Archive for September, 2024

Technologie der Zukunft – Wieso nicht schon heute damit beginnen?

„Das ist einfach Unsinn!“

(Herbert Diess, VW-Vorstandschef 2019)

Als ich dieser Tage hinter dem Tankzug eines grossen Gase-Produzenten herfuhr, dachte ich mir so nebenbei: „Was wäre wohl, hätte ich zuhause und im Auto jeweils eine Brennstoffzelle? Wäre der vor mir fahrende LKW mein Jahresbedarf?“ Dann kehrte ich jedoch zu meiner früheren Ansicht zurück und verwarf den Gedanken sofort wieder. Im Chemie-Unterricht der Oberstufe demonstrierte der Lehrer damals die Gefahr von Knallgas (Oxyhydrogen). Dieses hochexplosive Gas entsteht, sobald sich Wasser-stoff (H2) und Sauerstoff (O2) vermischen. Es reicht nun bereits ein kleiner Funken, um das Ganze mit einem lauten Knall detonieren zu lassen! Somit wäre mir dieser Energielieferant also auf jeden Fall zu gefährlich, da jede Autofahrt einem Ritt auf einem Fass Dynamit gleich käme. Das ist wohl auch die Meinung vieler Anderer, weshalb die Mög-lichkeit einer Brennstoffzelle von vornherein ausgeschlossen wird.

Was aber viele nicht wissen: Liegen die Volumensanteile des Wasserstoffs in der Luft bei unter 18 oder über 76 % (bei atmosphärischem Druck), so ist diese Verbindung nicht mehr explosiv! Da jedoch der obere Grenzwert rasch sinken kann, wäre dies wohl erneut ein zu grosses Risiko! Also kommt für die Nutzung von Wasserstoff nur die erste Variante in Frage. Luft-Wasserstoffgemische mit einem Wasserstoffanteil von 4-18 % sind brennbar, aber nicht detonationsfähig! Erfolgt die Verbrennung kon-trolliert über eine Mischdüse, so kann eine dauerhafte Knallgas-Flamme (keine Explosion) entstehen. Während das Knallgas bereits im Jahr 1620 durch Théodore Turquet de Mayerne entdeckt wurde, ist die Entdeckung der Knallgasflamme etwas jüngeren Datums. Aufgrund der hohen Tem-peratur von bis zu 3.000 Grad Celsius eignet sich diese Flamme für Schweiss- oder Schneidarbeiten bzw. findet Anwendung in einer Gold-schmiede oder bei der Herstellung oder der Schmelze von Glas.

Der deutsche Chemiker Christian Friedrich Schönbein führte 1838 erst-mals in Basel einen Versuch mit zwei in Salzsäure eingelegten Platin-drähten durch, die er mit Wasser- und Sauerstoff umspülte. Dabei ent-stand elektrische Energie und Wärme. Sir William Grove präsentierte 1839 die sog. „Galvanische Gasbatterie“ und damit den Vorgänger der Brennstoffzelle. In dieser galvanischen Zelle erfolgt die sog. „Kalte Verbrennung“. Dabei werden Wasser- und Sauerstoff zusammengefügt – es entsteht elektrische Energie und Wärme, die auf unterschiedlichste Weise genutzt werden können. Das Abfallprodukt ist Wasserdampf. Eine solche Brennstoffzelle besteht aus zwei Teilen, die durch einen Elektrolyt voneinander getrennt sind, der Ionen-durchlässig und somit für den Ionen-Transport zuständig ist. In Teil 1 wird über die Kathode Sauerstoff eingeleitet, in Teil 2 umströmt Wasserstoff die Anode. Zwischen Kathode (Minuspol) und Anode (Pluspol) baut sich aufgrund der ablaufenden chemischen Prozesse (auf die ich im Detail nicht eingehen möchte) eine geringe elektrische Spannung auf. Werden nun mehrere solcher Brenn-stoffzellen in Serie aneinandergebaut, so erhöht sich dadurch die Spannung.

Derzeit sind vor allem zwei Brennstoffzellen im Einsatz, die sich einzig durch den Elektrolyten unterscheiden: In der Polymerelektrolyt-Brenn-stoffzelle (PEMFC), besteht dieser Elektrolyt aus der Polymer-Membran, einer dünnen, aber festen Kunststoffhaut. In der Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) aus der Hightech-Keramik Zirkondioxid, die hitze- und korro-sionsbeständiger ist.

Der grosse Vorteil dieser Brennstoffzellen liegt im Wirkungsgrad: Er bewegt sich zwischen 70-80 %! Soll heissen, dass 60-70 % der verwendeten Energie in Strom umgewandelt werden kann. Bei einer Gasturbine etwa liegt dieser nur bei rund 40 %

bei einem Benziner bei rund 24 und einem Diesel bei rund 40%. Wird nun der Wasserstoff mit Hilfe von Photovoltaik-Strom produziert, so ist die Brennstoffzelle die umweltfreundlichste Art, Energie zu produzieren. In der Raumfahrt kam die Brennstoffzelle bereits in den 1960er-Jahren zum Einsatz.

Bleibt das Problem, wie ich den Wasserstoff in den Tank bekomme, da es eines unheimlichen Mehraufwandes bedarf, den Wasserstoff pur zu tanken. In gasförmiger Form wird ein Druckbehälter von 700 bar benötigt – hier bleibt das Problem mit der geringen Reichweite. Möglich ist also nur das Tanken von flüssigem Wasserstoff. Dieser aber muss in einem Tiefsttemperaturtank auf -253 Grad Celsius gekühlt werden. So wiegt ein Liter Wasserstoff gerade mal 70 Gramm. Beides nicht wirklich wirt-schaftliche Lösungen.

Es muss also eine Verbindung gefunden werden, die sich rasch und leicht tanken lässt, die nicht explosiv oder brennbar ist und die sich rasch wieder trennen lässt. Dibenzyltoluol lautet eine mögliche Lösung: Eine substituierte, aromatische Kohlenwasserstoffverbindung. Diese Flüssig-keit lässt sich mit Wasserstoff „aufladen“ (LOHC). An der Tankstelle lässt es sich wie Benzin oder Diesel tanken. Im Auto wird der Wasserstoff von seinem Trägermedium abgespaltet (endotherme Dehydrierungsreaktion), das beim Tankvorgang abgepumpt und beispielsweise in sonnigen Gebieten mit Photovoltaiktechnologie durch eine exotherme Hydrierungsreaktion wieder „aufgeladen“ wird. Da Dibenzyltoluol jedoch wasser- und gesundheitsgefährdend ist (Wassergefährdungsklasse 2), wird derzeit vornehmlich auf eine andere Art der Wasserstoffgewinnung zurückgegriffen: Aus Erdgas durch einen sog. „Reformer“. Damit sind wir aber erneut bei den fossilen Brennstoffen angelangt, da der Reformer mit Erdgas beheizt werden muss. Allerdings kann hierfür auch CO2-neutrales Bio-Erdgas verwendet werden. Weitere Trägermedien wären: Toluol/Methylcyclohexan, N-Ethylcarbazol, Benzyltoluol, Naphthalin und Azaborine – die beiden Letzteren scheinen allerdings nicht wirklich ausgereift zu sein!

Dennoch finden sich mehr Erdgas-Zapfanlagen als Wasserstofftankstellen (in Deutschland 82 – in Planung weitere 11/in Österreich 5/in der Schweiz 17). Auf 100 km wird rund 1 kg H2 benötigt, der Tank eines PKW fasst derzeit rund 5 kg Wasserstoff. Der Preis etwa in Österreich liegt bei rund 9,- Euro/kg.

