Die homogene Gesellschaft zerfällt!
Samstag, Jänner 25th, 2025„Die Verwirklichung relativer kultureller Homogenität ist folglich ein Gebot der praktischen politischen Vernunft.“
(Berthold Löffler)
Heute wollen wir etwas eintauchen in die Politik! Nein – keine Angst – nicht wieder Tagespolitik! Sondern vielmehr in die Politik- und Sozial-wissenschaften! Die jüngsten Vorkommnisse in der Welt haben eines nachgewiesen: Es ändert sich einiges in den Systemen! Ob gut oder schlecht – diese Entscheidung zu treffen, überlasse ich Ihnen.
Erschreckend jedenfalls sind die Ergebnisse der Leipziger Autoritarismus-Studie, die im vergangenen November präsentiert wurden. So bekannten sich im Jahr 2024 zwar nach wie vor neun von zehn der Befragten zur Demokratie, allerdings nur 42,3 % zur Demokratie „wie sie in der Bundes-republik Deutschland funktioniert“ (zwei Jahre zuvor waren es noch 57,7 %). Und das Erschreckende: Knapp 20 % meinten zumindest teilweise, dass „unter bestimmten Umständen eine Diktatur die bessere Staatsform“ sei. Und viele zeigten eine „Neigung zum Eskapismus“. Der Duden versteht unter „eskapistisch“: „Vor der Realität und ihren Anforderungen in Illusionen oder in Zerstreuungen und Vergnügungen ausweichend“! Das betraf vor Corona vornehmlich die Esoterik und den Aberglauben. Mit der Pandemie kamen die Verschwörungstheorien hinzu, die über das World Wide Web binnen kürzester Zeit unheimlich viele Anhänger fanden, tatsächlich aber schon weitaus früher im Dunkeln vor sich hindämmerten (etwa bei den Anschlägen auf das World Trade Center). Die Studie zeigte zudem auf, dass rund 4,5 % der Befragten ein „geschlossen rechts-extremes Weltbild“ besitzen. Die „überwertige Identifikation“ als „Deutsche Eigengruppe“ ist bei zirka 15 % vorhanden. In Ostdeutschland vornehmlich in der Gruppe der 16- bis 30-jährigen, in Westdeutschland bei 61+. Damit sei gesagt, dass ein gesunder Nationalismus ja eigentlich nichts schlechtes darstellt. So sind viele Deutsche stolz darauf, Deutsche zu sein, viele Österreicher stolz, Österreicher zu sein. Doch sind die Grenzen zum ausuferndem Nationalismus und damit meist Extremismus oftmals fliessend. Zuletzt noch zur Ausländerfeindlichkeit: Bei 31,5 % der Ostdeutschen und 19,3 % der Westdeutschen vorhanden. Mehr als ein Drittel wollen die Zuwanderung untersagen. Bei der Judenfeindlichkeit waren es rund ein Viertel.
Soweit zu dieser Studie, die an dieser Stelle nicht unerwähnt sein sollte. Was aber bedeutet „Homogenität“? Bei meinen Ausführungen möchte ich die juristische Bedeutung grossteils aussen vor lassen, schliesslich würde es mich freuen, wenn Sie weiterlesen würden. Wer sich in dieser zähen Materie weiterbilden möchte, dem sei das Werk von Felix Hanschmann (siehe Lesetipps) ans Herz gelegt. Simpel ausgedrückt teilt eine homo-gene Gesellschaft „ähnliche Werte, Überzeugungen und kulturelle Hinter-gründe“ (www.politik-ratgeber.de). Hierzu zählen etwa die Sprache, aber auch die Traditionen und vieles andere mehr. Somit besitzen die Franzosen, die Bulgaren, die Schweden, die Portugiesen etc. jeweils andere Ansichten der Homogenität, die einerseits historisch, andererseits aber auch kulturell begründet sind. Alle jedoch sind EU-Mitgliedsstaaten! Funktioniert deshalb europäisch betrachtet dieser Begriff? Durchaus, sofern man ihn nicht zu eng setzt und bei den Entscheidungen aus Brüssel auf die Vielvölkerunion EU Rücksicht nimmt. Ein anderes Beispiel sind die USA mit ihren 50 Bundesstaaten! Ein Texaner möchte sicherlich nicht mit einem New Yorker verglichen werden – und umgekehrt! Auch sie führten einen Krieg (Sezessionskrieg), der das halbe Land zerstörte und viel Blut kostete. Ähnliches in Europa, in dem sich die vielen Völker seit Jahrhunderten gegenseitig die Köpfe einschlugen. Damit ist seit der Gründung der EU in deren Mitgliedsstaaten erst mal Schluss. Der Krieg auf dem Balkan sowie der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine betrifft damals bzw. heute Nicht-EU-Mitgliedsstaaten! Es handelt sich somit um die längste Friedenszeit, die der EU-Teil dieses Kontinents und damit der Grossteil Europas bislang hinter sich hat. Ich würde dementsprechend die Stabilität ins Rennen bringen: Homogenität führt zur Stabilität! Hetero-genität dagegen beinhaltet sehr viel Konfliktpotential. Ganz so falsch dürften die Entscheidungen Brüssels, die Gradwanderung zwischen den Völkern alsdann nicht gewesen sein. Damit kann also durchaus von einer „Europäischen Homogenität“ gesprochen werden. Für alle Querdenker: Die EU-Bürgerschaft schliesst die nationale Staatsbürgerschaft nicht aus!
