“Bring‘ mir mal ’ne Flasche Bier, sonst sterb‘ ich hier!”
(Gerhard Schröder)
Als allererstes möchte ich heute mit einem alten Fehlglauben aufräumen:
“Wein auf Bier, das rat‘ ich Dir! Bier auf Wein – lass‘ das sein!”
Ein wohl jeder kennt diese Binsenweisheit. Doch hat sie keineswegs mit der Verträglichkeit zweier alkoholischer Getränke zu tun – mischen ist immer schlecht. Nein, sie stammt aus dem Mittelalter und betraf den sozialen Wohlstand. Bier war das Getränk der Armen, Wein jenes der Reichen. Hatte es nun jemand geschafft, sich Wein leisten zu können, so sollte er auf seinen Wohlstand acht geben und nicht mehr zurückfallen! So – das lag mir schon lange auf dem Herzen – nun in’s Eingemachte!
Wasser, Malz, Hopfen und Hefe (Bayerisches Reinheitsgebot von 1516, verkündet am 23. April 1516 als Herstellungsvorschrift von Herzog Wilhelm IV. und seinem Bruder Herzog Ludwig X. im Schloss zu Ingolstadt – das älteste Verbraucherschutzgesetz der Welt) – und fertig ist des Deutschen und des Österreichers Lieblingsgetränk: Das Bier! Und doch schmeckt es so verschieden!!! Wirklich?
69,3 Millionen Hektoliter im Jahr 2023 – damit ist Deutschland noch vor Grossbritannien, Spanien und Polen der grösste Biermarkt Europas. 88 Liter pro Kopf – allerdings: Tendenz sinkend! Nach Angaben des Statis-tischen Bundesamt auch im 1. Halbjahr 2024 – und dies trotz Fuss-ball-Europameisterschaft (-0,6 Prozent gegenüber dem 1. HJ 2023).
Am meisten Bier getrunken wird in den Monaten Mai und Juni, am wenigsten im Januar. In Norddeutschland führt das Pils (”Zwischen Leber und Milz passt immer noch ein Pils!”), in Süddeutschland das Helle die Rangliste an. Daneben gibt es neben vielen anderen noch das obergärige Weissbier, Alt, Märzen, Schwarzbier, Kölsch uvam. Gross im Kommen sind auch alkoholfreie Produkte und Mischgetränke. Positiv hervorzuheben ist, dass die Bierindustrie nahezu vollständig beim umweltfreundlichen Mehr-wegsystem (mit Ausnahme der Dosen) geblieben ist.
Mehr als 1.500 Brauereien produzieren das heissbegehrte Gebräu. Die meisten davon sind allerdings Klein- und Kleinstbrauereien mit nur eingeschränktem Markt. Tatsächlich regieren sechs Grossbrauereien das Geschäft. Sie spielen am weltweiten Markt allerdings keine schwerge-wichtige Rolle. Apropos – weltweit: Diese drei grössten Braukonzerne produzieren nahezu die Hälfte aller Biere auf diesem Globus – schauen wir doch mal hinter die Kulissen!
.) Der Marktführer Anheuser-Busch InBev mit Sitz in Belgien stiess 2023 nicht weniger als 505,9 Mio Hektoliter aus, eine unglaubliche Zahl. In deutschen und österreichischen Gefilden ist der Konzern vor allen durch seine Marke Beck’s bekannt. Viele allerdings wissen nicht, dass auch Hasseröder, Diebels, Spaten, Franziskaner und Löwenbräu zum Konzern zählen. Na ja – bayrische Braukunst eben! Zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen betrug der Absatz 2023 6,6 mhl – Platz zwei.
.) Platz Zwei weltweit geht an Heineken. Die Niederländer schafften es auf 242,6 mhl anno 2023.
.) Und Bronze holte sich China mit den China Res. Snow Breweries und 111,51 Mio Hektolitern.
Weiters folgen Carlsberg (Dänemark), Molson Coors (USA/Kanada), die Tsingtao Brewery Group (China), die Asahi Group (Japan), BGI / Groupe Castel (Frankreich), Yanjing China und die Efes Group (Türkei).
(Info: BarthHaas GmbH & Co. KG – Hopfendienstleister)
Unter den weltweit 40 grössten Brauereien finden sich ingesamt sechs deutsche:
.) Die Radeberger-Gruppe KG gehört zum Oetker-Konzern. Mit 10,8 Mio Hektoliter ist sie die grösste deutsche Brauerei. Unter ihrem Konzernlogo werden etwa Marken wie Jever, DAB und Berliner Pilsner geführt. 1885 wurde aus der damaligen Aktienbrauerei ”Zum Burgkeller” die ”Radeberg Exportbrauerei”. 1952 schliesslich erwarb die Dr. August Oetker KG die Aktienmehrheit an der Binding-Brauerei – der Konzern wurde vorerst zur Oetker-, später dann zur Radeberger-Gruppe. Mit den Marken Freiberger, Allgäuer Brauhaus und Schöfferhofer Weizen, Selters und Tucher Bräu sowie Hasen-Bräu, Berliner Pilsner, Berliner Kind und Berliner Bürgerbräu ist die Gruppe Deutschlands grösstes Bier-Konglomerat (über ein Dutzend Brauereien). Weltweit schaffen es die Frankfurter auf Platz 22.