Die Vorteile der Brennstoffzellen liegen also ganz klar auf der Hand:

– hoher Wirkungsgrad

– praktisch schadstofffrei

– wartungsarm

Allerdings gibt es auch Nachteile:

– hohe Kosten

– hohe technische Anforderungen

– begrenzte Brennstoffzellen-Lebensdauer

Die Lebensdauer der Brennstoffzelle hängt von der Haltbarkeit der Polyelektrolytmembranen (PEM) ab – das Fraunhofer-Institut arbeitet mit Hochdruck neben anderenen auch an einer Optimierung. Sie liegt bei knapp über 10.000 Stunden – das kommt einer Reichweite von 400-450.000 Kilometern gleich. Als Heizung im Haus kann eine Brennstoffzelle für rund zehn Jahre verwendet werden – sie wird zumeist mit einer Gasheizung kombiniert. In Japan finden solche Heizsysteme aufgrund einer hohen staatlichen Subventionierung reissenden Absatz – seit 2010 ist das System auch für Einfamilienhäuser erhältlich. Hierzulande gilt das „Langweid-Village“ als federführend. In Langweid bei Augsburg werden 62 Wohneinheiten in 30 Doppel- und Reihenhäuser durch Brennstoffzellen beheizt und mit Strom ausgestattet. Die staatliche Förderung in Deutschland wurde gestrichen, die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährt unter gewissen Voraussetzungen einen Zuschuss von bis zu 40 % für „Energieeffizient Bauen und Sanieren – Zuschuss Brennstoffzelle“! In Deutschland wird die Brennstoff-zellenheizung inklusive Montage für 30-35.000 Euro angeboten

Folgende Autohersteller haben das Brennstoffzellen-Auto bereits zur Serienreife gebracht:

  • Honda (CR-V FCEV derzeit nur in Japan und Kalifornien erhältlich)
  • Hyundai (Nexo ca. € 77.000 €)
  • Hyundai (iX35 – nurmehr als Gebrauchtwagen)
  • Toyota (Mirai II ca. € 64.000)
  • Renault (Scenic Vision H2-Tech Concept Car – kein Preis entdeckt)
  • Mercedes-Benz (GLC Fuel Cell – aus dem Verkauf genommen)

BMW führte als erster eine Weltumrundung mit einem Wasserstoff-Prototypen (BMW †iX5 Hydrogen – als Pilotflotte seit 2023 im Einsatz – kein Preis bekannt)

Brennstoffzellenautos werden in Österreich im Rahmen der E-Mobilität 2024 vom †Staat gefördert (Bundesländerförderungen sind unterschied-lich).

Im Vergleich zu Elektrofahrzeugen entstehen alsdann bei der Produktion weniger umweltschädliche Abfallstoffe, da der Strom für den Elektromotor nicht aus Batterien stammt, sondern direkt erzeugt wird. Zudem kann durch das Abfallprodukt Wasser auch der Boden gekühlt und das Klima verbessert werden – es wird auch in Trockenzonen zu mehr Regenfällen kommen.

Brennstoffzellen-Fahrzeuge werden künftig vor allem im Personen- und Gütertransport eine gewichtige Rolle spielen. Auch sind mit dem Mireo Plus H von Siemens bei der Deutschen Bahn (seit bereits 2016 auf verschiedenen Strecken – die Werke in Ulm und Tübingen werden derzeit gerade wasserstofftauglich gemacht) und der ÖBB (mit dem Coradia iLint von Alstom seit 2020 auf verschiedenen Strecken) bereits Züge im Linieneinsatz – sehr zufriedenstellend übrigens. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelte bereits im Jahre 2016 einen Flugzeugprototyp mit PEMFC-Brennstoffzellen („HY 4“) – mit der Dornier 328 soll 2025 ein Demonstrationsflugzeug für klimaneutrale Flüge in der Großflugzeugklasse der EASA („CS25“) in Einsatz gehen.

Während die Heizung mit Brennstoffzellen immer interessanter wird, besteht nach Brennstoffzellenautos kaum Nachfrage. Der Hauptgrund hierfür sind vornehmlich die hohen Anschaffungs- und Betriebsmittel-kosten.

Lesetipps:

.) Wasserstoff & Brennstoffzellen – Die Technik von morgen; Sven Geitmann; Hydrogeit Verlag 2004

.) Brennstoffzellentechnik; Peter Kurzweil; Vieweg 2003

.) Brennstoffzellen in der Kraft-Wärme-Kopplung – Ökobilanzen, Szenarien, Marktpotenziale; Krewitt, Pehnt, Fischedick, Temming; Erich Schmidt Verlag 2004

.) Fuel Cells; Noriko Hikosaka Behling; Elsevier B. V. 2013

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Österreich wählt – Chance für die Zukunft oder Rückfall in die Vergangenheit?

Am 29. September wählt Österreich seine politische Vertretung des Nationalrates (28. Nationalratswahl) und somit auch indirekt eine neue Regierung, da wohl jene Partei mit der Regierungsbildung beauftragt werden wird, die die meisten Stimmen erhält. Das wäre wohl, gemessen an den letzten Umfragen, die FPÖ.

Viele Wahlbürger werden wieder nicht zur Urne gehen, viele andere das wählen, was sie seit Jahren wählen. So manch Anderer wird Protest wählen. Doch gehört es wohl zur Mündigkeit des Wählers, sich vorher genau zu erkundigen, welche Zukunft er sich mit dem Kreuz auf dem Wahlzettel ausgesucht hat bzw. erhalten wird. Deshalb möchte ich in diesem Blog jeweils einen kurzen Blick in das Wahlprogramm der Parteien wagen und dies genauer beleuchten. Ob sich dann die Parteien später daran halten werden, ist – wie schon so oft in der Vergangenheit erlebt – ein ganz anderes Kapitel.

Einige der Parteien haben es mir leicht gemacht, und vieles auf den Punkt gebracht, sodass das Programm auch tatsächlich lesbar ist! Vielen Dank dafür! Andere haben Wert auf Quantität gelegt – man möge mir ver-zeihen, wenn ich hier über einen Grossteil nur hinweggelesen habe – Politikerdeutsch. Doch eines ist mir aufgefallen: Die Österreichische Volkspartei ist mit Unterbrechung der Expertenregierung Bierlein (vom 3. Juni 2019 bis zum 7. Januar 2020) seit 21. Januar 1987 (Regierung Vranitzky II) in den unterschiedlichsten Konstellationen an der Regierung beteiligt (nicht selten federführend) und wirft jetzt einen Wälzer mit 270 Seiten unter’s Volk! Mir persönlich stellt sich da die Frage: Hat denn die ÖVP so vieles falsch gemacht oder liegengelassen, dass es dermassen viele Baustellen im Land gibt?

Ach ja – wenn wir schon gerade dabei sind: Dieser Blog erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und Objektivität! Das überlasse ich den Kolleginnen und Kollegen, die (hoffentlich vom Richtigen) für diese Objektivität bezahlt werden, und den alternativen Medien, die ohnedies den Alleinanspruch auf die wirkliche Wahrheit stellen. Der Blog ist viel-mehr eine kritische Auseinandersetzung und somit vergleichbar mit einem Kommentar, in welchem ohnedies stets eigene Meinung einfliesst. Nicht, dass ich wieder mit Protesten überhäuft werde! Wen es interessiert, der ist dazu eingeladen, die sicherlich auch nicht wirklich objektive Infor-mation in den jeweiligen Wahlprogrammen nachzulesen!

Alsdann – auf geht’s in alphabetischer Reihenfolge!

