Archive for August, 2024

Kamelreiten – NEIN DANKE!!!

†Bei Tripadvisor heisst es:

„Entspricht den Tierwohl-Richtlinien!“

Ob das tatsächlich so ist – dem werden wir heute auf den Zahn fühlen!!!

Aufmerksam wurde ich auf den Kamelmarkt von Birqash durch den Newsletter der Tierschutz-Lobbyisten von PETA.

In der Werbung der Reiseveranstalter heisst es:

„Die Kaufleute sehen ernst aus, sind in Galabiya (Tuniken) und Turbanen gekleidet und stehen in Gruppen oder sitzen auf Matten um Tabletts mit Teekannen und verhandeln über den Preis, während die Hirten die Bestien in der Schlange halten.“

(Cairo Top Tours)

„Die Bestien“?

Hier die offiziellen Werbebilder.

Tatsächlich kommen die meisten der armen Tiere zu tausenden in Kara-wanen aus dem benachbarten Sudan. Der erste Halt ist der Markt in Daraw nördlich von Assuan. Von dort aus werden die meisten der Tiere mit dem LKW nach Birqash transportiert. Bis nach Kairo sind es 636 Kilometer, Birqash liegt weitere 35 km nordwestlich von Kairo! Dass diese Fahrt keineswegs mit hiesigen Transportvorschriften und -forderungen nach Tierschutzmassnahmen vergleichbar ist, kann sich wohl jeder vor-stellen.

Wie in diesem Video zu sehen, sind die meisten Tiere abgemagert, verdreckt und teils auch verletzt. Von Wassertränken ist weit und breit nichts zu sehen. Bei PETA ist zu lesen:

„… aber der Ägypter hat zu Tieren nicht so ein romantisches und ethisches Verhältnis wie wir es gewohnt sind. Tiere sind Nutztiere und nur solange sie funktionieren erbringen sie auch ihren Nutzen. Esel, Pferde oder Kamele werden geprügelt und das ist völlig selbst-verständlich.“

Und damit endet auch das romantische Abenteuerbild für den Tourismus! Beim grössten Kamelmarkt Ägyptens gehört die Tierquälerei zur Tagesordnung. Fast alle Kamele weisen blutende Wunden auf. Schliesslich sind sie für die Einheimischen keine fühlenden Tiere sondern vielmehr Dinge, die – sofern sie in der Landwirtschaft oder dem Touristenreiten nicht mehr verwendet werden können – beim Schlachter landen. Die Beine der Tiere sind eng zusammengebunden, sodass sie sich kaum bewegen können. Manche werden schreiend vor Schmerz von LKWs oder Pickups über den Platz gezogen, andere immer wieder mit Stöcken brutalst geschlagen. Offenbar denken die Leute, die man nicht mehr als Menschen bezeichnen kann, dies amüsiere die Touristen, die den weiten Weg aus aller Welt bis nach Birqash gekommen sind. Es sind schreckliche Bilder die PETA Asia zusammengetragen hat!

Als ich die folgenden drei Videos erstmals sah, kamen mir die Tränen!

ACHTUNG: Die Aufnahmen enthalten brutale Bilder, die durchaus verstören können!

Doch nicht nur den Kamelen wird ihr Leben zur Hölle gemacht – auch Esel und Pferde werden auf das bestialischste misshandelt:

Dieser Blog beinhaltete ausnahmsweise weniger Text, da ich denke, dass solche erschreckenden Bilder wesentlich mehr aussagen als alle Worte. Gerade aus diesem Grund empfiehlt etwa der Reiseführer Lonely Planet den Markt in Birqash nicht für Touristen.

Was kann man nun gegen diese Grausamkeiten unternehmen?

  • Reiten Sie als Ägypten-Urlauber niemals auf Kamelen, Pferden oder Eseln. Nahezu jedes Tier hat unter der Decke oder dem Sattel schwere Wunden, die zumeist entzündet sind oder noch bluten
  • Zeigen Sie diese Bilder Bekannten und Verwandten, die eine Reise nach Ägypten planen
  • Kaufen Sie keine Produkte aus Kamelhaar – es stammt zuhauf aus schrecklich ausgebeuteten Tieren
  • Unterzeichnen Sie die Petition von PETA – ich habe es soeben getan! www.peta.de/aktiv/aegypten-pferdekutschen-petition

Jede einzelne Unterschrift kann Erfolg bringen. Nach der Veröffentlichung der ersten Bilder durch PETA sollen drei Kamelhändler festgenommen worden sein. Der Gouverneur von Gizeh, Ahmed Rashed, liess Über-wachungskameras installieren, versprach ein tierärztliches Team während der Marktzeiten und eine Aufklärung über den richtigen Umgang mit Tieren. Wie die erneuten Bilder aufzeigen, geschah freilich nicht wirklich viel!

