Eiszeit – oder doch vielleicht Heisszeit???

Themen, die gegenwärtig die Gemüter erhitzen, gibt es beinahe wie Sand am Meer. Sei es der Angriffskrieg von Russland, mit seinen Auswirkungen auf die Eurozone, sei es der Angriff der Terrorgruppe Hamas auf Israel mit der anschliessenden menschlichen Tragödie im Gaza-Streifen oder sind es die vielen Streiks von Angestellten aller Branchen, die auch etwas vom Kuchen der Investoren abbekommen möchten, wenn Millionen- oder gar Milliardengewinne eingefahren werden.

Doch sind wir uns ehrlich: Jeder zitiert den guten, alten Rudi Carrell mit seinem Song: „Wann wird’s mal richtig wieder Sommer!?“ Also, lassen Sie mich doch etwas über das Wetter plaudern.

Wetterkapriolen sind auch hier in Mitteleuropa leider nichts Neues mehr!!! Doch dieses Jahr 2024 wird wohl alle bisherigen Rekorde purzeln lassen: Neben dem Rekord-Winter von 2006/07 wärmster Winter seit Beginn der Aufzeichnungen, der März lag in vielen Bereichen 3,4 Grad über dem Mittel (wärmster März ever!) und mit 30 Grad am ersten April-Wochen-ende verschiebt sich der Sommer schon weit in den Frühling hinein. Später hingegen sorgen sicherlich wieder schwere Unwetter für ordent-liches Tohuwabohu. Teils muss auch in den Sommermonaten erneut die Heizung angestellt werden. Nicht wenige Menschen werden nun den Vulkanen oder der Feuerrodung der Urwälder die Schuld in die Schuhe schieben – doch ich muss Sie enttäuschen: Beides trägt zwar auch dazu bei – allerdings liegt die Ursache für das Pullover- und Kuschelwetter mitten im Hochsommer bzw. Bikini-Temperaturen zu Ostern weit tiefer! Deshalb werden wir heute mal einen Abstecher in die Klimatologie machen. Unter dieser verstehen wir jene interdisziplinäre Wissenschaft, welche die Fachbereiche Meteorologie, Geographie, Geologie, Ozeano-graphie und Physik vereint. Nur unter Einbindung jeglicher Phänomene aus diesen Teilbereichen kann das Wetter auch verstanden werden. An sehr nassem Wetter sind zumeist Tiefdruckgebiete aus dem Mittelmeer verantwortlich, die Ihre zigtausend Tonnen schwere Last meist über Süd-ost-Europa, manches Mal aber auch über Mitteleuropa loswerden. Kaltes, nasses Wetter hingegen kommt vornehmlich aus dem Nordsee-Bereich mit Einflüssen aus dem Atlantik.

Und schon sind wir beim Golfstrom gelandet. Die Meeresheizung für Nordwest-Europa verliert nämlich langsam an Kraft. Und dies ist das Horrorszenario, das die Klimaforscher aufgrund der Erderwärmung befürchten: “Dann wird’s hier kalt!” (Detlef Quadfasel von der Universität Hamburg in einem Vortrag 2005). Tatsächlich hat sich die Zirkulation des Stromes zwischen 1957 und 2004 um rund 30 % verlangsamt (Harry Bryden vom National Oceanography Centre in Southampton). Diese Meinung untermauert auch eine aktuelle Studie von drei Forschern der Universität Utrecht: Die tief reichende Zirkulation des Atlantiks (der Golf-strom) könnte in den kommenden Jahrzehnten kollabieren! Verantwort-lich dafür, so die drei Forscher aus Utrecht und auch Jahre zuvor Bryden, ist starker Süsswasserzufluss in die nördlichen Meere!

Der Golfstrom entsteht in den Tropen. Er bringt uns warmes, salzhaltiges Wasser aus dem Süden. Dieses kühlt sich auf seinem weiten Weg in Richtung Norden ab, bis die Küste Grönlands und Nordamerikas erreicht ist. Dort sinkt das nunmehr kalte, salzige und somit schwere Wasser ab und fliesst wieder (am Meeresgrund entlang) in Richtung Süden. Hier-durch entsteht im Norden ein Sog, der kontinuierlich immer wieder warmes Wasser aus den Tropen ansaugt. Das ist das Prinzip des Golf-stromes.

