Aspartam – die gefährliche Süsse?

An dieser Stelle wurde bereits das Risiko von zu viel weissem Zucker (Haushaltszucker) für die menschliche Gesundheit erörtert (Übergewicht, Diabetes, …). Doch – was wäre so manches Produkt ohne Süssmacher? Also begaben sich so manche Lebensmittel-Chemiker auf die Suche nach einem Ersatz-Süssstoff. Mit Erfolg! Neben vielen anderen Lösungen entstand u.a. C14H18N2O5 – Aspartam! Allerdings eher unbeabsichtigt. Gefeiert wie eine Revolution, birgt dieser Süssmacher allerdings einige mögliche Risiken in sich! Ob auf ihn oder auf Produkte mit ihm zuge-griffen wird, bleibt natürlich jedem selbst überlassen. Allerdings sollte jeder Konsument informiert sein, welche möglichen Folgewirkungen von ihm ausgehen können – auch wenn Industrie und Politik stets darauf hinweisen: Die Tagesdosis macht’s aus!

Aspartam ist der Metylester des Dipeptids L-Aspartyl-L-phenylalanin – klingt schon mal recht gesund! 1965 versuchte sich der Chemiker James M. Schlatter an der Synthese des Peptidhormons Gastrin. Dabei stiess er aus purem Zufall auf diesen süssen Stoff. Seinem Unternehmen, der G.D. Searle & Company, half dies freilich nicht viel, führten doch Tierversuche an Ratten zu dem Resultat, dass der Stoff möglicherweise karzinogen ist und somit Krebs erregen kann. Die US-Behörde Food an Drug Administration (FDA) liess den Stoff deshalb über Jahre hinweg nicht zu – das Unternehmen wurde 1985 von Monsanto und schliesslich von Pfizer übernommen. Erst 1981 erhielt Aspartam unter dem Namen “NutraSweet” die Zulassung, nachdem im Jahr zuvor eine Gruppe unabhängiger Wissenschafter Aspartam als möglichen Auslöser von Gehirntumoren ausschloss – allerdings nach wie vor auf die Karzinogenität bei Ratten hinwies. Zwei Jahre später wurde Aspartam zuerst in kohlesäurehaltigen Getränken wie Limonaden, zehn Jahre später anderen Getränken sowie Süss- und Backwaren hinzugefügt – später auch ohne Verwendungs-beschränkung. In Deutschland wurde Aspartam durch die Zusatzstoff Zulassungs-Verordnung vom 13. Juni 1990 zugelassen. Das Patent auf Aspartam ist bereits 1992 abgelaufen – jeder kann es seither erzeugen. Deshalb ist Aspartam inzwischen unter den Bezeichnungen “NutraSweet”, “Equal” und “Canderel” erhältlich.

Über das chemische Verfahren zur Herstellung von Aspartam, möchte ich mich heute nicht auslassen – dies kann für alle interessierten Chemiker und Hobby-Chemiker in der Fachliteratur nachgelesen werden. Nur soweit noch zu den Eigenschaften: Süss, farblos, kristallin, in Wasser löslich, Schmelzpunkt 248-250 Grad Celsius. Sein Energiegehalt liegt bei 17 kJ pro Gramm – ähnlich jenem von Zucker. Allerdings mit der 200-fachen Süsskraft von Zucker. Beim Backen kann sich Aspartam in seine Einzelkomponenten zerlegen – L-Asparaginsäure, L-Phenylalanin und Methanol! Dadurch verliert der Stoff seine Eigenschaft als Süssmacher.

