O sole mio – Die Mittelmeer-Küche

Verdammt – diesen heutigen Blog hätte ich mir nicht antun dürfen! Als absoluter Fan der mediterranen Küche habe ich während des Schreibens dieser Zeilen mindestens fünf Kilogramm zugenommen! Schliesslich muss ich ja austesten, was ich anpreise! Und – Studien haben bereits 2018 nachgewiesen, dass die Südeuropäer ebenfalls immer dicker werden! As time goes by – oder? Schauen wir uns das doch mal heute etwas genauer an!

Bislang vollführten Ernährungswissenschaftler und Mediziner einen wahren Freudentanz, wenn der Patient (Kunde) meinte, er habe mit der Mittelmeerkost angefangen. Kein Wunder – besteht sie doch aus viel Obst und Gemüse, wenig rotem Fleisch – dafür mehr Fisch und v.a. Olivenöl!!! Jedes einzelne für sich schon sehr empfehlenswert. Tatsächlich ist die Mittelmeer-Küche gespickt voll mit Vitalstoffen. So mancher davon senkt das Risiko für eine Herz-Kreislauferkrankung, Krebs und Übergewicht, möglicherweise auch Diabetes mellitus-Typ 2.

Es ist das Zusammenspiel der unterschiedlichsten folgenden Faktoren:

.) Pflanzliche Lebensmittel

Die mediterrane Küche baut auf regionalem Obst, Salaten und Gemüse auf, das nur wenig bearbeitet ist. Es wird zumeist gedünstet, gedämpft oder bleibt gar roh. Sehr häufig werden Nüsse und Samen eingearbeitet. Dadurch erhält der Körper Ballaststoffe, die einerseits wichtig für die Verdauung sind, aber auch andererseits ein vorzeitiges Sättigungsgefühl vermitteln. Zudem spielen in der mediterranen Küche einige Nacht-schattengewächse eine ganz entscheidende Rolle: Paprika, Auberginen und v.a. Tomaten. Letzteren habe ich an dieser Stelle schon einmal Tribut gezollt. Tomaten sind reich an Vitamin C, Fruchtsäuren (wie Apfel- oder Zitronensäure), Mineralstoffen (wie Kalium, Kupfer und Eisen) und sekundären Pflanzenstoffen (wie Alpha- und Betacarotin, Cryptoxanthin und Lycopin). Eine aus dem Jahr 2018 stammende, portugiesische Studie kam zu dem Ergebnis, dass der rote Farbstoff Lycopin (auch in Wasser-melonen enthalten) das stärkste Antioxidans unter den Carotinen ist. Damit können Erkrankungen (wie jene des Herz-Kreislauf-Apparates) und der Alterung vorgebeugt werden. Je nach Region wird dies alles zudem durch Hülsenfrüchten (Linsen, Bohnen, Erbsen, …), Kartoffeln, Vollkorn-reis etc. ergänzt. Daneben finden Kräuter und Gewürze Anwendung, die in der mitteleuropäischen Küche nur selten oder ganz wenig verwendet werden: Basilikum, Oregano, Salbei, Minze, Rosmarin, Thymian, Kreuz-kümmel, Ingwer und Knoblauch, um nur einige zu nennen.

.) Beilagen

Zu nahezu jedem Gericht wird Brot gereicht. Brot bedeutet, man isst weniger von den Hauptspeisen. Negativ hingegen ist, dass fast aus-schliesslich Weissbrot verwendet wird. Besser wären Sesam- oder Roggenbrot bzw. Vollkornbrot.