.) Die Grünen („Nationalratswahlprogramm 2024 – Wähl, als gäb’s ein Morgen!“)

Spitzenkandidat: Werner Kogler

†https://gruene.at/nrwprogramm24/††

†Die Grünen sehen ihre Schwerpunkte wie zu erwarten im Klima- und Naturschutz, der Mobilität und dem Wohlstand. Dafür muss ein Büro-kratieabbau erfolgen – für schnellere Genehmigungsverfahren bei Wind-kraftanlagen und Sonnenstromanlagen sowie verpflichtende Sonnenkraft-werke auf jedem neuen Gewerbeparkplatz. Weg von den fossilen Brenn-stoffen! Bereichsüberschreitend bedeutet dies den Ausbau des Klima-Tickets und der Nachtzüge in ganz Europa, die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und ständige Vorfahrt für ÖPNV-Projekte. Der Naturschutz bedeutet v.a. eine verbindliche Bodenschutzstrategie mit einer Beschränkung des Flächenverbrauchs auf 2,5 ha pro Tag. Hand in Hand mit dieser Bodenschutzstrategie gehen Trinkwasserschutz, Hoch-wasserschutz, Nahrungsmittelschutz sowie Tierschutz (Erhalt der natürlichen Lebensräume). Fliessgewässer sollen wieder in ihren ursprünglichen Zustand renaturisiert und kleine sowie mittelgrosse land-wirtschaftliche Betriebe unterstützt werden. Im Bereich der Mobilität soll der öffentliche Vertkehr auf Kosten des Individualverkehrs ausgebaut werden. Daneben denken die Grünen über Steuervorteile für jene Menschen nach, die täglich mit dem Rad zur Arbeit pendeln. Dringend erforderlich wäre auch der Ausbau der Bahn, damit die Kurzstreckenflüge eingestellt werden können. Der Wohlstand bezieht sich vornehmlich auf die Wirtschaft: Einbeziehung der gut ausgebildeten Migranten, die derzeit grossteils noch nicht arbeiten dürfen, Rückholung der Wertschöpfungs-ketten nach Europa, klimaneutraler Wohnbau bis 2040 und die Umstellung auf eine nachhaltige Wirtschaft. Für den Einzelnen würde sich die grüne Regierung wie folgt auswirken: 35-Stunden-Woche, eine faire Millionärssteuer zugunsten des Gesundheitssystems und ein nachhaltiger Tourismus mit Qualität anstelle der Quantität. Ebenso wie die NEOS fordern auch die Grünen eine Pensionsreform. Daneben leistbaren, ökologischen Wohnbau und gesetzlich festgelegte Höchstmieten, aber auch eine Wasser-Versorgungsgarantie. Besonders „durstige“ Grossver-braucher aus Industrie und Landwirtschaft sollen schrittweise auf die Regen- und Nutzwassernutzung umgestellt werden. Weitere Punkte: Entsiegelung in den Städten, Ackerschutz und Kampf gegen die Kinderarmut. Einiges davon hätte durchaus in den vergangenen Jahren in kleinen Schritten umgesetzt werden können, auch wenn sich die ÖVP quergestellt haben sollte. Dann hätte sich zumindest etwas getan!

Die Grünen erklären sich erneut als regierungsbereit!

.) Freiheitliche Partei Österreichs FPÖ („Festung Österreich, Festung der Freiheit“)

Spitzenkandidat: Herbert Kickl†

https://www.fpoe.at/artikel/fpoe-praesentierte-wahlprogramm-festung-oesterreich-festung-der-freiheit-1/

Mit 92 Seiten ist auch das Programm der FPÖ nicht der kleinsten einer. Ganz am Ende übrigens steht die Forderung, den Gebrauchshundesport beibehalten zu wollen! Und ganz am Anfang: „Als Volkskanzler …!“ Nun – daneben liegen die Schwerpunkte der Freiheitlichen in der Wiederer-langung der Verfügungsgewalt der Republik, mehr Selbstbestimmung des Bürgers durch beispielsweise die direkte Demokratie in Form von Volksinitiativen. Interessant in diesem Zusammenhang war die hohe Zahl an Volksbegehren während der türkis-blauen Regierung, die zuhauf mit den Stimmen der Regierungsparteien zurückgewiesen wurden – beim 2. GIS-Volksbegehren enthielt sich die FPÖ (das 1. GIS-Volksbegehren kam von den damals noch oppositionellen Freiheitlichen – auch in diesem Programm als „Zwangsabgabe“ bezeichnet). Auch wurden viele Gesetzes-entwürfe ohne Begutachtung durch die Regierungsparteien durchge-wunken. In diesem Zusammenhang favorisieren sie heute die Volks-befragung – ähm? Das Thema „Demokratie“ soll an den Schulen unterrichtet werden. Wer seit Jahren in Österreich lebt und nicht um die Staatsbürgerschaft ansucht, wird nach Ansicht der FPÖ nicht integrationswillig sein. Gefordert wird zudem eine Aufarbeitung der Corona-Zeit und eine komplette Rückerstattung der verhängten Strafgelder. Jeder solle die Möglichkeit haben, sich unabhängig informieren zu können. Hierbei fordern die Freiheitlichen eine ORF-Reform. Es sei erwähnt, dass das ORF-Gesetz ebenfalls während der türkis-blauen Regierung ohne Begutachtung im Nationalrat durchgeboxt wurde. Die FPÖ bekennt sich zur traditionellen Familie und erwähnt in diesem Zusammenhang das Wort „permanente Transgender-Gehirn-wäsche“! Im selben Kapitel ist auch die Rede von der Remigration „der wesentlich grösseren Gruppe am Menschen, …, die uneingeladen nach Europa gekommen sind!“ (siehe hierzu mein vorhergehender Blog zu diesem Wort!). Die FPÖ spricht sich zudem gegen die volle Digitalisierung der Gesellschaft zum Zwecke der Überwachung und für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel aus – allerdings nicht auf Kosten der Individualmobilität. Erst dann geht es in die Forderungen auch der anderen Parteien: Leistbarer Wohnraum, Lockerung der Kredit-Vergabe-Kriterien, … Im Gesundheitsbereich müsse jeder Einzelne durch die Eigenverantwortung ohne Bevormundung entscheiden können. Im Sicher-heitsbereich wird eine Rekrutierungsoffensive gefordert, damit sich die Bürger wieder sicher fühlen können. Auch hier agierte die Regierungs-partei FPÖ ganz anders als die Oppositions-FPÖ: Der damalige Innenminister Kickl ordnete eine Razzia beim Bundesverfassungsschutz (BVT) an, da dieser im rechtsextremistischen Milieu nachrichtendienstlich ermittelte. In Sachen Arbeitspolitik lehnt die FPÖ die Trennung in Arbeitgeber- und Arbeitnehmerpolitik ab, es müsse vielmehr als „kommunizierende Gefässe“ betrachtet werden. Auch die FPÖ fordert eine Entlastung für Klein- und Ein-Personen-Unternehmen. Und das Sub-sidiaritätsprinzip: Höhere Institutionen sollen nur dann zuständig sein, „wenn für die Erledigung einer Aufgabe die Kompetenzen und Möglichkeiten auf den unteren Ebenen nicht ausreicht“! Auch hier bestehen Diskrepanzen zwischen der Regierungs-FPÖ, die damals alles in Wien zentral lenken wollte, und der Oppositions-FPÖ!

Die FPÖ stellt Regierungsanspruch!

