Archive for März, 2023

The Cleaners – So viel Schmutz

†Im Jahre 2018 ist im Kino eine Doku angelaufen (inzwischen auch auf DVD bzw. in den Mediatheken ernst zu nehmender TV-Sender zu finden – dem WDR etwa), die durchaus empfehlenswert wäre, mal wieder die Pop-corntüte auszupacken – sofern dieses Ihnen nicht im Rachen stecken bleibt: „The Cleaners“ berichtet über jene mehr als 100.000 Menschen, die das Internet und v.a. die Social Media wie Facebook, Twitter und Instagram, aber auch die unzähligen Apps säubern. Doch nicht den Staub oder das Nicht-mehr-Gebrauchte mit dem üblichen Reinemachen, sondern vielmehr von Hass, Schmutz, Pornos, Pädophilie, Tierquälerei und vieles andere mehr. Eigentlich tragisch, dass eine derartige Kontrolle im WWW nötig ist, doch befinden sich viel mehr moralisch nicht mehr vertretbare Asoziale auf den Datenhighways rund um den Globus als man annehmen könnte. Idioten, deren Grosseltern sich sofort von Facebook abmelden würden, wenn sie die Bilder oder Videos ihrer eigenen Enkel sehen oder das lesen, was diese schreiben („Grandma-Problem“).

Bezahlt werden sie von den großen Platzhirschen der digitalen Welt – mit einem Minilohn von sage und schreibe rund 312,- US-Dollar/Monat. Deshalb agieren sie auch in Billiglohnländern wie den Philippinen. Doch kann dieser Gehalt, dieses wenige an Geld niemals das rechtfertigen, was sie tagtäglich zu sehen bekommen. Der kritische Punkt soll nach Aussage der Betroffenen irgendwann zwischen dem dritten und fünften Monat kommen. Deshalb macht diesen Job auch niemand sehr lange, außer er verliert jegliches Gefühl von Moral: Albträume, Phobien, Verfolgungswahn – posttraumatische Belastungsstörungen sind nur einige wenige der psychischen Konsequenzen, mit welchen diese Menschen leben müssen. Vergewaltigungen, Ermordungen, Folterungen, grauenvolle Unfälle – es ist der pure Wahnsinn, was von manchen Usern in’s Netz gestellt wird. Und die meisten sind sogar noch stolz darauf!!! Die sog. „Klick-Arbeiter“ (Formulierung aus einer Anhörung in Washington) entscheiden im Akkord, ob Videos, Bilder oder Texte zumutbar sind oder gelöscht werden müssen. Schliesslich ist die Macht des Internets nicht zu unter-schätzen. Der Arabische Frühling und damit der Sturz vieler Machthaber fand vornehmlich über die Social Medias wie YouTube, Twitter und Face-book statt. In Myanmar führten Fake-News und Hasspostings zu einem sehr blutigen Pogrom, in dem viele Menschen ihr Leben lassen mussten. Amokläufer stellen ihre Tat live ins Netz. US-Präsident Donald Trump twitterte täglich seine Entscheidungen – in Personalrochaden sogar noch bevor es der Entsprechende selbst weiss. Autokraten, wie auch der türkische Staatschef Erdogan oder der chinesische Staatschef Xi Jinping, blockieren immer wieder Plattformen. Die digitale Welt hat schon längst eine zweite Realität aufgebaut, in der niemand mehr wirklich zwischen Wahrheit und Unwahrheit unterscheiden kann.

Die sog. „Content-Moderatoren“ tragen das Ihre dazu bei, die Daten-Autobahnen von all dem Schmutz und Exkrementen der Gesellschaft zu säubern. Ein Zehn-Stunden-Job, der bis auf die Knochen geht. Und ja: Es ist ein wichtiger Job! Schliesslich soll Perversen nicht die Möglichkeit gegeben werden, Millionen nicht-perverser Menschen anzusprechen. Allerdings auch ein sehr umstrittener Job! Liegt doch nicht alles wirklich und eindeutig auf dem Tisch, damit man es wegwischen kann. Wird das Posting eines chinesischen Polit-Aktivisten gelöscht, so ist dies ganz eindeutig Meinungsbeeinflussung. Weisen etwa Umweltorganisationen mittels Schockvideos darauf hin, wie nahe unsere Erde wirklich am Abgrund steht, indem sie ölverschmierte See-Vögel, gequälte Tiere aus Tiertransportern oder Insekten im Todeskampf zeigen – wenn derartiges gelöscht wird, ist das Zensur. Niemand kann dann noch aufstehen und sagen: „Es reicht!“, da die Information hierzu fehlt. Einseitige Bericht-erstattung – ein Gräuel für jeden verantwortungsvollen Journalisten. Deshalb gehört es zur wichtigsten Aufgabe dieser Branche, zu entscheiden, wie etwas geschrieben bzw. weitergegeben wird, mutiert doch die einfache Information als Basis für die Meinungsbildung sehr rasch zur Meinungsbeeinflussung. Im schlimmsten Fall kann das Auf-decken so manchen Missstandes einem breiten Publikum nicht mehr nahe gebracht werden. Das war niemals im Interesse der Erfinder des Internets. So mancher dieser Content-Moderatoren hat schon nach kurzer Zeit verständlicherweise das Fingerspitzengefühl für diese Gratwanderung verloren. Und so kommt es immer wieder vor, dass hoch-gelobte Werke aus dem Bereich der darstellenden Kunst plötzlich nicht mehr auf Face-book und Co zu sehen sind, da primäre Geschlechtsteile darauf abge-bildet wurden. Die Welt wäre um viele grossartiger Kunstwerke auch von da Vinci, Renoir oder Picasso, über deren Stellenwert in der Kunst wohl nicht diskutiert werden muss, ärmer, hätten sie nicht auch die weibliche Brustwarze darstellen dürfen. In den Social Medias werden diese sofort gelöscht. Obwohl sie für uns alle als Säugling eine lebenswichtige Bedeutung hatte.

Wer entscheidet, wann beispielsweise die Satire das Spielfeld verlassen hat und nurmehr beleidigt? Auch der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit in den Jahren 2014-2020, David Kaye, warnte vor einem solchen Szenario. Etwa (ganz aktuell) wenn Aufnahmen aus Kriegs-gebieten gelöscht werden, die nachweisen könnten, dass es zu Gräuel-taten gekommen ist, dass die abgestrittenen Luftschläge doch statt-fanden, dass verbotenes Giftgas eingesetzt wurde … Nur rund 3 % der Fälle werden von den Vorgesetzten der Minimallöhner entschieden.

