Archive for März, 2025

Das Märchen von der Gleichberechtigung

Der 08. März wird alljährlich als “Internationaler Weltfrauentag” gefeiert! Leider ist er heute wichtiger denn je – doch dazu gleich mehr.

1908 in den USA eingeführt, setzte er sich schon recht bald weltweit durch. Ursprünglich am 19. März, wurde er später auf den 08.03. vorverlegt. Dieser Tag soll an die Ungleichheit und Gewalt gegen Frauen erinnern und die Gleichberechtigung der Geschlechter einfordern. Eigentlich beschämend, heisst es doch in den meisten demokratischen Verfassungen, dass alle Menschen gleich sind – nicht nur vor dem Gesetz. Das war und ist nicht überall der Fall – auch bei uns nicht. Frauen-rechtlerinnen (und nicht nur diese!) kämpfen nach wie vor um die Gleich-stellung. Ein Blick zurück in die Geschichte:

Erst 1918 wurde in Österreich das allgemeine Wahlrecht für Frauen eingeführt, in deutschen Landen zu Beginn des Jahres 1919. In Neuseeland, Australien und Finnland etwa war es zu diesem Zeitpunkt bereits selbstverständlich – in Neuseeland beispielsweise seit 1893! Die Schweiz war naturgemäss etwas langsamer – 1971 bundesweit, in einigen Kantonen sogar noch später. So bedurfte es eines Bundesgerichts-entscheides, dass Frauen im Kanton Innerrhoden-Appenzell ab 1990 zur Wahlurne schreiten durften – entgegen eines Mehrheitsentscheides der Männer.

In Mitteleuropa wurde seither viel erreicht, doch bewegt sich die Politik leider wieder zurück. So fordern die vielen Rechtsaussen-Parteien die Rückkehr der Frauen an den heimischen Herd. Nichtsdestotrotz – wirtschaftlich und finanziell muss noch vieles getan werden. Dies zeigt der Global Gender Gap-Report des Weltwirtschaftsforums jedes Jahr von neuem auf. In dieser Studie werden die Unterschiede im Einkommen für die gleiche Arbeit zwischen Mann und Frau in 150 Ländern dieser Erde dargestellt (Verdienstabstand – “Gender Pay Gap”). Nach Angaben der Statistik Austria verdienten im Jahre 2023 Frauen in der Privatwirtschaft im Alpenland um 18,3 % pro Stunde brutto weniger als ihre männlichen Arbeitskollegen. Gottlob verringert sich dies: So waren es 2013 noch 4 % mehr. In Deutschland belief sich dieser Gender Pay Gap 2024 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes auf 16 % (auch hier ein Minus von 2 % gegenüber des Vorjahres). In der Schweiz waren es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2022 9,5 %. Ein paar Vergleiche aus der EU (ebenfalls aus dem Jahr 2022!):

Lettland 19 %

Rumänien 4 %

Italien 2 %

An diese ungleichen Einkommensverhältnisse soll auch der “Equal Pay Day” (EPD) hinweisen. In Deutschland heuer am 07. März, in Österreich am 25. Februar – allerdings von Bundesland zu Bundesland unterschied-lich: In Wien etwa am 16. Januar, in Vorarlberg am 14. März. Doch was bedeutet dieser ganz besondere Tag, der inzwischen in nahezu jedem Land der westlichen Hemisphäre als Mahndatum gelten soll? In Österreich gar zweimal – in der islamischen Welt hingegen undenkbar!

Der „Equal Pay Day“ ist in diesem Falle jener Tag, bis zu dem Frauen statistisch gesehen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen kostenlos arbeiten. Es gibt auch eine Herbstversion – hier lautet dies: Ab dem Frauen kostenlos bis Jahresende ihrem Brotjob nachgehen. Männer haben also nach wie vor mehr Geld auf dem Lohnzettel stehen als ihre Kolleginnen mit vergleichbarer Qualifikation in vergleichbaren Jobs! Hallo? Wir schreiben das Jahr 2025!!!