Aspartam wird inzwischen in mehr als 2.500 Nahrungsmitteln und Getränken in Europa verwendet (Pudding, Fertiggerichten, Kaugummi, Frühstücksflocken,…). Besonders beliebt in Diät- und Light-Produkten, obgleich die Weltgesundheitsorganisation WHO schon vor geraumer Zeit darauf hingewiesen hat, dass sich Aspartam nicht zum Abnehmen eignet, da aufgrund der enorm starken Süsskraft nur geringe Dosen eingesetzt werden. Zucker sorgt beim Verzehr ab einem gewissen Zeitpunkt für ein Völle-Gefühl – chemisch hergestellte Süssmacher jedoch nicht: Die meisten werden sofort wieder ausgeschieden. Dadurch kann es zu einer Abhängigkeit führen, da das Hungergefühl durch den Verzehr nicht gesenkt wird.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) führte in diesem heurigen Jahr eine Untersuchung zum Süssstoffgehalt bei energie- und zucker-reduzierten Erfrischungsgetränken durch. Dabei kam es zu folgenden Resultaten: In 67 von 92 untersuchten Getränken befand sich Aspartam in unterschiedlichen Konzentrationen – Teekaltgetränke 31,8 mg/l, Limo-naden 0,05-117, Cola- und Colamischgetränke 11-492 und schliesslich Energydrinks 144 mg/l.

Nun zum Problem: Die “Metabolisierung”! Der Aspartat-Phenylalanin-Methylester wird durch eine intestinale Esterase in AsPhe und Methanol gespaltet. Das Methanol wird direkt zu Kohlenstoff-Dioxid bzw. Formaldehyd verstoffwechselt. AsPhe hingegen zu den proteinogenen Aminosäuren Phenylalanin und Asparginsäure. Aspartam wird also im Darm nahezu komplett abgebaut. Nur ein geringer Energieanteil gelangt in den Blutkreislauf. Phenylalanin hemmt jedoch die Produktion eines Enzyms, das im Darmepithel gebildet wird und die sog. “Intestinale Alkalische Phosphatase” (IAP) senkt – die Aufnahme von Endotoxinen und dadurch beispielsweise die Gefahr eines metabolischen Syndroms bei zu fettreicher Nahrung. In Tierversuchen wurde beobachtet, dass die Tiere zu Fettleibigkeit und gestörter Glukosetoleranz neigten. Menschen mit der angeborenen Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie müssen deshalb auf Produkte mit Aspargam verzichten. Auf allen Waren mus somit in den Inhaltsstoffen auf Aspargam hingewiesen werden (in Deutschland etwa §5 der Lebensmittelzusatzstoff-Durchführungs-verordnung), beispielsweise durch den Hinweis E951.

Eine weitere Studie aus dem Jahr 2013 befasste sich mit den Auswertungen von zahlreichen Untersuchungen zum Zusammenhang von Aspartam und dem neuro-physiologischen Befinden (Depressionen, Migräne, Kopfschmerzen, …). Hier blieben jedoch viele Fragen offen.

Die durch die EU festgesetzte Erlaubte Tagesdosis (ETD) sollte 40 mg/kg Körpergewicht nicht überschreiten (in den USA 50 mg/kg Körpergewicht). Das Problem: Aus allen Nahrungsmitteln, die Aspartam enthalten, muss die eingenommene Menge addiert werden! Wer kann das und wer macht dies?!

Übrig bleibt letztlich die Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation, dass Aspartam “möglicherweise krebserregend” ist und nicht zur Körpergewichtsreduzierung taugt. Grundsätzlich – so die Gesundheits-experten – kann der Verzehr von Süssstoffen zu Typ2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Problemen führen.

Links:

Lesetipps:

.) Naturstoffchemie – Eine Einführung; Gerhard Habermehl/Peter Hammann/Hans Christoph Krebs; Springer 2008

.) Handbuch Süssungsmittel – Eigenschaften und Anwendung; Hrsg.: Gert-Wolfhard von Rymon-Lipinski; Behr 1991

.) Lehrbuch der Lebensmittelchemie; Werner Grosch/Peter Schieberle; Springer 2008

.) Handbuch Lebensmittel-Zusatzstoffe; Kuhnert/Muermann/Salzer; Behr 1991

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