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Mpox – Ein weiterer Gruß aus der Parallelwelt?

Es ist in der Tat erstaunlich, wie viele Erkrankungen es inzwischen auf der Welt gibt. Noch weitaus erstaunlicher sind die Übertragungswege: Von Mensch auf Mensch, von Mensch auf Tier und von Tier auf Mensch! CoVid etwa wurde von einer Fledermaus auf den Menschen übertragen, Ebola von Menschenaffen und Fledertieren, die Schweinegrippe von na no net Schweinen, Malaria durch Stechmücken, FSME durch Zecken, Borreliose durch Pferde, … Offenbar gibt es sie tatsächlich: Die Parallelwelt, in der keinerlei Unterschied mehr zwischen Mensch, Tier und Insekt gemacht wird. Muss man sich ernsthaft fragen, vor welchen Tieren ist Mensch denn noch sicher? Ist der gesunde Mensch nurmehr eine Idealvorstellung? Kein Wunder, dass in früheren Zeiten so viele Zweibeiner vor dem Erreichen ihres 35. Lebensjahres starben. Oh mein Gott – schlägt da etwa der Hypochonder in mir durch?

Tatsächlich ist mit solchen sog. „Zoonosen“ nicht zu scherzen. Hierunter werden Viren verstanden, die von Tier auf Mensch und retour übertragen werden können. Den Viren selbst ist der Wirt offenbar vollkommen gleichgültig. Sie können sich anpassen – das macht sie auch so gefähr-lich. Tagtäglich wehrt das menschliche Immunsystem Millionen von Krank-heitserregern ab. Sei es durch die Antikörper, durch Phagozyten wie den Makrophagen (weisse Blutkörperchen), das Talgdrüsensekret der Haut, … Doch mit diesen Zoonosen tut sich der menschliche Körper immer wieder schwer, da sich die Viren verändern, sie mutieren bzw. verändern die genetische Sequenz. Die Erreger durchdringen all diese Schutzschilde und können teilweise ernstzunehmende oder gar schwere Krankheiten auslösen. Oftmals ist die Humanmedizin damit überfordert – eine Epidemie oder gar Pandemie ist die Folge.

Auch der aktuelle Fall ist ein Problem – Mpox, oder auch Affenpocken. Obgleich für den erwachsenen oder heranwachsenden Menschen eigent-lich nicht gefährlich, da der Krankheitsverlauf zumeist mild verläuft, kann die Krankheit für beispielsweise ein Kleinkind lebensbedrohlich werden.

Ausgelöst wird die Krankheit durch das Orthopoxvirus siminae (auch Monkeypox virus MPXV). Nachgewiesen wurde dieser Erreger erstmals bei Affen, inzwischen geht die Wissenschaft aber davon aus, dass es seinen Ursprung bei Nagern und Hörnchen hat. Zwei Typen werden unter-schieden:

.) Der westafrikanische Typ

.) Der Kongobecken-Typ (zentralafrikanische Clade)

In Europa tritt vornehmlich der harmlosere westafrikanische Typ auf. Symptome sind zumeist Fieber, sowie Kopf-, Muskel- und Rücken-schmerzen. Die Lymphknoten schwellen an. Einige Tage später kommt es zu Hautveränderungen, wie Flecken oder Pusteln im Gesicht, den Handflächen, den Fusssohlen und auf den Genitalien. Diese verkrusten und fallen ab. Wenn auch nicht wirklich appetitlich, so hat der Spuk normalerweise nach einigen Wochen (maximal vier Wochen) ein Ende. Soweit zum harmlosen Verlauf. Bei schwerem Krankheitsverlauf kann es zu Geschwülsten, Augeninfektionen mit Sehverlust, Lungenentzündung und Gehirnentzündung kommen. Deshalb sind Kleinkinder, ältere Menschen oder Menschen mit Immunschwächen besonders gefährdet. Die deutsche Ständige Impfkommission empfiehlt alsdann bei einigen Personengruppen die Impfung. Wurde bereits in früheren Jahren gegen Pocken geimpft, so reicht eine Impfdosis, ansonsten werden für die Grundimmunisierung zwei Dosen im Abstand von 28 Tagen benötigt. Zu den Risikogruppen zählen Mitarbeiter des Gesundheitswesens, Ange-hörige einer bereits infizierten Person und Menschen mit ständig wechselnden Geschlechtspartnern.

