetzes erst kurz vor der Pressekonferenz durch Egon Krenz in die Hand gedrückt bekam, und meinte:

„Das tritt nach meiner Kenntnis… Ist das sofort, unverzüglich.“

So hatten sich dies die Genossen im ZK jedoch nicht vorgestellt!!! Der Satz wurde um 19.04 Uhr durch die DDR-Nachrichtenagentur ADN verbreitet und um 19.30 Uhr in der Sendung „Aktuelle Kamera“ verlesen – eine halbe Stunde später titelte damit auch die Tagesschau in der ARD. Danach machten sich zigtausende Menschen auf den Weg um sich das direkt an der Grenze anzuschauen. Um 21.30 Uhr erhielt der Chef der Passkontrolleure an der Bornholmer Strasse, Oberstleutnant Harald Jäger, den Befehl, den Schlagbaum „ein bisschen zu öffnen“, da sich dort bereits 20.000 Menschen angesammelt hatten, die die Öffnung der Grenze forderten. Den lautesten unter ihnen sollte die Ausreise ermöglicht werden, um sodurch die Lage zu entspannen. Sie erhielten einen Stempel in den Pass, damit sie nicht mehr einreisen konnten. Doch kamen immer mehr Menschen an den Grenzposten. Um 23.29 Uhr schließlich gab Jäger den Befehl, den Schlagbaum zu öffnen. Der Fall der Mauer hat begonnen!

Der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl weilte an diesem Tag in Warschau. Um 19.30 Uhr wurde die deutsch-polnische Sitzung unter-brochen, da sich offenbar etwas in Berlin ereignete. Auch der regierende Oberbürgermeister von Berlin, Walter Momper, durch die Meldung überrascht, eilte sofort zur Grenze und wurde dort förmlich überrannt. Ein Museum fragte bei ihm an, ob er seinen roten Schal, den er in dieser Nacht trug, als ein Zeichen für den Mauerfall abgebe, was Momper jedoch bisher standhaft verweigerte. In den Regierungsgebäuden der DDR herrschte Panik. Es war also ein Versprecher, der den Mauerfall einleitete!

Doch was hat sich „drüben“ seither getan? Ehrlich? Nicht wirklich viel! Ein Aufbauprogramm nach dem anderen verpuffte – die Wirtschaft in den „neuen“ Bundesländern kam nicht in’s Laufen! Ausgerechnet der US-Konzern Tesla und dessen Chef Elon Musk ging schliesslich fahnen-schwingend voraus und zeigte den deutschen Wirtschaftsbossen, wie es wirklich geht! In Grünheide südöstlich von Berlin (Bundesland Branden-burg) entstand die neue Giga-Factory – Nobel-E-Cars und Batterien! Milliarden wurden investiert – tausende neue Arbeitsplätze im struktur-schwachen Ostdeutschland dadurch geschaffen. Bei der Eröffnung 2022 meinte Bundeskanzler Olaf Scholz: „Der Osten ist industriell vorne mit dabei!“

Tatsächlich haben sich seit dem Mauerfall nur wenige in Richtung Osten erweitert. 1990 belief sich die Wirtschaftskraft in den ostdeutschen Bundesländern nur auf etwa 43 % der westdeutschen. Erst 2018 konnte sie auf 75 % gesteigert werden, die Löhne erreichten im selben Jahr rund 85 % des Westniveaus – 29 Jahre nach dem Mauerfall! Handelsriesen wie Amazon sind nicht dafür verantwortlich, da sie ihren Mitarbeitern tariffremde Gehälter anbieten und somit nur das niedrige Lohnniveau nutzen. Das Bruttoinlandsprodukt Ostdeutschlands lag 2023 bei 467, in Westdeutschland (mit Berlin) bei ca. 3.654 Milliarden Euro. Das sind 11,3 Prozent! Sachsen findet sich als bestes Ost-Bundesland auf Platz 8 im Vergleich.

