Currywurst, Burger, Pizza – macht Fast Food doof???

“Wisst’s, was die billigste warme Mahlzeit in Österreich ist? Ist nicht gesund, aber sie ist billig: ein Hamburger bei McDonald’s!“

(Karl Nehammer, österreichischer Bundeskanzler)

Seit nahezu Jahrzehnten versuchen Ernährungswissenschafter und Gesundheitspolitiker die Eltern von der Bedeutung der gesunden Jause für die heranwachsenden Kleinen zu überzeugen. Fast ebenso lange weisen Sozial- und Armutsforscher darauf hin, dass die Armut allerorts ansteigt. Und schliesslich kämpfen Vegetarier und Veganer für einen besseren Umgang mit Tieren etwa auch durch einen wesentlichen Preisanstieg von Fleisch- und Wurstwaren! Da kommt urplötzlich der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer daher und betont in einer Diskussions-runde zu den Themen warme Mahlzeiten für Kinder, DDR und Sozial-partnerschaft in Österreich, dass sich auch die sozial unterste Schicht, die Klein- und Kleinstverdiener, eine warme Mahlzeit pro Tag leisten können! Ein klatschende Ohrfeige (österr.: “a Watsch’n”) ins Gesicht der Forscher und Umwelt- bzw. Ernährungsaktivisten, aber auch eine mehr als populistische Wortmeldung eines Gutverdieners auf Kosten jener, die unbescholten durch eine Krankheit, einen Unfall, eine Trennung oder eine Kündigung wegen Insolvenz des Unternehmens, Produktionsauslagerung oder einfach aufgrund ihres Alters nicht mehr wissen, wie es morgen weitergehen soll! Na – zumindest hat er darauf hingewiesen, dass diese “Billigernährung” nicht ganz gesund ist und damit indirekt wieder bestätigt, dass sich die finanziell Schwachen nicht richtig ernähren und zudem nicht beim Produzenten von nebenan einkaufen können. Übrigens hat die Österreichische Volkspartei (ÖVP) diese Aussage Nehammers inzwischen bestärkt, obgleich dies mit “Volk” wenig zu tun hat! Zudem hat der Herr Bundeskanzler kostenlose Werbung für etwas gemacht, das nicht wirklich einer ausgewogenen Ernährung entspricht. Wie einst die deutsche Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner mit Nestlé.

Doch – wie ist das wirklich mit den Burgern bzw. dem Fastfood???

Es war einmal eine kluge Frau aus Hamburg, die wusste nicht so recht, was sie ihren Lieben zu Mittag servieren sollte. Da kam sie auf die Idee, eine plattgedrückte Frikadelle in ein Brötchen zu legen und diese mit Mostrich und Ketchup zu würzen und mit einem Blatt Kopfsalat sowie einem Tomatenring zu verzieren! Das war die deutsche Version – die österreichische geht in etwa so: A gonz a wiffe Frau (der Begriff “Oide” ist diskriminierend und mir zu negativ behaftet – sorry!), irgendwo aus Deitschlond, hot net wirklich g’wusst, was sie zu Mittag auf’n Tisch bringen sollt. Do hot sie da Geistesblitz troff’n und sie hot a Flaaschlaberl g’nummen und flachdruckt in a Semmerl einigeb’n. Zum Würz’n an Senf und Ketchup, garniert mit am grünen Salot und aner Scheib’n von am Paradeiser!!!

Das war die Geburtsstunde des Hamburgers (kurz: Burger)! Schöne Geschichte – oder? Ob dies wirklich so gelaufen ist, kann heute niemand mehr nachvollziehen. Im Englischen versteht man unter “hamburger” jegliche Art von zubereitetem mageren Rinderhackfleisch, während im deutschen Sprachgebrauch das Gesamtgebilde als solches so bezeichnet wird. Ob nun diese Zusammenstellung aus der deutschen Stadt Hamburg oder der amerikanischen Stadt Hamburg bei Buffalo (US-Bundesstaat New York) benannt worden oder vielleicht doch aus „ham“ und „burg“ entstanden ist – wen interessiert’s! Hauptsache es schmeckt! Und dass es offenbar schmeckt, zeigen die nahezu konstant bleibenden Umsatzzahlen der beiden Platzhirsche am Markt. Dafür sind aber auch die unterschiedlichsten Marketing-Massnahmen verantwortlich, wie etwa der Veggie- oder vegane Burger. McD ist ohnedies immer wieder sehr kreativ, um auf sich aufmerksam zu machen. So etwa am 19. April 2011, dem “National Hiring Day” in den Vereinigten Staaten! Ronald M… stellte an diesem einen Tag nicht weniger als 50.000 neue Mitarbeiter ein. Eine Massnahme, die erforderlich wurde, da immer mehr seiner Filialen auch in der Nacht geöffnet haben! Ein durchaus gut gewählter PR-Gag, schliesslich beteiligen sich alle 14.000 Standorte an der Aktion und es werden nicht nur Vollzeit-Arbeitskräfte sondern auch Aushilfen einge-stellt, die nur stundenweise zur Verfügung stehen. Somit also als “relativ” anzusehen! Dadurch versuche die Fast-Food-Kette ihren Ruf als schlechter Arbeitgeber (wie vor 25 Jahren durch Günter Wallraff an’s Licht gebracht) loszuwerden, meinten Marketing-Profis. Seither habe sich nicht wirklich viel geändert: Schlechte Bezahlung, Schufterei in der Küche, rüder Umgangston, Aushilfsjob für Studenten – dies prangerte der Auf-deckungsjournalist damals an. Die Konzernzentrale in München wies dies 2011 zurück: 45 % der in Deutschland tätigen Arbeitskräfte waren Vollzeitangestellte (Gesamt-Zahlen für heute: Deutschland 65.000 Ange-stellte, Österreich 9.600, Schweiz 7.900 – Zahlen: McDonalds)!