Nicht, dass Sie mich nun falsch verstehen: Auch ich bin der Meinung, dass vieles keine Daseinsberechtigung als Bit oder Byte hat und weg sollte. Eine Frage der Ethik und Moral. Und genau über diese sehr wichtigen Werte entscheiden unterbezahlte, traumatisierte Menschen meist ohne Ausbildung. Na ja, höre ich da schon die ersten sagen: Eine Enthauptung oder eine Bombenexplosion mit Opfern, denen die Gliedmaßen abgerissen wurden, das kann wohl jeder erkennen und löschen. Versetzen Sie sich mal bitte in die Lage dieser bedauernswerter Reinemacher. Sie sitzen täglich zehn Stunden in einem Grossraumbüro und starren unentwegt auf den Monitor. Dabei sehen Sie das Grauen-vollste unserer Zivilisation. Zumeist schlimmer, als es die Traumfabrik Hollywood in ihren Horrorfilmen darstellen darf. Delete oder Ignore! Ehrlich? Ich würde bereits nach spätestens einer Stunde das Handtuch werfen und mich an den Schöffel-Werbespot halten: „Ich bin raus!“ Vor allem wenn der erste Kinderporno ansteht!

In der Doku ist u.a. ein Mann zu sehen, der meint, dass er über 100 Enthauptungen islamistischer Extremisten habe sehen müssen. Er könne inzwischen sogar sagen, ob das Schwert scharf oder stumpf war. Wenn nun viele Jugendliche als sog. „Gaming-Opfer“ zu Amokläufern werden: Was hält dann diese Menschen davon ab, nachts massakrierend durch die Strassen Manilas zu laufen? Schlimmer, als das was sie jeden Tag sehen, wird’s schon nicht werden.

Ich denke mir, Sie werden verstehen, weshalb ich nun keine Beispiele bringen werde. Mit einer Ausnahme: Hasspostings! Auf dieses Thema werde ich im Folgenden etwas genauer eingehen. Unter „Hate Speech“ oder „Hassposting“ versteht man, wenn ein Mensch absichtlich mit Worten oder nachbearbeiteten Bildern angegriffen oder abgewertet wird. Derartige Postings sind zumeist rassistisch, sexistisch oder antisemitisch. Sie betreffen Menschen anderer Hautfarbe, anderer Religion, anderer sexueller Ausrichtung usw. Dabei reicht es beispielsweise bereits, wenn jemand die Aussage tätigt, dass z.B. „alle dieser Hautfarbe abartig sind“! Kommt dann vielleicht noch eine Verschwörungstheorie hinzu, wie z.B. „alle Mitglieder dieser religiösen Vereinigung werden 2020 die Welt-herrschaft übernehmen“, ist die Sache komplett. Dabei sass der Betreffende vielleicht etwas angetrunken des nächtens am PC – im nüchternen Zustand hätte er das wohl nicht verfasst. Oder doch? Völlig egal ob nüchtern, betrunken oder eingeraucht – gibt es in dem entsprechenden Staat kein passendes Gesetz für Hasspostings, so werden in den meisten Fällen Straftatbestände erfüllt:

– üble Nachrede

– gefährliche Drohung

– Cyber-Mobbing

– Verhetzung

– Wiederbetätigung …

Hasspostings sind kein Spass! Damit Trittbrettfahrer nicht aufspringen und es nachmachen, muss dagegen vorgegangen werden, da auch in der zivilisierten Welt Zustände wie in Myanmar durchaus möglich sind. Die schon längst nicht mehr den ursprünglichen Zielen folgenden Demonstrationen der Gelbjacken damals und der Rentenkritiker heute in Frankreich werden wohl zum grössten Teil via Internet organisiert und angefeuert. Oder die Demonstrationen von Rechtsradikalen in den unterschiedlichsten Städten.

Jeder kann gegen derartige Hasspostings vorgehen:

Zuallererst ist es wichtig, Beweise zu sichern. Dazu sollte ein Screenshot angefertigt und abgespeichert werden. Nun kann der Betroffene gemeldet und blockiert werden. Ist man selbst Opfer solcher Postings, kann mit den Screenshots auch Anzeige bei der Polizei erstattet werden. In anderen Fällen geht es um die Parteienstellung, soll heissen, dass nicht jeder etwa eine bösartige Beleidigung gegenüber eines anderen anzeigen kann. Das könnte zu einer abgewiesenen Klage oder Einstellung des Verfahrens führen, obgleich vielleicht eindeutige Beweise vorliegen. Bei der Wiederbetätigung oder Gewaltverbrechen hingegen ist es möglich! Aber nur mit Beweisen!!! Ob ein Gegenargument sinnvoll ist oder nicht, muss jeder selbst entscheiden. Wenn ja, sollte dies auf alle Fälle auf einer sachlichen Ebene erfolgen. Wichtig ist zudem, dass nicht alles im Internet für bare Münze genommen werden sollte. So würde ich inzwischen jede Aussage des vorhin bereits angesprochenen Ex-US-Präsidenten zuerst auf seinen Wahrheitsgehalt hin überprüfen („Was geschah letzte Nacht in Schweden?“, „In Finnland gibt es keinen Waldbrand, weil der Waldboden sauber und aufgeräumt ist!“ …). Er toppt sich nahezu täglich mit Fake-News!

Mark Zuckerberg, der Erfinder von Facebook, behauptete einst, dass Netzwerke wie das seine eine bessere Welt schaffen würden. Mag sein, aber: Hat er dabei das Schlechte dieser Welt unterschätzt???

Filmtipp:

.) The Cleaners; Drehbuch und Regie: Hans Block, Moritz Riesewieck; Gebrüder Beete Filmproduktion 2018

Lesetipps:

.) Digitale Öffentlichkeit: Neue Wege zum ethischen Konsens; Christian Kolbe; Berlin University Press 2008

.) Cybercrime und Strafrecht in der Informations- und Kommunikations-technik: Cybercrime und IuK-Strafrecht; Dieter Kochheim; C.H. Beck 2018

.) Recht und Ethik im Internet / Law and Ethics on the Internet; Hrsg.: Joachim Hruschka/Jan C. Joerden; Duncker & Humblot 2018

.) Straftaten in virtuellen Welten: Eine materialrechtliche Untersuchung; Sebastian Bosch; Duncker & Humboldt 2018

.) Internetkriminalität: Phänomene-Ermittlungshilfen-Prävention; Michael Büchel/Peter Hirsch; Kriminalistik 2014

.) Die Cyber-Profis: Lassen Sie Ihre Identität nicht unbeaufsichtigt; Cem Karakaya/Tina Groll; Ariston 2018

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Vorsicht: Hantavirus!!!

†Der Frühling schickt seine ersten Vorboten – zwar noch etwas zaghaft – dennoch! Das Frühjahr ist bei vielen auch der Beginn der Gartensaison und des Ausmistens. Das kann jedoch in Gartenlauben oder auch Garagen gefährlich werden.