Zwei andere Beispiele:
- Tokio: 9,6 Mio Einwohner, doch es läuft alles rund! Die meisten Menschen sehen dort sogar gleich aus! Man könnte durchaus behaupten, dass dies ein Prachtexemplar einer homogenen Gesellschaft darstellt. Das könnte mit dem durch die Politik geprägten Selbstverständnisses einer Nation des Mittelstandes zusammenhängen, heisst es bei der Keio-Universität in Tokio. Tatsächlich aber trügt der Schein. In Japan prallen uralte Tradition, Feudalismus, modernster Kapitalismus und lokale Kulte aufeinander. Bereits 1887 (Meiji-Zeit) versuchte die Regierung all dies mit einem Nationalstaat unter einen Hut zu bekommen. Der damalige Aussen-minister Kaoru Inoue betonte: „Lasst uns unser Kaiserreich in ein euro-päisch geprägtes Imperium verwandeln. Lasst uns unser Volk in ein europäisch geprägtes Volk verwandeln.“
- New York: 20 Mio Einwohner gilt als eine der heterogensten Städte dieses Globuses. Von Chinatown über Little Italy bis hin zur Bronx – jede ethnische Gruppe hat ihren eigenen Stadtteil. Das Zusammenleben funktioniert nur aufgrund des gegenseitigen Respekts voreinander und durch die Gesetze. Dementsprechend hoch ist in diesem „Melting Point“ allerdings auch die Kriminalität!
Hierzulande ergeben sich nun zwei Probleme!
.) Die Geburtenbilanz in Österreich war im Jahr 2023 rückläufig – es verstarben 11.448 Menschen mehr als geboren wurden (Quelle: Statistik Austria). In Deutschland waren es gar 335.217 (Quelle: Statistisches Bundesamt). Damit sind es nicht nur weniger Menschen, die in die Pensions- und Krankenkassen einzahlen, sondern krass ausgedrückt: Die Deutschen und Österreicher sterben langsam aus! Zuwanderung ist deshalb mehr als notwendig um das Rad am Laufen zu behalten.
.) Die Kriegsflüchtlinge (und demnächst auch Klimaflüchtlinge) erhalten aufgrund etwa der UN-Menschenrechtscharta und anderer Verträge begrenzten oder dauerhaften Aufenthalt. So steht etwa im Art.14/1 geschrieben:
„Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.“
Betrifft nicht die Strafverfolgung im Heimatland! Klar – die Menschen-rechtscharta ist kein Völkervertrag. Doch wirft es mehr als ein schlechtes Licht auf jene Staaten, die sich offiziell als Demokratie bezeichnen, jedoch den meist ersten Satz ihrer Verfassungen „Vor Gesetz sind alle Menschen gleich!“ nicht einhalten.