.) Oettinger verkaufte 2023 7,5 mhl (fast 2 Milliarden Flaschen und Dosen). An den Standorten Gotha, Mönchengladbach und Braunschweig werden nicht nur Biere, sondern auch Bier-Mix- und Erfrischungs-getränke produziert. Der Ursprung liegt im Fürstlichen Brauhaus im Jahr 1731, 1956 übernahm die Familie Kollmar den Betrieb. Der Leitsatz der Oettinger Getränke: Beste Qualität zu fairen Preisen. Auch einige Handelsmarken werden durch die Oettinger-Gruppe produziert. Im weltweiten Vergleich rangiert das Unternehmen auf Platz 25.
.) Erst auf Platz 28 kommt mit der Paulaner-Gruppe der erste tatsächliche Bayer. 6,34 Mio Hektoliter – rund 4,5 davon in Deutschland. Mög-licherweise wurde vieles davon auf dem Oktoberfest in München verkauft, schliesslich ist der Konzern in drei Festhallen auf der Wies’n vertreten! Die Geschichte reicht bis in’s 17. Jahrhundert zurück und fand seinen Ursprung im Paulanerorden. Die Marken neben Paulaner: Fürstenberg, Höpfner, Kultbücher und Schmucker.
.) Die TCB Beteiligungsgesellschaft folgt auf Platz 30. Mit ihren Marken wie etwa Feldschlösschen (seit 2011) sowie der Gilde Brauerei und dem Frankfurter Brauhaus wurden 5,8 mhl verkauft. Der wohl jüngste Konzern – gegründet 2001 in Berlin.
.) Krombacher folgt mit 5,74 Mio auf Platz 31. Bekannt ist die Marke vornehmlich durch die Spots im Fernsehen. Daneben aber werden auch die Biere Eichener, Rhenania und Rolinck sowie Vitamalz gebraut. Das Unternehmen besitzt zudem die Vertriebsrechte für Schweppes, Dr. Pepper und Orangina. 1803 begann alles mit einer kleinen örtlichen Brau-Gaststätte. Der deutschlandweite Verkauf startete erst in den 1950er-Jahren.
.) Die zur Unternehmerfamilie Simon zählende Bitburger Braugruppe schliesslich landete mit 5,69 Mio Hektolitern auf Platz 32 (in Deutschland Platz 3). Gebraut werden neben Bit etwa die Marken Köstritzer, Licher, König sowie Wernesgrüner. Der Beginn lag im Jahre 1817, als der Braumeister Peter Wallenborn in Bitburg/Eifel seinen ersten Liter zapfte.
Die weiteren Grossen in Deutschland:
.) Warsteiner aus dem gleichnamigen Ort in NRW braut jährlich rund 3 mhl – auch unter den Marken Frankenheim, Herforder, König Ludwig und Paderborner. Seit der Gründung des Konzerns liegt das Unternehmen in den Händen der Familie Cramer.
.) Veltins wurde 1824 in Mischte/Sauerland gegründet. Auch dieser Betrieb ist ein Familienunternehmen. Gemeinsam mit Grevensteiner werden rund 2,5 mhl jährlich produziert.
.) Mit rund 2,4 Mio Hektolitern spielt auch der Carlsberg-Konzern in Deutschland im Spiel der Grossen mit. Vertreten zudem neben dem Zug-pferd mit den Marken Astra, Duckstein, Holsten und Lübizer.
In Österreich gibt es 347 Braustätten (inklusive der Hausbrauereien). Sie stiessen 2024 insgesamt 9,98 mhl des edlen Gebräus aus – auch hier mit der Tendenz sinkend (-3 % gegenüber 2023). Im Alpenland wird ebenfalls immer mehr alkoholfreies Bier konsumiert. Gebraut wird nach dem Codex Alimentarius Austriacus, dem Österreichischen Lebensmittelbuch.