Dieser Missstand ist auch als „Geschlechter-Gehaltsschere“ bekannt. Der EU-Indikator lag 2023 bei 12 %!

https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Gender_pay_gap_statistics

Eine Schande für reiche Industriestaaten, die eigentlich diesen Gleich-heitsgrundsatz jeweils in der Verfassung/dem Grundgesetz verankert haben.

Dass gar nichts getan wird, stimmt nicht: Es wird zu wenig und zu lang-sam für gleiche Bezahlung unternommen!

“Lohndiskriminierung ist ungerecht und schwächt unsere Gesellschaft als Ganze. †Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern ist ein zentrales Verfassungsversprechen, das es endlich einzulösen gilt.”

(Alain Berset, Generalsekretär des Europarates)

Der Equal Pay Day wurde bereits 1966 in den USA eingeführt; organisiert durch das „National Committee on Pay Equity“ (NCPE), dem unter-schiedliche Frauenorganisationen, die Gewerkschaften uvam. angehören. Der Hintergrund: Damit sollte, drei Jahre nach dem Beschluss der Gleich-behandlung durch die US-Regierung, auf die ungerechte Ungleich-behandlung der Frauen, insbesondere aber der afro-amerikanischen Frauen hingewiesen werden. Auf dem europäischen Kontinent waren 3.800 Frauen im belgischen Herstal die ersten: Sie legten am 16. Februar 1966 ohne Vorwarnung die Arbeit nieder. Eigentlich sollte der Streik nur einen Tag lang dauern – daraus wurden aber 12 Wochen. 2007 folgte Deutschland mit der “Red Purse Campaign” nach Vorbild der USA, wonach mit roten Taschen auf die Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz hingewiesen werden sollte, ein Jahr später kam der EPD. Die Eidgenossen setzten ihn erstmals 2009 fest – dort trat am 01. Juli 2020 ein Gesetz zur besseren Durchsetzung der Lohngleichheit in Kraft. In Österreich wurde der Equal Pay Day erstmals im Jahr 2010 berechnet (ein Jahr später auf Initiative der EU-Kommission in Europa) – damals lag er beim 29. September, 2022 beim 30. Oktober – 2024 beim 01. November. Diese auf der nationalen Einkommensdifferenz berechnete Zahl wird vom Jahr abgezogen – ob hinten oder vorne ist eigentlich gleichgültig. Hinten jedoch erweckt einen sensibleren Eindruck! Am 06. Juni 2023 trat eine neue EU-Richtlinie in Kraft, die bis 2026 derartige Lohnunterschiede transparenter machen und damit abschaffen soll. Definiert werden alsdann “gleiche” und “gleichwertige” Arbeit. Enthalten ist zudem die Pflicht zu Einkommensberichten (auch in kleineren Unternehmen) und eine Aufschlüsselung der durchschnittlichen Gehälter. Arbeitnehmer-Vertretungen fordern die sofortige Umsetzung der Richtlinie – nicht so eilig hingegen haben es naturgemäss die Arbeitgeber.

Die Ursachen für diese Ungleichbehandlung sind vielfältig: Frauen leisten mehr unbezahlte Arbeit als Männer (Haushalt, Kindererziehung, Ehrenamt,…), haben zumeist eine geringfügige oder Teilzeit-Beschäftigung (“Care-Beschäftigung” für die Familie), arbeiten oftmals in Niedriglohn-Branchen, haben schlechtere Aufstiegschancen, erhalten tatsächlich ein geringeres Gehalt, …!

Was kann veranlasst werden? Neben dem Meinungswechsel der Chefs bedarf es auch eines Ausbaus von Kinderbetreuungs-Einrichtungen, Ganztags-Schulen etc., sodass Frauen nach der Karrenz wieder in’s Berufsleben einsteigen bzw. Vollzeit arbeiten können. Die Handhabung der letzten Jahrzehnte führt automatisch im letzten Lebensabschnitt vieler Frauen zur Altersarmut. Davon sind vor allem alleinstehende Frauen betroffen.