Die Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt durch Körperflüssig-keiten, Tröpfchen oder Kontakt zu erkrankten Hautstellen bzw. konta-miniertem Material wie Kleidungsstücken, Bettwäsche oder Handtüchern. Das Virus kann hierauf Wochen oder gar einige Monate überleben. Durch den Verzehr von infizierten Tieren ist eine Übertragung auch von Tier auf Mensch möglich. Das Robert Koch-Institut empfiehlt dann eine Isolation von Erkrankten, wenn die Ausschläge nicht etwa durch Bekleidung bedeckt werden bzw. Fieber, Husten und Halsschmerzen auftreten. Zu Erkrankten sollte kein enger Kontakt erfolgen und Oberflächen regel-mässig desinfiziert werden. Ansonsten werden dieselben Hygiene-Massnahmen wie bei der Influenza oder CoVid empfohlen.

Bis in jüngste Vergangenheit trat diese Erkrankung nur auf dem afri-kanischen Kontinent auf, zumeist in der gefährlicheren Kongobecken-Version. Seit Mai 2022 allerdings immer mal wieder auch in Deutschland. So wurde der erste Mpox-Patient am 24. Mai 2022 im Uni-Klinikum Frankfurt aufgenommen. In diesem Jahr wurde dem Robert Koch-Institut 217 Fälle nur aus Hessen gemeldet, ein Grossteil davon aus dem Raum Darmstadt. Nicht etwa ausgelöst von Touristen, die zuvor in davon betroffenen Gebieten ihren Urlaub verbrachten. In Österreich ist noch kein Affenpockenfall bekannt. Die meisten bestätigten Fälle ausserhalb Afrikas melden die USA mit 24403, gefolgt von Brasilien mit 7300. In Deutschland sind es 3590. Der erste Fall mit dem Kongobecken-Virus wurde am 15. August aus Schweden bekannt. Der Patient hatte sich in Afrika angesteckt.

Die Weltgesundheits-Organisation WHO hat seit Mitte August aufgrund der Ausbruchs-Vorkommnisse in Afrika eine „gesundheitliche Notlage internationaler Reichweite“ (PHEIC) ausgerufen. Dies bedeutet, dass die Länder dazu aufgerufen werden, sich mit Impfstoffen und antiviralen Medikamenten einzudecken und die Bevölkerung zu sensibilisieren.

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Remigration – schon wieder eine Erfindung aus Österreich?

Selten zuvor hat ein Begriff aus der Sozial- und Wirtschaftswissenschaft für eine derart kontroversielle Diskussion gesorgt: „Remigration“! Wie bei so vielen anderen auch politisierte das rechte Lager den Ausdruck und vereinnahmte diesen für sich. So wurde aus diesem das „Unwort des Jahres 2023“!

Der Begriff selbst ist schon einige Jahrhunderte alt. 1608 verwendete ihn Andrew Willet von der Church of England in seinen Schriften, 1885 Ernst Ravenstein in einem seiner Publikationen. Doch erst im 20. Jahrhundert wurde er genauer definiert. In seiner ursprünglichen Bedeutung bezeich-net „Remigration“ die Rückkehr eines Gastarbeiters bzw. eines Migranten in sein Herkunftsland – völlig frei von Emotionen oder politischem Hinter-gedanken. Schliesslich kehren viele Gastarbeiter nach einem zumeist harten Arbeitsleben in ihr Herkunftsland zurück, um dort ihren Ruhe-stand geniessen zu können. Oder im anderen Falle Russland- und Sudetendeutsche oder auch Deutsche aus Siebenbürgen werden in Deutschland remigriert! Auch viele der 3,4 Mio deutschen Auswanderer (2,7 Mio davon im erwerbstätigen Alter) kehren wieder in die Heimat zurück. So kamen schon im 19. Jahrhundert rund 10 % der zuvor in die USA ausgewanderten Deutschen wieder in ihr Heimatland zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es sehr viele Rückkehrer – einer der bekanntesten davon war Herbert Ernst Karl Frahm – Willy Brandt! 1933 emigrierte er über Dänemark nach Norwegen. Von der Nazi-Regierung in Berlin wurde er als staatenlos erklärt! Als das Land von den Deutschen okkupiert wurde, gelangte Brandt in Gefangenschaft. Allerdings trug er zum Zeitpunkt der Festnahme eine norwegische Uniform, zudem kannte niemand das Pseudonym „Willy Brandt“, das er sich erst in seiner Zeit in Norwegen zugelegt hatte. Er wurde wieder freigelassen und flüchtete nach Schweden, 1945 kehrte er nach Deutschland zurück und berichtete als Korrespondent für mehrere skandinavische Zeitungen über die Nürn-berger Kriegsverbrecher-Prozesse. Millionen Kriegsgefangene oder Zwangsarbeiter wurde remigriert. Ja – ich würde sogar auch jene heute Bundesdeutsche als Remigranten bezeichnen, die seinerzeit aus der DDR geflohen oder ausgewandert und nach dem Fall der Mauer wieder zurückgekehrt sind. In der Migrationssoziologie exisiert auch eine Weiterführung: „Remigration der zweiten Generation“.