Mit den ersten Minusgraden haben sich viele Tiere in die wärmeren Häuser oder zumindest schützenden Garagen und Hütten geflüchtet, obgleich sie dort eigentlich nicht wirklich gern gesehen werden: Insekten, Mäuse und Ratten. Bevor sie sich vermehren und zur Plage werden, sollten Massnahmen eingeleitet werden. Vor allem, da sie auch schwere Infektionskrankheiten übertragen können. So geschehen bei der Polizei in Göppingen-Holzheim, wo sich im Jahr 2019 drei Bereitschaftspolizisten mit dem gefährlichen Hantavirus angesteckt haben. Der Grund: Die Rötel- oder auch Waldwühlmaus und die Brandmaus! Diese Nagetiere haben es sich im Keller des Gebäudes bzw. im angrenzenden Park gemütlich gemacht, hinterliessen dort ihren Kot und kontaminierten mit dem darin enthaltenen Hantavirus die Körperschutzausrüstung der Polizisten. Alle drei Patienten mussten stationär mit Lungen- und Nieren-problemen im Krankenhaus aufgenommen werden. Im selben Jahr wurde zudem im bayerischen Landkreis Freyung-Grafenau Hantavirus-Alarm gegeben.

Gab es im vergangenen Jahr gottlob nur wenige Erkrankungen, so erschreckte das Pandemie-Jahr 2021 mit sehr hohen Fallzahlen. Etwa 132 im Stadtkreis Stuttgart, 194 im Landkreis Reutlingen oder 95 im Land-kreis Böblingen. Auch für heuer wurden bereits vereinzelte Infektionen gemeldet: Stadtkreis Aschaffenburg, Landkreis Cloppenburg , Landkreis Freyung-Grafenau, Landkreis Göttingen, Landkreis Vorpommern-Greifs-wald, Landkreis Osnabrück, Landkreis Schweinfurt, Landkreis Segeberg, Landkreis Weesterwaldkreis – also nahezu aus dem ganzen Bundesgebiet. Mehr über die weiteren Risikogebiete erfahren Sie auf den Seiten des Robert-Koch-Institutes!

In Österreich gab es im vergangenen Jahr 24 gemeldete Infektionen mit Krankenhausaufenthalten, mit 17 die meisten in der Steiermark. Auch hier der Vergleich zum Pandemiejahr 2021: 233 gesamt (davon 191 in der Steiermark) (Zahlen: Gesundheitsstatistik des Sozialministeriums). Keine Meldungen erfolgten in der Schweiz im Jahr 2022, im Jahr davor 6 (Zahlen: Bundesamt für Gesundheit). Für beide Alpenländer liegen derzeit noch keine aktuellen Angaben vor.

Der Name „Hantavirus“ geht auf den ersten grossen Ausbruch am Grenz–fluss Hantaan während des Koreakrieges zurück – dort erkrankten in den Jahren 1950-53 mehr als 3.000 Soldaten schwer an der Infektions-krankheit.

Mäuse tummeln sich bevorzugt im Garten, in Kellern und Garagen bzw. in Schuppen. Hier ist die Ansteckungsgefahr für den Menschen am grössten, wenn dort Reinemachen angesagt ist. Das war etwa während der Pandemie in nahezu jedem Haus bzw. Garten der Fall. Die Mäuse müssen nicht selbst erkranken – sie können auch nur als Überträger fungieren („Reservoirwirte“). Durch Speichel, Kot oder Urin der Nagetiere gelangt dieses Virus nach aussen. Besonders heimtückisch: Infektionsgefahr besteht bei Lebensmitteln und v.a. Staub! Gelangt dieser in eine offene Wunde oder über den Atmungstrakt in die Lunge, so ist eine Infektion so gut wie sicher. Der Hantavirus ist im getrockneten Zustand einige Tage lang ansteckend. Gleiches gilt zudem bei einem Mäusebiss! Ein erhöhtes Infektionsrisiko haben etwa Förster, Jäger, Gartenarbeiter und Bau-arbeiter. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist bislang nicht bekannt.

Die Inkubationszeit beläuft sich auf zwei bis fünf Wochen. Die ersten Symptome zeigen sich im Schnitt nach 2 Wochen – je nach Virustyp unterschiedlich stark. Es beginnt mit plötzlichem, hohen Fieber, das sich rund 3-4 Tage hält. Hinzu kommen die bekannten grippeähnlichen Erscheinungsformen wie Schmerzen im Kopf, den Gliedmaßen und Muskeln, begleitet von Husten und/oder Sehstörungen sowie einer Rachenentzündung. Nach einigen Tagen folgen Beschwerden bei der Verdauung mit Bauchschmerzen, Durchfall und Erbrechen („gastro-­ in­ tes­ tinale Beschwerden“). Schliesslich spielt die Niere verrückt – es droht sogar ein Nierenversagen. Treten Blutungen auf, so kann die Erkrankung tödlich enden. Deshalb ist es wichtig, bei Verdachtsmomenten sofort den Arzt aufzusuchen, da eine Diagnose nur durch eine Blutuntersuchung gemacht werden kann. Die Erkrankung ist medikamentös relativ einfach zu behandeln – Spätfolgen sollten keine zurückbleiben. Der Infizierte ist nicht ansteckend!

Das Hantavirus tritt weltweit in unterschiedlichen Variationen auf. So etwa als Hantaan-, Puumala-, Dobrava-Belgrad-, Seoul-, Sin-Nombre- und Andesvirus. Hierzulande ist es v.a. das Puuma­ la­ virus (PUUV) und das Dobrava-Belgrad-Virus (DOBV). Besonders gefährlich ist beispielsweise der amerikanische Ableger – in Südamerika verlaufen rund 50 % der Hantavirus-Infektionen tödlich! Das Infektionsrisiko ist in den Sommer-monaten (zwischen April und September) am größten. Eine Hantavirus-Erkrankung ist meldepflichtig – in Deutschland beim Robert-Koch-Institut, in Österreich bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in der Schweiz bei der BAG bzw. den Kantonsärzten.