.) Kommunistische Partei Österreichs KPÖ („Programmatische Eckpunkte“)

Spitzenkandidat: Tobias Schweiger

https://www.kpoe.at/wp-content/uploads/2024/08/2024-08_A5_Wahlprogramm.pdf

Die Kommunisten beginnen mit dem Grundrecht Wohnen, gehen über in ein leistbares Leben, dem Klima, der Neutralität bis zur Gesundheit! Im Einzelnen: Das „Wohnparadies Österreich“ ist ein Mythos, der auf längst vergangenen Errungenschaften aufbaue. Wohnpolitik ist Sozialpolitik, meint die KPÖ, und ein Grundbedürfnis! Derzeit verfügen nach Angaben der Partei die reichsten 10 % der Bevölkerung über 80 % der vermietbaren Wohnimmobilien. Die KPÖ fordert deshalb die Aufnahme des Wohnens als Grundrecht in die Verfassung. Das führt zu einem Rechtsanspruch auf Wohnraum. Die Forderung, wonach die Wohnkosten ein Viertel des zur Verfügung stehenden monatlichen Budgets betragen dürfen, ist dabei wohl nur ein sehnlicher Wunschtraum für viele. Parallel dazu gehöre das Mietrechtsgesetz reformiert – es müsse weniger ver- als vielmehr mieter-konform ausgerichtet werden. Weitere Schwerpunkte: Mietpreis-deckelung, keine befristete Verträge und offensiver öffentlicher Wohnbau. Im leistbaren Leben gehe es um das Prinzip: „Löhne rauf, Preise runter!“. Hierfür sollten die Preise reguliert werden und die Löhne bei guten Arbeitsbedingungen steigen (Mindestlohn: 2.400 €). Zudem bedürfe es einer Grundversorgung bei Energie, Pflege und Kinderbetreuung. So müsse der Energie-Grundbedarf kostenlos zur Verfügung stehen, danach die Kosten progressiv steigen. Dies führe zu einem sparsameren Umgang bei Energie und Heizen. Die Arbeitszeit müsse auf 30 Stunden pro Woche reduziert werden, damit mehr Zeit für Familie und Erholung übrig bleibe. Zudem müssten die Sozialleistungen wie auch die Pensionen, das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe auf ein Mindestniveau ange-hoben werden. Das würde aber ein riesiges Loch ins Budget reissen! Wie dieses gestopft werden könnte, zeigen die bereits gewählten Mandatare der KPÖ auf: Sie behalten von ihren Gehältern ein Facharbeitersalär, der Rest geht an Menschen in Not. Apropos Pensionen: Nein zur Erhöhung des Eintrittsalters und eine Durchrechnung über 15 Jahre. Hiervon würde v.a. Frauen profitieren. Ferner könnten durch eine erhöhte Körper-schaftssteuer auf Übergewinne und eine Unternehmens-Beteiligung des Staates bei Subventionen in Betriebe sinnvollere Wirtschaftsakzente gesetzt werden. Ganz allgemein will die KPÖ „die Reichen zur Kasse bitten und die Massen entlasten“! Die kommunistische Klimapolitik sähe so aus: Anstatt der Subventionen an Private und Unternehmen (wovon am meisten die Reichen profitieren), sollen die Gemeinden eine jährliche Milliarde für erneuerbare Energieprojekte im kommunalen Eigentum (etwa Energiegenossenschaften) erhalten. Der Strom der Erzeuger soll in einen Strompool fliessen, der in einen regulierten Bereich und einen nach Marktpreisen unterteilt wird. So könnten sich die Kunden entscheiden, welcher Preis ihnen sympathischer erscheint. Auch die KPÖ fordert den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und ein soziales Klimaticket. Umweltschädliche Industrien (allen voran Rüstungsbetriebe) sollten zu sozial- und ökologisch nachhaltigen, grünen Betrieben umgebaut werden. Auch die Landwirtschaft muss nachhaltiger und kleine bis mittelgrosse Bauernhöfe mehr gefördert werden. Die Neutralität ist rasch erklärt: „Frieden durch aktive Neutralität“! Nein zur Aufrüstung und zurück zum ursprünglichen Gedanken der immerwährenden Neutralität. Im Gesundheitsbereich fordert die KPÖ eine klassenlose Medizin, eine Stärkung der Pflege zuhause sowie eine Entlohnung für Pflegepersonal bereits in der Ausbildung. Ferner sollte die Höchstbeitragsgrundlage gestrichen werden, sodass jene, die sehr gut verdienen, auch mehr in das Gesundheitssystem einzahlen müssten („Solidarische Finanzierung des Gesundheitssystem“).

†Die KPÖ möchte in den Nationalrat einziehen!

.) NEOS („Manifest für die Nationalratswahl 2024“)

Spitzenkandidatin: Beate Meinl-Reisinger

https://www.neos.eu/_Resources/Persistent/2e07290a086b7a56de6086abf83a3fc1a28685fc/NEOS_

†Die NEOS setzen ihre Schwerpunkte auf „enkelfit“, „clever“, Fortschritt und „unternehmerisch“. Ein Österreich, das durch Reformkraft in Wohlstand, Freiheit und sozialem Zusammenhalt wieder aufblühen soll. Lassen Sie mich das etwas genauer erläutern! „enkelfit“ bedeutet, eine andere Bildungspolitik, damit alle Kinder etwas vom Bildungs-Kuchen haben sollen. Das Budget soll komplett saniert werden, damit nicht jedes Ungeborene bereits mit einem riesigen Schuldenrucksack zur Welt kommt („Ausgabenbremse“). Allerdings ohne neuer Steuern oder Steuerer-höhungen! Wie das gemacht werden soll – das ist dann wohl „clever“! Hierfür bedarf es nicht zuletzt einer Pensionsreform zu einem gerechten und nachhaltigen Pensionssystem: Individuell flexibel und unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung! Au Backe – hehre Ziele, an welchen seit Jahrzehnten gewerkelt wird, doch eine wirkliche Lösung blieb bislang aus. Berücksichtigt man, dass aktuell und in den kommenden Jahren die Baby-Boomer und damit ein Grossteil der bislang in die Pensionskassen einzahlenden Menschen in die Pension gehen bzw. gehen werden, wohl eine schier unlösbare Aufgabe, da der Generationenvertrag mehr als hinkt: Gut bezahlte Fachkräfte, die fleissig in die Pensionskassen einbezahlt haben, gehen wohlverdient in den Ruhestand und werden durch teils unausgebildete Schulabbrecher als Hilfskräfte ersetzt! Gut ausgebildete Migranten dürfen in den meisten Fällen nicht in ihrem Ausbildungsjob tätig sein! Um dies zu verhindern, fordern die NEOS einen Deckel für Pensionszuschüsse, eine Teil- und flexible Pension und ein automatisches Pensionssplitting. In die Budgetsanierung sollen auch die Länder mehr eingebunden werden: Aufgabenorientierter Finanzausgleich, Steuerautonomie, Einnahmen- und Ausgabenverantwortung stärker zusammenführen (führt das nicht zu neun anstatt bislang einem ausufernden Schuldenbudget?) und einer Verwaltungsreform inklusive der Abschaffung des Bundesrates. Das befürworte ich seit Jahren, da der Bundesrat schon längst nicht mehr die Länderkammer als vielmehr eine gut bezahlte Politikerpension ist und Entscheidungen wie im Nationalrat nach Fraktionen gefällt werden. Welchen Sinn macht da die Landeshauptleutekonferenz, die nur als informelles Gremium gilt und keinerlei Entscheidungsvollmacht hat? Im Gesundheitsbereich fordern die NEOS eine Pflegereform sowie die Entlastung der Spitäler durch die niedergelassenen Ärzte und Heilberufe. Die Finanzierung dieses Bereiches soll zentral geführt werden! Aus der Pflichtversicherung soll eine Versicherungspflicht werden – bei freier Kassenwahl! Ähm – aufgrund der sündhaft teuren Zusammenführung vieler Versicherungen durch die türkis-blaue Regierung gibt es nicht wirklich viele Alternativen mehr – etwa im Vergleich zu Deutschland! Positiv zu erwähnen: Die geforderten Primärversorgungszentren! Daneben werden flächendeckende Impfungen in der Schule gefordert! Und ja: Eine kontrollierte Abgabe von Cannabis für die Großen.