Hier die grössten Braukonzerne:
.) Die Brau-Union gehört zur niederländischen Heineken-Gruppe und schluckte viele ehedem unabhängige Brauereien. Dementsprechend gross die Markenliste: Desperados, Edelweiss, Fohrenburger, Gösser, Heineken, Kaiser, Kaltenhausen, Linzer Bier, Piestinger, Puntigamer, Reininghaus, Schladminger, Schleppe, Schlossgold, Schwechater, Sol, Villacher, Wiesel-burger und Zipfer. Die Brau-Union wurde 1921 als “Braubank AG” gegründet. 1998 wurden die Österreichische Brau-Union und die Steirer-brau fusioniert – 2003 kaufte sich die Heineken-Gruppe ein. Nach Unter-nehmensangaben werden jährlich rund 5 Millionen Hektoliter produziert. Übrigens ist 2023 Bill Gates bei Heineken eingestiegen. Ob er sich nun regelmässig ein österreichisches Krügerl genehmigt, ist leider nicht bekannt.
.) Die Salzburger Stiegl-Brauerei wurde erstmals 1492 urkundlich erwähnt (“Das Haus bey der Stiegn”). Seit 1889 befindet sich das Brauhaus im Besitz der Familie Kiener. Zur Produktpalette zählen 24 Stiegl-Biere und -Mischgetränke, zwei Max Glaner’s, acht Hausbiere, ein Wildshuter und zwei Weizengold sowie ein Radler Zitrone.
.) Die Ottakringer-Brauerei befindet sich im 16. Wiener Gemeindebezirk. Müllermeister Heinrich Plank vom Stift Klosterneuburg erhielt 1837 die Braubewilligung. 1905 ging das Unternehmen an die Börse. Gustav Harmer übernahm 1938 das Unternehmen, 1986 schliesslich wurde die Ottakringer AG gegründet. Gebraut werden hier 24 Ottakringer Biere und Mischgetränke (darunter auch ein veganes), drei Gambrinus, zwei Hansy, sechs Gold-Fassl, sieben Kühles Blondes und zwei alkoholfreie Biere.
.) Die Privatbrauerei Hirt in Michldorf wurde erstmals 1270 erwähnt. Gebraut werden 19 Hirter-Biere und Mischgetränke.
.) Die Brauerei Murau ist mit ihren 14 Bieren und Mischgetränken alsdann ein fixer Bestandteil der österreichischen Bierkultur.
.) Ebenfalls auf eine lange Firmengeschichte kann die Privatbrauerei Zwettl zurückblicken. Seit 1708 (damals noch als “Preuer auf der Stiegn”) wird gebraut. 20 Zwettler Biere und -mischgetränke, sowie zwei Brandauers zählen zur Palette.
.) Die Zillertal-Bier Getränkehandel GmbH. befindet sich in Zell am Ziller. Im Jahr 1500 erhielt die Probstei “Polsingerhaus” in Zell am Ziller die Braubewilligung. Seit 1738 wurde am Standort Gerlosstrasse produziert, 2008 eine komplett neue Brauerei erbaut. 17 Zillertaler Biersorten und Mischgetränke werden inzwischen gebraut.
.) 1763 eröffnete Johann Mohr im Vorarlberger Dornbirn eine Brau-Gaststätte. Er nannte es damals “Zum Mohren”, weshalb die Brauerei auch den Namen (um politisch korrekt zu sein) nicht geändert hat. Heute befindet sich die Brauerei in Händen der Familie Huber. Gebraut werden 20 Biersorten und -mischgetränke. Täglich werden lt. Unternehmen in der hochmodernen Anlage 1.350 Hektoliter abgefüllt.
.) Die Braucommune Freistadt ist tatsächlich eine Kommune, an der die Bewohner der Stadt Freistadt im Mühlviertel beteiligt sind. Hier werden die Freistädter Biere (12 unterschiedliche) gebraut.
So – nach all dieser Schreiberei habe ich nun einen ordentlichen Durst bekommen! Übrigens – Bier ist in Maßen genossen eines der besten Elektrolyt-Getränke. Eignet sich also hervorragend nach dem Sport. Nicht umsonst haben auch die Mönche stets vor der Fastenzeit das Kloster-Bockbier gebraut, das die feste Nahrung grossteils ersetzen sollte. Wie sich allerdings der abendliche Choral in so mancher Bruderschaft anhört, möchte ich an dieser Stelle nicht begutäugeln!
Na denn: Prost!!!
Lesetipps:
.) Bier; E. Krug; Camicaze e.V.; Grin Verlag 2015
.) Bier – Die ersten 13.000 Jahre; Günther Hirschfelder/Manuel Trummer; Ebg Paperback in Herder 2022
.) Bier – Das Buch; Urs Willmann; Kampa Verlag 2019
.) Der ultimative Bierguide; Sünje Nicolaysen; Heyne 2018
.) Bier – Alles über den Durst; Comicaze e. V.; Volk Verlag 2016
Links:
- www.barthhaas.com
- brauer-bund.de
- www.destatis.de
- www.bayerisches-bier.de
- www.biermap24.de
- teutoburger-bier.de
- biertest-online.de
- bierland-oesterreich.at