Archive for September, 2019

Wenn das Sozialsystem versagt!

Mal ganz ehrlich: Wann ging es Deutschland dermaßen gut wie heute? In den 60er? Den 70er? Oder einem anderen Jahrzehnt? Gemessen an den weggeworfenen Nahrungsmitteln dürften wir (auch in Österreich) die Spitze erreicht haben. Jährlich landen alleine in Deutschland zwischen 15 bis 18 Millionen Tonnen davon im Müll (weltweit 1,3 Mrd – nach Angaben der FAO/in Österreich 760.000 Tonnen nach Angaben des Ökologie-Institutes)! Ein unglaublicher Berg, mit dem sicherlich dem Welthunger der Kampf angesagt werden könnte. Die meisten dieser Produkte wären gar noch zum Verzehr geeignet. Es handelt sich in vielen der Fälle um das Mindesthaltbarkeitsdatum, zu grosse Einkäufe oder auch Aufräum-aktionen in den Kühl- und Vorratsschränken. Doch beginnt die Wegwerf-kultur nicht etwa erst in den heimischen vier Wänden! Auch der Handel und Grosshandel entsorgt in grossen Mengen: Falsch etikettiert, Laden-hüter oder ebenfalls das MHD!
Viele Menschen würden sich glücklich schätzen, solche Nahrungsmittel oder Verbrauchsgüter bekommen zu können. Es liesse sich wohl ausge-zeichnet davon leben. Doch ist das alles nicht wirklich ganz so einfach. Containern bzw. Mülltauchen ist in den meisten Fällen verboten, da das wegwerfende Unternehmen auch dort haftet, sollte etwas geschehen. Deshalb versehen sehr viele Supermärkte ihre Müllcontainer inzwischen mit Ketten und Schlössern.
Wirklich bedürftige Menschen können dennoch von dieser Wegwerf-Gesellschaft profitieren: Über die Tafeln. Die Tafeln sind gemeinnützige Hilfsorganisationen, die bedürftige Menschen mit Waren versorgen, die vom Handel ansonsten entsorgt werden würden, da sie im Wirtschafts-kreislauf keine Verwendung mehr haben. Die erste Tafel öffnete im Jahr 1993 in Berlin ihre Pforten – initiiert durch Sabine Werth (in Österreich mit der Wiener Tafel 1999/in der Schweiz 2001 in Kerzers). Inzwischen sind es 947 in Deutschland (bei insgesamt 3.000 Ausgabestellen – auch in sozialen Einrichtungen). Die meisten der 60.000 Mitarbeiter versehen diesen Dienst am Menschen ehrenamtlich, also ohne Gehalt.

Jährlich werden rund 265.000 Tonnen Lebensmittel gesammelt. 1,65 Mio Menschen erhalten dadurch ein lebenswerteres Dasein. Gegen Nachweis der Bedürftigkeit (Hartz IV oder Sozialhilfe) können diese dort Nahrungs-mittel wesentlich günstiger einkaufen oder erhalten sie gar kostenlos. Viele der Tafeln sind Vereine, andere werden von Organisationen wie der Caritas oder der Diakonie betrieben. In Österreich gibt es 41 Ausgabe-stellen mit 2.205 ehrenamtlichen Mitarbeitern. 2018 wurden im Alpenland rund 3 Tonnen Lebensmittel gerettet um 42.620 von der Armut betroffenen Menschen damit zu helfen (Zahlen Jahresbericht 2018).
Dieser Tage nun richtete sich Jochen Brühl, der Vorstand des deutschen Dachverbandes, eindringlich an die Medien. Im Jahr 2007 waren zwischen Flensburg und Berchtesgaden gerade mal 700.000 Menschen auf die Hilfe der Tafeln angewiesen. Innerhalb von nur 12 Jahren hat sich die Zahl somit mehr als verdoppelt. Besonders tragisch ist der Anstieg bei den Senioren und den Kindern.
Es ist eine Schande, dass sich jene Menschen, die für den Aufbau Deutschlands und dessen heutigen Wohlstand verantwortlich zeichnen, auf Almosen verlassen müssen. Innerhalb kürzester Zeit explodierte förmlich die Zahl der bedürftigen älteren Tafelbesucher um 20 %! Inzwischen ist jeder Vierte ein Rentner. Zu geringe Renten, zu hohe Mieten oder gar die niedrige Grundsicherung lassen die so manche unserer Eltern und Grosseltern am Hungertuch nagen. Über die Altersarmut habe ich an dieser Stelle bereits berichtet. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung warnt lautstark davor: Werden nicht sofort Massnahmen dagegen gesetzt, wird die Altersarmut ein riesiges Problem der Gesellschaft werden. Schliesslich erreichen immer mehr jener Menschen das Pensionsalter, die in Teilzeit oder gar nur neben dem Haushalt in Geringfügigkeit beschäftigt waren. Sie wechseln dann mit der Mindestrente oder der Grundsicherung in den „wohlverdienten Ruhe-stand“. Nach Angaben des Sozialverbandes VdK ist die Zahl jener, die Anspruch auf Unterstützung hätten, sogar noch weitaus höher. Doch trauen sich 40-50 % nicht, diese zu beantragen, weil es entweder ihr Stolz nicht zulässt oder sie den staatlichen Zugriff auf das Vermögen ihrer Töchter und Söhne befürchten.

