Trinkwasser – unser höchstes Gut gehört geschützt

Eine kleine Bewegung am Wasserhahn – schon läuft das klare Nass. Wie von selbst! Doch ist dem ganz und gar nicht so. Tatsächlich steckt ein immenser Aufwand dahinter, der mit dem Fassen der Quelle beginnt und in regelmässigen Qualitätskontrollen endet. In weiten Teilen Mittel-europas erfüllt das durchsichtige Gold die höchsten Qualitäts-anforderungen. Gesetzlich geregelt wird dies in Deutschland, der Schweiz und Österreich durch die jeweilige Trinkwasserverordnung, in der EU durch die „Richtlinie über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch“ (COM/2017/0753 final – 2017/0332 (COD)). Doch kann sich dieses Blatt sehr rasch wenden: Schlagwetter, Murenabgänge, Über-flutungen, Verkeimungen, Legionellen, Nitrate uvam. Ist es geschehen, sehen sich von einer Sekunde auf die andere hunderte Haushalte mit dem Problem konfrontiert: Woher nehme ich auf die Schnelle jene rund 130 l, die ein Mensch pro Tag an Wasser in Deutschland verbraucht. Zirka 70 Liter davon sind Brauchwasser, die durch die Toilettenspülung, die Waschmaschine oder die Dusche den Weg in’s Abwasser-Kanalsystem finden. Dies ist auch bei verkeimtem oder verschmutztem Wasser bis zu einem gewissen Grad noch verwendbar. Schwieriger wird’s da jedoch mit dem Wasser für den Saft, dem Kaffee oder Tee, dem Wasser zum Kochen oder Nahrungsmitteln reinigen, dem Wasser zum Zähneputzen – jenem Wasser also, das über den Mund in unseren Körper Einlass findet und dort für gesundheitliche Beeinträchtigungen oder gar teils ganz erheb-liche Krankheiten verantwortlich zeichnen kann. Die Folgen sind meist sehr kosten-, material- und personalaufwendig, schliesslich muss das komplette Netz gereinigt und gespült werden.
Im Folgenden werde ich etwas auf einige Umstände aufmerksam machen, die teils bewusst, teils unbewusst in Kauf genommen werden, jedoch verheerende Auswirkungen mit sich bringen können.

Schlagwetter und Murenabgänge
Die Klimakrise zeigt sich mannigfaltig. So auch bei Wetterereignissen mit Starkregen und Überflutungen. Zu viel Wasser in zu kurzer Zeit zeigt sich alsdann beim Grundwasser bzw. Quellwasser. Es kommt zu Trübungen durch Schlammpartikel. Auch Verkeimungen durch etwa Kolibakterien oder sonstigen Krankheitserregern werden immer wahrscheinlicher mit der Zunahme vor allem lokaler Gewitterzellen und fehlendem Wind. Maß-nahmen hiergegen zu setzen, ist zumeist unmöglich!

Rohrbrüche im öffentlichen Netz
Auch hiergegen kann nur wenig unternommen werden! Die Erfahrungen allerdings zeigten, dass bei privatisierten Wasser- und Abwasser-systemen die Zahl der Rohrbrüche eklatant ansteigt, da sich die Unter-nehmen wenig um die Instandhaltung der Systeme kümmern. Die Gewinne freilich werden eingestreift.

Landwirtschaftliche Intensivnutzung
Durch industrielle landwirtschaftliche Betriebe fallen Unmengen an Gülle und Mist an. Wird beides vor Regen oder zu häufig ausgebracht, sickert dies gemeinsam mit dem Regenwasser in das Grundwasser bzw. im Quellenschutzgebiet auch in das Quellwasser. Immer wieder werden deshalb zu hohe Nitratwerte im Trinkwasser gemessen. Dasselbe gilt übrigens auch für Pestizide, Fungizide oder Herbiziden, wie auch Glypho-sat!

Fracking
Beim Fracking (Gewinnung von Erdöl und Erdgas oder auch der Geothermie) werden Millionen Liter eines Sand-Wasser-Chemikalien-Gemisches (bis zu 600 unterschiedliche, grossteils hochgiftige Chemi-kalien) mit hohem Druck durch eine Bohrung in den Boden eingeleitet, damit Risse im Gestein entstehen oder bestehende Risse erweitert werden. Normalerweise geschieht dies in mehreren hundert oder gar tausend Metern Tiefe, sodass das Grundwasser davon nicht betroffen sein sollte. Dennoch kann es durch beispielsweise einem Absenken des Grundwasserspiegels oder Folgen des Drucks geschehen, dass sich diese hochgiftigen Substanzen mit dem Wasser mischen. Fracking ist in Österreich noch erlaubt, in Deutschland können bundesweit zu wissen-schaftlichen Zwecken vier derartige Versuchsmassnahmen in Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgesteinen durchgeführt werden. Unter-suchungen in den USA brachten zu Tage, dass in manchen Regionen das Wasser derart verseucht war, dass es nicht mehr verwendet werden konnte. Mancherorts war es gar brennbar.