Die Waldwühlmaus ist – wie der Name schon sagt – vornehmlich im Wald anzutreffen. Sie bevorzugt Buchen- aber auch Mischwälder und ist immer wieder auch in waldnahen Gärten zu finden. Deshalb ist bei Garten-arbeiten vor allem aber bei Reinigungsarbeiten von Gartenlauben oder Schuppen besondere Vorsicht geboten. Hier einige Tipps:

– Tragen Sie Schutzkleidung (Overall, Gummistiefel, Einmal-Handschuhe, Schutzmaske)

– Lüften Sie die Räume gut vor Beginn der Arbeiten

– Wirbeln Sie keinen Staub auf – befeuchten Sie die Flächen zuvor

– Mäusekot bzw. tote Mäuse mit Desinfektionsmittel besprühen, in einer Kunststofftüte gut verschliessen und in den Restmüll geben

– Derartige Stellen schliesslich ebenfalls mit Desinfektionsmittel oder Alkohol desinfizieren

Ansonsten gilt grundsätzlich:

– Nach dem Aufenthalt im Freien, in Dachböden, Kellern oder Schuppen sollten immer die Hände gewaschen werden

– Verwenden Sie dort keine Staubsauger, da das Virus nicht im Filter bleibt, sondern durch die Abluft wieder in die Luft freigesetzt wird

– Nager haben im Haus nichts zu suchen – vermeiden Sie offene Lebensmittel, verwenden Sie Lebendfallen (die täglich kontrolliert werden) und benutzen Sie Einmal-Handschuhe

Weitere Tipps erhalten Sie beim Gesundheitsamt.

Lesetipps:

.) Hantaviruses; Connie Sue Schmaljohn/Stuart T. Nichol; Springer 2001

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Kulturelle Aneignung – geht’s noch???

„Privilegierte Gesellschaftsmitglieder wollen, oftmals aus einem Über-legenheitsgefühl heraus, Regeln für alle vorgeben!“

(Mag. Dr. Michael Parzer, Kultursozioologe an der Uni Wien in den Salzburger Nachrichten)

Ganz ehrlich: Als ich den Begriff „Cultural Appropriation“ erstmals entdeckte, musste ich googeln und dann lautstark lachen! Das war nun schon vor einiger Zeit – inzwischen ist es bitterer Ernst gewortden und mir nicht mehr zum Lachen.

Unter „Cultural Appropriation“ versteht der Experte die Ablehnung von Errungenschaften anderer Kulturen, die hierzulande jedoch in der Minderheit sind, durch die heimische, dominante Mehrheit. Anders aus-gedrückt: Es geht um die Reproduktion ethnischer Sterotype und Klischees, aber auch um eine Trivialisierung der Unterdrückung! Aaaah ja – na dann ist ja alles klar!

Es klingt nicht nur sehr blöde – es ist auch sehr blöde! Es gibt also tatsächlich Menschen, die sich aufregen, wenn Menschen sich beim Karnevals- oder Faschingsumzug als Indianer, Cowboy, Eskimo oder Schwarzer (selbstgewählter Begriff und damit wie etwa auch PoC politisch korrekt) verkleiden. Auch als Scheich oder Chinese sollte man sich nicht mehr verkleiden dürfen. Stadtmenschen in Lederhosen und Dirndln? Ausgeschlossen! Känguruh geht gerade mal so durch – die haben keine starke Lobby! Durch derartige Verkleidung sollen seit möglicherweise Jahrhunderten bestehende Klischees weiter unterstützt werden, meinen zumindest die Verfechter dieser „Cultural Appropriation“ – der kulturellen Aneignung. Ich halte das alles als grossen Mumpitz, verursacht von Menschen, die offenbar nichts anderes zu tun haben, als ständig andere zu kritisieren und zum Lachen in den Keller gehen. Schliesslich ist es der Traum von Millionen Kindern, als Cowboy oder Indianer an derartigen Events teilzunehmen. Heute aber heisst es, dass gerade Kinder dafür sensibilisiert werden sollen, sich nicht wie jene Menschen zu kleiden, die aufgrund ihres Aussehens diskriminiert werden!!!

Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke: Ja – auch wir waren damals davon nicht ausgenommen. Wäre uns nie in den Sinn gekommen, als Herr Müller im Blaumann oder Frau Navrotil in der Kittelschürze auszurücken. Zweiteres dürfte ich als Mann ohnedies auch nicht! Als Blackrock-Manager oder Fliessbandarbeiter, als Landwirt oder Polizist. Na ja, letzteres flackerte später dann möglicherweise kurz auf, als ein Auszug aus dem Chippendales-Programm im Fernsehen mit den vielen kreischenden Frauen gezeigt wurde.

Ich amüsierte mich damals köstlich, als Teile der SPD die Abschaffung des Knecht Ruprechts als pädagogisch nicht mehr der Zeit entsprechend forderte. Doch haben es damals die Damen und Herren tatsächlich ernst gemeint. Ebenso wie jene, die das Verbot der Märchen der Gebrüder Grimm oder jener von Wilhem Busch verlangten. Generationen von Menschen sind damit aufgewachsen – gab es bei irgend jemandem einen bleibenden seelischen Schaden? Auch diese bedienen sich der Klischees, die schon weit vor deren Veröffentlichung bestanden. Doch entstammen diese dem heimischen Kulturkreis.

Etwas anderes sind die Geschichten von Karl May. Als der Ravensburger Verlag zwei Begleitmedien zurückzog, um mögliche Diskussionen darüber zu umgehen, reagierte ich nurmehr mit Kopfschütteln – Kritik war es mir nicht mehr wert. Ravensburger begründete dies in seiner Presseaussendung folgendermassen:

„…Die Kolleg*innen diskutieren die Folgen für das künftige Programm und überarbeiten Titel für Titel unser bestehendes Sortiment. Dabei ziehen sie auch externe Fachberater zu Rate oder setzen „Sensitivity Reader“ ein, die unsere Titel kritisch auf den richtigen Umgang mit sensiblen Themen prüfen. Leider ist uns all das bei den Winnetou-Titeln nicht gelungen. Die Entscheidung, die Titel zu veröffentlichen, würden wir heute nicht mehr so treffen. Wir haben zum damaligen Zeitpunkt einen Fehler gemacht und wir können euch versichern: Wir lernen daraus!“

Auch das deutsche ZDF, das die Rechte an den Karl May-Filmen inne hatte, nahm diese aus der Mediathek zurück. Ähm – hallo? Wir haben die Bücher als Kinder verschlungen. Ich habe selbst daraus Gute-Nacht-Geschichten vorgelesen. Dass dahinter eine „koloniale Seelenlage“ (Josef Nadler, Literaturwissenschafter) stecken könnte – tut mir leid: Darauf wäre ich niemals gekommen! Ja – es stimmt, dass Karl May erst wesentlich später dort war, worüber er geschrieben hatte. Viele der Geschichten entstammen zudem jener Zeit, als er hinter schwedischen Gardinen sass und gar nicht die Möglichkeit hatte, die Richtigkeit seiner Geschichten zu recherchieren. Doch war er einer der Ersten, der sich für die Rechte der indigenen Ureinwohner Nordamerikas einsetzte. Und mal ganz ehrlich: Nahezu jedes Buch, jeder Film, jede TV-Serie ist erfunden. Vieles davon entspricht nicht im Geringsten den Tatsachen. Der im James Bond angesprochene Flughafen Bregenz, die unglaublichen Bergwände im Cliffhanger (in den Dolomiten in den Kasten gebracht) oder die wunder-bare Welt der Lebensretter am Strand von Malibu. Und auch Dr. House gibt es im wahren Leben nicht, da ein solches Spezialistenteam viel zu teuer käme. Winnetou und Old Shatterhand stellten möglicherweise ein falsches Bild des Wilden Westens dar. Wären die Massaker an Indianern durch die US-Army und die vielen weissen Bürgerwehren interessanter und der Zielgruppe entsprechend gewesen? Authentischer allemal!

