Azolla – Die Rettung unseres Planeten???
Im Kampf gegen die Erderwärmung schreitet so mancher Erfinder auf durchaus abstrusen Wegen. Ist aber auch kein Wunder: Der Mensch ist offenbar dermaßen verblödet, sodass er mit wehenden Fahnen in die Selbstzerstörung schreitet. Versuchen einige wenige tatsächlich ihren CO2-Fussabdruck so niedrig wie möglich zu halten, so machen dies die Umweltsünder wieder rückgängig – mit links. Eine Massnahme, eine Idee, ein Konstrukt – vollkommen gleichgültig was – das gegen den Klima-wandel eingesetzt werden kann, ist somit Gold wert!
So hat ein 15-jähriger Gymnasiast aus Petershausen, einer Gemeinde rund 36 km von München entfernt, im Garten ein Versuchsbecken angelegt. Dieses befüllte er mit Regenwasser und pflanzte dort Schwimmfarn an. Auf die Idee kam Benjamin Sedlmair bei der Recherche für ein Physikreferat. So mancher würde den Teenie als verrückt erklären, doch liegt er völlig richtig: Schwimmfarn könnte die Lösung unserer von Menschenhand verursachten Klimazerstörung sein. Das bescheinigt auch die Freie Universität Berlin auf wissenschaftlicher Basis. Dazu mehr etwas später!
„Geforscht wird genug, wir müssen endlich ins Machen kommen!“
(Benjamin Sedlmair)
Sedlmair las bei seinen Recherchen von einem Wunder der Natur, das unseren Planeten vor 49 Mio Jahren schon einmal gerettet hat und als das „Azolla-Ereignis“ in die Erdgeschichte einging. Damals war der Treib-haus-Effekt durch eine unheimlich grosse CO2-Konzentration in der Atmosphäre gigantisch. Das resultierte aus dem extremen Vulkanismus aufgrund des Auftreffens der Indischen auf die Eurasische Kontinental-platte und der Auffaltung des Himalayas. Dann nahm der Schwimmfarn seine Arbeit auf und machte die Erde wieder bewohnbar. Er überwucherte grosse Teile der arktischen Wasserfläche, nahm so viel Kohlendioxid auf, dass die Temperaturen sanken und das Klima in die „normalen“ Verhält-nisse des derzeitigen Eiszeitalters überging. Selbstverständlich geschah dies nicht von einem Tag auf den anderen sondern dauerte etwa 800.000 Jahre (Unteres Eozän bzw. Beginn des Oligozän). Höchste Zeit also, damit anzufangen.
Was aber hat es mit diesem Schwimmfarn auf sich? „Azolla filiculoides“ (so die lateinische Bezeichnung) gedeiht in stehenden oder langsam fliessenden Gewässern. Der deutsche Namen ist durchaus korrekt: Die Pflanze schwimmt im Wasser. Bei günstigen Bedingungen überwuchert die Wasserpflanze sehr rasch die Wasseroberfläche. Was bei Algen zu einem Problem wird, hat beim Schwimmfarn durchaus seine Vorteile. Pro Jahr und Hektar entzieht die Pflanze der Atmosphäre rund 2,5 Tonnen Stickstoff und 15 Tonnen CO2. Das kann kein Wald! Die Pflanze gedeiht am besten bei Temperaturen von rund 25 Grad Celsius, weshalb sie vornehmlich in tropischen und suptropischen Erdregionen angesiedelt ist. Doch überlebt sie durchaus auch zwischen 0 und 30 Grad. In manchen Ländern dient Azolla zudem als proteinreiche Futterpflanze.
Die Freie Universität Berlin nahm sich dieser Sache an und forscht seither auf wissenschaftlicher Ebene an diesem speziellen Farn. Nachdem damals die Pflanzen abgestorben waren, sanken sie auf den Grund der Gewässer und wurden dort sedimentiert. Bodenbohrungen v.a. im Arktischen Becken beweisen dies perfekt. Dort stiessen die Wissenschaftler auf eine rund acht Meter starke Schicht, in der sich kieselhaltige Sedimente mit Azolla-Schichten abwechseln. International vernetzen sich die Interessierten und Experten in der Azolla-Foundation, einer Plattform mit dem Zweck des Wissensaustausches.