Bleirohre
Die Verwendung von Bleirohren war lange Zeit sowohl in Österreich als auch Deutschland im Wassernetz- und dem Hausbau Standard. Wasser-analysen hingegen zeigten, dass das Wasser durch das sich lösende Schwermetall schleichend und dauerhaft vergiftet wurde. Eine Bleiver-giftung zeigt sich vornehmlich durch Beeinträchtigungen des Nerven-systems, der Blutbildung und möglicherweise auch der Nierenfunktion. Dies führte 1973 in Deutschland zum bundesweiten Verbot solcher Rohre, in Süddeutschland gar schon vor 130 Jahren. In Österreich wurde die Verwendung von Bleirohren ebenfalls in den 1970er-Jahren verboten – in Wien begann der Ersatz im öffentlichen Wassernetz im Jahr 2007. Dennoch gibt es sie noch in Altbauten. Hier legt die Österreichische Trinkwasserverordnung BGBl. 304/2001 (in Umsetzung der oben genannten EU -Richtlinie 98/83 EG) seit 1. Dezember 2013 den Grenz-wert auf max. 0,01 Milligramm pro Liter fest. Für Vermieter besteht eine grundsätzliche Behebungspflicht.

Quellfassungen und Hausbrunnen
Vor allem in Streulagen (ländlicher Raum) mit hoher landwirtschaftlicher Nutzung ist das eigene Wasser unerlässlich, liegt doch der Wasser-verbrauch eines Bauernhofes weit über dem Normalverbrauch. In Niederösterreich beispielsweise verfügen rund 10 % der Einwohner über einen eigenen Hausbrunnen. Bei derartigen Einzelwasserversorgungs-anlagen ist der Besitzer selbst für die Wasserqualität und damit zusammenhängenden Massnahmen verantwortlich. Geht man nun davon aus, dass der Wasserbedarf einer 4-köpfigen Familie bei einer Quell-fassung mit 1 l/min getilgt wird, muss bei einer niedrigeren Ergiebigkeit ein Speicherbehälter angeschafft werden. Hier nun sollte auf jeden Fall eine Aufbereitungsanlage (etwa eine UV-Entkeimungsanlage) zwischen-geschaltet werden. Um eine Versorgungssicherheit zu gewährleisten und aus hygienischen Aspekten verfügen jedoch inzwischen viele auch über einen Anschluss an das öffentliche Hochdrucknetz – vornehmlich für das Wasser im Haushalt. Bei Häusern nahe der öffentlichen Versorgung besteht zumeist Anschlusszwang.

Retension
Hauptsächlich in Regionen mit hohem Regenaufkommen ist sog. „Retension“ (Retentionszisternen oder mit Rigolensystemen) beim Hausbau verpflichtend. Dies sind zumeist Sickerschächte oder Tanks, die im Garten in den Boden eingelassen sind und das Regenwasser vom Dach, aber unter Umständen auch das Sickerwasser bei versiegelten Flächen aus dem Garten zurückhalten oder in tiefere Bodenregionen weitergeben sollen, damit das Kanalnetz bei Schlagwetter nicht überlastet wird. Das Wasser soll dann gedrosselt zu einem späteren Zeitpunkt in das Kanalnetz abgegeben oder selbst als Giesswasser im Garten verbraucht werden. Ein Sickerschacht sollte mindestens 10, besser jedoch 40-50 m von einem eigenen Hausbrunnen oder einem Keller entfernt sein. Vor allem für den Sickerschacht, aber auch den Regenwassertank gilt: Es sollte nur das Dachregenwasser eingeleitet – alles andere muss gefiltert werden.