https://www.youtube.com/watch?v=3EcAqRM086U

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen hat ebenfalls zugenommen: Innerhalb nur eines Jahres sind es 50.000 (10 %) mehr geworden – derzeit insgesamt 500.000. Jochen Brühl warnt auch hier: Viele können oder wollen sich einen Schulabschluss oder eine Ausbildung nicht leisten. Sie schlagen sich als Hilfsarbeiter oder noch schlimmer mit Gelegenheitsjobs durch’s Leben. Dadurch wird die Altersarmut von morgen heran-gezüchtet. Diese Kinder und Jugendliche haben fast keine Chance, dem Teufelskreis zu entkommen.
Aber auch viele Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose, körperlich Eingeschränkte und auch Migranten sind auf die Hilfeleistungen der Tafeln angewiesen. Viele frieren zuhause, um sich Heizkosten einsparen zu können. Auch der Strom für den Kühlschrank oder die Gefriertruhe ist teuer. Damit können sie bei Schnäppchen in den Supermärkten oder Diskontern nicht reagieren.
Über Armut wird nicht gerne geredet – doch ist sie überall und steigt ständig an. Viele Organisationen fordern deshalb, die Armutspolitik ganz oben auf die Agenda zu setzen. Wer über seinen Verhältnissen lebt, ist selbst schuld. Dennoch gibt es viele, die unverschuldet in die Armutsfalle tappen: Trennung vom Lebenspartner, Verlust der Arbeitsstelle, Krankheit oder Unfall. Beim untersten Rand der Gesellschaft versagt zumeist das staatliche Sozialsystem. Nicht nur direkt, bei den Betroffenen. So berichtete die ehemalige Vorsitzende der Linkspartei, Sahra Wagen-knecht, in einem Round-Table-Gespräch in der ARD, dass einem Arbeitslosen, der sich über die Höhe des Arbeitslosengeldes erstaunt zeigte und meinte, wie er davon leben solle, vom Jobcenter-Mitarbeiter gesagt bekam, er könne ja zu den Tafeln gehen! ALG I berechtigt jedoch nicht zum Warenbezug bei den Tafeln.
Nein auch bei solchen Hilfsorganisationen wie den Tafeln versagt der Staat. Was in anderen Mitgliedsländern der EU selbstverständlich ist, nämlich solche Organisationen auch mit öffentlichen Geldern zu unterstützen, stösst in Deutschland auf taube Ohren. Die Tafeln Deutschland haben 2018 laut Jahresbericht gerade mal eben 130.781,- € (2017 waren es noch 282.829,- €) erhalten – 36.581,- € mussten allerdings an Steuern bezahlt werden – damit verringerten sich die Netto-Zuschüsse der öffentlichen Hand auf knapp 94.000,- €! Nur einmal gab es einen höheren Betrag für das Sammeln regionaler Waren. In Österreich konnte ich bei meiner Suche nach staatlichen Subventionen gar nichts finden!
Die Tafeln Deutschland arbeiten schon seit geraumer Zeit an ihren personellen Grenzen. Aber auch der Lager- und Kühlraum sowie die Beförderungsmittel bereiten inzwischen große Sorgen. So hätten im vergangenen Jahr noch wesentlich mehr Lebensmittel gerettet werden können – einzig: Es fehlte an Transportern und Lagermöglichkeit.

Obgleich der Anteil an Migranten im vergangenen Jahr um 6 % zurück ging, sorgte v.a. die Essener Tafel für bundesweite Schlagzeilen. Der dortige Leiter, Jörg Sartor, entschloss sich, die Abgabe der Waren für einen gewissen Zeitraum nurmehr an deutsche Bedürftige durchzuführen. Als Grund gab er den Anteil von ausländischen Kunden mit 75 % an. Darunter waren offenbar auch viele Russlanddeutsche und Syrer, die sich offenbar nicht wie alle anderen auch anstellen wollten, drängelten und schubsten, sodass viele vor allem ältere Menschen nicht mehr kamen. Für die Politik jedoch war es offenbar nur eine Tagesschlagzeile, heisst es aus den Tafeln. Geändert habe sich seither nicht wirklich etwas. Der Soziologe Stefan Selke formulierte es in der Zeitung „Tagesspiegel“ drastisch aber durchaus korrekt:

„Sie (die Tafeln, Anmerkung des Schreiberlings) sind der Pannendienst einer sozial erschöpften Gesellschaft, die immer mehr ihrer Mitglieder als Überflüssige abspeist!“

Lesetipps:

.) Fast ganz unten – Wie man in Deutschland durch die Hilfe von Lebensmitteltafeln satt wird; Stefan Selke; Westfälisches Dampfboot 2009
.) Tafeln im flexiblen Überfluss. Ambivalenzen sozialen und ökologischen Engagements; Stephan Lorenz; transcript Verlag 2012
.) TafelGesellschaft. Zum neuen Umgang mit Überfluss und Ausgrenzung; Hrsg.: Stephan Lorenz; transcript Verlag 2010

Links:

– www.tafel.de
– dietafeln.at
– www.schweizertafel.ch/de/
– www.tischlein-deckdich.at
– www.tischlein.ch
– regionalbuero-zuerich.heilsarmee.ch

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Wahlen in Österreich – schlechte Inszenierung