Die NEOS erklären sich für regierungsbereit!

.) Österreichische Volkspartei ÖVP („Österreichplan: Das Programm“)

Spitzenkandidat: Karl Nehammer

https://www.karl-nehammer.at/das-programm

Volle Granate schiessen die Türkis/Schwarzen bereits im Vorwort die Schwerpunkte ihres Programmes raus: Überstunden steuerfrei, Arbeit in der Pension abgabenfrei, Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer, Nein zu Vermögens- und Erbschaftssteuern, Senkung der Lohnneben-kosten um 0,5 % pro Jahr, Gesetze und Regeln mit Ablaufdatum (weniger Bürokratie!), KI-Anwendungen im öffentlichen Dienst, starke Landwirt-schaft etc. etc. Mich wundert dabei, dass die Volkspartei all diese Punkte nicht schon in ihren (wie vielen Legislatur-Perioden) Regierungsjahren umgesetzt hat!? Vieles davon ist – so ganz nebenbei erwähnt – überhaupt mir nichts, dir nichts nicht umzusetzen! Als Beispiel – die Lohnneben-kosten: Wie soll das entstehende Loch gestopft werden, wenn diese Versprechungen eingehalten werden? Von den Reichen kann das Geld nicht kommen, da eine Vermögens- und Erbschaftssteuer abgelehnt wird. Arbeit in der Pension abgabenfrei, Senkung der Lohnnebenkosten – das bedeutet ja wohl auch, dass Kranken- und Pensionsabgaben gekürzt werden! Auch wenn die entsprechenden Kassen bisher noch riesige Glaspaläste errichteten, geht’s bereits seit Jahren um die Sicherung der staatlichen Pensionen! Wie bereits vorher beschrieben, werden die Babyboomer in den kommenden Jahren in Pension gehen – somit fehlen dann auch deren Beiträge in der Pensionskasse. Die Krankenkassen schreiben schon aktuell tiefrote Zahlen – Tendenz: Steigend! Durch die Zusammenlegung der Sozialversicherungen unter der türkis-blauen Regierung ist es noch schlimmer geworden. Auf die versprochene Milliarde Einsparung wartet Österreich noch heute – die Defizite hingegen werden immer grösser! KI-Anwendungen im Öffentlichen Dienst bedeutet dementsprechend auch Wegfall der Stellen! Trotzdem sollen neue Stellen geschaffen werden! Beisst sich da die Katze nicht in den eigenen Schwanz? OK – weg vom Vorwort – hin zum Wahlprogramm! Im Wissenschaftsbereich fordert die ÖVP mehr MINT- und FH-Studienplätze! MINT bedeutet Mathematik/IT/Naturwissenschaften und Technik. Studienplätze wären im Alpenland eigentlich genügend vorhanden. Doch belegen diese zu einem nicht unwesentlichen Teil ausländische Studierende, die nicht gehalten werden können, da sie wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Oder – einheimische Studienabgänger werden direkt von der Uni weg ins Ausland abgeworben. Ist Österreich etwa zu wenig attraktiv für Akademiker? Im Tourismus wird mit Qualität vor Quantität geworben! Frage eines Unbedarften: Sind das etwa die beheizten Sitze beim Sessellift? Anstatt dessen werden Grossprojekte durchgewunken, die einzig dazu führen, dass wesentlich mehr Urlauber angelockt werden sollen: Zusammenlegungen von Schigebieten, riesige Beschneiungsanlagen, …! Die Preise sind inzwischen derart gestiegen, sodass sich auch Einheimische keinen Urlaub mehr in Österreich leisten können. Das Ranking der Herkunftsländer führt nach wie vor Deutschland an. Dort hat inzwischen auch der Mittelstand Existenzängste! Übrig bleiben die Reichen, die heute mal da, morgen mal da ihren Urlaub verbringen – was gerade angesagt ist! Österreich ist bekannt für seine Kultur. Die Türkisen versprechen eine „soziale Absicherung für Künstlerinnen und Künstler“. Kulturschaffende an der Basis wissen um die Probleme beim Ansuchen um Förderungen. Dafür werden zig-Millionen in die angebliche „Hochkultur“ geschossen. Viele dieser Organisatoren sind hingegen betriebswirtschaftlich geführte Unternehmen, die ohne öffentlicher Gelder nicht mehr auskommen können, da der Anspruch des Publikums nach internationalen Stars immer grösser wird, die selbst-verständlich auch nicht günstiger werden. Nicht dass ich missverstanden werde: Das Geld der sog. Hochkultur sollte nicht unter den Volkstanz- oder Schuhplattlergruppen aufgeteilt, sondern wesentlich besser verteilt werden. Zum Thema „starke Frauenpolitik“: Hier muss ein starkes Lob ausgesprochen werden: Schliesslich sind unter 26 Vorschlägen der Bundesliste 13 Frauen – gereiht jeweils nach einem Mann! Natürlich wird sich hier nicht zuletzt aufgrund der Vorzugsstimmen und parteiinternen Personalentscheidungen noch einige ändern! Dennoch: Ein Schritt in richtiger Richtung!

Die ÖVP stellt erneut den Regierungsanspruch!

.) Sozialdemokratische Partei SPÖ („Unser Plan für Österreich“)

Spitzenkandidat: Andreas Babler

https://www.spoe.at/wahlprogramm2024/

Die SPÖ verweist als erstes auf den Ende 2023 durch den Bundes-vorsitzenden Babler eingesetzten Expertenrat mit Mitgliedern aus allen Bereichen der Gesellschaft. Ein Grossteil des Programms stamme aus diesem Ursprung. An erster Stelle ist die Entlastung der österreichischen Bevölkerung gelistet. Dies solle durch die Einfrierung der Mietpreise, dem Zinspreisdeckel für Häuslebauer (auf 3 %), dem Vorrang des gemeinnützigen Wohnbaus, der Regulierung der Energiepreise, einer verstärkten Preisaufsicht und der Senkung der Preise für Grund-nahrungsmittel erreicht werden. Aufbauend auf einer OXFAM-Studie, wonach eine durchschnittliche österreichische Familie mehr Steuern als ein Millionär bezahlt, fordert die Sozialdemokratie die Einführung von gerechten Millionärssteuern, sowie der Erbschafts- und Schenkungs-steuer auf Millionenvermögen. Daneben soll in der staatlichen Verwaltung gespart werden, insbesondere bei Beraterstäben und Regierungs-PR. Ein weiterer Schwerpunkt betrifft die Wertschätzung v.a. in den Berufssparten Gesundheit, Pflege und Sozialdienste. Projekte in Portugal, Island und Deutschland haben nachgewiesen, dass die 4-Tage-Woche zu mehr Produktivität führen. Deshalb tritt die SPÖ in diesem Wahlkampf dafür ein – wird allerdings in den Gesundheits- und Pflegeberufen wohl zu noch mehr Personalnot führen. Hier könnten allerdings vereinfachte Nostri-fizierungsverfahren helfen: Die Anerkennung der im Ausland erworbenen Studienabschlüsse und Berufsausbildungen. Im Bereich des Klima- und Naturschutzes wird ein effektiver Wasserschutzplan gefordert, damit sauberes Trinkwasser auch weiterhin garantiert ist. Ähnlich wie bei den Grünen soll bei Grossverbrauchern wie Industrie und Landwirtschaft eine Lösung gefunden werden. Apropos: Gegen die Abnahme der Biodiveristät (Artenvielfalt) müsse sofort vorgegangen werden, da sich lt. Studien 82 % aller Arten „in einem ungünstigen Erhaltungszustand“ befänden. Die SPÖ empfiehlt hierzu ein Biodiversitäts-Budget, ein -Monitoring und einen -Check für Gesetze. In der Mobilität soll ebenfalls dem öffentlichen Verkehr Vorrang eingeräumt werden: Kostenloses Klimaticket für Unter-18-Jährige, Stärkung von Bus- und Bahnlinien, Schiene vor LKW (flächendeckende LKW-Maut), Besteuerung von Flugkerosin und mehr E-Ladestellen durch die öffentliche Hand. In der Landwirtschaft sollte das Fördersystem reformiert werden. Anstatt der grossen industriellen Landwirtschaftsbetrieben sollen die mittleren und kleinen Betriebe mehr Subventionen erhalten. Vehement gegen Privatisierungen im Gesundheitsbereich setzen sich die Sozialdemokraten ein: Es dürfe nicht sein, dass Beitrags- oder öffentliche Gelder „in die Taschen privater Finanzinvestoren“ fliessen.