Ich musste bei der Recherche zu diesem Blog alsdann gar nicht lange suchen und stiess auf den Beitrag „Remigration von Gastarbeitern – Eine Analyse mit nichtparametrischen Schätzverfahren“ von Beatrix Brecht und Paul Michels im Buch „Acta Demographica 1993“ (Physica Verlag 1994). Eine wertefreie Studie, die auf den Zahlen vergangener Jahre aufbaut. Zwanzig Jahre zuvor hatte schon der italienische Soziologe Francesco P. Cerase eine Studie zur Remigration italienischer Auswanderer aus den USA erstellt. Seine auch heute noch gültige Typisierung unterscheidet zwischen einer „Rückkehr aus Konservatismus“ (der Betroffene bewahrt sich seine Identität und Heimatkultur) und „Rückkehr zur Innovation“ (Ideen aus dem anderen Land sollen in der Heimat umgesetzt werden). Oft können auch sog. „Pushfaktoren“ dahinter stecken: Heimweh, gesundheitliche Probleme, Diskriminierung bzw. Rassismus. Oder auch „Pullfaktoren“ wie soziale oder familiäre Bande.

Über 30 Jahre hinweg stellte der Terminus der „Remigration“ kein Problem dar. Dann aber kam es am 25. November des Jahres 2023 zu einem Geheimtreffen in einem Landhaus in der Nähe von Potsdam. Organisiert von einem ehemaligen Zahnarzt aus Düsseldorf, trafen sich dort vornehmlich rechtsextreme Vertreter, aber auch der Sprecher der AfD-Bundestagsabgeordneten Alice Weidel und zwei Politiker der Werteunion der CDU. Hauptredner des Abends war Martin Sellner, der in Österreich als Kopf der „Identitären Bewegung“ unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Er stellte dabei sein „Strategiekonzept im Sinne eines Masterplans“ vor. Dessen Kern: Die Remigration von Millionen Menschen aus Deutschland und Österreich! Massenabschiebungen nicht nur von Ausländern, sondern auch von Deutschen und Österreichern, um damit den angeblich durch die Eliten geplanten „Bevölkerungsausstausch“ wieder rückgängig zu machen. Die Teilnehmer an dieser illustren Runde mussten eine „Mindestspende“ von 5.000,- € berappen. Sellners Ideologie: Beide Worte („Bevölkerungsaustausch“ und „Remigration“) müssen in die Mitte der Gesellschaft gebracht werden. Unnütz zu betonen, dass beides gegen das Grundrecht/die Verfassung und die Menschenrechtskonvention der UN verstösst! Schliesslich würde es ja auch Menschen mit Migrationshintergrund treffen, die eine deutsche oder österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und sich perfekt in die Gemeinschaft integriert haben!

In früheren Zeiten wurden sie auf eine ferne Insel verbannt oder als vogelfrei zum Abschuss freigegeben, heutzutage ist es gar nicht mal so einfach. So müsste ihnen die Staatsbürgerschaft aberkannt und sie als staatenlos erklärt werden! Nein – das geht gar nicht: Die beiden Staaten würden dann selbst einen Flüchtlingsstrom verursachen! Dazu zwei Zahlen: 2022 lebten nicht weniger als 23,8 Mio Menschen mit Migrationshintergrund zwischen Flensburg und Berchtesgaden, 12,2 Mio allerdings waren deutsche Staatsbürger! Für sie wäre das Wort „Abschiebung“ nicht der richtige Ausdruck – „Vertreibung“ oder das historisch vorbelastete „Deportation“ wären ja dann wohl passender. Wer deutscher oder österreichischer Staatsbürger wird, plant jedoch zumeist auch sein Leben in einem der beiden Ländern zu absolvieren.

Übrigens wurde „Remigration“ bereits vor dem Treffen durch Mitglieder der AfD (etwa MdB Gottfried Curio und MdEP Irmhild Boßdorf), aber auch dem Vorsitzenden der österreichischen FPÖ, Herbert Kickl, verwendet. Die FPÖ forderte im Juni des Jahres gar einen eigenen EU-Remigrations-kommissar. Allerdings distanzierte sich die AfD von diesem November-Treffen – Weidels Sprecher habe nicht gewusst, wer zu der Zusammen-kunft alles geladen war. Dennoch reichte es etwa der französischen Gallionsfigur des Rassemblements National (RN), Marine Le Pen, sich nach dem zusätzlichen SS-Sagers des AfD-Spitzenkandidaten zur EU-Wahl, Wolfgang Krah, von den deutschen Rechtspopulisten zu distanzieren. Interessant dabei ist jedoch, dass auch Herbert Kickl bereits im Jahr 2010 einen ähnlichen Spruch in einem ATV-Interview von sich gab, der jedoch ohne Konsequenzen blieb. Auch verwendete der thüringische Parteichef Björn Höcke 2018 den Terminus eines „grossangelegten Remigrattions-projektes“.