Den verantwortlichen Sozialpolitikern der DACH-Länder sei deshalb etwa Island an’s Herz gelegt: Verpflichtende Papa-Karenz, Wochenends- und Nacht-Kitas (für die Schichtarbeiter) und nahezu gleiches Gehalt bei gleicher Arbeit für Frau und Mann per Gesetz. Island lag übrigens 2024 im EU-Gehaltsscheren-Vergleich bei 9 %.

Doch neben diesen wirtschaftlichen Unterschieden sollte man sich nicht nur am Weltfrauentag vor allem über die Themen Femizide und Gender-Medizin Gedanken machen. Der 08. März ist also nicht wirklich ein “Feiertag”, sondern vielmehr ein “Mahntag”!

Lesetipps:

.) Gender Pay Gap – Vom Wert und Unwert von Arbeit in Geschichte und Gegenwart; Hrsg.: Rainer Fattmann; Dietz 2023

.) Arbeit, Entlohnung und Gleichstellung in der Privatwirtschaft; Hrsg.: Hans-Böckler-Stiftung; edition Sigma 2010

.) Frauen auf dem Sprung. Wie junge Frauen heute leben wollen. Die Brigitte-Studie; Pantheon 2009

.) Sieben Jahre Equal Pay Day – Eine Forderung wird zur Kampagne; Hrsg.: BPW Germany; BWV Berliner Wissenschafts-Verlag 2015

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Artensterben – so schafft sich die Menschheit selbst ab

„Der Mensch verursacht gerade das größte globale Artensterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier!“

(Eberhard Brandes, WWF-Deutschland)

Während sich die Politiker auf der ganzen Welt noch streiten, ob es denn nun einen Klimawandel gibt, ob dieses oder jenes Mittelchen gesund-heitsgefährdend oder wer für den ganzen Schlamassel verantwortlich ist, hat das stille Sterben schon längst begonnen. Ich befasste mich an dieser Stelle bereits mit dem Sterben alter Arten und der Insekten – nachdem ich jedoch immer wieder hören muss, dass mein Gegenüber im Gespräch das nicht gewusst hat oder dachte, dass es nicht so schlimm ist, möchte ich anlässlich des diese Woche beendeten „Weltnaturgipfels“ (Biodiversitäts-konferenz COP 16) in Rom nochmals mit aller Vehemenz betonen, dass für viele Arten ein „Zurück“ zu spät ist. Der deutsche NABU weist darauf hin, dass aufgrund der „Lebensraumzerstörung, Landnutzungswandel, Umweltverschmutzung, Klimaänderung und der Verbreitung invasiver Arten“ das Artensterben derzeit um 1.000 mal grösser ist als biologisch normal.

Bis zu 58.000 Tierarten verschwinden derzeit pro Jahr. Ich überlasse es gerne Ihren Rechenkünsten: Gegenwärtig gibt es noch 5 bis 9 Millionen – weltweit. Am wohl eklatantesten wirkt sich die Rodung des Regenwaldes aus. Satelliten-Messungen haben ergeben, dass alleine im Jahr 2023 weltweit 37.000 Quadratkilometer nahezu unberührter Regenwald gerodet wurden. Im Waldbericht der FAO (State of the Worlds Forest 2020) ist von 4,2 Mio Quadratkilometern zwischen 1990 und 2020 die Rede (nicht nur Regenwald!) – die Fläche Deutschlands mal 12!!! Die meisten Regenwald- Bäume wurden für Palmölplantagen gefällt! Dadurch geht nicht nur ein wichtiger Teil der grünen Lunge unseres Planeten verloren! Unzähligen Tierarten wie Säugern, Vögeln, Insekten, Amphibien etc. wird damit auch der natürliche Lebensraum genommen. Sie werden schlichtweg ausgerottet. So etwa auf der Insel Borneo. Den Palmölplantagen fiel nahezu der gesamte Regenwald zum Opfer – übrig blieb nur der Lambir-Hills-Nationalpark im Westen der Insel. Zogen früher unzählige grosse Schildhornvögel hier ihre Flugrunden, so sind nurmehr ganz wenige davon heute noch zu beobachten. Auch Flughunde oder Gibbons wird man vergeblich suchen. Derzeit gibt es dort nurmehr Tiere mit einem geringeren Gewicht als einem Kilogramm – sie finden in dem Park noch Nahrung. Dabei war der Wald über Jahrzehnte hinweg eine der artenreichsten Regionen dieser Erde. Oder: In den latein-amerikanischen (Süd- und Mittelamerika) Regenwälder leben rund 70 % aller Tier- und Pflanzenarten dieser Erde. Die Rodung v.a. des Ama-zonas-Regenwaldes nimmt erschreckende Ausmaße an!