Durch beide dieser Gruppen kommen meist Menschen ins Land, die von anderen Kontinenten, aus anderen Kulturen stammen. Sie können durch-aus für eine Aufweichung dieser „Europäischen Homogenität“ und damit auch der europäischen Gesellschaft sorgen. Erfolgt jedoch eine gute Inte-gration, so können sie diese Homogenität interessanterweise auch stärken. Eine gelungene Integration bedeutet nicht nur, dass diese Menschen nicht straffällig geworden sind! Oftmals betrifft dies die in Deutschland oder Österreich geborene 2. Zuwanderergeneration. Als Bei-spiel darf ich in diesem Zusammenhang den deutschen Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Bildung und Forschung Cem Özdemir namentlich nennen. Als Sohn zweier türkischer Gastarbeiter wurde er in Urach/BW geboren und vertritt nun hunderttausende Wähler in Berlin. Ein anderes Beispiel – aus der ersten Generation: Der aus Syrien stammende Kurde Billal Aloge besitzt inzwischen drei Restaurants in Freiburg. In zwei seiner Restaurents bot er zuerst syrische Spezialitäten an. Doch waren dort stets auch Juden willkommen. Erst als er die israelische Auberginen-Spezialität „Baba Ganoush“ auf die Speisekarte setzte, bekam er Probleme. Nun hat er ein drittes Lokal eröffnet – im „Jaffa“ bietet er israelische Spezialitäten an. Jetzt erhielt er sogar Morddrohungen. Dürften aus rechter, aber auch aus islamistischer Richtung stammen. Aus rechter Richtung – hierauf komme ich gleich zurück. Aus islamistischer Richtung: Gelingt die Integration nicht, kommt es zu einer Parallel-gesellschaft, die in ständigem Konflikt mit der ursprünglichen Gesell-schaft steht. Dies kann durch Fehler auf beiden Seiten geschehen oder auch durch absichtliche Unterwanderung, wie es derzeit etwa der russische Autokrat Putin und sein Amtskollege, der belarussische Diktator Lukaschenko, versuchen, Europa zu Fall zu bringen, indem sie Bussse und Züge voller Asylanten an die Grenzen zur EU bringen.
Ja – Homogenität hat etwas mit Werten zu tun. Allerdings nicht mit Werten, die eine ganz spezielle Sorte von Machtpersonen dem Volk aufdoktriniert hat und die von so manch Einem jetzt wieder aus dem Hut gezaubert wird. Leider wird derzeit immer tiefer in den Schmutzkübel faschistischer und national-sozialistischer Überzeugungen gegriffen und diese als alte Traditionen verkauft. Hier möchte ich auf die Geschichte Europas verweisen. Österreich etwa war ein Vielvölkerstaat. Es waren auch die Habsburger, die über eine lange Zeit hinweg die Kaiser des Heiligen römischen Reiches deutscher Nationen stellten. So war etwa der Gatte Maria Theresias, Franz I. Stefan von Lothringen, deutscher Kaiser, während sie auf den österreichischen Kaiserthron sass. Viele der deutsch/österreichischen Werten stammen aus dieser monarchischen Tradition, nicht aus zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Zudem gilt für einen Vielvölkerstaat auch eine ständige Zuwanderung aus allen Teilen des Staatsgebietes – in Österreich etwa bis aus Mexiko! Der Zerfall der Homogenität ist somit nicht eine Erscheinung der Gegenwart. Zudem: Es gibt eine grosse Zahl an Auswanderern, die es von Deutschland bzw. Österreich in alle Welt getrieben hat. Die meisten davon haben sich der Homogenität der neuen Heimat angepasst. Einige davon nicht – wie jene österreichische Pensionisten, die es sich ihren wohlverdienten Ruhestand im benachbarten Ungarn gutgehen lassen. Hinter meterhohen Mauern!
Nun überlasse ich es Ihnen, wie sie entscheiden: Homogenität ja – aber auf welchen Grundfesten!!!
Lesetipps:
.) Moderne Gesellschaften zwischen Homogenität und Pluralität: Basis-prinzipien der Moderne in Eisenstadts Theorie der multiplen Moderni-täten; Daniela Laubmeier; Springer 2016
.) Souveräne Demokratie und soziale Homogenitätät – Das politische Denken Hermann Hellers; Prof. Dr. Marcus Llanque; Nomos 2010
.) Beyond the Melting Pot: The Negroes, Puerto Ricans, Jews, Italians, and Irish of New York City; Nathan Glazer and Daniel Moynihan; Forgotten Books 2018
.) Der Begriff der Homogenität in der Verfassungslehre und Europarechts-wissenschaft: Zur These von der Notwendigkeit homogener Kollektive unter besonderer Berücksichtigung der Homogenitätskriterien „geschichte“ und „sprache“; Felix Hanschmann; Springer 2008
Links:
- www.bpb.de
- www.boell.de
- www.kas.de
- www.mpg.de
- www.politik-ratgeber.de
- www.menschenrechtserklaerung.de
- austrian-institute.org