Der Rechtsradikalismus marschiert inzwischen wieder ideel und sprach-lich in die Vergangenheit zurück („Kampfbegriffe“). So wird in diesem Zusammenhang von „Passdeutschen“ und „Biodeutschen“ unterschieden, auch von „Verabschiedungskultur“ ist die Rede. „Remigrationspläne“ übrigens wurden bereits in der Vergangenheit (1940) veröffentlicht. Auch Donald Trump schliesst sich dieser Ausdrucksweise an, nachdem er meinte, dass Migranten „das Blut der USA vergiften“ würden. Martin Sellner übrigens prägte zudem den Begriff der „ethnokulturellen Iden-tität“. Dieser setzt allerdings eine Leitkultur voraus, die nicht näher ausgeführt wird. So ganz nebenbei erwähnt: In der AfD selbst bzw. deren näherem Umfeld sind nicht wenige „Passdeutsche“ vorhanden.

Übrigens zum Schluss meiner heutigen Gedanken noch eine Begriffs-bestimmung: Das lateinische „remigrare“ ist ein aktives Verb. Soll heissen, dass jemand nur selbst zurückkehren oder -wandern kann! Wird er dazu gezwungen, so ist die Remigration im Sinne des lateinischen Ursprungswortes grammatikalisch falsch!

Lesetipps:

.) Acta Demographica 1993; Hrsg.: Heinz Galler/Gerhard Heilig/Gunter Steinmann; Physica Verlag 1994

.) Deutsche Gesellschaftsgeschichte Bd. 4 – Bundesrepublik und DDR 1949–1990; Hrsg.: Hans-Ulrich Wehler; C.H. Beck 2008

.) Vertriebene Eliten. Vertreibung und Verfolgung von Führungsschichten im 20. Jahrhundert; Hrsg.: Günther Schulz; Oldenbourg 2001

.) Exil und Remigration; Hrsg.: Claus-Dieter Krohn; edition text + kritik 1991

.) Remigration und Demokratie in der Bundesrepublik nach 1945. Ordnungsvorstellungen zu Staat und Verwaltung im transatlantischen Transfer; Margrit Seckelmann/Johannes Platz; Transcript 2017

.) Handbook of return migration; Hrsg.: Russell King/Latie Kuschminder; Edward Elgar Publishing 2022

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Schweinepest – droht die nächste Pandemie?

Es sind wahrhaft keine guten Nachrichten, die uns dieser Tage aus Hessen erreichen! Mitte Juni wurde bei Rüsselsheim-Königsstädten im Kreis Groß-Gerau bei einem toten Wildschwein die Afrikanische Schweinepest (ASP) nachgewiesen. Seither werden immer wieder Kadaver gefunden – bislang 345, 79 wurden positiv getestet (Stand: 2. August). Bei der Suche werden sowohl Drohnen als auch Kadaver-Suchhunde ein-gesetzt. Erste Funde werden nun auch aus Pfungstadt-Eschollbrücken und Ober-Ramstadt im Landkreis Darmstadt-Dieburg gemeldet. ASP breitet sich rasend schnell aus. Inzwischen auch in den dortigen Mast-betrieben. Vor kurzem mussten alle 1.800 Schweine eines Hofes in Trebur getötet werden, da sich einige mit der Seuche infiziert hatten. Bislang sind es insgesamt mehr als 3.300, da weitere sieben Schweine-haltungs-Betriebe ebenfalls davon betroffen sind. Rund um solche Aus-bruchs-Höfe werden Sperrzonen (Sperrzone III) mit strengen Dekonta-minationsmassnahmen eingerichtet.

Die Afrikanische Schweinepest soll nach Auskunft des Deutschen Bundes-agrarministeriums für andere Tierarten und den Menschen nicht gefähr-lich sein, auch wenn kontaminiertes Fleisch verzehrt wird. Dennoch sollten mehrere Hinweise befolgt werden: Einhalten der Kühlkette, Trennung von anderen Lebensmitteln und Zubereitung mit über 70 Grad für mehrere Minuten. Trotzdem sollte davon abgesehen werden, da Produkte von infizierten Schweinen, wie Fleisch, Wurst etc. für eine weitere Verbreitung verantwortlich sein können. Für Schweine verläuft die hochansteckende Virus-Erkrankung zumeist tödlich.