Es wird wahrhaft ein heisser Herbst werden im Alpenstaat. Am 29. September wählt Österreich seinen neuen Nationalrat, am 13. Oktober Vorarlberg und am 24. November die Steiermark ihre Landtage. Während die beiden Bundesländer-Wahlen im Zeitplan liegen, sind die Nationalratswahlen vorgezogene Neuwahlen, nachdem aufgrund des „Ibiza-Videos“ die Koalition zwischen bürgerlicher ÖVP und rechts-populistischer FPÖ zerbrach. Beide Parteien beschimpften sich bis auf’s Blut, einer hingegen soll von alledem nichts gewusst haben! Doch nun fahren die beiden Spitzenkandidaten Sebastian Kurz (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) wieder auf Kuschelkurs: Die Regierungsarbeit habe ja ohnedies bestens funktioniert! Damit ist also vor der Wahl, nach der Wahl! Oder nach der Wahl, vor der Wahl? Kennt sich ja niemand mehr aus!
Da die Alpenrepublik eine „semipräsidentielle-repräsentative Republik“ ist, sind alle fünf Jahre Herr Worlitschek und Frau Navratil aufgefordert, ihre Volksvertreter in’s Hohe Haus zu wählen. Das macht – sofern mir meine Mathematiklehrer etwas Sinnvolles mit auf den Weg gegeben haben, innerhalb von 74 Jahren 14 Regierungen, ordnungsgemäss würde 2020 erneut gewählt werden. Tatsächlich sind es jedoch schon 22 Gesetzgebungsperioden (Legislaturperioden) seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Man muss nicht auf ein Studium zurückgreifen um zu behaupten, dass da etwas nicht stimmt! Nur die Zahl der Abgeordneten ist seit der ersten Nationalratswahl in der Ersten Republik im Jahr 1920 (mit kurzer Unterbrechung) gleich geblieben: 183!
Da haben dann wohl einige die Definition des Wortes „Politik“ etwas zu wörtlich genommen. Im Duden steht:

„Auf die Durchsetzung bestimmter Ziele besonders im staatlichen Bereich und auf die Gestaltung des öffentlichen Lebens gerichtetes Handeln von Regierungen, Parlamenten, Parteien, Organisationen o. Ä..“

Klingt zugegebenermaßen gut, ist es aber schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Ich würde da besser eine andere Definition bevorzugen:

„Methode, Art und Weise, bestimmte eigene Vorstellungen gegen andere Interessen durchzusetzen.“

Denn öffentliches Leben heisst unser aller Leben. Und da muss man Kompromisse eingehen, sagt uns schon die „Konstruktive Konflikt-lösung“. Der Philosoph Immanuel Kant bezeichnete es so:

„Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.“

Das jedoch gehört offenbar nicht mehr zur politischen Ausbildung. Bestes Beispiel hierfür war das Gewürge bei der versuchten Bildung der Jamaika-Koalition nach den deutschen Bundestagswahlen. Einzig das Bündnis 90/Die Grünen zeigte sich dermassen kompromissbereit, sodass es beinahe sogar auf einige seiner Parteigrundsätze verzichtet hätte.
In Österreich erklärten im November 2017 die damaligen beiden Spitzenkandidaten von ÖVP und FPÖ, Sebastian Kurz und H.C. Strache, was vielen vor den Wahlen schon bekannt war: Die Verbrüderung des etwas nach rechts verirrten bürgerlichen Lagers mit den Rechts-populisten. Friede, Freude, Eierkuchen!!! In Österreich wurde ab sofort gearbeitet und alles erneuert! Damit strafte jedoch Kurz auch seine Vorgänger aus den Reihen der Schwarzen Lügen, da die ÖVP ja in den Jahren zuvor bereits Regierungsbeteiligung hatte und durchaus hätte einiges bewegen können. Auch Kurz selbst sass als Minister bzw. zuvor als Staatssekretär in zwei dieser Regierungen. War also alles zuvor umgesetzte schlecht, alle Entscheidungen falsch? Gemeinsam winkte die schwarz-blaue Regierung Gesetze durch, die oftmals die Frage aufwarfen, ob die Volksvertreter denn tatsächlich für ihr Volk oder aus eigenen Interessen heraus regierten: Interessensvertretungen wurden nicht eingebunden, Begutachtungen gab es nicht, in vielen Fällen mussten die bereits beschlossenen Gesetze im Nachhinein auf ihre Verfassungskonformität hin überprüft werden. Nicht weniger als drei Volksbegehren wurden abgesägt, obwohl die direkte Demokratie zum Wahlprogramm der FPÖ gehörte und sie selbst schon ein Volksbegehren gegen die ORF-Zwangsgebühren durchgeführt hatte. Das Frauenvolks-begehren schaffte es auf beinahe 482.000 Unterschriften, das Anti-Raucher-Volksbegehren gar auf nahezu 882.000 Unterschriften – beide Inhalte lagen vor Kurz auch im Interesse der ÖVP.
Und dann wird ein Video veröffentlicht, das drei Personen (möglicher-weise auch mehr) zeigt, die in Alkohollaune (möglicherweise auch etwas anderem) über Korruption und Amtsmissbrauch (möglicherweise auch etwas anderes) reden. Plötzlich sind sich beide Parteien spinnefeind, die sich ansonsten zu den Ministerratssitzungen mit Freundschaftsbusserl begrüssten. Als dann die umstrittenste Figur der Regierung, Innen-minister Herbert Kickl (FPÖ), auf Antrag des Bundeskanzlers durch den Herrn Bundespräsidenten seines Amtes enthoben wird, explodiert das Pulverfass.
Es war übrigens nicht das erste Mal in der näheren Vergangenheit: 1995 liess Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die Koalition mit der SPÖ platzen, 2002 löste derselbe die Koalition mit der FPÖ, 2008 machte Wilhelm Molterer mit den bekannten Worten „Es reicht mir mit der SPÖ!“ eine Regierungskrise aus und schliesslich 2017 Sebastian Kurz. Stellt sich einem Normaldenkenden die Frage: Ist diese ÖVP denn überhaupt koalitionstauglich? Schliesslich vertritt sie durch ihre Bünde durchaus auch gegenteilige Wählerinteressen, weshalb etwa Reinhold Mitterlehner 2017 als Bundesparteiobmann der ÖVP die Segel strich. Sebastian Kurz verpasste den Bünden als Bedingung für dessen Nachfolge einen Maulkorb – doch auch damit war das Problem offenbar nicht gelöst.
Die SPÖ unter Pamela Rendi-Wagner hat einer möglichen Koalition mit der ÖVP nach den Wahlen bereits vorzeitig eine Abfuhr erteilt – da träfen ansonsten zwei Alphatierchen direkt aufeinander. Mit Norbert Hofer wird bereits wieder seit der TV-Konfrontation ein Tête-à-Tête vereinbart, die Grünen unter Werner Kogler möchten wieder zurück in’s Parlament und natürlich erstmals in der Geschichte in die Bundesregierung. Doch sind auch hier die Reibungsflächen zur Kurz’schen Politik zu gross, obgleich es auf Landesebene ausgezeichnet funktioniert. Die restlichen Parteien spielen wohl für eine Regierungsbildung nur eine untergeordnete Rolle. Wird es also nach dem 29. September wieder die alte Regierung geben? Sehr viel hat sich jedoch nicht bei den Freiheitlichen getan: Bundespartei-obmann H.C. Strache wurde in die Wüste geschickt – er versprach jedoch, dass er seinen Fehde-Handschuh wieder auf den Tisch werfen werde. Auf den ersten zehn Plätzen der Bundesliste finden sich 9 Personen, die bereits zuvor im Parlament sassen, nur auf Platz acht gibt es mit dem Juristen Robert van Handel einen Quereinsteiger. Und: Der von Kurz offenbar so abgrundtief verhasste Herbert Kickl kandidiert auf dem 2. Platz der Bundesliste. Kurz schloss schon des öfteren eine VP/FP-Regierung mit Kickl aus. Übrigens: Nach einer Umfrage der Meinungs-forscher von Public Opinion Strategies im Auftrag des TV-Senders ATV unter 2.402 Wahlberechtigten spielt das Ibiza-Video keine Rolle bei ihrer Wahlentscheidung (63 %). Es gleicht also einem schlechten Komödienstadel, was in diesen Tagen durch die Medien geistert. Die Wahlen werden wohl aufzeigen, ob die nächsten Jahre über tatsächlich Politik für Österreich gemacht werden wird, oder ob es den Antagonisten nur um den persönlichen Machterhalt geht.
Der Vollständigkeit halber auch ein kurzer Einblick in die anderen Bundeslisten: In der ÖVP-Bundesliste finden sich nahezu dieselben Gesichter unter den ersten zehn Kandidaten wie 2017 – fünf davon waren gar Minister. Nichts wirklich neues auch bei der SPÖ – es gab also keine grosse Umstellung nach Kern durch die neue Bundespartei-Chefin. Nur die Grünen stechen hervor: Einziger wirklicher Kapazunder ist Spitzenkandidat Werner Kogler. Ansonsten können nur Ex-Europaparlamentarier Michel Reimon (Platz 4) und die von der Liste Pilz zurückgeholte Alma Zadic (Platz 5) auf nationale bzw. internationale politische Erfahrung zurückblicken, alle anderen kommen aus der Bundesländer-Politik oder sind Quereinsteiger, wie etwa die für die Piraten-Partei in der grünen Bundesliste startende Maria Chlastak (Platz 10).
Sehr interessant wird’s hingegen bei der Klimapolitik, die in Deutschland eine gewichtige Rolle für den Aufstieg von Bündnis 90/Die Grünen spielt: Fridays for Future beauftragte Wissenschaftler zur Überprüfung der Klimaprogramme der Parteien im Alpenstaat. Grosse Ernüchterung brachte das Resultat: Nicht ausreichend! Nur die Grünen schnitten etwas besser ab – aber auch sie haben Nachholbedarf! Bei allen anderen Parteien ist von vernünftiger Klimapolitik keine Spur – auch wenn sie im gutklingenden Wahlprogramm steht. Worte sind geduldig – einzig: Es scheitert an der Umsetzung! Der Weltklimatag jedoch hat es bewiesen, dass die Migration nicht mehr das vordringlichste Problem ist, das es zu bewältigen gilt. Denn: Sollten die Prognosen tatsächlich eintreten, wird sich das Flüchtlingsproblem verfünffachen, da ganze Länder nicht mehr bewohnbar sind, weil die Temperaturen langfristig auf über 50 Grad ansteigen oder Inseln und meeresnahe Gebiete unter Wasser liegen.
Auch Österreichs Parteien sind auf der Suche nach charismatischen Chefs. Menschen mit Handschlagqualität, die nicht nur die eigenen Interessen (oder jene ihrer Sponsoren) durchsetzen, sondern zudem Kompromisse eingehen können, ohne das Gesicht zu verlieren. Dabei wäre die Lösung gar nicht mal so weit entfernt zu finden: In Baden-Württemberg knabbert Bündnis 90/Die Grünen bereits an der 40 %-Marke. Verantwortlich dafür zeichnet der charismatische Landeschef und Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Wieso schafft er den Spagat zwischen den Interessen der Wirtschaft und den Interessen des Volkes? Wieso empfehlen die wenigsten, durchaus mehr als gut bezahlten PR-Berater nicht, sich an ihm ein Beispiel zu nehmen? Wieso wird seine Arbeit nicht analysiert und umgelegt? Übrigens ist auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auf dem besten Weg, ein Vertreter für Volk und Wirtschaft zu werden. Muss das eine das andere immer ausschliessen, wie in Österreich?
Fragen über Fragen, die auch nach diesen bevorstehenden Nationalrats-wahlen in Österreich nicht beantwortet werden können. Denn: Herr und Frau Österreicher vergessen leider viel zu schnell! Und jene, die nicht vergessen, gehen nicht mehr zur Wahl! Es wäre vieles machbar, wenn es das Volk so haben möchte, nicht die Politiker! Österreich ist zu schön und zu wertvoll für Stammtischpolitik!!!