Und da spricht die US-Jura-Professorin Susan Scafidi von einer

„…unerlaubten Wegnahme geistigen Eigentums, traditionellen Wissens oder kultureller Artefakte!“

Ja – es ist durchaus richtig, dass vorwiegend Weisse ethnische Minder-heiten imitieren, die nach wie vor diskriminiert werden. Wenn es ihnen dann nicht mehr passt, kehren sie wieder zurück in das weisse Dasein. Diese Möglichkeiten haben solcherart marginalisierte Gruppen jedoch nicht. Doch gibt es durchaus Menschen, die nicht nur das Aussehen übernehmen, sondern auch das komplette Lebensgefühl. Es muss ja nicht Pop-Star Madonna sein, die sich mit Henna vollpinseln lässt, um damit Aufsehen zu erregen oder die medienwirksame Konvertierung einiger Hollywood-Schauspieler zum Buddhismus, die sich dann so gar nicht nach der Religion verhalten. Doch bleiben wir bei der Musik: Blues, Soul, Funk und Jazz gehen auf die Lebensumstände und Unterdrückung der Schwarzen in Amerika zurück. Dürfen diese dann jedoch auch von US-Musikern oder ihren europäischen Kollegen gespielt werden? Ginge es nach den Kritikern, wäre die Musikszene um viele Perlen eines Gary Moore, Joe Bonamassa, Beth Hart oder Sass Jordan ärmer. Auch hier gibt es einige aufsehenerregende Fälle. So cancelte etwa die Fridays for Future- Bewegung im März 2022 ein Konzert von Ronja Maltzahn und ihrer Band bei einer ihrer Demos in Hannover, da die Musikerin aus Zuneigung und Begeisterung zu dieser Kultur Dreadlocks trägt. Die Begründung: Die Dreadlocks seien mit „dem antikolonialistischen und antirassistischen Narrativ“ der Bewegung nicht vereinbar. Oder das abgesagte Konzert des österreichischen Musikers Mario Parizek im August 2022 in Zürich, da seine Dreadlocks für „Unwohlsein von unseren Mitmenschen“ sorge. Auch der Bayer Hans Söllner dürfte somit Probleme mit seinen Auftritten haben. Reproduziert ein Dreadlock-Träger tatsäch-lich ein rassistisches und diskriminierendes System?

Interessant auch die Kunstfigur Billie Eilish: Die zuhauf mir Preisen überschüttete Sängerin entstammt einem weissen Hause aus Irland. Kritisiert wird bei ihr, dass sie vieles aus der afroamerikanischen Kultur geklaut und in ihre Musik eingebaut habe. Ist sie deshalb eine Rassistin? Mitnichten!!!

Wie ist dies mit Gesangspartien in der ernsten Musik, wenn weisse Sänger und Sängerinnen die Rolle von schwarzen übernehmen? In Verdis „Otello“ oder Bernsteins „West Side Story“? Wird das sog. „Blackfacing“ verboten, dürfen entsprechende Rollen nurmehr von schwarzen Tenören oder Sopranistinnen gespielt werden, so werden viele Werke unspielbar. Gilt im Übrigen auch für das Theater: Heteros dürfen etwa keine Homosexuellen darstellen!

Kulturelle Aneignung gibt es im Übrigen auch in der Küche: Zeigt ein TV-Koch seinen Zuschauern, wie eine persische Speise oder ein Menü aus Ruanda hergestellt wird, so bringt das die Mitglieder der Anti-Bewegung zum Kochen!

Sollte all dies künftig verboten sein, so bewegen wir uns wieder zurück in der Geschichte, wodurch uns Grossartiges vorenthalten würde. Schliesslich zollt man doch den Leistungen eines anderen Kulturkreises grossen Respekt, wenn seine Errungenschaften nachgespielt werden – auch ohne sog. „Natives“! Die Steigerungsform wäre dann ja wohl die Kulturauffassung der Nationalsozialisten, die alles verboten hatten, was nicht aus ihrem eigenen Kulturkreis stammte. Das will wohl hoffentlich niemand mehr. Nein – die Beschäftigung mit einem anderen Kulturkreis eröffnet viele neue Sichtweisen und sorgt für eine bunte Vielfalt im ansonsten sehr eintönigen Dasein! Und bietet dem anderen Kulturkreis durchaus die Möglichkeit der Darstellung desselben über die Grenzen hinaus. So sind die Wiener Sängerknaben in China und Japan gefeierte Stars, Mozart, Beethoven etc. stets ausverkaufte Veranstaltungen. Auch in der Pop- und Rockmusik feiern Interpreten aus dem Westen grosse Erfolge – zumindest in Japan. In China geht die Regierung Xi Jinping massiv gegen Popstars vor. Ist dies das Ziel der Bewegung gegen kulturelle Aneignung?

Abschliessend noch eine Frage, die ich offen lassen möchte:

Wenn ich einiges aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) übernommen habe oder ab und an im Kamasutra blättere – ist das auch kulturelle Aneignung?

Lesetipps:

.) Zwischen Aneignung und Verfremdung; Hrsg.: Volker Gottowik/Holger Jebens/Editha Platte; Campus Verlag 2009†

.) Ethik der Appropriation; Jens Balzer; Matthes & Seitz 2022

.) Kulturelle Aneignung; Lars Distelhorst; Edition Nautilus 2021

.) Everything but the Burden: What White People are Taking from Black Culture; Hrsg.: Greg Tate; Harlem Moon 2003

.) Research Handbook in Intellectual Property and Cultural Heritage; Irini Stamatoudi; Edward Elgar Publishing 2022

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Hochseeabkommen – ein Riesenerfolg

†„Das Schiff hat das Ufer erreicht!“

(Rena Lee, Vorsitzende der UN-Hochseekonferenz)

Es war wie ein Lichtblick in der vergangenen Woche – für die Medien allerdings nur eine Ein-Tages-Schlagzeile: Bei den mehr als zäh geführten UN-Verhandlungen zum Schutz der Hohen See wurde ein Durchbruch erzielt. Nach nahezu 40-stündiger Dauerverhandlung in New York einigten sich die rund 200 Mitgliedsstaaten auf ein gemeinsames Papier. Demgemäss sollen bis 2030 mindestens 30 % der Weltmeere als Schutzgebiete ausgewiesen werden. Bislang war das nur in Küstenmeeren möglich – in der Hochsee gerade mal 1,2 % (etwa durch den Antarktis-vertrag). Zudem soll jährlich eine Vertragsstaatenkonferenz Aufschluss über weitere Schutzmassnahmen geben und Beschlüsse für eine nach-haltigere Nutzung der Hochsee gefasst werden.