Der Erreger zählt zur Familie der Asfarviridae, Genus Asfivirus, also nur Schweine treffende Viren. Zwischenwirte und damit Überträger können aber auch Zecken sein, wie die Lederzecke. Die Krankheit kann perakut (schnell mit hohem Fieber, Apartheid, Hustanfällen, Blutungen aus Nase und After – das Tier stirbt innerhalb von 48 Stunden), akut (mit viertägigem hohen Fieber, die restlichen Symptome aber treten erst rund eine Woche später auf), subakut bzw. chronisch (geringe Sterblichkeits-rate, dafür Gelenksentzündungen, Aborten oder sehr geschwächte Ferkel) verlaufen. Der Virus ist sehr widerstandsfähig gegenüber Umweltein-flüssen, auch basische Reinigungs- oder Desinfektionsmittel wirken nicht (stabil im ph-Bereich zwischen 3,0 bis 13,4). Bislang wurden noch keine Erfolge durch Impfungen erzielt. Die Seuche tritt immer wieder unver-mittelt auf – so etwa auch im September 2020 im Landkreis Spree-Neisse an der deutsch-polnischen Grenze oder im Landkreis Märkisch-Oderland.

Um die Schweinepest einzudämmen, werden Sperr- und Pufferzonen errichtet – in diesem aktuelle Fall auch mit einer 115 km-langen Elektro-Einzäunung als Wildschweinbarriere. Und hier kommt wieder die Dummheit des Menschen ins Spiel: Der Zaun wurde durchgeschnitten oder Teile davon sowie die Akkus geklaut! In den Sperrzonen II und III etwa ist das Pilzesuchen, Jagen oder Geocaching verboten, Hunde müssen angeleint und nur gekennzeichnete Wege verwendet werden. Die Sperrzone II beispielsweise erstreckt sich über 100.000 ha und somit den Landkreis Groß-Gerau, sowie Teile von Offenbach-Land, Bergstrasse, Darmstadt-Dieburg, den Main-Taunus-Kreis mit Frankfurt am Main sowie im benachbarten Rheinland-Pfalz auch den Rhein-Pfalz-Kreis inklusive der Stadt Ludwigsburg und reicht inzwischen bis zur hessisch/saar-ländischen, auf der anderen Seite bis zur hessisch-bayerischen Landes-grenze. Die Pufferzone (Sperrzone I) als 10 km-breiter Streifen rund um die Sperrzone II, ist gar 150.000 ha gross. Im Gegensatz zur Sperrzone II muss in diesem Streifen sogar vermehrt gejagt werden. Sie umfasst zusätzlich auch den Hochtaunus- sowie den Rheingau-Taunus- und Rhein-Neckar-Kreis – eine Fläche, so gross wie das komplette Saarland.

Eine Verbreitung des Virus erfolgt allerdings nicht nur durch den Kontakt mit infizierten Tieren. Auch Lebensmittel können die Krankheit über-tragen. Deshalb sollen gerade jetzt zur Urlaubszeit Speisereste unbedingt in verschliessbare Müllbehälter gegeben werden. Das gilt vor allem für die Autobahnen in ganz Deutschland.

Vonseiten des Friedrich-Löffler-Institutes wird betont, dass die Schweinepest komplett atypisch verläuft. So meint dessen Präsidentin Christa Kühn, dass einerseits noch nicht die Quelle des Ausbruchs festgestellt werden konnte. Andererseits sei grösste Vorsicht geboten, da wie selten zuvor innerhalb derart kurzer Zeit so viele Hausschwein-bestände infiziert wurden. Hieraus könnte sich rasch eine Endemie, wenn nicht gar Epidemie entwickeln. Hausschweine infizieren sich entweder beim Kontakt mit Wildschweinen, über kontaminierte Stiefel oder über das Futter. Aus dem Baltikum werden auch Fliegen als Überträger vermutet, sodass inzwischen vereinzelt alsdann Moskito-Netze an den Stallfenstern angebracht werden.

Da inzwischen die meisten Zielländer für deutsches Schweinefleisch Zertifikate bei der Einfuhr verlangen, hat dieser erneute Ausbruch auch eine positive Nebenerscheinung: Es werden nurmehr wenige Schweine-Lebend-Transporte durchgeführt!

Sollten Sie tote Wildschweine entdecken, so melden sie den Fundort bitte an die 112! Ansonsten gelten die Bekanntmachungen bzw. Allgemein-verfügungen der betroffenen Landkreise, wie etwa https://www.kreisgg.de/ordnung/verbraucherschutz/afrikanische-schweinepest-im-kreis-gross-gerau ! Halten sich alle an diese Massnahmen, so kann die Viruserkrankung rasch eingedämmt werden.

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Jugendkriminalität – eine harte Nuss!