„Die Belege sind unbestreitbar: Die Zerstörung der Artenvielfalt und der Ökosysteme hat ein Niveau erreicht, das unser Wohlergehen mindestens genauso bedroht wie der durch den Menschen verursachte Klimawandel.“

(Robert Watson, IPBES)

Über das grosse Insektensterben, nachgewiesen durch die Studie des Entomologischen Vereins Krefeld, in dem die Biomasse der in Natur-schutzgebieten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Branden-burg fliegenden Insekten über 27 Jahre hinweg erfasst wurde, habe ich an dieser Stelle bereits berichtet!) – auch Vögel finden keine Nahrung mehr. Kurz angeschnitten habe ich zudem die Korallen im Blog zum Anstieg des Meeresspiegels. Dies wurde nun auch wissenschaftlich aufgezeigt: In der Studie der University of Queensland/Australien heisst es, dass das Great Barrier Reef immer mehr abstirbt: 2024 wurde eine Sterblichkeitsrate von bis zu 72 Prozent aufgezeigt! Verantwortlich dafür zeichnet haupt-sächlich das Ausbleichen der Steinkorallenstöcke („Korallenbleiche“). Die Korallen geben Algen ab – zurück bleibt ein weisses Kalkskelett.

Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einer „ökologischen Krise“. Wälder als immens wichtiger Wasserspeicher fallen der Axt zum Opfer, Feuchtgebiete werden trocken gelegt, Grünflächen versiegelt. Durch den Klimawandel gibt es vermehrt trockenere und heissere Sommer und wärmere, frostarme Winter. Eigentlich wären wir alle auf das dort gespeicherte Wasser angewiesen.

Im Jahre 2010 wurde der „Strategische Plan für Biodiversität 2011-2020“ von mehr als 190 Ländern dieser Erde unterzeichnet. Das Überein-kommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity CBD) ist eigentlich verbindlich und hätte zu mehr Naturschutz und nach-haltiger Nutzung der natürlichen Ressourcen führen sollen. Geschehen ist freilich nicht wirklich viel. Letzte Ernüchterung etwa brachte die Vogel-zählung des NABUs in diesem Winter in Deutschland: Weniger Spatzen, Meisen und Amseln! Bei letzteren gab es gar ein Minus von 18 %. Immer weniger Vögel und immer weniger Arten!

Dabei werden in diesem Plan die 20 Handlungsziele bis 2020 („Aichi-Ziele“ der 10. Bioviversitätskonvention von 2010 in Nagoya) im Bericht zur Tagung dezidiert aufgezählt, wie etwa:

  • Halbierung des Verlustes von natürlichem Lebensraum
  • Stopp der Überfischung
  • Schutz von 17 % Land- und 10 % Meeresfläche
  • Widerstandsfähige Öko-Systeme
  • Einstellung umweltschädlicher Subventionen …

Heuer konnte kein wirklicher Kompromiss gefunden werden – obgleich der Konferenzpräsidentin Susana Muhamad aus Kolumbien mehrere Text-vorschläge vorlagen – einer gar von den BRICS-Staaten, welchen auch China und Russland angehören.