Vor allem China und Russland bestanden bei der Festlegung dieser Schutzzonen auf Einstimmigkeit – damit hätte auch nur ein Mitgliedsstaat jedes Modell zum Fallen bringen können. Nun reicht jedoch eine Dreiviertel-Mehrheit. Allerdings mit einer Opt-out-Massnahme: Ein Staat kann die Schutzzone nicht akzetieren, muss dann allerdings eine Alter-native vorschlagen.

Was das Schriftstück wert ist, wird sich wohl in Zukunft zeigen, gibt es doch – wie bei internationalen Abkommen üblich – keinerlei Sanktionen bei einer Missachtung. Schliesslich wurde ein solches Abkommen ja auch schon zum Schutz der Wale beschlossen. Es erlaubte den Walfang eigentlich nurmehr zu Forschungszwecken. Dies sber wurde sehr grosszügig ausgelegt, bis schliesslich Japan komplett aus dem Abkommen ausstieg. Bringen wir doch etwas Licht in dieses Hochsee-Schutzabkommen.

„Wir begrüßen sehr, dass mit diesem Vertrag die Einrichtung von Schutzgebieten auf der Hohen See, dem größten Lebensraum der Erde, beginnen kann!“

(Fabienne McLellan, Geschäftsführerin OceanCare)

Der Begriff der „Hohen See“ ist definiert im „Seerechtsübereinkommen“ (SRÜ) aus dem Jahr 1982. Er beschreibt jene Teile der Meere, die nicht zur „Ausschliesslichen Wirtschaftszone“ (AWZ), zu den Küstenmeeren und Binnengewässern oder zum Archipelgewässer eines Archipelstaates wie etwa Indonesien zählen. Autonome Länder also, die sich aus Inselgrupen zusammensetzen. Die „Hohe See“ beginnt 200 Seemeilen von der Küste entfernt – das sind rund 60 % der Meeres. und nicht weniger als zirka 43 % der Erdoberfläche. Hier gilt kein nationales, sondern internationales Recht gemäss des Völkerrechts. Soll heissen, dass auch grosszügige Freiheiten damit verbunden sind: Fischerei, Überflug, Schiffahrt, Kabel-Verlegungen etc., ohne dass hier ein Staat eigenes Interesse anmelden kann. Hoheitlich gilt nach Artikel 94 SRÜ das Flaggenstaatsprinzip, also jenes Gesetz des Staates, unter dessen Flagge das Schiff fährt. Bei-spielsweise für Schiffe, die unter der Flagge von Liberia fahren, die Gesetze und Rechtsprechung des westafrikanischen Staates, allerdings auch das dortige Arbeitsrecht und die Entlohnung.

†„Jeder Staat übt seine Hoheitsgewalt und Kontrolle in verwaltungs-mässigen, technischen und sozialen Angelegenheiten über die seine Flagge führenden Schiffe wirksam aus.“

(Art. 94, Abs. 1 SRÜ)

Durch das Seerechtsübereinkommen können Wirtschaftszonen von bis zu 200 Seemeilen geschaffen (etwa für die Öl- oder Gasgewinnung in Küstennähe) oder auch die Hoheitsgewässer von drei auf 12 Seemeilen entlang der Küsten ausgeweitet werden.

All dies bringt auch viele Nachteile dieser Freiheit auf „Hoher See“ mit sich.

„Seit Längerem wächst die Besorgnis über die immer weiter ansteigende anthropogene Belastung der Meeresumwelt durch Aktivitäten in der Tiefsee wie Fischerei, Bergbau, Meeresver-schmutzung und Bioprospektion!“

(Dr. Alexander Proelß, Professor für internationales Seerecht, Umwelt-recht, Völkerrecht und Öffentliches Recht an der Universität Hamburg)

Die Ozeane sind hoffnungslos überfischt. Vielen Tierarten fehlt deshalb die Nahrung. Doch nicht nur das: Durch Schleppnetze werden Korallen-riffe und Schwammgärten zerstört.

Andere Teile sind mit Kunststoff vollgemüllt.

In Zukunft sollen wirtschaftliche Projekte und Expeditionen in den Schutzgebieten auf ihre Umweltverträglichkeit hin überprüft werden. Stellt sich jedoch die Frage: Durch wen? Das Gremium hierfür muss erst geschaffen werden. In diesen Zonen sollen sich die Arten erholen können. Die Artenvielfalt ist immens wichtig auch im Kampf gegen die Klimakrise. So beschreibt etwa Till Seidensticker von Greenpeace dies folgender-massen: Die Arten holen Kohlenstoff von der Oberfläche und verfrachten ihn in weitaus tiefere Teile der Meere.

„Ohne diese wichtige Leistung würde unsere Atmosphäre 50 Prozent mehr Kohlendioxid enthalten. Die Erde wäre überhitzt und unbewohn-bar.“

(Till Seidensticker, Greenpeace)

Die Verhandlungen wurden über knapp 15 Jahre geführt. Ein sehr wichtiger der vielen Knackpunkte ist die Regelung, welche Länder wie an den Gewinnen der Meeresressourcen beteiligt werden. Vor allem die Länder des sog. „Globalen Südens“ nutzen diese nicht oder zu wenig, sie sollen deshalb einen Teil aus einem noch zu schaffendem Fonds der reichen Industrie- und Wirtschaftsstaaten des Nordens erhalten. Das betrifft vornehmlich den Tiefsee-Bergbau, aber auch die Gewinnung neuer medizinischer Mitteln bzw. genetischer Erkenntnisse. 84 % aller Patente sind auf zehn reiche Länder konzentriert, der BASF-Konzern alleine hält 47 % der Patente auf marine genetische Ressourcen.

Übrigens – unmittelbar vor der Einigung in New York genehmigten die Teilnehmer der „Our Oceans-Konferenz“ in Panama nahezu 20 Milliarden Dollar für den Schutz der Meere – 77 Projekte sollen alleine mit den durch die US-Regierung zur Verfügung gestellten sechs Milliarden realisiert werden.