Auch wenn Fastfood zumeist auf diese Burger beschränkt wird, so hat alsdann so mancher glühender Verehrer der Slow Food schon mal zu dem einen oder anderen Produkt aus dem “schnellen Bereich” gegriffen, ohne dies zu registrieren. Tatsächlich nämlich versteht man unter “Fast Food” all jenes, das möglichst rasch zubereitet oder als bereits fertige Speise über den Tresen (österr.: “Die Budel!”) gereicht und sofort verzehrt wird. Somit gehört die Berliner Currywurst oder die Wiener Eitrige hier ebenso hinzu wie das französische Baguette, die italienische Pizza oder der türkische Döner. Fast Food gibt es also in jedem kulinarischen Kultur-kreis. Ja – ich möchte sogar behaupten, dass auch der fix und fertige Salat aus dem Supermarkt die Voraussetzung erfüllt, in diesen immer wieder als ungesund abwertend bezeichneten Wortbereich des Fast Food aufgenommen zu werden! Doch diese meine Meinung wird die Ernährungsexperten auf die Barrikaden treiben, da hierdurch ein Feindbild aufgeweicht wird. Apropos Feindbild – für alle Gegner des Neu-Deutschen werde ich auch von “Schnellimbiss” reden – das trifft meines Erachtens ohnedies den Nagel besser auf den Kopf.

Bereits unsere Grossväter haben auf diese Form der Nahrungsaufnahme zurückgegriffen, wenn mal keine Zeit war, um ausgiebig zu dinieren. Trotzdem sind die meisten Eltern dagegen, dass sich ihre Kinder auf diese Art ernähren. Dies hat zwei Meinungen zum Hintergrund: Solche Schnellimbisse sind arm an Nährstoffen dafür aber reich an Salz und Fett – somit auch nicht gesund, da etwa Ballaststoffe oder Vitamine fehlen! Dies mag für so manches dieser Produkte stimmen, doch wird die Fleischscheibe eines solchen Burgers im Deutschen Lebensmittelbuch definiert als “grob entsehntes Rindfleisch mit gegebenenfalls Salz und Gewürzen” – ansonsten nichts mehr. Hinzu kommen dann die unter-schiedlichsten Beilagen – so etwa auch Salat oder Tomaten. Auch sehr viele Tomatenhasser wurden bereits im einen oder anderen Burger-Restaurant beim leidenschaftlichen Verzehr dieser Weichbrötchen ertappt. Ich möchte damit nicht behaupten, dass ebensolche gesund sind! Dies etwa wurde durch den Selbsttest “Super Size me” des US-Amerikaners Morgan Spurlock aufgezeigt. Er hat sich 30 Tage lang nur über die Speisekarte des grössten Burger-Verkäufers ernährt. Bereits nach kurzer Zeit zeigte die Ernährungsstudie erste Auswirkungen – nicht unbedingt die positivsten. Spurlock wollte damit auf den miserablen Zustand der Schulkantinen und dem mangelnden Verantwortungs-bewusstsein der Konzerne aufmerksam machen. Die Dokumentation wurde mehrfach ausgezeichnet.

Tja – auch ich muss zugeben, dass ich einmal pro Jahr diesen für die meisten Jugendlichen “anbetungswürdigen Ort der kulinarischen Einkehr” aufsuche – danach wird mir stets bewusst, weshalb ich dies nur einmal im Jahr mache. Zudem naht der Hunger nach dem ersten Burger sehr rasch erneut wie zuvor! Lassen Sie uns doch mal in medias res gehen und einen Vergleich anstellen:

1g Eiweiß = 4 kcal

1g Kohlenhydrate = 4 kcal

1g Fett = 9 kcal

1g Alkohol = 7 kcal

100 g Apfel haben 50 kcal, 11,0 g Kohlenhydrate, 0,4 g Fett und 0,3 g Protein

100 g Bambussprossen haben 17 kcal, 0,9 g Kohlenhydrate, 0,3 g Fett und 2,6 g Protein