Nach wie vor werden Agrarsubventionen an industrielle Mastbetriebe vergeben, an Ackerbauern, die Glyphosat und Obstbauern, die Neonico-tinoide einsetzen. Nach Angaben des Pestizidatlases 2022 der Heinrich Böll-Stiftung wurden 30.000 Tonnen Pestizide alleine auf deutschen Äckern ausgebracht, in Österreich waren es 3424,1 Mio to, weltweit sind es jährlich rund 4 Mio to (30 Prozent davon Insektizide, nahezu 50 % Herbizide). Ja – so pervers es ist: Hierzulande ist die Landwirtschaft hauptverantwortlich für das Artensterben. Zu dieser Erkenntnis gelangte einmal mehr die Studie der „Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services“ (IPBES), die anlässlich der Biodiver-sitätskonferenz in Paris präsentiert wurde und unter Mitarbeit auch des deutschen Helmholtz-Zentrums für Umweltschutz in München entstand. Kritisiert werden von Experten auch an sich sinnvolle Projekte, wie Biogas-Anlagen. Insgesamt laufen derzeit 2.737 derartige Anlagen im Freistaat Bayern mit einer Leistung von nahezu 1.500 Megawatt. Zwischen 2005 und 2021 gab es insgesamt 523 Betriebsstörungen bei Biogas-Anlagen. Bei vielen davon wurden Gewässer teils derart schwer in Mitleidenschaft gezogen, sodass auf geraume Zeit jegliches pflanzliche, aber auch tierische Leben dort unmöglich ist. Nicht nur Fische wie etwa die Bachforelle sind auf gutes Wasser und intakte Flüsse angewiesen, auch die Insekten benötigen diese. Durch die Intensivlandwirtschaft kann sich zudem der Boden nicht mehr erholen, durch die Überdüngung mit Gülle werden viele Pflanzen und Tiere schlichtweg vergiftet. Und nun der Schock: Die Diversität intensiv-landwirtschaftlich genutzter Fläche und auch der mono-kulturellen Bebauung von Ackerflächen ist um bis zu 80 % niedriger als jene in Städten.

„Wir leben in einer Endzeit exponentiellen wirtschaftlichen Wachstums im begrenzten System Erde und verwandeln die vielfältige Welt in eine große einheitliche Fabrik. In eine Agrarfabrik, eine Fabrik-Fabrik, eine Wohn-Fabrik und eine Konsum-Fabrik in der zunehmend übersättigte Menschen immer unzufriedener werden.“

(Axel Mayer; Ex-Geschäftsführer BUND)

Apropos Gewässer: Nachdem die Fliessgeschwindigkeit sinkt, besteht die zunehmende Gefahr der Verschlammung der Bäche und Flüsse. Ganz zum Nachteil der sog. „Kieslaicher“, wie Bachsaibling, Äsche, Regen-bogenforelle oder den Neunaugen.

Während die IPBS-Konferenz im November in Kolumbien noch gescheitert ist, konnten sich die Telnehmer dieses Mal in Rom zumindest auf die Finanzierung einigen. Am Ende stand fest, dass die Industriestaaten für den Erhalt der Ökosysteme in ärmeren Ländern bereits ab heuer 20 Milliarden, ab 2030 dann 30 Milliarden Dollar bezahlen sollen. Die welt-weiten Ausgaben werden sukzessive steigen und bis 2030 mindestens 200 Milliarden Dollar ausmachen.

In den kommenden Jahrzehnten könnten zwischen 500.000 bis 1 Million Arten von unserem Planeten verschwinden. Wissenschaftler sprechen vom „6. Massiven Artenverlust“, und dies in solch rasender Geschwindigkeit wie nie zuvor. Der 5. Massive Artenverlust fand übrigens vor etwa 66 Millionen Jahren statt. Ursache damals war der Einschlag eines riesigen Asteroiden.

Dabei gab es bereits Warnungen: Im Jahr 2005 durch das Millennium Ecosystem Assessment der Vereinten Nationen beispielsweise. Hier wurde dringendst zu einer Umkehr geraten! Allerdings ist nichts geschehen.

