Die Krypto-Blase

„Für alle, die glaubten, mit Bitcoin in Windeseile zum Lambo-Besitzer zu werden, ist heute ein trauriger Tag.“
(Finanzjournalist Daniel D. Eckert am 02. Februar 2022 auf Twitter)

Morgen kann heute schon von gestern sein! Wohl nirgendwo geht dies rascher als bei den sog. „Krypto-Währungen“!
Bitcoin, Ethereum, Dogecoin, Tether und wie sie sonst noch heissen – insgesamt gibt es inzwischen über 10.000 verschiedene Krypto-währungen. Im Jahre 2017 wollte sie jeder haben – die Kurse schossen in ungeahnte Höhen. Doch brachen sie auch wieder sehr rasch ein – 2018 folgte nämlich die Korrekturphase – so nennt man dies wohl am digitalen Finanzmarkt. Dazu mehr etwas später. Inzwischen jedoch trachtet jeder Konzern danach, eine eigene Währung auf den Markt zu bringen. Es ist ein mehr als rentables, aber auch sehr gefährliches Geschäft: Zuletzt etwa brachen viele der Währungen komplett ein, Bitcoin und Ether verloren massiv, Luna im Juni dieses Jahres gar 99 % seines Wertes. Dennoch sehen Experten in den Kryptowährungen die Zukunft des Finanzmarktes. Das hat mit mehreren Faktoren zu tun, die – sofern man sich auf diesem Markt umschauen möchte – genau gekannt werden sollten.
Kryptowährungen sind digitale, dezentrale Geldeinheiten, die am Banken-wesen vorbei gehandelt werden. Deshalb unterliegen sie alsdann keinerlei Aufsichtsorganen. Grundlegend basieren Bitcoins und Konsorten auf der sog. „Blockchain-Technologie“. Unter einer „Blockchain“ versteht der Experte ein dezentrales Datenregister, in welches beispielsweise finan-zielle Transaktionen, aber auch andere Informationen übertragen und in einem „Block“ gespeichert werden. Mit einem Zeitstempel versehen werden diese Blöcke durch einen kryptografischen Prüfwert („Hash-Wert“) mit der Prüfsumme der gesamten Informationen an jeweils den vorher-gehenden Block angereiht, es entsteht eine „Kette“ („Chain“). Eine derartige Blockchain darf nicht unterbrochen werden, sodass jede Ein-tragung lückenlos nachvollzogen und keine Duplikation angefertigt werden kann. Soll heissen, dass eine Überweisung technisch nur an einen Empfänger gehen kann, wodurch eine Doppeltransaktion ausgeschlossen wird. Dezentral ist das Ganze deshalb, weil diese Transaktionen auf mehreren sog. „Knotenrechnern“ („Nodes“) gespeichert werden. Mit der Anzahl der teilnehmenden Knotenrechner sinkt die Möglichkeit einer Manipulation. Für die Verifizierung dieser Chains stellen sog. „Miner“ Rechenleistung ihrer Computer zur Verfügung. Als Gegenleistung dafür erhalten sie frisch geschürfte Coins („Block-Reward“). Insgesamt gibt es 21 Mio Bitcoins – nach Berechnungen sollte dies bis zum Jahr 2130 ausreichen. Die Überweisung von 184 Milliarden Bitcoins am 15. August 2010 war ein „arithmetischer Überlauf“ – ist allerdings geschehen.
Das war nun starker Tobak für IT- oder Finanzunkundige! Vereinfacht erklärt: Wenn der Filialleiter des Elektrogeschäftes die Tagesabrechnung über seine Registrierkasse macht, kann er dort ebenfalls jede Eintragung des Tages nachvollziehen – ob Kauf oder Storno. Es darf keine Buchungs-zeile fehlen, da ansonsten das Tagesergebnis nicht stimmt!
Im Jahr 2008 fertigte ein gewisser Satoshi Nakamoto (ein Pseudonym) die erste Spezifikation dieser Blockchains als dezentrales Datenbank-managementsystem an. Er veröffentlichte es im sog. „Bitcoin-White-paper“. Wer genau jedoch diese Kryptowährungen erfunden hat, ist nicht bekannt.
Der Wert der unterschiedlichen Coins ist jeweils tagesaktuell im sog. „Market Cap“ zu erfahren. Der aktuell mögliche Gesamtumsatz einer Kryptowährung wird in dieser „Marktkapitalisierung“ angegeben. Das sollte für mögliche Investments stets im Auge behalten werden. Für jene, die dieses doch sehr grosse Risiko etwas scheuen, sich dennoch an dem Markt beteiligen wollen, besteht die Möglichkeit des indirekten Invest-ments durch Aktien von entsprechenden Unternehmen.