Die SPÖ stellt Regierungsanspruch!

Sie sehen: Es wird von vielen erneut das Blaue vom Himmel herunter versprochen, vieles ist gar nicht umsetzbar! Die Vergangenheit hat bewiesen, dass viele Wahlprogramme zwar gut klingen, jedoch meist das Papier nicht wert sind, auf das sie geschrieben wurden.

Aktuelle Umfragen zwei Wochen vor der Wahl besagen, dass sich viele noch uneins sind, wen sie wählen wollen – das könnte unter Umständen auch an denselben ähnlichen Forderungen der Parteien und dem parteienübergreifenden (ausser der KPÖ) Wunsch nach Wohlstand liegen. Zu sehr ähneln sich die Parteien, unterscheiden sich dann aber immens bei der Umsetzung des Programmes. 40 % der Befragten wissen allerdings, wen sie nicht wählen!

Meine Bitte an Sie: Gehen sie am 29. September zur Wahl! Nutzen Sie ihr demokratisches Recht – in vielen anderen Ländern wünscht sich das die Bevölkerung, darf aber nicht! Wählen sie die Volksvertreter Ihres Vertrauens, welchen Sie es zutrauen, den Anforderungen gewachsen zu sein und Österreich in den kommenden fünf Jahren in eine gute Zukunft führen werden. Sollten Sie hingegen Protest wählen, so sollten Sie davor zumindest in groben Zügen darüber informiert sein, für welche Grund-sätze die Partei steht!

Vielen Dank hierfür!

PS:

Verzeihen Sie mir, den von mir gewählten Konjunktiv (Möglichkeitsform); die Zukunft wird’s weisen, was davon wie umgesetzt werden wird!

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Zu sauber – zu ungesund!

Mein Gott – was würde denn der gute alte „Meister Propper“ dazu sagen, dass er plötzlich arbeitslos wurde und möglicherweise als Strassenkehrer in der Gosse landet?! Mehrere Studien haben – unabhängig voneinander – aufgezeigt, dass aggressive, chemische Reiniger nichts im Haushalt zu suchen haben sollten. Dies hat unterschiedliche Gründe, auf die ich im Folgenden etwas genauer eingehen werde. Fakt aber ist:

„Zu sauber ist ungesund!“

Wir verwenden sie nahezu täglich in unseren eigenen vier Wänden: Reinigungs- und Waschmittel! Es sind unglaubliche Zahlen: Alleine in Deutschland pro Jahr rund 319.000 Tonnen Reinigungs- und Pflegemittel (Allzweck- oder Sanitärreiniger beispielsweise), 173.000 Tonnen Geschirrspülmittel für die Maschine und etwa 139.000 Tonnen Geschirr-spülmittel für die Hand! Material im Wert von 4,8 Milliarden Euro! Haben Sie sich vielleicht schon mal Gedanken darüber gemacht, dass viele dieser Produkte nicht nur starker Tobak für die Kläranlagen sind, sondern auch direkt unsere Gesundheit angreifen? Experten empfehlen deshalb das „Nachhaltige Reinigen“! Das bedeutet, dass beim Kauf der Produkte Wert auf Reiniger gesetzt werden sollte, die zwar eine hygienische Reinigung ermöglichen, aber die Gesundheit und Umwelt nicht angreifen und zudem sparsam verwendet werden können. Besonders empfehlenswert sind Produkte mit dem deutschen Level „Blauer Engel“, dem „Öster-reichischen Umweltzeichen“ oder der europäischen „Euroblume“! Aber auch hier gilt: Die Dosierung richtet sich nach dem Grad der Verschmutzung!

Zu den Einzelheiten:

.) Gesetzlich geregelt ist, dass die Tenside, die in jedem Putz- und Waschmittel enthalten sind, biologisch abbaubar sein müssen, da sie etwa in der Kläranlage ansonsten grossen Schaden anrichten können. Unter einem Tensid versteht man eine Substanz, die die Oberflächen-spannung bzw. Grenzflächenspannung zwischen zwei Phasen in einer Flüssigkeit herabsetzt und dadurch eine Vermengung zweier ansonsten nicht mischbarer Flüssigkeiten ermöglicht (Wasser und Öl etwa). In früheren Zeiten erledigte dies die Seife – inzwischen werden die unterschiedlichsten Stoffe dafür eingesetzt. Tenside, um genauer zu sein „Detergentien“ sind synthetisch-organische Verbindungen als wasch-aktive Substanzen, die beispielsweise in Wasch- und Spülmitteln, aber auch in Haarwaschmitteln enthalten sind. Die „harten Detergentien“ sind in Deutschland seit dem 01. Dezember 1962 verboten (in Österreich ebenfalls mit dem aktuellen §71 ChemG 1996) sowie in der EU durch die Verordnung (EG) Nr. 648/2004 über Detergenzien vom 8. Oktober 2005 strafbar, da sie durch Pilze oder Bakterien nicht abgebaut werden können. Die „weichen“ allerdings können zu rund 80 % abgebaut werden.

Neben diesen Tensiden sind allerdings auch Stickstoff- und Phosphor-Verbindungen sowie Duftstoffe in Reinigungsmittel enthalten, deren Konzentration nur durch die Grenze zum Industriereiniger gesetzlich limitiert sind (und somit nur mit entsprechender Ausbildung verwendet werden dürfen).

.) Phosphor- und Stickstoffverbindungen

Diese führen zu einer Überdüngung (Eutrophierung) der Gewässer. Der nächste Schritt sind grosse Algenteppiche in den als Auffangbecken dienenden Seen oder dem Meer. Bestes Beispiel: Der Bodensee! Durch den flächendeckenden Einsatz von Kläranlagen entlang der Zuleitungs-flüsse wie Rhein oder Bregenzerach konnte das Wasser so von Phosphor bzw. Stickstoff gesäubert werden, sodass nicht mal mehr die Fische genug Algen als Nahrung finden.

.) Duftstoffe

In vielen Duftstoffen können Allergene enthalten sein, die direkt zu gesundheitlichen Prolemen führen können. Bis zu 200 unterschiedliche Stoffe gehören zur Mixtur. Chemikerin Dr. Silvia Pleschka vom Deutschen Allergie- und Asthmabund warnt davor, dass einige davon zu Atemnot, Schwindel, Hautjucken und tränenden Augen führen können. Und Reinigungseffekt – ist nischt! Auch andere „Raumbedufter“ wie Raum-spray sind nicht sinnvoll. Besser gegen Gerüche ist mehrmaliges Stoss-lüften am Tag!

„Einen Haushalt bekommt man nie keimfrei – und das ist auch gar nicht nötig. Man kann viel Chemie einsparen, wenn man das richtige Putzmittel für seinen bestimmten Zweck einsetzt.“

(Bernd Glassl vom dt. Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel)

Was nun kann im normalen Haushalt verwendet werden?