Sedlmair hat für eine grössere Versuchsanordnung einen trocken-gefallenen Teich vom Besitzer zur Verfügung gestellt bekommen, der in zweierlei Hinsicht an diesem Experiment interessiert ist: Einerseits natürlich als Vorreiter vorangehen zu können und andererseits Bio-Futter für seine Hühner bekommen zu können. Sollte der Versuch gelingen, könnten in allen geeigneten Regionen dieser Welt künstliche Becken angelegt werden und damit dem Klimawandel auf natürliche und unge-fährliche Art und Weise entgegengetreten werden. Alle anderen Maß-nahmen wie etwa die Speicherung von CO2 in unterirdischen Lagern („Carbon Capture and Storage“) bergen noch unzählige Risken und Gefahren.
Wie aber funktioniert das Ganze? Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel werden für die Proteinbiosynthese, also dem Aufbau von Proteinen aus Aminosäuren, gebraucht. Dies wiederum ist wichtig für die rasche Vermehrung – innerhalb von nur zwei bis drei Tagen verdoppelt nahezu das Schwimmfarn seine Biomasse.
Wie aber überlebt nun diese Pflanze im Salzwasser? Der Arktische Ozean war im Eozän fast eigenständig und isoliert von den anderen Ozeanen – das Wasser wurde also nicht durchmischt – beispielsweise durch Tiefenströmungen oder Strome (ähnlich wie beim Schwarzen Meer). Durch die starke Verdunstung, die ebenso starken Regenfälle in dieser Region und die Einmündung zahlreicher Flüsse schwamm auf dem Salzwasser eine wenige Zentimeter dicke Schicht von Süsswasser („nepheloide Schicht“), da es eine niedrigere Dichte als das Salzwasser aufwies. Somit waren ausgezeichnete Bedingungen für die Azolla vorhanden, das durch die Flüsse in das Arktische Meer gespült wurde. Und die erledigte ihre Arbeit vorbildhaft. Der CO2-Gehalt in der Luft verringerte sich rapide, es kam zu einer Abkühlung der Meere und der Bildung des Antarktis-Eisschildes.
Auch die Niederlanden forschen intensiv über die Azolla. Allerdings aus einem anderen Grund: Sedimentierte Biomasse wird unter Abschluss und Druck zu Erdöl bzw. -gas.
Sollte Sedlmair also tatsächlich auf die Lösung des Gordischen Knotens „Klimawandel“ gestossen sein? Es wäre ihm zu wünschen – auch der damit einhergehende Reichtum. Schliesslich packt hier ein Jugendlicher selbst an, ohne nur auf die Missstände hinzuweisen, indem er sich auf die Strasse klebt. Und viel mehr freuen würde es mich, wenn ein Gymnasiast den Grossen dieser Welt vorgibt, wie es tatsächlich zu schaffen wäre!
Lesetipps:
.) Azolla & Cyanobacteria Nutrient Biomass; Debjani Halder/Shymal Kheroar; LAP Lambert Academy Publishing 2014
.) Azolla as a feed ingredient; Befikadu Zewdie; VDM Verlag Dr. Müller 2011
.) Azolla: Amazing Aquatic Fern; Waseem Raja; LAP Lambert Academy Publishing 2014
.) Azolla: an invasive fern in wetlands (Iran); Roghayeh Sadeghi; LAP Lambert Acaqdemy Piublishing 2016
.) Azolla: A Biofertilizer and Waste disposer; Kunja Satapathy/Pradeep Chand; VDM Verlag Dr. Müller 2010
Links:
- flora.nhm-wien.ac.at
- www.neobiota.info
- www.i-flora.com
- botanik-bochum.de
- identify.plantnet.org/de
- www.gbif.org