1990 – kurz nach dem Mauerfall wanderten rund 400.000 Ostdeutsche in Richtung Westen ab. Verantwortlich zeichneten damals oft die Schliessungen jener Betriebe bzw. Staatsbetriebe, die vom Mauerfall überrascht wurden. Die Arbeitslosigkeit stieg in besorgniserregende Höhen – die Angst vor der Zukunft zog ihre Kreise. Rund um den Jahr-tausendwechsel anno 2000 wanderten weitere nahezu 200.000 Menschen ab – junge, Frauen und gut ausgebildete Bürger, die sich in den west-lichen Bundesländern ein wesentlich besseres Leben erwarteten – vornehmliches Ziel: Baden Württemberg und Bayern. Dies hatte weit-reichende Folgen, an welchen auch heute noch einige Regionen schwer zu beissen haben: Steuerentgang, Niedergang der sozialen Infrastruktur, wie etwa im Bildungsbereich, der medizinischen Versorgung, Freizeit, … Erst 2017 kippte die Abwanderung – es zogen mehr Menschen in den Osten als in den Westen! Auch jene, die geblieben sind, haben die Zukunftsplanung genauer angegangen: Die Angst vor dem Verlust der Arbeit liess zeitweise die Geburtenrate auf nahezu 50 % sinken. Ergo: Familienplanung auf Eis gelegt! Das wiederum lässt das Durchschnitts-alter ansteigen – schlechter Boden für die Wirtschaft. Derartige Regionen sind nach Aussage vieler Politikwissenschafter ein perfekter Nährboden für die AfD.

2021 wurde für 90 % der Bürger der Soli-Beitrag abgeschafft – nach 30 Jahren! Nurmehr Besserverdiener, GmbHs und andere Kapitalanleger sowie Körperschaften müssen ihn bezahlen. Der Solidaritätszuschlag sollte den Aufbau Ostdeutschlands unterstützen. Der Soli belief sich davor auf 5,5 % der Körperschafts- bzw. Einkommenssteuer. Dies brachte der Staatskasse satte rund 19 Milliarden Euro pro Jahr. Eine wahrhaft politische Entscheidung, schliesslich wäre dieser Solidarpakt eigentlich ohnedies Ende 2019 ausgelaufen. Böse Zungen behaupten, dass damit nur Wählerstimmen eingefangen werden sollten. So hiess es aus Kreisen der CDU, dass diese Entscheidung die wohl grösste Steuerentlastung seit vielen Jahren bedeuten sollte. Die Gegenfinanzierung übrigens steht auch heute noch nicht.

Erlauben Sie mir zum Schluss einen eigenen Gedanken – vornehmlich zum Soli: Wäre in den vergangenen 30 Jahren das Geld zweckgebunden eingesetzt worden, bestünde heute kein Bedarf mehr dafür. Da dies jedoch ganz offensichtlich nicht der Fall zu sein scheint, muss ich mich wirklich fragen: Was wurde aus der deutschen Wiedervereinigung? Auch der Bund selbst wagte sich nur sehr zögerlich in die neuen Bundesländer. Ist es somit das Aschenputtel, das die BRD übernommen hat? Wäre es vielleicht gar besser gewesen, die DDR hätte noch über zehn weitere Jahre bestanden und mit Hilfe der BRD eine Grundbasis für die Wiedervereinigung schaffen können?

Sei’s drum – einem Mann ist dies vornehmlich zu verdanken, dass 1989 kein Blut geflossen ist – wie Jahre zuvor in Ungarn oder der Tschechos-lowakei: Dem verstorbenen Friedensnobelpreisträger Michail Gorbat-schow! Er musste aus wirtschaftlichen Gründen so handeln – er handelte jedoch auf eine Art und Weise, wie es viele vor und nach ihm nicht taten oder tun werden: Als Mensch!

Filmtipps:

.) Geheimsache Mauer; Fernsehfilm; Deutschland 2010

.) Geheimakte Mauerbau; Fernsehfilm; Deutschland 2011

.) Es geschah im August. Der Bau der Berliner Mauer; Fernsehfilm, Deutschland 2001

.) Die Mauer – Berlin ’61; Fernsehfilm; Deutschland 2006

Lesetipps:

.) Die Berliner Mauer. Geschichte eines politischen Bauwerks; Thomas Flemming/Hagen Koch; be.bra 2001

.) Die Mauer. 13. August 1961 bis 9. November 1989; Frederick Taylor; Siedler 2009

.) Die Berliner Mauer 1984 von Westen aus gesehen; Philipp J. Bösel/Burkhard Maus; Berlag Kettler / White-Press 2014

.) Halt! Grenzgebiet! Leben im Schatten der Mauer; Thomas Scholze/Falk Blask; Basis-Druck 1997

.) Kennedy, Chruschtschow und der gefährlichste Ort der Welt; Frederick Kempe; Siedler 2011

.) Die Nacht, in der die Mauer fiel – Schriftsteller erzählen vom 9. November 1989; Hrsg.: Renatus Deckert; Suhrkamp 2009;

.) Die längste Nacht, der größte Tag – Deutschland am 9. November 1989; Jrsg.: Kai Diekmann/Ralf Georg Reuth; Piper 2009

.) Der Mann, der die Mauer öffnete. Warum Oberstleutnant Harald Jäger den Befehl verweigerte und damit Weltgeschichte schrieb; Gerhard Haase-Hindenberg; Heyne 2007

Links:

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