Links:

– www.oesterreich.gv.at
– www.parlament.gv.at
– www.bmi.gv.at
– wahlkabine.at
– www.oegpw.at
– www.uibk.ac.at/gfpa
– www.sebastian-kurz.at
– www.pamelarendiwagner.at
– www.norberthofer.at‎
– www.gruene.at/werner-kogler
– beatemeinl.com
– peterpilz.at
– www.wirkoennen.at/ivo-hajnal/
– www.derwandel.at/author/fayad/

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Der Amazonas ist ihm scheissegal!!!

„Amazonien ist unser Erbe, unterliegt unserer Souveränität, aber wir können es mit der Welt teilen. … Es ist ein Schatz, den wir alle gemeinsam hüten müssen.“
(Kolumbiens Präsident Iván Duque)

Die Bilder sind verheerend und rühren auch die Hartgesottensten unter uns zu Tränen! Die grüne Lunge unseres Planeten, der Amazonas-Regenwald, steht in Flammen. Milliarden Tonnen CO2 werden dadurch freigesetzt – das Land, das durch die Rodungen und anschliessenden Brandrodungen freigemacht wird, kann für maximal zwei Jahre verwendet werden, dann ist der Boden ausgelaugt und liegt brach! Der Schaden wird also nicht mehr gutzumachen sein. Was dies für die ohnedies schon angeschlagene Mutter Erde bringen wird, zeigt uns wohl in aller Härte die Zukunft.
Regierungschefs aus sechs südamerikanischen Ländern haben sich vergangene Woche getroffen, um den für uns alle so wichtigen Regenwald künftighin zu schützen. Nur einer fehlte – er war allerdings zumindest mittels Videoleitung zugeschaltet: Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro. Offiziell aufgrund der Vorbereitungen für eine Operation eines Narbenbruches, bei jener Verletzung, die ihm ein Fanatiker mittels Messer während des Präsidentschaftswahlkampfes zugefügt hatte.
Ihm schien jedoch der Urwald schon vor seiner Wahl im Weg zu stehen – Brasilien soll mit Soja und Rindfleisch nach seinen Plänen zur Spitze der führenden Wirtschaftsmächte aufschliessen und das Naturschutzgebiet Estação Ecológica Tamoios südlich von Rio de Janeiro ein Urlauber-paradies werden. Am dortigen Strand wurde er 2012 beim illegalen Angeln erwischt, was er auch heute noch abstreitet, obwohl Fotos vorliegen. Die Strafe hat er selbstverständlich nicht bezahlt – der Beamte der Umweltbehörde, der ihn damals fotografierte und anzeigte, wurde gekündigt. Wer nun ist dieser Mann, dem das Wohl seines Landes offenbar so gar nicht am Herzen liegt?
Bolsonaros Familie besitzt italienische Wurzeln – seine Vorfahren sind im auslaufenden 19. Jahrhundert nach Brasilien ausgewandert. Durch seine derzeitige dritte Frau, die im Übrigen um 27 Jahre jünger ist als er (muss auch er sich künftig vor den beiden jungen Präsidenten Macron und Trudeau in Acht nehmen?), kam der römisch-katholische Politiker in Kontakt mit den Baptisten und den evangelikalen Freikirchen, die ihn auch entscheidend unterstützen. Von den vier Söhnen haben drei ebenfalls den politischen Berufsweg eingeschlagen. Seine Tochter aus der derzeitigen Ehe durfte wohl nicht, wie es bei den Rechtspopulisten üblich scheint.
Die politische Laufbahn begann im Jahr 1988, als sich Bolsonaro für die Christdemokraten (PDC) in den Stadtrat von Rio de Janeiro wählen liess. Zwei Jahre später zog er in die Abgeordnetenkammer des Parlamentes ein. Seither wechselte er die Parteien wie andere ihre Autos – bislang acht mal. 2018 kandidierte er für die in’s rechts-konservative Lager abdriftenden Sozial-Liberalen (PSL) für die Präsidentschaftswahlen. Dabei erhielt er auch die Unterstützung der Rechtsextremen. Sein Programm gleicht dem aller rechts von der Mitte stehenden Volksvertretern: Kampf gegen die Kriminalität, die Korruption und die Wirtschaftskrise und das Recht auf Waffenbesitz, sowie eine Minimierung des Einflusses der Gerichte und damit des Rechtsstaates. Starker Tobak sind seine rassistischen, frauenfeindlichen und homophoben Aussagen.

„Sie verdient es nicht, weil sie sehr hässlich ist. Sie ist nicht mein Typ. Ich würde sie nie vergewaltigen.“
(Bolsonaro über die Abgeordnete Maria do Rosario)

Bei der Stichwahl am 28. Oktober des vergangenen Jahres schliesslich erhielt er 55,1 % der Stimmen.
Seit seinem Amtsantritt eifert er seinem grossen Vorbild in den USA nach: Mehr Macht für das Militär, Ausschaltung kritischer Medien, weg mit dem Umwelt- und Klimaschutz, … Diese Woche veröffentlichte Geheimdoku-mente zeigen alsdann, dass er gar ein Anden-Amazonas-Schutzgebiet verhindern wollte. Dieses hatte der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos vor der Weltklimakonferenz 2015 in Paris auf’s Tapet gebracht, blitzte damit aber bei Brasilien und Venezuela ab.
Als der Wald zu brennen begann, leugnete der Präsident dies. Nachdem die Feuer immer mehr wurden und sich nicht mehr verheimlichen liessen, schob Bolsonaro die Schuld der Sonne, den Winden und v.a. den Umweltschützern zu, die ihn dadurch angeblich verunglimpfen wollten. Totaler Humbug – es wird gar gemunkelt, dass die Brandstifter durch den Präsidenten motiviert waren. Bevor nun wieder die ersten Rufe nach Verschwörungstheorie laut werden – hier der Hergang: Die B-163 soll vom Süden des Amazonas bis in den Norden an die Grenze von Surinam führen. Dazu muss eine grosse Brücke über den Strom gebaut werden und zudem ein Wasserkraftwerk entstehen. Zufälligerweise brachen entlang dieser Route der B-163 die meisten Brände aus, die zuvor auf einer Webseite mit dem Vermerk „gestützt auf die Worte des Präsidenten“ angekündigt waren. Als „Feuertag“ wurde von den Farmern der 10. August festgelegt. Die Regierung in Brasilia reagierte gar nicht darauf, obgleich sie von der Umweltbehörde informiert wurde.
Erst als der Präsident aus den eigenen Reihen (durch die starke Landwirtschaftslobby) kritisiert wurde und die Menschen lautstark mit Kochtöpfen und Löffeln auf die Strassen gingen, riskierte er eine Kehrtwende und stellte den Schutz des Waldes voran. Angeblich sollten 44.000 Soldaten im Kampf gegen die Brände helfen – eine Woche nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung waren es gerade mal einige hundert. Auch ist bislang nur sehr wenig bekannt über die Verfolgung und Bestrafung der Feuerleger, obgleich die Generalstaatsanwältin Raquel Dodge nach dem OK aus Brasilia vom „Verdacht auf eine orchestrierten Aktion“ sprach.