Die Umweltorganisation WWF veröffentlicht in regelmässigen Abständen den Living Planet Report. Erschreckend das Ergebnis zum Artensterben: Seit 1970 gingen die Bestände an Wirbeltieren um mehr als 50 % zurück, in manchen Teilen Lateinamerikas sogar um nahezu 90 %. Auch bei den Wirbellosen (den Insekten etwa) sieht es nicht besser aus.

„Solange wir Tiere in Ökosystemen weiter als irrelevant für diese Grundbedürfnisse halten, werden Tiere die Verlierer sein.“

(Joshua Tewksbury, Direktor des Smithsonian Tropical Research Institute von der Rice University Houston/Texas in einem Fachartikel des Magazins „Science“)

Wie nun wirkt sich all das auf den Menschen aus? Ein Beispiel möchte ich Ihnen stellvertretend für viele weiteren nennen: Wird ein Acker oder eine Obstplantage aufgrund Insektizid-Einsatzes schädlingsfrei, werden auch die natürlichen Fressfeinde, wie Vögel oder andere niedrige Wirbeltiere weiterwandern oder zugrunde gehen. Dies kann aber zu einer Massen-vermehrung von Schädlingen führen, die die komplette Ernte zerstören können. Besonders gefährlich sind in diesem Zusammenhang zudem eingeschleppte Arten, sog. Neophyten und Neozoen, wie die Kirsch-essigfliege oder der Asiatische Marienkäfer, der eigentlich zur Schildlaus-bekämpfung geholt wurde, jedoch auch vor Weintrauben keinen Halt macht. Insgesamt wird die Zahl dieser nicht regionalen Eindringlinge auf nicht weniger als 12.000 Spezies geschätzt – rund 10 % der heimischen Arten. US-amerikanische Mathematiker und Biologen berechneten den ökonomischen Wert der Fressfeinde. Er beläuft sich auf nicht weniger als 4,5 Milliarden US-Dollar – jährlich!

Daneben gibt es grosse Auswirkungen bei der Bestäubung so mancher Pflanzen. Besonders pervers: Jene, die am meisten auf die natürliche Bestäubung durch Bienen, Hummeln etc. angewiesen sind, spritzen auch die meisten Insektizide! Lobend erwähnt sei in diesem Zusammenhang das Artenschutzgesetz Bayerns, das auf die Bürgerinitiative „Rettet die Bienen“ zurückzuführen ist. Was ausserhalb Bayerns offenbar unmöglich ist, wurde hier durch den dortigen Landtag sogar noch intensiviert, ausgebaut und per Gesetz verabschiedet. Nutzniesser davon sind natürlich die Honigbienen, allerdings in weitaus grösserem Umfang die Wildbienen und Schmetterlinge, falls es sie noch gibt!!!

Eines aber sollte sich jeder durch den Kopf gehen lassen: Wir alle brauchen die Natur! Wenn vielleicht auch nicht körperlich unmittelbar, so auf jeden Fall psychisch!!!

Filmtipps:

.) Darwins Alptraum; Hubert Sauber; F/ B/ AU, 2004

.) Menschen gegen Monster (3 Folgen); BBC 2005

Lesetipps:

.) Das Ende der Artenvielfalt; Wolfgang Engelhardt; Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2011

.) Nach der Natur: Das Artensterben und die moderne Kultur; Ursula K. Heise; Suhrkamp Verlag 2010

.) Das grosse Insektensterben – Was es bedeutet und was wir jetzt tun müssen; Andreas H. Segerer/Eva Rosenkranz; bekomm Verlag 2018

.) Die Menschheit schafft sich ab – Die Erde im Griff des Anthropozän; Harald Lasch/Klaus Kamphausen; Knaur 2018

.) Unsere Vögel: Warum wir sie brauchen, wie wir sie schützen können; Peter Berthold; Ullstein Hardcover 2017

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