Diebstahl und Raub, sexueller Missbrauch und Gewalt, Körperverletzung – ja sogar auch Mord! Ein Auszug aus der Kriminalstatistik? Durchaus – lauter Straftaten, für die ein Erwachsener abgeurteilt und damit bestraft wird. Auch Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren sind „strafmündig“. Für sie gilt in Deutschland das „Jugendstrafrecht“ bzw. in Österreich das „Jugendgerichtsgesetz“, in der Schweiz das „Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht“. In beiden Tätergruppen durchaus berechtigt, da ein Zusammenleben in der Gesellschaft ansonsten nicht möglich wäre.

„Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.“

(Immanuel Kant)

Doch, wie sieht’s mit den Kleinen aus, jenen Kindern, die jünger als 14 Jahre sind? Sie sind „deliktsunfähig“! Soll heissen, dass sie weder ange-zeigt noch gerichtlich verurteilt werden dürfen – sie gehen also straffrei aus. Völlig gleichgültig, wie schwer das Vergehen war. Allerdings müssen die Eltern für den entstandenen Schaden aufkommen!

Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass nicht auch wir uns als Kinder auf dem Pausenhof gestritten und gebalgt haben. Doch wäre es uns niemals in den Sinn gekommen, etwa Kleinere oder Hilflosere und die sog. „Nerds“ zu erpressen oder zu schlagen, plündernd und/oder zer-störend durch den Ort zu ziehen bzw. ein Messer in die Schule mitzu-nehmen.

Als ich einst mit dem Bus zur Mittagszeit nach Hause fuhr, beobachtete ich, wie der Sohn einer Freundin von mir auf einen jüngeren losgegangen ist. Ich mischte mich ein und sorgte für Ruhe. Nach diesem Vorfall befragt ich ihn, weshalb er das gemacht habe. Er meinte nur lapidar, dass die Älteren ihn dazu beauftragt hätten. Von jenen aber hatte auch er schon Prügel bezogen.

Dass wir es hinter uns haben – die erschreckenden Zahlen aus den je-weiligen Innenministerien (Kriminalstatistiken). In Deutschland gab es 2023 insgesamt mehr als 5,94 Millionen durch die Polizei erfasste Straftaten – eine Steigerung von 5,5 %. Bei tatverdächtigten Kindern bis 13 Jahre kam es zu einem Anstieg von nicht weniger als 12,0 % (auf 104.233), bei Jugendlichen (zwischen 14-17 Jahren) um 9,5 % auf 207.149! In Österreich hat sich die Zahl der Straftaten durch Kinder und unmündige Jugendliche in den letzten zehn Jahren verdoppelt! Und diese Zahlen sind nur offiziell, also angezeigte Fallzahlen („Hellfeld“) – nach Schülerbefragungen muss davon ausgegangen werden, dass Delikte durch Kinder und Jugenliche allgegenwärtig sind („ubiquitär“ – auch im „Dunkelfeld“, also nicht angezeigt). Alsdann berichten Lehrer von der Zunahme der Gewalt. So schrecken die Zahlen einer Befragung der 9. Jahrgangsstufe aus dem Jahr 2019 auf: 22,9 % der Schüler und 12,5 % der Schülerinnen gaben an, Straf-Delikte begangen zu haben – dabei ist das Fahren mit den Öffis ohne Fahrschein bzw. der illegale Dateien-Download noch gar nicht eingerechnet.

Als für den Anstieg verantwortliche Risikofaktoren wird in Österreich vor allem die Folge der Corona-Massnahmen ins Kalkül gefasst: „Mangel an sozialen Kontakten“, „Belastungen in der Familie“ und „beengte räumliche Verhältnisse“. Die psychischen Belastungen würden noch nachwirken. Ah ja – dies lassen wir ganz einfach so stehen (auch Erwachsene hatten unter diesen Massnahmen zu leiden)!

Wie nun kann gegen Kinder- und Jugendkriminelle vorgegangen werden? Schliesslich verbaut ein Richter mit einem harten Urteilsspruch ein komplettes Leben.

„Es braucht einen gesamteinheitlichen Ansatz, wenn es darum geht, Jugendkriminalität zu bekämpfen. Es handelt sich dabei um einen sensiblen Bereich in der Strafjustiz aber auch in der Polizei. Daher gilt es, an vielen Schrauben zu drehen und Maßnahmen zu setzen, die es derzeit noch nicht gibt.“

(Österreichs Verfassungsministerin Karoline Edtstadler)

Zu diesem Zweck wurde im Alpenland im März dieses Jahres eine eigene „Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Jugendkriminalität“ eingesetzt. Durch sie soll eine Zwei-Weg-Taktik beschritten werden:

  • Verpflichtung, durchsetzbare Konsequenzen sowie Sanktionen
  • Verantwortung der Eltern