Durch die Klima-Erwärmung bringt vermehrter Regen die Flüsse zum Anschwellen und das ewige Eis in der Arktis schmilzt weg. Dadurch kommt kaltes, nicht salzhaltiges Wasser ins Meer. Dieses ist nicht so schwer (da nicht so dicht), sinkt deshalb nicht so leicht ab und bringt den Sog des Stroms gehörig ins Wanken. Soweit die Untersuchungen der Ozeanographen. Hierdurch allerdings versagt auch die Heizung für die britischen Inseln. Kollabiert der Golfstrom, würde dies einen Temperatur-abfall von plötzlich rund vier Grad bedeuten – für ganz Europa. Mutter Natur wirkt somit – so paradox es auch klingen mag – der Erderwärmung entgegen. Klimatologen empfehlen deshalb, SOFORT alle Massnahmen gegen die Erderwärmung zu ergreifen. Und da sind wir beim kleinen Herrn Müller, der kleinen Frau Maier angelangt: Je weniger CO2 (Kohlen-dioxid) erzeugt wird, desto weniger erwärmt sich auch die Erdatmosphäre. Dieses Gas trägt nämlich massgeblich zur Erderwärmung bei. Die Luft wird aufgewärmt (durch etwa die Infrarot-Strahlung der Sonne), die Wärme kann aber nicht mehr abgegeben werden – sie wird gespeichert – es wird wärmer. Um wieviel Grad bis zum Jahr 2100 ist abhängig von der Emission der Treibhausgase – manche Wissenschaftler gehen von 4,7, andere von gar 6,4 Grad aus. Bestes Beispiel ist das Ansteigen des Vegetationsgürtels bzw. der Baumgrenze. Waren gewisse Höhen bisher nur sog. Krüppelhölzern vorbehalten, so siedeln sich vermehrt auch heimische Baumarten rund um diese magische Zone an (in den Alpen liegt die Vegetationsgrenze zwischen 2.400 bis 2.500). Forstwissenschaftler erfassten beispielsweise im Jahr 1986 in einer Studie erstmals alle Pflanzenarten im Wetterstein, einer Gebirgskette der Nördlichen Kalkalpen mit dem höchsten Berg Zugspitze, die im Süden Deutschlands und Westen Österreichs liegt. 2022 fanden sie sich an denselben Stellen erneut ein und kamen zu erstaunlichen Resultaten: Innerhalb dieser 36 Jahre etwa kletterte die Buche von damals 1.390 Höhenmetern auf 1.480! Aber auch Gefässpflanzen und Moose vermehren sich. 1986 zählten die Forscher noch 45 Gefässpflanzen und 18 Moose – 2022 waren es bereits 65 bzw. 25! Ganz oben, direkt an der Felsgrenze anliegend befindet sich der grösste Zirbenwald Deutschlands. Hier wachsen insgesamt 90 Pflanzenarten. Sollte die Baumgrenze weiter ansteigen, könnte die Zirbe durchaus verdrängt werden.

CO2 entsteht vornehmlich bei der vollständigen Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Materialien unter ausreichender Sauerstoffzufuhr (unvollständige Verbrennung mit zu wenig Sauerstoff führt zu Kohlenmonoxid CO), der Verfaulung oder durch die Atmung von Organismen. Kohlenstoffdioxid (wie es eigentlich chemisch richtig heisst) kommt in der Luft in einer mittleren Konzentration von 0,038 % vor. Federführend für die CO2-Messung sind die Angaben des Mauna Loa-Observatoriums auf Hawaii. Im laufenden Jahr hat das Observatorium stark gestiegene Daten gemeldet, die v.a. eine durch Menschen hervor-gerufene Ursache haben: Der errechnete Jahresdurchschnitt wird bei etwa 423.6 ± 0.5 Teilen pro Million (ppm) liegen, das entspricht einem Anstieg von etwa 2.84 ppm gegenüber des Vorjahres.