Allzweckreiniger oder spezielle Reinigungsmittel wie Bad- oder Küchen-reiniger bzw. Spülmittel sind durchaus ausreichend. Scheuermilch oder ein saures Reinigungsmittel auf Zitronensäurebasis zählen ebenfalls dazu. Nur in wirklich seltensten Fällen sollten Desinfektionsmittel oder Reiniger mit einem hohen Säure- oder Laugenanteil unter unbedingter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen verwendet werden (Sprühnebel etwa eines Chlormittels gelangt durch Tröpfchen auch in die Lunge!). Vor allem professionelle Reinigungskräfte leiden deshalb vermehrt unter gesundheitlichen Problemen. Alle drei (Säure, Lauge, Desinfektion) sind nur schwer abbaubar und belasten die Kläranlagen sehr stark. So töten sie etwa auch die „guten“ Bakterien ab, die in der biologischen Reinigung des Abwassers eingesetzt werden.

Der Schwamm hat ausgedient – Experten raten zur Mikrofaser, da diese über eine zusätzliche Bürstenfunktion verfügt, die auch mechanisch dem Schmutz an den Kragen geht.

Wie belasten nun die Reiniger die Gesundheit? Studien haben nach-gewiesen, dass in Haushalten, die peinlichst rein gehalten werden, vielfach Allergien auftreten. Dies liegt einerseits in den in den Putzmitteln und Duftstoffen enthaltenen Enymen. Andererseits bekommt das Immunsystem nichts mehr zu tun und schaltet auf Reservebetrieb. Kommt nun ein Schwall von Allergenen wie bei Pollen oder Hausstaub auf den Menschen nieder, reagiert das Immunsystem zu stark! Es kann zu entzündlicher Erkrankungen wie Allergien, Autoimmunitäts- und entzündlichen Darmerkrankungen kommen. Vor allem das kindliche Immunsystem benötigt den Kontakt zu Krankheitserregern wie auch Mikroben, um sich auf derartige störenden Umwelteinflüssen einzu-stellen. So schreiben Graham Rook vom University College London und Sally Bloomfield von der London School of Hygiene and Tropical Medicine, dass eine zu intensive Bodenreinigung nicht förderlich ist (Bodenflächen gelten als weniger mit Mikroben kontaminiert). Hier gelte es, zwischen sinnvoller Sauberkeit und übertriebener Massnahmen abzuwägen. Die beiden Wissenschaftler zogen einen sehr interessanten Vergleich: So unterschieden sich in früheren Zeiten (Höhlenmenschen, Häusern aus Tierdung, Stroh, Holz, Erde, Lehm oder Stein) die darin lebenden Mikroben (wenn überhaupt) dann nur unwesentlich von den Mikro-organismen der natürlichen Umgebung. Das aber hat sich mit dem modernen Hausbau (vornehmlich in der Stadt) geändert. Deshalb sollte man den Kontakt zu den natürlichen Mikroorganismen ausserhalb des Hauses suchen! Ergo: Die penible Reinlichkeit im Haus schützt keines-wegs vor Allergien!

„Panik vor Staub und Keimen ist genauso falsch wie Gleichgültigkeit!“

(Hanne Tügel, Journalistin und Buchautorin)

Hanne Tügel warnt ebenfalls davor: Staub auf Möbeln ist zwar unschön, doch weitaus harmloser als das ungenügend abgespülte Schneidbrett in der Küche. Das kommt mit rohem Fleisch, Fisch oder auch ungeputztem Gemüse in Kontakt! Eine Brutstätte für Krankheitserregern wie etwa den Salmonellen.

Weiters:

  • Reinigungsmittel mit quartären Ammoniumverbindungen können Ursache für asthmatische Erkrankungen sein
  • Viele Reinigungsmittel enthalten Enzyme, die vom Körper als Allergene wahrgenommen werden
  • Das Waschen von Obst und Gemüse vor dem Verzehr ist ebenso wichtig, wie das Händewaschen mit Seife nach dem Toilettengang (um entzündlichen Darminfektionen vorzubeugen)
  • Bei der Verwendung von Desinfektionsmitteln können sich Resistenzen bilden, die noch weitaus gefährlicher sein können, als ihre Vorgänger
  • Bei zu hohem Säure- oder Laugengehalt kann es zu Verätzungen der Hände, aber auch der Schleimhäute durch das Einatmen der Dämpfe kommen.

Bitte beachten Sie dabei auch die Herstellerangaben: Essig-Essenzen beispielsweise greifen Bade- oder Spültisch-Armaturen an!

Zuletzt möchte ich noch eine sehr interessante Theorie vorstellen:

Als Kind wusste ich, dass der Samstag der grosse Putztag war. Da mussten auch wir Kinder richtig anpacken. Auch eine meiner Lebensgefährtinnen hielt es so – zwar nicht unbedingt am Samstag, aber dennoch alles an einem Tag! Das ist ein grosser psychischer Klotz, der das Saubermachen irgendwann zum Halse raushängen lässt. Das Putzkonzept „Simply Clean“ (Erfinderin: Becky Rapinchuk) entspricht auch meiner Einstellung, wenn ich vor grossen Projekten stehe: Jeden Tag nur soweit ich will, ansonsten lerne ich mir eine Abscheu vor der Arbeit an. In diesem heutigen Content heisst dies: Täglich 10-15 min Putzen – das schafft auch einen freien Samstag für die Familie! Jeden Tag – vor oder nach der Arbeit – etwas Putzen nach einen genauen Plan und das Haus ist super sauber ohne grosse, zumeist gehasste Putztage! Hat man sich erstmal dran gewöhnt, so greift man sogar gerne zum Wischtuch. Im Plan sollte vermerkt werden, was jeden Tag (Betten machen,…), wöchentlich (Staubsaugen,…) oder monatlich (Backofenreinigung,…) gemacht werden sollte. Jeden Tag etwas, gibt am Ende auch ein Ganzes – und um genau das geht es ja!

Übrigens: Zum Putzen verwende ich meine Lieblingsmusik – ein kleines bisschen lauter als Zimmerlautstärke, damit ich mitsingen kann (wenn nicht ausgerechnet in den frühen Morgenstunden!)!

PS: Etwaige in diesem Blog enthaltenen Markennamen wurden nicht finanziell abgegolten und als Product-Placement in den Text eingefügt! Der Autor der Zeilen erhielt keinen müden Cent dafür!

Lesetipps:

.) Sind wir noch ganz sauber?; Hanne Tügel; Edel Books 2019

.) Simply Clean; Becky Rapinchuk; Unimedia 2019

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Asse – eine strahlende Zukunft für Wolfenbüttel

Bereits mehrfach an dieser Stelle habe ich über die Gefahr der Atom-strom-Produktion informiert! Einige Schlagworte zur Wiederholung: Erdbeben, Terrorismus, Kernschmelze, marode Meiler, … – ja und selbst-verständlich auch der Atommüll. Dennoch fordern immer mehr die Rückkehr zum Atomstrom! Mit Ausnahme von letzterem Schlagwort möchte ich mich in diesem heutigen Blog nicht mehr über diese Risken auslassen!