100 ml Bier haben 41 kcal, 3,1 g Kohlenhydrate, 0,0 g Fett und 0,5 g Protein

100 g Bratwurst haben 286 kcal, 0,3 g Kohlenhydrate, 24,9 g Fett und 13,1 g Protein

100 g Eisbergsalat haben 13 kcal, 1,7 g Kohlenhydrate, 0,2 g Fett und 1,0 g Protein

100 g Rindfleisch haben 219 kcal, 0,0 g Kohlenhydrate, 11,3 g Fett und 27,8 g Protein

100 g Schweinefleisch haben 216 kcal, 0,0 g Kohlenhydrate, 11,5 g Fett und 26,8 g Protein

Sicherlich sollte dies nicht einzeln betrachtet werden. Hinzu kommen die Zutaten wie Senf, Ketchup, Pommes, Cola,… Begeisterte Kopfrechner werden ihre hellste Freude bei der Kalorienberechnung eines solchen Besuches bei Ronald oder beim King haben!!! Gleiches gilt selbst-verständlich auch für die Würstelbude von nebenan oder dem Pizzamann um die Ecke, der gerne nach Hause liefert! Eine 2005 durch US-amerikanische Wissenschaftler veröffentliche Langzeitstudie (Beo-bachtungszeitraum: 15 Jahre) zeigt auf, dass der ständige Konsum solcher Produkte einerseits für Übergewicht sorgt, andererseits auch Diabetes Typ-2 begünstigt. Es kann sogar zu einer Art Heisshunger nach kalorienreichem Essen kommen – möglicherweise durch das Hormon Ghrelin ausgelöst!

Parallel dazu allerdings macht Fast Food alsdann ungeduldig. Ich gehe zu all diesen Restaurants und Ständen, da ich weiss, dass das Essen binnen Sekunden vor mir steht. Dieser Meinung ist auch der kanadische Psycho-loge Sanford DeVoe von der University of Toronto, der gemeinsam mit Chen-Bo Zhong (Rotman School of Management) die Studie “You are how you eat: Fast Food and Impatience” in dem Fachmagazin “Psychological Science” veröffentlichte. Ergebnis: Durch den ständigen Besuch solcher Schnellimbisse werden wir ungeduldiger, da wir ständig an die Einsparmöglichkeiten in Sachen Zeit erinnert werden (Zeiteffizienz). Die Fast-Food-Probanden-Gruppe in dieser Untersuchung hatte zwar schneller gelesen, war allerdings wesentlich ungeduldiger als ihre Kollegen von der Kontrollgruppe und hatte einen grösseren Belohnungs-bedarf!

Ob nun der schnelle Imbiss Auswirkungen auf die Intelligenz hat oder nicht, das möchte ich hier und heute unbeantwortet lassen. Doch zeigten andere Studien, dass Fast Food und Softdrinks Kinder glücklicher machen. Somit lässt sich auch der Andrang der Kinder und Jugendlichen bei diesen Burger-Farmen erklären – sie sind hip, cool und gehören dazu. Eltern, die versuchen, ihren Nachwuchs auf andere Art und Weise glücklich zu machen, brauchen verflucht viel Fantasie und Möglichkeiten, betonen etwa Rodolfo Nayga (University of Arkansas) und Hung-Hao Chang (Universität von Taiwan) unisono (Journal of Happiness Studies).

Und übrigens macht dieser Schnellimbiss auch reich! So hat beispiels-weise der grösste Burger-Anbieter mit dem Mc in seinem Namen im Jahr 2022 alleine in Deutschland 4,2 Mrd. Euro Umsatz erzielt (im Corona-Jahr 2021 waren es 3,5 Mrd.). Fast Food ist somit nahezu krisensicher! (Gesamtumsatz Fastfood 2022 in Deutschland nach Angaben des Bundesverbands für Systemgastronomie: 28 Mrd. Euro). In Österreich erwirtschaftete der Mc-Tempel 225 Mio netto, in der Schweiz werden de Umsatzzahlen seit 2019 nicht mehr bekanntgegeben – damals waren es 761 Mio CHF.

Dass den Kreativen die Ideen ausgehen, kann insofern keineswegs behauptet werden. Neben Kindergeburtstagen mit Betreuung werden inzwischen auch Hochzeiten angeboten!!!

Nette Anekdote zum Schluss: US-Bürger gehen gerne auch in Europa in die Filialen von US-amerikanischen Fastfood-Ketten. Nicht nur, da sie es von zuhause gewohnt sind, sondern auch deshalb, da die Burger weniger fett und die Restaurants hierzulande wesentlich sauberer als jenseits des grossen Teiches sind. Die hiesigen Hygiene-Skandale haben sie zumeist nicht mitbekommen!

Damit nicht auch ich dem Nehammer’schen Fehler verfalle und unbe-zahlterweise Werbung für den einen oder anderen Anbieter mache bzw. diesen Blog als Werbung kennzeichnen muss, verzichte ich an dieser Stelle auf Links und Buchtipps!!!

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