Allerdings könnten sich die 168 Teilnehmer der Internationalen Meeres-bodenbehörde (International Seabed Authority ISA) bei ihrer Konferenz auf Jamaika (07.-31. März) nicht einigen. Somit müssen vorerst Anträge von Unternehmen auf Tiefsee-Bergbau genehmigt werden. Bei dieser Ausbeutung mariner Ressourcen kann es auch weiterhin zu enormen Gefahren für die „Hohe See“ kommen – beispielsweise durch die beab-sichtigte Erdölförderung im Arktischen Meer oder die Mangan- (5 Mrd. to), Kobald- (44 Mio to) und Kupfergewinnung (274 Mio to) in der Clarion-Clipperton-Zone vor den Cook-Inseln im Indischem Ozean für die E-Mobilität. Dort sind derzeit 1,4 Mio Quadratkilometer Meeresgrund geschützt – allerdings knapp das Doppelte zur Exploration freigegeben. Eine dafür erforderliche Erforschungslizenz hält der Inselstaat Nauru und das kanadische Bergbauunternehmen TMC Durch den Tiefseebergbau in diesem Bereich würde wohl das gesamte dortige Ökosystem für immer zerstört. Soweit das Ergebnis einer Simulationsstudie aus dem Jahr 1989 im Perubecken. Dort wurden die Manganknollen mit einer Pflugegge „geenrtet“. Auch 26 Jahre danach waren die Spuren noch zu sehen und die Biodiversität gestört. Ausserdem ist es gänzlich ungewiss, wie sich der durch den Abbau freigesetzte Kohlenstoff aus dem Meeresgrund auswirken wird.

Es wird somit höchste Zeit für eine Regulierung bzw. Schutz dieser wichtigen grössten Region unseres Planeten! Hoffen wir, dass es nicht wieder nur ein guter Wille ist und weitere Schritte sehr rasch folgen!

Filmtipp:

Extreme der Tiefsee – Eisige Abgründe; TerraX/ZDF-Doku

Lesetipps:

.) Biologie der Hochsee; David G. Senn; Books on Demand 2012

.) Tierleben der Hochsee; Carl Apstein; ‎ Inktank Publishing 2019

.) Tiefseewesen – Einblicke in eine kaum bekannte Welt; Solvin Zankl / Maike Nicolai; Delius Klasing Verlag 2020

.) Tiefsee – Vielfalt in der Dunkelheit; Hrsg.: Thorolf Müller / Gerd Hoffmann-Wieck; ‎ Schweizerbart’sche, E. 2020

.) Tiefsee: Von Schwarzen Rauchern und blinkenden Fischen; Dagmar Röhrlich; Mare 2010

.) Eine Reise in die geheimnisvolle Tiefsee; Annika Siems / Wolfgang Dreyer; Prestel Verlag 2019

Links:

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Ingwer – die verkannte Wunderknolle

„Superfood“ ist ein Wort, das seit einigen Jahren nicht mehr aus der Ernährung wegzudenken ist. Viele dieser Früchte- und Gemüsesorten habe ich in einem eigenen Blog bereits abgearbeitet. Sie kommen zumeist aus tropischen Gefilden und sind dementsprechend nicht wirklich nach-haltig, da sie tausende Kilometer an Transportwegen hinter sich haben. Zudem bieten heimische Pflanzen denselben gewünschten Effekt, fristen jedoch meist ein Schattendasein. Ingwer kommt ebenfalls aus den Tropen und Subtropen, kann aber auch hierzulande erfolgreich angebaut werden. Alsdann ist seine positive Wirkung auf unsere Gesundheit bereits oftmals untersucht und nachgewiesen worden. Weshalb also nach den Sternen greifen, wenn es einfacher und umweltbewusster ebenfalls geht.

Ingwer (Zingiber officinale) zählt – ebenso wie Kurkuma oder Kardamon – zur Familie der Ingwergewächsen. Über dem Boden gleicht die Pflanze etwas einem Schilfgewächs: Lange Pflanzenstengel und Blätter mit einer wunderschönen purpur-farbenen Blüte. Im Boden bildet sie allerdings einen recht dicken Erdspross (Rhizom), eine Wurzelknolle, die aufge-schnitten gelblich gefärbt ist und einen sehr aromatischen Duft ver-breitet. Im Mund beeindruckt sie durch Schärfe und zitronenähnlichen Geschmack.

In der Küche wird der Ingwer deshalb gerne als Gewürz oder Speisen-veredler verwendet. Doch entdeckten bereits die alten Inder seine gesundheitsfördernde Wirkung und setzten ihn in der traditionellen indischen Medizin ein. In der ayurvedischen Medizin ist er auch heute noch präsent und erfrreut sich immer grösser werdender Beliebtheit. Das Geheimnis liegt im Gingerol (Chemische Formel: C17H26O4)! Jenem Stoff also, der für die Schärfe der Knolle verantwortlich zeichnet. Im Pulver nurmehr wenig enthalten, entfaltet er in einer frischen Knolle seine volle Wirkung. Deshalb sollten etwa Tees oder Wasser stets mit ganzen Ingwerstücken und nicht mit Pulver zubereitet werden. Der Geschmack selbst kommt vornehmlich von den beiden anderen Inhaltsstoffen Zingiberen und Zingiberol. Auch er ist in ganzen Stücken am meisten ausgeprägt. Insgesamt konnten in der Knolle nicht weniger als 400 Inhaltsstoffe chemisch nachgewiesen werden.

Ingwer wird auf dem indischen Subkontinent schon seit Jahrhunderten gegen Blähungen und Übelkeit (also zur Förderung der Verdauung), aber auch gegen Menstruationsbeschwerden eingesetzt. Im Ayurveda spricht man deshalb vom „Entfachen des Verdauungsfeuers und des Gallen-flusses“.

In anderer Hinsicht sind die Gingerole, v.a. aber deren Abbauprodukte Shogaole, ebenfalls sehr empfehlenswert: Sie wirken antioxidativ und antibakteriell, also hemmend bei Entzündungen (anti-inflammatorisch). Deshalb wird Ingwer in der traditionellen Medizin auch bei Rheuma oder Arthrosen verwendet. Eine dänische Übersichtsstudie aus dem Jahr 2015 hat dies in einer Studie nachgewiesen, an der sich 600 Arthrose-Patienten beteiligten.

Daneben beeinflussen die Shogaole die Bildung des Enzyms Stickstoff-monoxid-Synthase (NO-Synthase). Dieses Enzym katalysiert Stickstoff-monoxid aus der Aminosäure L-Arginin, das der Körper für die unter-schiedlichsten Funktionen benötigt. NO aber hat eine Halbwertszeit von gerade mal fünf Sekunden und muss deshalb stets auf’s Neue produziert werden. Dadurch wird beispielsweise die glatte Muskulatur der Arterien beeinflusst, sodass etwa bei Muskelverletzungen mehr Blut fliessen kann, das nicht nur Abwehrstoffe zu-, sondern auch Abfallstoffe abführt.