So sollen Ersttäter in Begleitung ihrer Eltern im Rahmen einer poli-zeilichen Regelbelehrung auf die strafrechtlichen Konsequenzen hinge-wiesen werden. Doch betont der österreichische Innenminister Gerhard Karner, dass nur gutes Zureden meist nicht hilft. Alsdann wird eine Geldstrafe von 1.000, im Wiederholungsfall von bis zu 4.600,- € ver-hängt. Beachtet man, dass wohl die meisten Kinder- und Jugend-kriminellen aus sozial schwachen Schichten kommen, trifft dies die Eltern wirtschaftlich sehr empfindlich. Daneben sollen in sog. „Fallkonferenzen“ Polizei, Jugendschutzbehörden, Jugendbetreuungseinrichtungen und Schulen auf kurzem Wege vernetzt werden. Anlass für diese Lösung war der sexuelle Missbrauch einer Zwölfjährigen im vorigen Jahr durch mehrere zum Teil deliktsunfähige Minderjährige.

In Deutschland hingegen wird neben den Corona-Massnahmen als Grundursache das Jugendalter als „Zeit der höchsten Aktivität, des Erkundens und Austesten von Grenzen“ für die hohen Fallzahlen verant-wortlich gemacht. So versuchen es die 14- bis 16-jährigen vornehmlich mit Ladendiebstahl, die 18- bis 21-jährigen hingegen mit Körperdelikten. Zudem wird der Anstieg der angezeigten Straftatbeständen zwischen den Jahren 2015 und 2019 durch gestiegene Geflüchtetenzahlen erklärt.

Allerdings muss hierbei berücksichtigt werden, dass nicht die Herkunft des Straftäters entscheidend ist. Es sind vornehmlich die Lebenslagen – auch bei Einheimischen: Soziale Schicht, defizitär, Integrationsprobleme und auch kulturelle Wertvorstellungen! Der Migrationshintergrund wird deshalb zumeist nur bei Dunkelfeldstudien berücksichtigt.

Etwas schwierig wird es bei der Definition der „Mehrfach- und Intensiv-Täter“. In den einen Polizei-Projekten gilt ein Täter dann als Mehrfach-täter, wenn er mindestens zweimal im Berichtsjahr mit ingesamt mindestens fünf Straftaten aktenkundig wurde; in anderen Projekten reichten bereits etwa drei bzw. im Gegensatz dazu zehn Straftaten. Somit ist eine Gegenüberstellung der Intensiv-Täter-Zahlen zumeist nicht möglich. Besonders in dieser Tätergruppe verfolgte bislang Justiz und Polizei die Einbahn-Strategie: Sie stehen am Beginn eines kriminellen Lebens, müssen gezielt behandelt und notwendigerweise auch „sicher verwahrt“ werden („Einmal geklaut, immer geklaut!“). Studien hierzu allerdings haben aufgezeigt, dass gerade dieser Weg nicht zur Resozialisierung beiträgt.

Ein Lösungsweg scheint alsdann sehr schwer zu finden. Auch bei der Zunahme der Delikte durch Kinder- und Jugendbanden. Eines allerdings ist unabdingbar: Verantwortlich für die Erziehung eines Kindes sind dessen Eltern, nicht Lehrer, Lehrlingsbetreuer oder im schlimmsten Falle Polizisten. Darf das Kind/der Jugendliche zuhause stets Grenzen überschreiten ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen, so wird er es auch im öffentlichen Leben probieren. Ob dabei die Senkung des Strafmündigkeitsalters sinnvoll ist???

Links:

Lesetipps:

.) Kinder im Unrecht. Junge Menschen als Täter und Opfer; Bernd-Dieter Meier; LIT Verlag 2019

.) Handbuch Jugendkriminalität. Interdisziplinäre Perspektiven; Hrsg.: Bernd Dollinger/Henning Schmidt-Semisch; Springer VS 2017

.) Jugendkriminalität und Mehrfachtäterschaft. Dortmunder Beiträge zur Pädagogik; Oliver Fähnrich; Projektverlag 2011

.) Zur Entwicklung der Gewalt in Deutschland. Schwerpunkte: Jugendliche und Flüchtlinge als Täter und Opfer; Christian Pfeiffer/Dirk Baier/Sören Kliem; Institut für Delinquenz und Kriminalprävention, Zürcher Hoch-schule für Angewandte Wissenschaften 2018.

.) Jugendkriminalität in der Lokalpresse – Berichterstattung zwischen Information und Sensation; Stephanie Saleth; AV Akademikerverlag 2012

.) Jugendkriminalität; Bernd Dollinger/Michael Schabdach; Springer 2013

.) Panel-Datenanalyse der Jugendkriminalität in Deutschland; Stefan Hofherr; GRIN Verlag 2010

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