„Vater, der Fluss ist kein Fluss mehr. Der Wald ist kein Wald mehr. Wo es keine Bienen mehr gibt, gibt es auch kein Wachs und keinen Honig!“
(Der ecuadorianische Präsident Moreno stimmte dieses Lied „Pare“ des katalanischen Liedermachers Joan Manuel Serrat während des Amazonas-Treffens in Kolumbien an)

International wollen nurmehr wenige mit Bolsonaro zusammenarbeiten. Vor allem der französische Ministerpräsident Macron boykottiert gemeinsam mit Irland das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Brasilien. Es wäre eine schlimme wirtschaftliche Ohrfeige in das rechtspopulistische Gesicht, da das Land dann auf den beiden wichtigsten Exportgütern Rindfleisch und Soja sitzen bleiben würde (der Gesinnungs-bruder in Nordamerika produziert selbst genug davon, wie der Fessel-vertrag mit der EU zur Abnahme von Rindfleisch beweist). Doch ausgerechnet dafür wurde ja der Regenwald angezündet: Für mehr Weideflächen und mehr Soja-Äcker.
Manche bezeichnen Bolsonaro bereits als „politischen Pyromanen im Präsidentenpalast“. Schliesslich hat er seit seinem Amtsantritt daran gearbeitet, die Voraussetzungen für das aktuelle Geschehen im Amazonas-Gebiet zu schaffen: Leugnung der Satellitenbilder der nationalen Weltraumbehörde und damit Leugnung der grossflächigen Abholzungen (den Leiter des brasilianischen Instituts für Weltraum-forschung INPE, Ricardo Magnus Osório Galvão, warf Bolsonaro raus, als dieser meinte, dass sich die Zahl der Rodungen des Regenwaldes seit dem Amtsantritt des Staatspräsidenten mehr als verdoppelt haben), militärische Härte gegen die Beschützer des Regenwaldes und der indigenen Völker, keinerlei Strafverfahren gegen die Täter, Hörigkeit gegenüber der Landwirtschaftslobby, … Viele Länder zahlten bislang Millionenbeträge in den Amazonas-Fonds ein – ein Schelm, der genaues weiss, wofür diese Gelder verwendet wurden. Erst als die Zahlungen versiegten, fühlte sich der Präsident in seiner Ehre gekränkt und zog sich schmollend und laut schreiend in seinen Palast zurück. Gegenüber der deutschen Kanzlerin Merkel etwa betonte er, sie solle mit dem Geld ihr eigenes Land aufforsten.
Und dennoch steht das Volk hinter seinem Präsidenten. Schliesslich behauptet er, dass vornehmlich die Europäer aber auch die Nordamerikaner (sicherlich meinte er die Zeit vor Trump) dem brasilianischen Volk das Eigentum vorenthalten wollen. Im Rahmen dieser „globalistischen Kampagne“ würden auch die Umweltorganisationen und Geheimdienste missbraucht, um dieses Ziel zu erreichen. Immer wieder versucht Bolsonaro seine Leute mit Sprüchen wie „Angriff auf die Freiheit und Unabhängigkeit des Landes“ bei der Stange zu halten. Seinen Widersachern gab er unmissverständlich zu verstehen, dass er sich aus dem Ausland keine Einmischung wünsche. Brasilien gehöre den Brasilianern – er ist der oberste Brasilianer!
Nun hat sich auch Papst Franziskus aus Argentinien als Vermittler eingeschaltet. Auf seine Initiative hin wird im Oktober im Vatikan eine päpstliche Amazonas-Synode stattfinden. Nicht wirklich nach Bolsonaros Geschmack. Der G7-Gipfel sagte den Amazonas-Anrainerstaaten eine Sofort-Brandhilfe in der Höhe von 20 Mio US-Dollar zu! Bolsonaro hingegen stellte Bedingungen für die Annahme. Durchaus als sicheres Zeichen zu bewerten, dass es ihm schon längst nicht mehr um das Volk, sondern nurmehr um seinen Machtanspruch geht.

Links:

– www.bolsonaro.com.br
– www.brazil.gov.br
– www.gov.br/pt-br
– www.camara.leg.br
– www.senado.gov.br
– kas.de

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Die E-Lüge?