.) Olivenöl

Olivenöl beinhaltet eine grosse Menge an einfach ungesättigten Fett-säuren (Ölsäure etwa), aber auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren (wie die Omega-3-Fettsäuren Linolen- und Eicosapentänsäure, aber auch der Linolsäure). Diese einzigartige Zusammensetzung senkt den schlechten LDL-Cholesterin-Spiegel im Blut, wodurch sich weniger Ablagerungen in Arterien und Venen bilden und die Produktion von Triglyzeriden her-untergefahren wird. Das senkt das Risiko einer Arteriosklerose (Gefäss-Verkalkung – „Plaques“) ganz eklatant. Doch ist das noch lange nicht alles: Vitamin E und weitere sekundäre Pflanzenstoffe wirken antioxidativ. Soll heissen, dass freie Radikale im Körper gebunden bzw. bekämpft werden, die u.a. auch so manche Krebsart auslösen können. Kalt-gepresstes Öl („natives Olivenöl“) ist zwar das teurere, aber auch gesündere Öl. Es wird bei unter 27 Grad gepresst, wodurch die tem-peraturempfindlichen Inhaltsstoffe (Vitamine, Aromen, …) erhalten bleiben. Die höchste Güteklasse ist dabei „Extra Virgin Olive Oil, Güte-klasse 1“ mit einem Anteil an freien Fettsäuren von unter 0,8 Prozent. Das normale Olivenöl ist zumeist eine Mischung aus solch kaltgepresstem und raffiniertem Öl. Hier gilt es, genau auf die Verpackungsangaben zu schauen, da es in dieser Klasse keine Produktionsvorschriften gibt. Oftmals kommt es gar aus China! Olivenöl ist sehr kalorienreich (etwa 9,3 Kilokalorien pro Gramm). Deshalb sollte es in der Küche zwar regel-mässig, aber zurückhaltend verwendet werden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt max. 10-15 g Öl. Ein Esslöffel Öl entspricht rund 10 Gramm. Ein Tipp zur Zubereitung: Olivenöl sollte nicht zu stark erhitzt werden, schon gar nicht das kaltgepresste (max. 180 Grad C), das eher für Salate verwendet wird. Das Geheimnis: Die unge-sättigten Fettsäuren oxidieren mit zunehmenden Temperaturen, wodurch der positive Effekt nutzlos wird. Wer trotzdem nicht auf Olivenöl beim Braten oder Anbraten verzichten will, sollte dies nur mit raffiniertem Öl machen (bis 210 Grad C) und erst kurz vor dem Anrichten das kaltgepresste hinzugeben. Dann bleiben die Aromen erhalten. Übrigens: Ist eine Flasche kaltgepresstes Öl einmal geöffnet, muss es so rasch als möglich aufgebraucht werden (innerhalb von max. drei Monaten), da die ungesättigten Fettsäuren mit dem Sauerstoff reagieren – das Öl schmeckt in weiterer Folge bitter und die gesundheitsfördernden Eigenschaften gehen verloren. Sollte das Öl im Kühlschrank gelagert werden, beginnt es auszuflocken. Das ist unbedenklich – nehmen Sie es vorzeitig vor der Verwendung aus dem Kühlschrank, dann lösen sich die Flocken von selbst.

.) Fisch

Es ist schon längst kein Geheimnis mehr, dass Fisch um ein Vielfaches gesünder ist als Schwein, Rind, Lamm, …! Vor allem das Schlagwort „Omega-3-Fettsäure“ erklärt dies seit Jahrzehnten: Langkettige, mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren. Hinzu kommen: Vitamin D, Jod, Selen,… Allerdings gilt es auch hier zu unterscheiden: Es gibt Meeres- und Süsswasserfische, fettige und weniger fettige, … Keine Angst – in der mediterranen Küche kann durchaus auch mal über die Strenge geschlagen werden und ein fetter Fisch auf den Teller kommen: Makrele, Hering oder Thunfisch. Allerdings maximal zweimal die Woche!

Rotes Fleisch von Schwein und Rind wird durch weisses Fleisch vom Geflügel oder Fisch ersetzt.

Pizza und Pasta zählen nicht zur Grundlage der mediterranen Küche, da es bei der Pasta immer darauf ankommt, wie die Nudeln angerichtet werden: Carbonara etwa ist zwar lecker, aber nicht wirklich gesund.

Die mediterrane Küche ist nicht etwa eine neue Erfindung. Die ersten Untersuchungen reichen in die 1950er- und 1960er-Jahre zurück. In der „7-Länder-Studie“ wurden erstmals die Essgewohnheiten von 12.000 Männern aus sieben Ländern wissenschaftlich überprüft. Dabei zeigte sich, dass das Risiko der griechischen Männer bzw. jener von der Insel Kreta an der koronaren Herzerkrankheit (KHK) zu erkranken, rund 90 % geringer war als in den USA. Danach folgten weitere Studien, wie die „Lyon Diet Heart Study“, die „Predimed-Studie“ und die „DIRECT-PLUS-Studie“, die aufzeigten, dass etwa bei Herzpatienten, die ihre Ernährung umstellten, das Risiko eines Herzinfarktes um 30 % bzw. eines zweiten Infarktes um gar 70 % sank. Alle diese Untersuchungen kommen somit zum selben Ziel: JA – die mediterrane Küche hat was, ist gesünder und meist auch schneller zubereitet!

Wer seinem Körper noch einen zusätzlichen Gefallen tun möchte, der sollte öfters mal eine „Mittelmeer-Diät“ (“Kreta-Diät”) einlegen. Hat mit weniger essen eigentlich nicht sehr viel zu tun – wichtig ist hingegen, was gegessen wird.