Die meisten unter Ihnen werden sich noch an die umstrittenen Castor-Transporte erinnern. Atommüll, der in den Wiederaufbereitungsanlagen von La Hague/Frankreich bzw. Sellafield/Grossbritannien auf seine Heim-reise wartete, aber auch in Ahaus oder Gorleben zwischengelagert wurde. Insgesamt 1.900 Castor-Behälter mit hoch-radioaktivem Material. Nach wie vor gibt es keine Lösung für ein Endlager, in dem die Problemstoffe ohne Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt die weiteren Jahrtausende hin-weg friedlich vor sich hinstrahlen können! Also lagert das Zeug’s noch in Erdlöchern, die grossteils gar nicht dafür vorgesehen sind und zu grossen Problemen führen können: Ehemalige Kohle- oder Salzbergwerke etwa. So beispielsweise auch im marodeb Atommülllager Asse II in Remlingen/Niedersachsen. Die Schachtanlage wurde bereits 1965 durch die Bundes-republik Deutschland um 600.000 D-Mark gekauft um dort die End-lagerung des Mülls zu erforschen! Tatsächlich diente zwischen 1967 und 1978 das ehemalige Kali-Bergwerk als bloße Lagerstätte für Abfälle aus 13 Atomkraftwerken, Versuchsreaktoren, Krankenhäusern und Labora-torien! 1978 stoppte der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht das Treiben unter Tage, da er ein nicht genehmigtes Endlager befürchtete und damit durchaus richtig lag. Zuerst wurden die Fässer mit dem gefährlichen Inhalt hochkant gestapelt, später flach, da angeblich dadurch die Strahlung geringer sein sollte. Der wirkliche Grund: Es passte mehr rein und die Lagerung kam dadurch günstiger! Damals sprach man von einer Strahlung, die nicht stärker als jene eines Fernseher sein sollte. Gegen Ende der Lagerstätte wurden allerdings die Fässer nurmehr abgekippt und Salz daüber verteilt, was durchaus zu Schäden der Fässer führte.

Schon in den 1960ern drückte schon Wasser in die Stollen des Bergwerks – das wurde jedoch gegenüber der Öffentlichkeit verschwiegen. Erst 1988 erfolgte die Information der Bevölkerung, dass inzwischen der Wasser-einbruch zugenommen habe. Ein Horror – betrachtet man sich die Aus-maße des Lagers: Inzwischen lagern dort in 131 Abbaukammern 126.000 Fässer mit schwach- bis mittelradioaktiven Abfällen (104 to Uran, 81 to Thorium, 29 kg Plutonium), nicht mehr zugelassene Pestizide und Arsen (500 kg).

Immer wieder kam es zu Protesten von Bürgerinitiativen (wie etwa der „Wolfenbütteler Atomausstiegsgruppe (WAAG)“, die dieses Lager nicht haben wollten oder darauf pochten, dass zumindest ein Vier-Kilometer-Abstand eingehalten werden sollte. Berechnungen ergaben, dass bei-spielsweise bei einem Brandereignis im Lager die Werte der radioaktiv kontaminierten Luft ab dieser Entfernung abnehmen würden. Asse II-Mitarbeiter wurden durch die aufgebrachten Demonstranten sogar verbal und handgreiflich attackiert – teilweise mussten Pfarrer als ruhestiftende Vermittler einschreiten, obgleich sie ja selbst zu den Besorgten gehören. Nicht zuletzt aufgrund dieser ständigen Protesten wollte der Betreiber, das Helmholtz-Zentrum München, die Kammern mit Beton fluten und das Lager schliessen. Als 2009 das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Betreiber der Lagerstätte wurde, keimte zumindest ein Funken Hoffnung auf, dass all die Bedenken nun der Vergangenheit angehören sollten.

Vor ein paar Jahren ist der Worst Case eingetreten – nicht durch Feuer sondern vielmehr durch eintretendes Salzwasser: 2019 waren es in ca. 500 m Tiefe rund 12.000 Liter pro Tag! Über lange Zeit hinweg konnte der Eintritt nicht lokalisiert werden. Das Wasser wurde durch Folien abgefangen und über Rohre in andere Schächte des Bergwerks umge-leitet. Problematischer allerdings sind Wassereintritte in 750 m Tiefe – sie haben unmittelbaren Kontakt mit dem Nuklearmüll. Täglich sind dies rund 20 l! Ein komplettes Absaufen des Lagers konnte nicht ausge-schlossen werden. Dies geschah in dieser Region schon öfters – etwa in Hedwigsburg, wo ein oberirdischer See entstand. Dieses Szenario wäre auf Asse fatal: Ein radioaktiver oberirdischer See, der das komplette Grundwasser verseucht. Das BfS sah als einzige Lösung die Rückholung des Atommülls.

Heutiger Betreiber ist das Bundesamt für Endlagerung (BGE), ein von der Politik beauftragtes Bundesunternehmen, das nur begrenzt entschei-dungsbefugt ist. Mitte 2020 stellte das BGE das Rückholungskonzept vor: Die ober- oder unterirdische Lagerstätte der neu verpackten Fässer sollte bei Asse bleiben, allerdings um 750 m wegverschoben werden.

Die Entscheidung ist gefallen: Das Zwischenlager kommt auf die Asse! Egal was die Region dazu meint.“

(Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit)

Die Rückholung gestaltet sich jedoch als sehr schwierig. Es müsse ein weiterer Schacht in die Tiefe gebohrt werden, damit die Fässer sicher und in grosser Menge geborgen werden können. Dies könne durchaus noch 14 Jahre dauern, heisst es bei der BGE.

Für nahezu ausgeschlossen bezeichnete schon 2012 der frühere Vor-sitzende der Entsorgungskommission des Bundes, Michael Sailer, die Bergung des strahlenden Abfalls:

„Die Rückholung entwickelt sich immer mehr zur ,Mission Impossible‘!“

Er schlug Dichtbarrieren vor den Lagerkammern und eine Auffüllung mit Feststoffen vor.

Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies reagierte auf die Vor-würfe, wonach die Arbeiten zu langsam vonstatten gehen würden, dass pro Jahr 100 Mio € dafür ausgegeben würden.

Aber auch ohne Wasser bleibt keine Zeit mehr. Über ein rund 30 m langes Bohrloch wurden Messfühler und eine Kamera in Kammer 7 eingeführt. Dort konnte man sehen, dass Fässer nur durch den Druck unter Tage bereits kaputt gingen und der gefährliche Inhalt ausgetreten ist, da die Erdschichten in dieser Tiefe arbeiten und sich stets verändern.

Seit etwa 2023 übrigens fliessen rund 13.500 Liter pro Tag ein, die 1997 ausgelegte Auffangfolie auf 658 m ist undicht geworden – das Wasser versickert. Der Wassereintritt auf 725 m stieg von 0,8 auf 3 Kubikmeter (gemessen im April 2024) – 25 m tiefer – in den Lagerkammern – sei noch kein weiterer Wasseranstieg bemerkt worden!

„Die Vorfälle zeigen, dass die Rückholung der radioaktiven Abfälle beschleunigt werden muss.“

(Der niedersächsische Umweltminister Christian Meyer von den Grünen)

Vonseiten der BGR wird betont, dass die bereits installierten und arbeitenden Pumpen auch einen Wassereintritt von 500 Kubikmetern pro Tag verarbeiten könnten. Das aber muss vorher aufgesammelt werden. Sollten noch grössere Mengen einfliessen, müsste das Bergwerk kontrolliert geflutet werden, damit es nicht in sich selbst zusammen-bricht. Dies brächte dann ebenfalls das Grundwasser in Kontakt mit dem radioaktiv verseuchten Wasser.

Nach zwei Szenarien könnte die Suche nach einem Endlager für den deutschen Atommüll noch bis 2046 oder gar 2068 andauern. Bis zu dieser Endlagerung werden die Gesamtkosten (Rückbau der AKWs, Transport und Lagerung der Abfälle) rund 48,8 Milliarden € ausmachen. Das in einen Fonds der AKW-Betreiber 2017 überwiesene Geld für diese Massnahmen beläuft sich jedoch auf nur 24 Milliarden!

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