Ferner wird – wie bei allen scharfen Ingredienzien – der Kreislauf und das vegetative Nervensystem angeregt. Zudem wird die Blutzucker-konzentration im Blut geregelt – besonders wichtig als Vorbeugung gegen Diabetes.

Und schliesslich aktiviert das Gingerol das Immunsystem. So wurde in einer Pilotstudie aufgezeigt, dass schon eine halbe bis eine Stunde nach dem Genuss von Ingwer (Tee) die Konzentration von 6-Gingerol im Blut stark ansteigt. Wie dieser Stoff nun auf das Immunsystem wirkt, bewies eine weitere Studie des Leibnitz-Instituts für Lebensmittel-System-biologie der TU München. Einfach formuliert: Es dockt an die Rezeptoren der neutrophilen Granulozyten (eine bestimmte Art der weissen Blut-körperchen) an und stimuliert diese. Dadurch fährt der Körper die Produktion derselben hinauf. Die weissen Blutkörperchen bekämpfen v.a. Bakterien. Allerdings mussten die Probanden in dieser Studie innerhalb von 20 Minuten einen ganzen Liter des recht starken Ingwertees zu sich nehmen um diesen gewünschten Effekt zu erzielen.

Ingwer ist aber beispielsweise auch bei Kuren ein gern gesehener Gast. Wird jeden Morgen ein Glas Ingwerwasser getrunken, so zügelt dies den Appetit und lindert das Verlangen nach Koffein zum Wachwerden. Ingwerwasser lässt sich ganz einfach herstellen: Ein 3-5 cm langes Stück Ingwerwurzel raspeln oder in feine Scheiben schneiden, mit einem Viertel Liter heissem Wasser übergiessen und zumindest 10 Minuten abgedeckt ziehen lassen. Dies öfters getrunken hilft auch bei Erkältungen und Halsschmerzen.

Ingwer kann sehr einfach im eigenen Garten angebaut werden. Es bietet vor allem drei Vorteile: Man hat stets frischen Ingwer zur Hand, wenn man ihn braucht, die Geldersparnis im Vergleich zum Kauf ist wesentlich, v.a. da eine Ingwer-Kultur sehr ergiebig ist und die wunderschöne Pflanze sorgt für den Hingucker im Garten. Als „Mutterknolle“ reicht bereits ein frisches, etwa fünf Zentimeter langes Stück einer Knolle mit jedoch nur einer Schnittstelle. Allerdings sollte dieses wirklich frisch sein. Der Ingwer liebt ein warmes und sonniges Plätzchen. Das kann im Garten, Gewächshaus oder auch im Haus sein. Winter mag er nicht. Bei einer Outdoor-Pflanzung empfiehlt sich alsdann ein Pflanzentopf, der in einem rund 10 Grad warmen Raum überwintern kann. Bis zum neuerlichen Austreiben im Frühjahr braucht die Knolle nur wenig Wasser und keinen Dünger. Beim Anbau in einem Beet wird sich die Pflanze nach acht Monaten zudem binnen kurzer Zeit wie Unkraut ausbreiten. Als Pflanzzeit sollte man den Januar oder Februar ins Auge fassen, damit im Herbst erstmals geerntet werden kann. Die Pflanze bevorzugt humus- und nährstoffhaltigen sowie lockeren Boden. Damit sich keine Staunässe bildet, sollte am Topf-Boden eine „Drainage“ aus Scherben, Kiesel- oder Bimssteinen sowie Blähton eingebracht werden. Den Rest mit Humuserde auffüllen. Das Ingwerstück flach mit der Schnittseite nach unten auf die Erde legen, mit etwas Erde abdecken, leicht anfeuchten und den Topf mit Klarsichtfolie abdecken – die jedoch täglich zur Lüftung geöffnet werden muss. Das Gefäss nun an einem hellen, nicht der prallen Sonne aus-gesetzten Platz mit durchgehend 20 Grad stellen. Beim täglichen Lüftungsöffnen immer etwas Wasser hinzugeben, damit die Erde leicht feucht bleibt. Werden die ersten Triebe sichtbar, hat die Knolle gewurzelt, die Klarsichtfolie kann nun entfernt und der Topf an einen sonnigen Platz gestellt werden. Die Erde sollte stets leicht feucht, nicht jedoch nass sein. Die Pflanze kann auch regelmässig zusätzlich besprüht und mit etwas Dünger versehen werden. Der Pflanzenstengel wird durchaus einen bis eineinhalb Meter hoch wachsen, ist also nicht für jede Fensterbank geeignet. Übrigens – erfolgt die Anpflanzung zu spät, wird es nicht zur Blütenbildung kommen, da das Wachstum der Knolle für die Pflanze Priorität hat. Der Duft der Blüte ist sehr angenehm und lockt viele Schmetterlinge an. Ist sie verblüht, bilden sich Kapselfrüchte mit schwarzen Samen, die für eine Aussaat verwendet werden können.

Sollte die Ernte tatsächlich erheblich ausgefallen sein, so kann Ingwer als Ganzes oder in kleinen Stücken eingefroren werden. Das sollte aber so frisch als möglich erfolgen.

Ingwer kann somit nicht nur geschmacklich ihre Küche, Ihr Wohlbefinden verbessern, sondern auch optisch einen Akzent in Ihrem Garten oder der Wohnung setzen.


Links:

Lesetipps:

.) Ingwer: Natürlich gesund mit der asiatischen Heilwurzel; Dr. Jörg Zittau; Lüchow Verlag 2020

.) Ingwer: Gesundheit und Genuss; Heinz Schilcher/Ralf Hiener; Hädecke Verlag 2017

.) Alleskönner Ingwer: Die natürliche Kraft der Superwurzel; Susan Branson; Kindle Ausgabe

.) Magischer Ingwer; Die Top 77 Ingwer Tipps zur Entzündungshemmung, Schmerzlinderung, Fettverbrennung und einem erfüllteren Liebesleben; Marco Bach; Eigenpublikation 2019

.) Ingwer: Eine vielseitige Wurzel; Ute Scheffler; Buchverlag für die Frau 2011

.) Gesund mit Ingwer: Das vielseitige Heimittel für körperliche und geistige Fitness; Ellen Heidböhmer; Herbig Verlag 2019

.) Ayurveda – Der Weg des gesunden Lebens; V. Verma; Wilhelm Heyne Verlag 1996

.) Ayurveda für jeden Tag. Die sanfte Heilweise für vollkommene Gesundheit und Wohlbefinden; E. Schrott; Goldmann Verlag 1998

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