Wenn zum Frühstück die Marmelade-Semmel oder das Mett-Brötchen durch ein leckeres, vollmundiges griechisches Joghurt mit Honig oder Nüssen ersetzt wird, so ist ein erster, aber durchaus wesentlicher Schritt getan. Beim griechischen Joghurt tropft die Molke wesentlich länger ab als bei unseren Joghurts. Das bedeutet einen wesentlich höheren Anteil an Eiweiss (3 %) und Fett (etwa 10 %), aber auch Calcium (18 %) und Milchsäurebakterien (S. Thermophilus, L. Bulgaricus, Lactobacillus, Bifidobacterium). Calcium ist für beispielsweise den Knochenaufbau wichtig, Milchsäurebakterien für den Darm. Dort unterstützen sie die natürlich vorhandene Darm-Flora (Mikrobiom). Ist die Darmflora (kann bei einem erwachsenen Menschen schon mal bis zu zwei Kilogramm wiegen) in Ordnung, so hat auch das Immunsystem etwas davon (Bildung von Antikörpern,…). Ja – auch u.a. Vitamin B12 ist stark vertreten. Deshalb greifen Leistungssportler gerne auf diesen kulinarischen Tages-beginn zurück: Die Aminosäuren werden sehr leicht in körpereigene Aminosäuren umgebaut (Proteinbiosynthese). Das Mehr an Fett ist inso-fern gar gesund, wird es doch in den zusätzlichen Aufbau von Muskel-zellen investiert, wo es die Bildung von Zellwänden und Hormonen begünstigt. Interessantes Detail: Bei der Herstellung von einem Kilo-gramm griechischem Joghurt werden vier Liter, bei herkömmlichem Naturjoghurt hingegen nur ein Liter Milch benötigt.

Zu Mittag empfiehlt der Küchenchef dann gebackenes oder gegrilltes Gemüse – möglicherweise mit Lachs zubereitet. Wichtig hierbei ist, dass bei der Zubereitung kein Öl verwendet wird.

Tja – und zum Abendessen? Gefüllte Tomaten! Mit Knoblauch, Schafskäse und viel Chili.

Damit Sie nicht verhungern, können Sie es vormittags als Zwischen-mahlzeit mal mit einer Melone, Feigen oder auch Erdbeeren versuchen. Am Nachmittag getrocknete oder frische Feigen und Datteln. Na – is(s)t das was?

Wie alles hat jedoch auch die mediterrane Küche ihre Schattenseiten: Inzwischen kommt der Fisch aus strandnahen Fischfarmen, ist krank oder stark mit Schwermetallen, Chemikalien oder Mikroplastik kontaminiert, Obst und Gemüse wird in Glashäusern in Äthiopien hergestellt, das Olivenöl sowie das italienische Heiligtum, die „Pomodoro“ und das Tomatenmark stammen aus China. Vieles davon ist inzwischen belastet, sodass man es sich vorher genau überlegen sollte, ob man im Super-markt zugreift, wenn das Ursprungsland der Ware nicht bekannt ist.

Wenn Sie sich aber gewiss sind, dass alle Zutaten tatsächlich aus dem Mittelmeerraum stammen, dann steht dem Schlemmen nichts mehr im Wege: Bohnensalat mit gebratenem Schafskäse, Bruschetta mit Garnelen oder auch der italienische Klassiker – Spaghetti Vongole. Mehr finden Sie in dem unten angeführten Kochbuch der Deutschen Herzstiftung. Guten Appetit!

Lesetipps:

.) Mediterrane Küche – Genuss & Chance für Ihr Herz; Gerald Wüchner; Dt. Herzstiftung 2017

.) Mediterrane Küche Kochbuch: Die 330 besten Rezepte aus der mediterranen Küche; Maria Triztanzo/Lucia Rossini/Luisa Winkel; Independently published 2023

.) Mediterran: 100 kreative Rezepte rund ums Mittelmeer; Ali Güngörmüs; Dorling Kindersley Verlag 2021

.) Die mediterrane Küche – vielfältig, bunt und gesund: Die besten Rezepte aus dem sonnigen Süden: Italien, Spanien, Griechenland & Co; Hrsg.: Reader’s Digest; Verlag Das Beste GmbH 2022

.) 5 Zutaten mediterran – Einfach genial kochen; Jamie Oliver; Dorling Kindersley Verlag 2023

.) Ernährung und Fasten als Therapie; Hrsg.: R. Stange/C. Leitzmann; Springer 2010

.) Seven countries: a multivariate analysis of death and coronary heart disease; Ancel Keys; Harvard University Press 1980

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