Eigentlich sind es ja gute Nachrichten, die nahezu jeden Tag auf meinen Schreibtisch flattern:
.) Mercedes baut an einem E-Van, der eine Reichweite von 400 Kilometer besitzen soll
.) Ein Porsche Taycan schaffte in einem 24-h-Test nicht weniger als 3.425 km
.) E-5er von BMW innerhalb von 2 Sekunden von 0 auf 100
.) VW erwartet sich einen Run auf den neuen ID.3
.) Fiat wird 2020 seinen Kult-Klassiker 500 auch als E-Car auf den Markt bringen
.) Ionig Elektro von Hyundai mit 136 PS und einem Drittel mehr Reichweite
Nur einige wenige Schlagzeilen, die das Herz eines klimafreundlichen Autofahrers höher schlagen lassen. Und, die beweisen, dass sich nun endlich auch die in fossile Treibstoffe verliebte deutsche Autoindustrie auf dem richtigen Weg wähnt. Doch – wieso erst jetzt? Schliesslich ist der Verkehr EU-weit für 20 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Und das meiste davon wiederum geht als Wärme verloren, liegt doch der Wirkungsgrad eines konventionellen Kraftfahrzeuges mit Verbrennungs-motor bei 25% (Tank to Wheel), jener eines E-Cars jedoch bei 85 % (Plug to Wheel). Würden in Österreich 20 % (1 Mio Autos) aller Fahrzeuge in Form eines E-Cars über die Strassen flitzen, könnten rund 8,4 TWh Energie eingespart werden – im Jahr 2017 wurden in der Alpenrepublik 1,2 Mio E-Cars verkauft. Dies sind 1,5 % der Neuzulassungen. In Norwegen geht jede 5. Neuzulassung an ein E-Car.
Allerdings gesellen sich auch immer mehr negative Meldungen zur E-Mobilität hinzu:
.) Umweltsünder in Herstellung und Entsorgung
.) Lithium- und Kupfer-Lagerstätten werden ausgebeutet
.) Brandgefährlich bei Unfällen
.) Kein Recycling der Akkus möglich
Fakt ist, dass seit 1990 die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen um nicht weniger als 60 % angestiegen sind (in Österreich um 66 %). Das im Vergleich kleine Land Österreich ist derzeit verantwortlich für einen jährlichen Ausstoss von 67 Mio Tonnen! Hier ist also dringender Handlungsbedarf vonnöten. Doch: Ist ausgerechnet die E-Mobilität der richtige Lösungsansatz für die Klimaproblematik? Schlussendlich ist auch sie nicht komplett emissionsfrei und ressourcenschondend.
Strom muss produziert werden. Geschieht dies mit erneuerbaren Energien wie der Sonne, Wind oder Wasser, so ist dies durchwegs als sehr gut zu beurteilen. Dennoch wird ein erheblicher Teil des Strombedarfs nach wie vor durch Kohle- oder Gaskraftwerke getilgt. Vornehmlich erstere sind wahre Klimakiller: So stösst ein Braunkohlekraftwerk nahezu 1,2 kg CO2 pro erzeugter kWh in die Luft aus, ein Steinkohlekraftwerk rund 0,9 und ein Gaskraftwerk 0,4 kg. Damit konzentriert sich der Ausstoss von Treibhausgasen zwar auf die Regionen rund um die Produktionsstätten – dennoch bleibt der Umweltaspekt im Hintertreffen. Käme der Strom ausschliesslich aus Kohlekraftwerken, so wäre die Klimafreundlichkeit der E-Cars defacto eine Lüge!
Machbar jedoch ist alles – man muss nur wollen! Das zeigt am ehesten die Deutsche Bahn, die den Strom für den kompletten Fernverkehr als Ökostrom bezieht – in Österreich werden 92 % des kompletten Bahn-stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen. In einer kWh deutschen Stromes stecken rund 550 g CO2 – in norwegischem Strom jedoch nur rund 60 g. Norwegen deckt das Gros seines Strombedarfs durch Öko- bzw. Atom-Strom ab.
Die Produktion der Akkus verbraucht Unmengen von Lithium, Kupfer und Strom. Der CO2-Fussabdruck ist deshalb katastrophal. Dies amortisiert sich – nach unterschiedlichen Berechnungen – im Vergleich zum Diesel-auto erst nach frühestens 100.000 Kilometern. Allerdings ist die Lebens-dauer der Akkus beschränkt. Ähnlich auch das Ergebnis einer ifo-Studie. Dort erhält der Mercedes C220 eine bessere CO2-Bilanz als der Tesla Modell 3: 141 g CO2 pro gefahrenem Kilometer zu 155 bis 180 g (je nachdem, wo die Akkus produziert wurden). Diese Studie jedoch ist viel kritisiert, da bei der Berechnung des Strommixes 35% Kohlestrom einflossen und die Herstellung mit hohen Emissionswerten berücksichtigt wurden. So fällt bei der Produktion der Hauptbatterie des Tesla mit 75 kWh eine CO2-Emission von 11-15 Tonnen an. Aufgeschlüsselt auf 150.000 km sind dies 73-98 g pro gefahrenem Kilometer – nur für diese eine Batterie (Studie des IVL Swedish Environmental Research Institutes aus dem Jahre 2017). Diese Daten dienten als Grundlage der Berechnungen. Normalerweise verwendet auch Tesla kleinere Batterien. Zudem besitzt der Tesla rund 350 PS Motorleistung, der Mercedes jedoch nur rund 190 – ein Vergleich der beiden Kategorien ist also nicht zulässig. Dennoch ist Tesla sicherlich ein Vorzeigehersteller. Schliesslich fertigt das Unternehmen seine Akkus selbst und verwendet dabei am Standort im US-Bundesstaat Nevada einen sehr hohen Anteil an Solarstrom. Ansonsten werden die meisten Akkus für die unterschied-lichsten Automarken in China produziert. Dort gelangt nach wie vor viel Strom aus Kohlekraftwerken in’s Netz, sodass die Ökobilanz um zirka 30 % schlechter ausfällt. Berechnungen des Verkehrsclubs Österreich hingegen kommen auf Emissionen von rund 185 g CO2-Äquivalent pro gefahrenem Personenkilometer bei einem benzinbetriebenen Kompakt-klassewagen, bei einem vergleichbaren E-Car hingegen nur auf 90 g (bei 100 % Ökostrom gar auf 25 g).
Die Entsorgung der Akkus wirft ebenfalls grosse Probleme auf, da sie nicht zu 100 % recycelt werden können. Die durchschnittliche Laufleistung wird auf 150.000 km beschränkt. Tesla gewährt für die grosse Batterie auf bis zu 192.000 km Garantie. Danach können die Akkus noch eingeschränkt als Speicher verwendet werden. Interessantes Detail übrigens am Rande: Je häufiger Schnellladestationen verwendet werden, umso kürzer ist die Lebensdauer der Akkus, da sie bei jedem Ladevorgang stark in Anspruch genommen werden. Einige wenige Unternehmen haben sich auf das Teilrecycling der Akkus spezialisiert. So verbrennt etwa der Akku-Recycling-Weltmarktführer Umicore aus Belgien die Akkus. Danach werden sie zermahlen. Dadurch können zumindest die Bestandteile Kobalt, Kupfer und Nickel wiedergewonnen werden. Verloren gehen Lithium, Graphit, Aluminium und der Elektrolyt. Die schweizerische Batres Industrie AG verwendet ebenfalls die thermische Bearbeitung – danach wird der Rückstand einer Abgas-Nass- und -Trockenreinigung unterzogen und in die einzelnen Elemente zerteilt. Konkurrent Duesenfeld aus Deutschland schreddert die Akkus im Stickstoffumfeld, da sie ansonsten leicht entzündlich sind. Dadurch kann der Elektrolyt ebenso wie Graphit, Kobalt, Lithium, Mangan und Nickel rückgewonnen werden. Durch derartiges Recycling verringert such der CO2-Fussabdruck der Produktion um 40 %. Trotzdem sind derzeit noch keine Informationen bekannt, wieviel Recycling-Material bei der Neuproduktion eingesetzt wird.
Die europäischen Autohersteller verweigern bislang alternative Batterien und setzen auch weiterhin auf die Lithium-Ionen-Akkus. Dabei könnten wesentlich umweltfreundlichere ebenso eingesetzt werden – etwa mit einem Metall oder Schwefel an der Kathode.
Ob nun ein E-Car zu Ihnen passt – hier erhalten Sie mehr Informationen:

https://www.energiesparverband.at/fileadmin/redakteure/ESV/Info_und_Service/Publikationen/E-Auto-Broschuere.pdf

Was jedoch könnte anstelle der E-Cars Verwendung finden? Ich bin ein begeisterter Anhänger der Brennstoffzelle. Mit Wasserstoffantrieb liegen auch weite Strecken im Bereich des Möglichen. Angetrieben wird ein Elektromotor, aus dem Auspuff tropft Wasser. Das wiederum kann ausgezeichnet den Boden kühlen und für mehr Regen sorgen. BMW schickte vor einigen Jahren den ersten Prototyp mit Brennstoffzelle auf Weltumrundung. Nachteil auch hier ist die derzeit noch aufwendige Produktion von Wasserstoff. Grosser Vorteil: Die Produktion aus natürlichen Beständen ist unerschöpflich. Ausserdem kann in nahezu derselben Zeit wie beim Benzin- oder Dieselmotor nachgetankt werden. Experten allerdings sehen die Akkus auf kürzeren Strecken als effizienter. Wo hingegen diese Motorart richtiggehend revolutionieren wird, ist der Gütertransport und die Personenbeförderung.
Zuletzt noch ein kurzes Wort zu den Hybridfahrzeugen. Normale Hybridfahrzeuge stossen nur unwesentlich weniger Emissionen wie ihre Benzin- oder Dieselkollegen aus. „Plug-in-Hybridautos“ (PHEV) allerdings verfügen über stärkere Batterien, die zusätzlich über das Stromnetz geladen werden können und dadurch tatsächlich E-Kilometer ermög-lichen. Der Verbrennungsantrieb ist somit vornehmlich für die Lang-strecke konzipiert.

Lesetipps:

.) Elektromobilität. Grundlagen einer Zukunftstechnologie; Hrsg.: Achim Kampker/Dirk Vallée/Armin Schnettler; Springer Vieweg 2018
.) Elektromobilität: Im Spannungsfeld technologischer Innovation, kommunaler Planung und gesellschaftlicher Akzeptanz; Hrsg.: Nadine Appelhans/Jürgen Gies/Anne Klein-Hitpaß; Deutsches Institut für Urbanistik 2016
.) Das Elektroauto: Mobilität im Umbruch; Marcus Keichel/Oliver Schwedes; Springer-Verlag 2013
.) Mit dem Elektroauto in die Sackgasse: Warum E-Mobilität den Klimawandel beschleunigt; Winfried Wolf; Promedia 2019
.) Schlaue Netze: Wie die Energie- und Verkehrswende gelingt; Waert Canzler/Andreas Knie; oekom verlag 2013
.) Chancen und Risiken der Elektromobilität in der Schweiz; Peter de Haan/Rainer Zah; Vdf Hochschulverlag AG 2013

Links:

– bem-ev.de
– bemvi.de
– dcti.de
– www.beoe.at
– www.biem.at
– www.forum-elektromobilitaet.ch
– vcoe.at
– www.elektroauto-news.net
– e-connected.at
– www.klimafonds.gv.at
– www.energiesparverband.at
– ladenetz.de
– kraftwerkforschung.info
– www.unendlich-viel-energie.de
– www.umweltbundesamt.de
– www.umweltbundesamt.at
– www.digitale-technologien.de
– www.iea.org/weo/
– www.ivl.se
– www.globalcarbonproject.org

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