Werden biogene Stoffe verbrannt, so haben diese während des Wachs-tums sehr viel CO2 verarbeitet, sie produzieren beim Verfaulen ebenso viel Gas wie bei deren Verbrennung. Gelangen aber nun auch mineralische Stoffe (wie Erdöl oder Kohle) zur Verbrennung, so hat die Natur keine Kapazitäten in ihrem Kreislauf mehr frei. Damit sollten alle Vorgänge, die auf diese Weise Kohlendioxid freisetzen, vermieden werden. Flugreisen oder Autofahrten etwa! Das kleine österreichische Bundesland Vorarlberg zeigt den Grossen auf, wie es richtig gemacht werden sollte. Der Verkauf von Fortbewegungsmitteln, die durch alter-native Energien gespeist werden (v.a. Strom) nimmt kontinuierlich zu (das Land ist seit 2008 Vorzeigeregion für die Elektromobilität – auch wenn die Zahlen zuletzt eingebrochen sind). Daneben legen Herr und Frau Vorarlberger jedes Jahr hunderte Kilometer auf dem Fahrrad zurück. Das Radwegenetz durchzieht das Land auf rund 1.000 km – das ist ebenso viel wie die “Tour Brandenburg”, Deutschlands längster Radweg. Im letzten Jahr nahmen 10.000 Menschen an der Aktion “Vorarlberg radelt” teil, sie kamen auf 9,6 Mio Kilometer, dadurch konnten 1.692 Tonnen CO2 eingespart werden. In der Aktion WinterRadius erreichten die 2.763 Teilnehmer aus dem Ländle in der kalten Jahreszeit zwischen November und Februar im Durchschnitt noch immerhin 360 Kilometer. Hut ab! Der meiste verbrauchte Strom wird hier durch Wasserkraft oder andere alternative Energieträger (wie etwa der Sonnenkraft über die Photovoltaik) gewonnen. Auch in der Ernährung sollte stets darauf geachtet werden, dass heimische Produkte mit kurzen Anfahrtswegen bevorzugt werden. In früheren Zeiten gab es im Winter auch keine Mangos oder Granatäpfel (doch hierüber habe ich ohnedies schon mal geschrieben!).

Wie sehr das Thema Umwelt- und Klimaschutz zum Verkaufsschlager wird, beweisen auch die Buchveröffentlichungen und Filmpremieren der letzten Jahre, wie etwa “Geostorm”, “The day after tomorrow”, “Don’t look up”, … So brachte auch die österreichische Hellseherin und Sterne-deuterin Rosalinde Haller das Buch “Aufwachen” auf den Markt. Sie sagt neben der Zerstörung der französischen Hauptstadt Paris alsdann einen Tsunami für New York voraus. Die Folge hiervon hat etwa Regisseur Roland Emmerich mit seinem Kassenschlager “2012” in die Kinos gebracht (obwohl hier eine Sonneneruption dahintersteckte).

Mit grosser Freude habe nicht nur ich die Betroffenheit der Politiker zur Kenntnis genommen, als die UNO den Klimabericht 2010 veröffentlichte. V.a. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel preschte damals lautstark vor und hat sich vorort ein Bild etwa in Grönland gemacht. Umso bedauerlicher allerdings ist es, erkennen zu müssen, dass – wie auch alle Weltklimakonferenzen seither stets aufzeigen – global nichts dabei rauskommt. Ralf Bütikofer von den deutschen Grünen formulierte es einmal recht treffend in einem Interview:

“Wir haben nur 10 bis 15 Jahre Zeit – und keine zweite Chance!”

Also: Packen wir’s endlich an!!!



Film-Tipps:

  • The Day after tomorrow
  • Eine unbequeme Wahrheit
  • Before the flood
  • Jane’s Journey – Die Lebensreise der Jane Goodall
  • 11th Hour – 5 vor 12
  • Geostorm

Lesetipps:

.) So retten wir das Klima; Michael Sterner; Komplett-Media GmbH 2022

.) Erste Hilfe für die Erde: Mark Maslin; Franckh-Kosmos 2022

.) 3 Grad mehr; Klaus Wiegandt; Oekom Verlag 2022

.) Denkfehler und Klimakrise – Was helfen kann, die Welt zu retten; Michells Stern; BoD 2024

.) Das Klimabuch von Greta Thunberg; Greta Thunberg; S. Fischer-Verlag 2022

.) Unsere Bäume dewr Hoffnung; Tony Rinaudo; SCM Hänssler 2022

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