Nun gibt es jedoch so manchen Besitzer einer Hausquelle oder eines Retensionsbeckens, der sich Wasser- und v.a. Abwassergebühren sparen möchte und zu Regenzeiten oder der Schneeschmelze Wasser mittels einer Hochdruckpumpe zurück in das öffentliche Netz pumpt! Eine Unart, die geahndet werden muss. Schliesslich ist die öffentliche Hand für die Qualität dessen verantwortlich, was aus dem Wasserhahn in der Küche bzw. dem Bad Einsatz findet. Werden Hausquellen zumeist regelmässig geprüft, so handelt es sich bei Wasser aus Retensionsbecken um stehendes, nicht gesiebtem und alsdann unbehandeltem Regenwasser, das eigentlich in das Abwasserkanalsystem gepumpt oder zur Garten-pflege herangezogen werden sollte. Hier haben Keime, aber auch Legionellen beste Lebensvoraussetzungen. Wird dieses Wasser in das Trinkwassernetz gepumpt, so kann dies nicht nur für die eigene, sondern auch die Versorgung der weiteren Wassernutzer verheerende Konse-quenzen haben. Die öffentliche Hand reagiert inzwischen mit dem Einbau von Wasserzählern mit einem Rückflussverhinderer, wie dies auch beim Bau von Hydranten Einsatz findet. Dabei kann das Wasser nur in einer Richtung fliessen.

Ist nun das Trinkwasser belastet, ist das Abkochen des Wassers (5 Minuten auf Meereshöhe bei 100 Grad C – pro 1000 m Höhe 3,75 min länger, da der Siedepunkt pro 1000 m Höhe um 3,3 Grad C abnimmt) eine Massnahme, die allerdings nur in der ersten der folgenden Gruppen hilft:

.) Pathogene Mikroorganismen
– Bakterien (Escherichia coli, Salmonella typhimurium, Enterokokken, Vibrio cholerae, Legionellen
– Viren (Hepatitis A, Norwalk-Virus, Rota-Virus, Polio-Virus)
– Protozoen (Entamoeba histolytica, Giardia intestinalis, Cryptosporidium Parvum)
Beginnend bei Magen-Darm-Infekten, Salmonellen- und Legionärser-krankung bis hin zur Cholera und Ruhr werden durch solche Keime über-tragen.

.) Schwermetalle wie Blei oder Quecksilber
Diese lassen sich nur durch Destillation oder Flockung entfernen.

.) Dünger, Pestizide, Herbizide
Hierfür bedarf es eines Aktivkohlefilters.

.) Schwebestoffe
Zuerst filtern, dann durch etwa Chlor desinfizieren

Vor allem, wenn sich Babies im Haushalt befinden, sollte mit erhöhter Vorsicht agiert werden, da das Immunsystem der Kleinen noch nicht gegen solche Eindringlinge vorgehen kann. Aber auch bei Diabetikern sollte vor Gebrauch vor allem am Morgen das Wasser relativ lange laufen, sodass kein Standwasser (Stagnationswasser) getrunken wird. Sofern zuvor keine der angeführten Belastungen stattgefunden haben, müsste dies ausreichend sein.

Filmtipps:

– „Ist unserem Trinkwasser noch zu trauen?“ – WDR 2021
– „Wie belastet ist unser Trinkwasser“ – SWR 2020
– „Wie gut ist unser Trinkwasser?“ – WDR 2019
– „Mission Trinkwasser“ – ZDF (2021)
– „Gasland“ von Josh Fox (2010)

Lesetipps:

.) Pathogene Mikroorganismen im Grund- und Trinkwasser: Transport – Nachweismethoden – Wassermanagement; Hrsg.: Adrian Auckenthaler; Springer 2002
.) Vom Leitungswasser zu gesundem Trinkwasser: Dein Weg zu gesundem Wasser einfach & verständlich; dr. Michael Scholze; epubli; 2. Edition 2019
.) Wasseraufbereitung; Stefan Wilhelm; Springer 2008
.) Legionellen in Trinkwasser-Installationen: Gefährdungsanalyse und Sanierung; Arnd Bürschgens; Beuth 2018
.) Gebäudetechnik für Trinkwasser – Fachgerecht planen – Rechtssicher ausschreiben – Nachhaltig sanieren; Thomas Kistemann/Werner Schulte/ Klaus Rudat/Wolfgang Hentschel/Daniel Häußermann; Springer 2012

Linktipps:

– http://www.gesetze-im-internet.de/trinkwv_2001/BJNR095910001.html#BJNR095910001BJNG000201310
– https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20001483
– https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52017PC0753
– https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2017/153/de
– info.bmlrt.gv.at/themen/wasser/nutzung-wasser/wasserversorgung/Trinkwasser.html
– www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/trinkwasser
– www.ages.at/themen/umwelt/wasser/trinkwasser/
– https://www.trinkwasserinfo.at
– unicef.at/news/einzelansicht/21-milliarden-menschen-haben-keinen-zugang-zu-sauberem-trinkwasser/

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