„Meine sehr nüchterne Einschätzung ist, dass Kryptowährungen nichts wert sind, dass sie auf nichts basieren, dass es keinen zugrunde liegenden Vermögenswert gibt, der als Sicherheitsanker fungiert.“
(Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank)

Die Weltbank jedoch legte im Sommer 2018 die erste Anleihe auf Basis einer Blockchain auf. Auch die US-Fed und der IWF zeigten sich bereits im letzten Jahrzehnt interessiert.
Die bekanntesten zehn Kryptowährungen sind: Bitcoin, Etherum, Tether USDt, USDC, Binance Coin, Cardano, Ripple, Solana, Dogecoin, Polkadot. Weniger bekannte etwa Icon, Kadena, OMG Network. Wie bereits erwähnt, gibt es inzwischen mehr als 10.000 Währungen, täglich kommen neue hinzu. Wer beispielsweise wie bei Bitcoin als einer der Ersten investiert, geht zwar ein unheimliches Risiko ein, doch kann es sich schon mal lohnen – etwa mit einer 1.000 %-igen Wertsteigerung. Bitcoin etwa erzielte am 10. November 2021 mit 68.958,00 USD sein Hoch 1 Jahr, am 12. Mai 2022 sein Tief 1 Jahr mit 26.591,00 USD und bewegt sich derzeit bei rund 30.000 USD – alle drei Werte ändern sich nahezu sekündlich. Ist die Nachfrage sehr hoch, steigt ähnlich dem Aktienmarkt auch der Kurswert. Hat er nun eine gewisse Notierung erreicht, ziehen sich grosse Investoren zurück und verkaufen. Der Wert sinkt („Korrekturphase“). So suchten Investoren etwa während der Pandemie nach Möglichkeiten und gingen im Bitcoin-Markt shoppen. Dann hingegen zogen sie sich wieder zurück. Es ist eine ständige Berg- und Talfahrt, die sich jede Minute ändern kann.
Der Handel mit Kryptowährungen ist vor allem bei den Big Playern ein Spiel mit dem Feuer. Dies können Sie etwa unter diesem Link mitver-folgen:

https://www.onvista.de/kryptowaehrungen/die-groessten-kryptowaehrungen

Kritiker orten in den Kryptowährungen ein immens grosses kriminelles Potenzial. Schliesslich sind dem Betrug aufgrund der fehlenden Aufsicht und Regulierung Tür und Tor geöffnet. So geschehen etwa mit dem „SQUID“-Coin. Durch die in den Vereinigten Staaten sehr populäre Serie „Squid Game“ schoss diese Währung innerhalb kürzester Zeit einer Rakete gleich in die Höhe – 2.856 USD. Dann wurde die Plattform gelöscht – ein Verkauf der Währung war faktisch nicht mehr möglich. Der Wert des Coins: Praktisch 0,- USD. Der Gewinn der Macher: 3,38 Mio USD. Bei Experten ist dies als „Rug pull“ bekannt. So geschehen auch beim türkischen „Thodex“, dessen Erfinder als untergetaucht gilt. Mit 2 Milliarden US-Dollar! Seit Anfang 2021 bis Anfang Juni 2022 haben sich nicht weniger als 46.000 Personen als Opfer von Krypto-Betrugs bei der US-Handelsbehörde gemeldet – der Verlust liegt bei über einer Milliarde US-Dollar.
Daneben verwenden viele Geldwäscher Kryptowährungen für ihr kriminelles Treiben. Aber auch die Steuerhinterziehung erscheint vielen als sehr attraktiv. So können Finanzämter derzeit Krypto-Guthaben noch nicht erfassen. Sehr interessant somit bei Minern! In Österreich müssen offizielle Händler seit diesem März ihren Kunden die 27,5 %-ige KESt. berechnen (Krypto-Steuer). Verluste hingegen können durch das KESt-Guthaben im Wertpapiergeschäft gegengerechnet werden („Verlust-ausgleich“). In Deutschland müssen Gewinne nach wie vor zum persön-lichen ESt-Satz versteuert werden. In der Schweiz in der Vermögenssteuer zum Jahresende bzw. bei weiteren Einkommen wie etwa dem Minern in der Einkommenssteuer!
Und schliesslich werden immer mehr Lösegeldforderungen für Entführungen, aber auch Ransomware-Attacken in Kryptowährungen gestellt. Die erste beispielsweise am 9. Januar 2019 in Norwegen in Monero. Im Mai 2021 gaben digitale Erpresser die Colonial Pipeline nach der Zahlung von 75 Bitcoins wieder frei. In einigen Teilen der USA kam es nach der Cyberattacke zu Versorgungsengpässen. Das FBI konnte wenig später 63,7 Bitcoins aus dieser Erpressung sicherstellen.
China hatte noch im September 2021 den Handel mit Kryptowährungen verboten – Unternehmen, die als Miner mehr Strom verbrauchten, sollten mit Strafstrompreisen belegt werden. Das Abstossen der Coins durch die Chinesen verursachte weltweit einen gewaltigen Crash. Im Oktober desselben Jahres brachte die chinesische Zentralbank jedoch den e-Yuan (eCNY) heraus. Er war vorerst nur für chinesische Bürger in ausgesuchten Banken des Landes erhältlich. Und mit einer Krypto-Währung hat diese Lösung wahrhaft wenig zu tun. Die Verwaltung hat die chinesische Zentralbank unter sich – es existiert also keine nachvollziehbare, also transparente, dezentrale Blockchain. Ziel dieser virtuellen Währung ist es eigentlich, den Markt unter zentraler Kontrolle zu halten und Infor-mationen über die Käufer zu sammeln. Der EU schwebt ebenfalls die Möglichkeit eines eEuros vor, der über die EZB vertrieben würde, die allerdings dann auch für dessen Wert haftet. Hier besteht aber noch keinerlei Einigkeit. Übrigens – auch die Türkei hat im April 2021 die Bezahlung mit Kryptowährungen verboten.
Viele Profi-Investoren stecken derzeit als Schutz vor der Inflation enorme Summen in die Krypto-Währungen. Wie sich dies weiterentwickeln wird, ist noch unklar. Doch könnte es durchaus zu Problemen am Finanz- und Wirtschaftssektor führen. Vor allem dann, wenn eine Währung wie Luna (Terra USD) einen 99 %-igen Wertverlust hinnehmen musste – von 80,- USD auf 0,0001 USD. Dabei galt Luna als sog. „Stablecoin“ – als wenig schwankungsanfällig. Sollte nun der grösste Anbieter von Stablecoins, Tether, kollabieren, so könnte der Kryptomarkt wie eine grosse Blase in sich zusammenfallen. Tether hat bereits reagiert und betont, dass der Dollar-Wert durch 1:1 Rücklagen gesichert sei! Experten zweifeln jedoch daran. Auch scheint die derzeitige Situation nicht so ohne weiteres am Kryptomarkt vorbeizugehen:

„Die Angst vor einer aggressiven Geldpolitik und Zinserhöhungen hat jetzt nicht nur den Aktienmarkt, sondern auch die Krypto-währungen getroffen.“
(Atanas Pekanov, Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung)

Wie sensibel dieser Markt ist, zeigte kein Geringerer als Tesla-Chef Elon Musk auf. Als er ankündigte, dass seine Fahrzeuge auch mit Bitcoins bezahlt werden können, stieg dessen Kurs rasant an. Bei einer weiteren Einflussnahme machte er sich einen Spass daraus: Auf Twitter zeigte er seinen Hund Floki mit dem Tweet „Floki has arrived“. Die Krypto-Währung „Super Floki“ stieg daraufhin um 132 %.

Lesetipps:

.) Kryptowährungen einfach erklärt: Bitcoin, Ethereum, Blockchain, Dezentralisierung, Mining, ICOs & Co.; Dr. Julian Hosp; Julian Hosp Coaching LTD 2017
.) Der Bitcoin-Standard: Die dezentrale Alternative zum Zentralbankensystem; Saifedean Ammous; Aprycot Media 2019
.) Mit Blockchain zum Krypto-Investor: Verstehe die Blockchain-Technologie und investiere strategisch in Bitcoin, Ethereum, Ripple & Co.; Jens Helbig; KLHE (Nova MD) 2019
.) Die Blockchain-Revolution: Wie die Technologie hinter Bitcoin nicht nur das Finanzsystem, sondern die ganze Welt verändert; Don Tapscott; Plassen Verlag 2016
.) Blockchain Grundlagen. Eine Einführung in die elementaren Konzepte in 25 Schritten; Daniel Drescher; mitp 2017
.) Kryptowährungen für Dummies: Das macht Kryptowährungen aus; Krijn Soeteman; Wiley-VCH 2019
.) Digital Gold: Bitcoin and the Inside Story of the Misfits and Millionaires Trying to Reinvent Money; Nathaniel Popper; Harper Paperbacks 2016

Links:

– bitcoin.org
– coinmarketcap.com
– www.onvista.de
– cryptoevo.de
– www.bafin.de

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